Archiv des Autors: Geerd Heinsen

Über-Ätherisch

 

Das Berliner Publikum durfte sie zwei Jahre lang an der Deutschen Oper erleben, ehe Hila Fahima, eine Israelin, deren Eltern jemenitische, marokkanische und portugiesische Wurzeln haben, nach Wien ging, wo sie jetzt ihre erste CD mit dem ORF Vienna Radio Symphony Orchestra unter Michele Camba eingespielt hat. Es handelt sich um allseits bekannte, aber auch um sonst kaum gespielte Werke von Donizetti und Verdi, von letzterem neben der Gilda die Amalia aus I Masnadieri.

Es beginnt mit der aus Chamonix stammenden Linda, die die Sängerin als zerbrechliches, wahnsinnsgefährdetes Wesen mit gläsern klingenden Tönen darstellt, die Stimme erweckt den Eindruck von Schwerelosigkeit, die reichen Verzierungen zeichnen sich durch viel Phantasie aus, es scheint sich eine überzarte Lucia anzukündigen. Die einzige französische Arie ist die der Marie aus Le Fille du régiment, für die sich die Sängerin ebenfalls für das Überzarte entschlossen hat, die Stimme wie ein Silberglöckchen klingen lässt, was zunächst einmal reizvoll ist, aber den Hörer doch schnell ermüden lässt, auch da die Figur etwas mehr Entschlossenheit vertragen könnte. Auch die Adina profitiert zwar von den virtuosen Koloraturen, ist selbst für „Prendi, per me sei libero“ vor allem um Zartheit bemüht und plätschert so dahin, wenn man doch etwas mehr Wärme und Engagiertheit erwarten dürfte. Bei der Emilia di Liverpool ist von unterschiedlichen Seelenzuständen wenig zu vernehmen, dafür viel Verhuschtes, das man nicht mit Ätherischem verwechseln sollte. Etwas entschiedener gibt sich die Norina aus Don Pasquale, zudem auch sie technisch perfekt, aber insgesamt noch zu unverbindlich. Die letzte Donizetti-Arie ist die Wahnsinnsarie der Lucia, in der das Orchester quasi zu mehr Entschlossenheit aufzufordern scheint. Der Sopran klingt schön und sanft, die Spitzentöne sind sicher, die Mittellage wenig ausgeprägt (il fantasma), insgesamt fehlt dem Track die notwendige innere Spannung.

Feine Triller zeichnen Gildas „Caro nome“ aus, die Seligkeit der frisch Verliebten ist hörbar, man wünscht sich aber doch hörbarere Unterschiede zu einer Donizettiarie, das ist eine Partie für eine leichtere Stimme, aber es ist halt doch auch eine Verdi-Partie, was noch mehr für die abschließende Arie der Amalia gilt (Orfeo C210201). Ingrid Wanja  

Feenzauber

 

Nicht weniger als 39 Opern hat Adolphe Adam (1803-1856) hinterlassen, von denen sich insbesondere Le Postillon de Lonjumeau (Der Postillon von Lonjumeau), La Poupée de Nuremberg (Die Nürnberger Puppe) und gerade auch Si j’étais roi (Wenn ich König wär‘) lange großer Beliebtheit erfreuten, mittlerweile indes das Schicksal allzu vieler Opéras-comiques teilen. Heutzutage hält sich Adam eher durch seine Ballette Giselle und (ab und an) Le Corsaire im Repertoire. Dass er daneben weitere Werke dieses Genres komponierte, ist selbst dem Kenner kaum geläufig. Mit La Filleule des fées (Das Patenkind der Feen) schuf der Komponist ein Ballet-féerie in drei Akten und sieben Bildern, welches am 8. Oktober 1849, also während der kurzlebigen Zweiten Französischen Republik (1848-1852), seine Uraufführung an der Pariser Oper erlebte. Naxos ließ das etwa zweistündige Werk bereits 1996 auf seinem Entdecker-Sublabel Marco Polo als Weltersteinspielung aufnehmen; die Doppel-CD erschien verspätet im Jahre 2002 (Marco Polo 8.223734-35). Knapp zwanzig Jahre später erfolgt die Neuauflage der inzwischen vergriffenen Aufnahme auf dem Hauptlabel (Naxos 8.574302-03).

Für die Einspielung, die also bereits ein Vierteljahrhundert auf dem Buckel hat, zeichnet das australische Queensland Symphony Orchestra unter dem britischen Dirigenten Andrew Mogrelia verantwortlich. Die Klangqualität der zwischen 5. und 12. Februar 1996 im ABC Studio in Brisbane, Queensland, entstandenen Produktion ist exzellent und verrät ihr Alter nicht. Anders als in der Erstveröffentlichung, fällt das Beiheft diesmal abgespeckt aus. So wurde die deutsche Fassung des Einführungstextes von Keith Anderson ärgerlicherweise gestrichen.

Ein expliziter Grund, wieso La Filleule des fées bald schon in Vergessenheit geriet, lässt sich nicht mit Gewissheit ausmachen. Das Ballett entstand jedenfalls laut Booklet in Zusammenarbeit mit einem gewissen Alfred, Comte de Saint-Julien – ohne dass der Text weiter darauf einginge. Wie groß der Anteil des Grafen an der Komposition ist, lässt sich daher nur erahnen. Die Uraufführungsbesetzung war mit Carolotta Grisi in der Rolle der Ysaure und ihrem Liebhaber Jules Joseph Perrot als Alain (der zudem wiederum als Choreograph agierte) jedenfalls genauso illuster besetzt wie zuvor bei Giselle. Die Geschichte erinnert an Dornröschen: Zwei gute Feen fungieren als Taufpatinnen der besagten Ysaure, während eine dritte bei der Taufe abgewiesen wird, da sie die dreizehnte Person an der Tafel gewesen wäre. Darüber verflucht die böse Fee Ysaure, indem sie sie so schön werden lässt, dass jeder Mann, der sie erblickt, den Verstand verliert. Tatsächlich gibt es zwei Bewerber, den Prinzen Hugues de Provence und den Bauernjungen Alain. Letzterer wird vom Fluch erfasst und zum Instrument der bösen Fee, während ersterer durch zeitweilige Blindheit (mit Hilfe der guten Feen) den Fluch unterlaufen kann und es schließlich zum Happy End zwischen Ysaure und dem Prinzen kommt, wo auch Alain seinen Verstand zurückerlangt.

Musikalisch erreicht La Filleule des fées nicht ganz die Klasse von Giselle und Le Corsaire, doch ist die Darbietung ohne Fehl und Tadel. Anders als bei den besagten Balletten, handelt es sich hier um kein Ballet-pantomime, was die weniger ausgeprägte Dramatik und das freudige Ende erklärt. Schon aufgrund der Entstehungszeit steht La Filleue des fées als Bindeglied genau zwischen Giselle (1841) und Le Corsaire (1856), vereint hie und da Charakteristika von beiden und fügt dem altbekannten Bild vom Ballettkomponisten Adolphe Adam eine weitere wichtige Facette hinzu. Daniel Hauser

Materialschlacht

 

Im Zentrum Bolognas ist der Verlag bzw. die Musikfirma Bongiovanni nicht nur seit 116 Jahren und durch drei Generationen hindurch das Musikaliengeschäft in dem man alles, was man sucht, auch bekommt, sondern ein Musikverlag, der sich besonders unbekannteren Opern und emporstrebenden Künstlern widmet. Zu den jungen Talenten, die sich der Förderung durch das Haus erfreuen können, gehört nun auch der Chinese Chuanyue Wang, Sieger vieler Concorsi, geadelt durch die Teilnahme an einem Seminar Carlo Bergonzis und viel in den Vereinigten Staaten unterwegs. Immer lohnt es sich auch, nicht nur die CD anzuhören, sondern das Booklet zu lesen, in dem festgestellt wird, dass wegen einer bedauerlichen Teilnahmslosigkeit der jungen italienischen Generation gegenüber der klassischen Musik die Asiaten, zuerst die Japaner, danach die Koreaner und nun auch die Chinesen den Markt erobern, nicht zuletzt wegen ihres immensen Fleißes und ihrer Opferbereitschaft bei Studium und zu Karrierebeginn. Bis dahin kann man dem Verfasser zustimmen, erste Vorbehalte regen sich jedoch bei seiner Behauptung, mit dem jungen Chinesen habe man den Pavarotti asiatico entdeckt, der wegen seiner technischen Sicherheit, seiner leichten Emission und seiner stupenden Höhe sich diesen Titel bereits verdient habe.

Nach so viel Vorschusslorbeeren begibt sich der Rezensent natürlich mit hohen Erwartungen an das Hören der CD, und sein erster Eindruck ist, und dieser wird vielfach bestätigt, ein durchaus gemischter.

Die Trackliste lässt einen lyrischen Tenor erwarten, sei es von den Partien her, aus denen Arien gesungen werden, wie die des Alfredo, des Duca, des Rodolfo, sei es von den Arien her, die bei der Wahl dramatischerer Partien wie die des Des Grieux oder des Don José, gewählt wurden. Es beginnt mit der Arie des Oronte aus Verdis Lombardi, und der Hörer ist überrascht von dem dunklen, ausgesprochen virilen Timbre, erfreut über die perfekte Registerverblendung und die sichere Höhe. Die Stimme hat einen hohen Wiedererkennungswert, allerdings auch dadurch, dass sie leicht gaumig klingt. Dem Nemorino, dessen Furtiva lagrima, scheint der Tenor schon  entwachsen, er klingt, was anderen Partien gut tun würde, melancholisch verhangen, dabei ausgesprochen männlich und leider die Konsonanten am Ende eines Wortes vernachlässigend. Auch für den Alfredo ist der Tenor recht schwer, was eher seiner Farbe, als seinem Volumen geschuldet zu sein scheint. Wenig elegant oder brillant, zu knallig das allerdings bedeutende Material ausstellend, äußert sich der Duca zu la donna. Verdis Lacrymosa bestätigt den Eindruck, dass es dem Sänger eher auf eine Zurschaustellung des Materials als auf ein Bemühen um Charakterisierung von Person oder Situation ankommt. Je länger man ihm zuhört, desto stärker wird aus der Bewunderung für die Stimme die Verärgerung über die Verweigerung eines Eindringens in den jeweiligen Charakter. Das Booklet lobt das Deutsch des Sängers, ein Lob, das man ihm für die Bildnisarie des Tamino verweigern muss, das man ihm für die Arie aus Das Land des Lächelns als exotische Verfremdung zugestehen kann. Auch hat man nicht den Eindruck, dass sich der Tenor viele Gedanken um Ausdrucksmöglichkeiten gemacht hat. Bizets Blumenarie wird kraftvoll, aber frei von einem Eingehen auf die Intentionen des Komponisten gesungen, auch hier tritt ein, was der Hörer bei vielen Tracks feststellt: er ist zunächst beeindruckt durch die dunkle Gewalt der Stimme und beginnt sich sehr schnell zu langweilen, weil es keinerlei Agogik gibt. Rodolfos Gelida Manina entbehrt der Zärtlichkeit, die Höhe bewundert man, aber man wird nicht berührt. Recondita Armonia dürfte Sant’Andrea delle Valle zum Einsturz bringen, das Fiorito asil die Blüten verschrecken, hier und auch bei den beiden Arien aus Turandot wundert man sich zudem darüber, wie wenig das Orchestra Classica Italiana unter Gianluca Martinenghi, sonst mit Rossini oder Händel befasst, zu sagen hat, wie sehr die Stimme alles dominiert. Material und Technik des noch jungen Sängers sind bemerkenswert, Interpretation ist noch nicht seine Stärke, Ernesto, José, Tamino sind all eins (Bongiovanni GB 2586 2). Ingrid Wanja     

Oper für alle

 

Im April 2020, im Alter von 73 Jahren, erlag Peter Jonas seinem Leiden. In den zwei Jahren vor seinem Tod führte er zahlreiche Gespräche mit der Autorin Julia Glesner. Aus ihnen ging die Biographie von Peter Jonas hervor, die jetzt Im Insel Verlag erschienen ist, mit einem persönlichen Vorwort der musikalischen, insbesondere der Barockoper zugetanen Krimiautorin Donna Leon und einem ebenfalls freundschaftlichen Nachwort von Daniel Barenboim.

Peter Jonas, er ist 1999 von der Queen geadelt worden, war einer der führenden Theatermenschen seiner Zeit und eine der elegantesten, spleenig-stilvollen Persönlichkeiten des Opernlebens. 1946 wurde er in London geboren,  er wuchs in England auf, studierte in Sussex, Manchester und London. 1974 ging er zum Chicago Symphony Orchestra zu Sir Georg Solti, wo er zunächst sein Assistent, dann künstlerischer Betriebsdirektor wurde. 1984 wurde er General­direktor der English National Opera, 1993 Intendant der Bayerischen Staatsoper München, wo er mit seinem provokativen Musiktheaterkonzept Publikum und Presse polarisierte, aber für ein volles Haus sorgte.

Wie ein roter Faden durchzieht die Janusköpfigkeit der Persönlichkeit von Sir Peter diese Biographie. Er nannte sich selbst einen Traditionalisten und kämpfte doch gegen das Etablierte. „Er wollte Teil des Establishments sein, um zu bekämpfen, was ihm missfiel. Er schaffte den Spagat, zum Establishment zu gehören, ohne sich anzupassen. Dafür wurde er von vielen bewundert, damit provozierte er aber auch Feindschaft,“ so schreibt Daniel Barenboim zurecht.

Einerseits war Jonas ein intellektueller Opernfreak, anderseits liebte er Autos, Cricket und Fußball. Er war jüdisch-libanesischer Abstammung, war konservativer Brite und doch ein wagemutiger Kosmopolit, ein Theatermann, der Konventionen sprengte.

„Obwohl ich mich nach klassischer Schönheit auf der Bühne sehnte, bemerkte ich auch, dass ich mich doch mehr begeisterte, wenn etwas leicht verzerrt war, sich jenseits des Normalen bewegte. In den späten 1970er und frühen 1980er Jahren dominierte aber immer noch der Naturalismus auf der Bühne.“ Walter Felsenstein und Wieland Wagner waren für ihn die beiden Pole ästhetisch anderen, neuen Musiktheaters. Beide bewunderte er. Die durch Felsenstein begründete Operndramaturgie „Text, Musik, Szene und Darsteller einer Oper gleichberechtigt aufeinander zu beziehen und mit den Konventionen der Sängeroper zu brechen.“ Das habe es vielen überhaupt erst ermöglicht, die Oper als adäquate zeitgenössische Kunstform zu begreifen.Was Wieland Wagner angeht, gesteht Jonas: „Für uns Studenten aus dem Vereinigten Königreich, die wir Opern nur in Stoffbühnenbildern und dramaturgisch dürftigem Hyper-Realismus kannten, war die Idee einer derartigen Abstraktion eine Schocktherapie, die uns süchtig machte“ nach Richard Wagner .

Es war nicht zuletzt die Sängerin Lucia Popp (mit der er einige Jahre partnerschaftlich liiert war) durch die er diese Andersartigkeit des deutschen Musiktheaters kennenlernte, die „Idee, dass das Opernhaus ein Theater der Konfrontation, der Neuheit und der Herausforderung sein sollte“, wie er der Autorin sagte. Julia Glesner hat alles, was ihr Peter Jonas sagte, gewissenhaft wie Cosima Wagner aufgeschrieben, aber gelegentlich schweift sie doch gewaltig ab, beispielsweise wenn Sie den Inhalt des Buches Alice Millers „das Drama des begabten Kindes“ referiert, das die Sängerin Hildegard Behrens Sir Peter empfahl.  Auch über die psychoanalytischen Erfahrungen von Peter Jonas wird ausführlich berichtet. Ist das wichtige für die Beschreibung seiner Opernkarriere? Nun gut, das Buch wird dicker dadurch.

Vor allem aber blähen die vielen kleinen Biographien (erwähnter Künstler und Weggefährten) in der großen Biographie das Buch auf mehr als 600 Seiten auf. All diejenigen die die Karriere von Peter Jonas befeuerten und überhaupt erst ermöglichten, werden gewürdigt, Freunde wie Feinde.  Man könnte dieser Jonas-Biographie Namedropping vorwerfen, doch der Autorin geht es gewiss um bestmögliche Genauigkeit und Vollständigkeit der Darstellung einer künstlerischen Ausnahme-Vita, der Kindheit und Jugend in London, dem Studium in Sussex, Manchester und London sowie den beruflichen Stationen in Chicago, London und München. Krisen und Triumphe, Kulturpolitik und Geld sind Thema dieser Biographie, aber auch Sponsoring und Spielplanpolitik.

Mit großem Respekt und Betroffenheit berichtet Julia Glesner immer wieder und detaillierter als man es lesen möchte, von der Krebs-Erkrankung, die Peter Jonas als Schicksal annahm: „Die Krankheit selbst befreite mich, um mich zu entwickeln.“  Eine aus christlichem Denken hinlänglich bekannte, fragwürdige These.

Den Tod als steten Begleiter schien Jonas nie verdrängen zu können. Er wusste, wie „kurz unsere Pacht auf dieser Erde“ ist. Es war eine seiner typischen Formulierungen, einem Gedicht Shakespeares entsprungen.

Kranken- und Familiengeschichte, künstlerischer und persönliche Vita werden ineinander verwoben, auch Bekanntschaften und Zusammenkünfte mit den Großen der Musikwelt werden geschildert. Das individuelle Schicksal wird von Julia Glesner zum Panorama der Opernwelt seiner Zeit geweitet.

Sie beschreibt ein Leben, das von Wanderschaft geprägt ist. Das Theater wurde   Jonas zur Familie. An den drei großen Wirkungsstätten seines Berufslebens blieb er immer mindestens eine Dekade und versuchte, dort eine Atmosphäre des Vertrauens und der Offenheit zu schaffen. Die Bayerische Staatsoper war für ihn in besonderer Weise ein solches “Family House.“

Ausführlich beschreibt sie die Zusammenarbeit mit befreundeten Dirigenten und Regisseuren wie Claudio Abbado, Georg Solti, Marc Elder, Daniel Barenboim, Zubin Mehta, Carlos Kleiber, James Levine, David Alden, Jürgen Rose oder David Pountney.

„Meine Zeit an der English National Opera war wirklich eine bemerkenswerte Zeit“, zieht Jonas Bilanz. „Plötzlich kam so etwas wie die Hoffnung auf, dass die Oper in London intellektuell und künstlerisch“ zu neuen Ufern aufbrechen würde.  Das Münchner Nationaltheater war ohne Frage der Gipfel der Karriere von Peter Jonas, weil er dort seine Auffassung von heutigem Musiktheater konsequent umsetzen konnte.

Wohl keine andere der von ihm als Opern-Manager verantworteten Inszenierungen war die spektakuläre, weil slapstickhaft poppige Produktion „Giulio Cesare in Egitto“ von 1994, sie wurde stürmisch diskutiert, spaltete das Publikum, aber mit ihr schrieb Jonas Theatergeschichte. „Das Bild des Dinosauriers stand für den Beginn von etwas Neuem, Unerhörtem, für eine geradezu revolutionäre Ästhetik des Musiktheaters, die das München bisher nicht gekannt hatte und an der sich das Für und Wider der Kritik und der Geschmack des Kulturbürgertums gleichermaßen abarbeitete.“  Das provozierte erbitterten Widerspruch wie zustimmende Begeisterung.

Der Dinosaurier wurde quasi zum Symbol der Amtszeit von Peter Jonas und der starke Auftakt der Händel-Renaissance in München. „In der Produktion von Richard Jones und Ausstatter Nigel Lowery stand der stürzende Dinosaurier für den Fall des Römischen Reiches und seiner obsolet gewordenen Ordnung. Im übertragenen Sinn aber konnte die Metapher für den Sturz der alten Ordnung an der Bayerischen Staatsoper München (BSO) gelesen werden,“ liest man.

In seiner letzten Spielzeit hatte Peter Jonas im Münchner Nationaltheater eine traumhafte Auslastung von 98,4 Prozent erreicht. Er „wollte die existentielle Bedeutung, die das Haus für seine Gäste hatte, auf eine neue Grundlage stellen. Seine Arbeit hat das Publikum extrem verändert, hat es aufnahmefähig, neugierig werden lassen. Intellektuell und künstlerisch, aber auch hinsichtlich der Anforderungen des Managements hat Peter Jonas sein Haus auf die Anforderungen des 21. Jahrhunderts vorbereite“, so das Resümee von Julia Glesner. Oper für alle (das dem Buch seinen Titel gab) war die Maxime seines Handelns. In München wurde es zum Programm. Peter Jonas widmete sein gesamtes Leben der Aufgabe, die Oper für alle Menschen zugänglich zu machen. Längst ist das antielitäre Konzept „Oper für alle,“ als Oper in Freiluft-und Videoübertragung, international kopiert worden, unter anderem in Hannover, Düsseldorf, Dresden, Zürich, Bayreuth und Berlin.

Übrigens entlehnte er das programmatische Schlagwort „Oper für alle“ dem englischen Vorbild „Opera for all“. Es war der Name einer britischen Wandertruppe, die Opern in den schwer erreichbaren, ländlichen Gegenden Großbritanniens aufführte (Insel Verlag Insel Verlag 2021, ISBN 978-3-458-17905-4, 652 S.): Dieter David Scholz.

 

Entdeckung aus Holland

 

Ein Zeitgenosse Puccinis, aber ein in der Nachfolge von Wagner wie Debussy komponierender Holländer war Alphons Diepenbrock, Autodidakt an Klavier, Viola, Dirigentenstab und selbst Sänger, von dem in den Neunzigern 3 CDs mit Liedern bei Brilliant eingespielt wurden, die jetzt veröffentlicht worden sind. Die längste, eine Stunde beanspruchende, ist deutschen Texten gewidmet, die zweite französischen, so Verlaine und Baudelaire, die zu einem großen Teil bereits vor ihm von französischen Komponisten vertont worden waren, die dritte, gerade einmal vierzig Minuten umfassende, lateinischen, italienischen und holländischen.

Bei allen fällt auf, dass dem Klavier geradezu orchestrale Aufgaben auferlegt werden, dass es nicht eine reine Begleiterfunktion ausübt, sondern oft ein höchst interessantes Eigenleben führt.  Daniel Esser begleitet die fünf Sänger vorzüglich, weiß aber auch die besondere Bedeutung seines Parts hervorzuheben. Für einige der Lieder hat der Komponist später, wohl im Bewusstsein davon, noch eine orchestrale Fassung verfertigt.

Nicht erstaunlich ist, dass die Anklänge an Wagner, so der Tristanakkord für Mignon oder Ring-Anklänge für den König von Thule, besonders bei den deutschen Liedern wahrzunehmen sind, die Erinnerungen an Debussy auf der zweiten CD wach werden.

Roberta Alexandra ist auf allen drei CDs vertreten. Für Novalis‘ Texte hat sie die schöne Intimität, eine flirrende Mädchenstimme, für der Spinnerin Lied viel Frische, für Claire de lune ein schönes Flirren und jubelnden Übermut für die Mandoline. Tapfer behauptet die Sängerin in Come raggio di sol sich neben dem dominanten Klavier, einen feinen Jubelklang hat sie für Ik ben eenzaamheid.

Es gibt zwei Mezzosoprane, davon einen holländischen, Jard van Nes, die sich der Mignon und des Königs von Thule mit warmer, runder Stimme angenommen hat, die allerdings an Textverständlichkeit viel zu wünschen übrig lässt. Das ist besonders schade bei dem Lied nach einem Text von Karoline von Günderode, der deutschen Romantikerin, die mit 26 Jahren Selbstmord beging, nachdem ihr leidenschaftliches Aufbegehren gegen die Rolle, die Frauen zu ihrer Zeit zugewiesen wurde, auf wenig Resonanz gestoßen war. „Kann ich im Busen heiße Wünsche tragen?“ ist ein symptomatischer Titel. In Meinacht (holländisch!) kann die Stimme schön aufblühen, aber auch die Muttersprache klingt verwaschen.

Der zweite Mezzosopran stellt sich mit Christa Pfeiler vor, die mit deliziösem Timbre die Invitation au voyage singt, für Incantation auch dramatische Qualitäten hat, apart im Ave Maria klingt und in Bejaard noch einmal auf dramatische Qualitäten verweist.

Wo es Lieder gibt, da darf der Tenor Christoph Prégardien nicht fehlen, der gewohnt deutungsintensiv und einfühlsam zunächst drei Balladen interpretiert, dessen gute Diktion eine Labsal ist, selbst wenn sie zur Wortverliebtheit ausartet, und der nicht frei von Manierismen ist. Keine unangebrachten Gefühlsaufwallungen werden in Preghiera alla Madonna verschwendet, und ein Mondlicht kann bei dem Tenor auch auf Holländisch schimmern.

Eine ganz großartige Besetzung ist Robert Holl, dessen Bass so samtweich wie todtraurig, dazu mit exzellenter Diktion Der alte König singt, der das Humorvoll-Drastische der Goethischen Celebrität vollkommen darzustellen und der exakt die Stimmung des Recueillement zu treffen weiß. Französisch singt er mit gleich bewundernswerter Diktion wie Deutsch, und der große künstlerische Ernst des Interpreten zeigt sich auch hier einmal mehr.

Wer ist Alphons Diepenbrock, fragt sich, wer das Cover mit der nach einem „Signal“ ausschauenden jungen Frau sieht, und erhält beim Hören als Antwort: ein Komponist, dessen Liedvertonungen durchaus an der Seite von denen eines Richard Strauss oder Faure bestehen könnten- wenn man sie nur aufführte (Brilliant 3 CD 96103). Ingrid Wanja

Messagers „Passionement“

.

Die Normandie während der Années folles. Romantische Begegnungen, Identitätswechsel und unerwartete komische Wendungen: André Messager verortet sich in Passionnément an der Schnittstelle von Café-Konzert, amerikanischer Popmusik und französischer Operette. Die Musik  wird von Véronique Gens, Étienne Dupuis, Nicole Car und weiteren enthusiastischen Solisten, begleitet vom Münchner Rundfunkorchesters unter Stefan Blunier, mit großem Esprit dargeboten. So witzig wie Messagers Musik, bietet das Libretto mit seinem Flair des Boulevardtheaters ein echtes Manifest des französischen Geistes in den 1920er Jahren. Dazu ein Artikel vom Operettenfachmann Kurt Gänzl mit Dank.

.

1925 erklärte sich Messager bereit, Passionnément zu vertonen, ein dreiaktiges Libretto von Hervé Hennequin mit einem Text von Albert Willemetz, der das Projekt initiierte. Bei seiner Premiere am 15. Januar 1926 im Théâtre de la Michodière war das Werk ein triumphaler Erfolg, und das Walzerlied im zweiten Akt, das ihm seinen Titel verlieh, fand sofort Anklang. Hier wird Messagers unwiderstehlicher melodischer Charme in einer Moral- und Charakterstudie exerziert, in der Auftreten und Vorurteile entlarvt werden. Der amerikanische Millionär William Stevenson, ein Abstinenzler, erliegt schließlich den Freuden des Champagners und verwandelt sich von einem Schwindler in einen Mann der Freundlichkeit und Rücksichtnahme. Er gibt den Versuch auf, den jungen Franzosen Robert Perceval zu betrügen, und lässt sich scheiden, nachdem er herausgefunden hat, dass dieser und seine eigene Frau Ketty (ein ehemaliger Star des Varieté) verliebt sind, und lässt sich scheiden, damit sie heiraten können. Er selbst setzt seine Lebensreise mit Kettys jungem kanadischen Dienstmädchen Julia fort, die davon träumt, ein angenehmes bürgerliches Leben zu führen. Die Rolle von Hélène (Roberts eifersüchtige Geliebte) trägt zusätzlich zur starken weiblichen Präsenz in einer Handlung voller Vitalität bei, in der die Lieder vor allem introspektive Momente sind. Henry Malherbe behauptete in Le Temps, dass Messager „in einer verzauberten Welt zu leben scheint, aus der Traurigkeit und Müdigkeit verbannt werden“; aber in Kettys „Ah! pourquoi les bons Momente passent-ils si vite“ und dem Trio „Dès que l’âge“ drücke das Werk auch Nostalgie und Bedauern über den raschen Lauf der Zeit aus.

André Messager (1853-1929)/ Wiki

Eines der erfolgreichsten Werke von Messager aus seiner Spätzeit, die comédie musicale Passionnément, wurde zu einem zeitgenössischen Libretto komponiert, an dem der eigentliche Erfinder der Musical-Komödie des Jazz-Zeitalters, Albert Willemetz, zur Hälfte Anteil hatte. Es erzählt, wie der machiavellistische amerikanische Millionär William Stevenson (René Koval) seinen Weg über den Atlantik findet, um den entschlossenen jungen Spieler Robert Perceval (Géo Bury) zu finden, um ihn davon zu überzeugen, von einem Land zu profitieren, das er in Colorado geerbt hat. Stevenson weiß, dass das Land voller Öl ist. Er bringt seine hübsche junge Frau Ketty (Jeanne Saint-Bonnet), eine ehemalige Schauspielerin, mit, besteht aber, misstrauisch gegenüber dem Ruf französischer Männer, darauf, dass sie sich mit einer dunklen Brille und einer grauen Perücke verkleidet. Sein Misstrauen ist angebracht, denn als Perceval Ketty ohne ihre Verkleidung ausspioniert, verliebt er sich in sie. Sie behält die Doppelrolle der betagten Ehefrau und ihrer eigenen jungen Nichte bei, bis sie ihrerseits umschwenkt und den jungen Mann vor den Absichten ihres Mannes warnt. Auf diese Weise erhält Perceval in bester Tradition sowohl das Geld als auch das Mädchen. Renée Duler war Hélène Le Barrois, Percevals ausgemusterte (zwischen Akt I und II) Geliebte, während Denise Gray als Julia, Kettys sexbesessenes Dienstmädchen, den Abend mit dem Kapitän der Yacht (Lucien Baroux) verbrachte, bevor sie mit dem letztendlichen Ex ihrer Arbeitgeberin endgültig zufrieden ist. Hélènes Ehemann (der sie zurückbekommt, einen Verzicht und drei Soli später) und zwei Diener vervollständigen die Besetzung.

Messagers 21-teilige Partitur wurde gekrönt von Solo-Nummern für Perceval (der Titelwalzer „Passionnement“), Hélène (das Versöhnungsrondeau „N’imaginez pas“, mit dem sie zu etwas wie verheirateter Glückseligkeit zurückkehrt), Julia (drei, einschließlich des komischen Gebets für einen Mann „Vous avez comblé ma patronne“) und Ketty, die in „Ah! pourquoi les bons moments“ wissen will, warum der Gipfel des Genusses so kurz sein muss.

Stevenson hatte ein komisches Stück, das den Erfolg in Amerika „le régime sec“ (Abstinenz) zuschreibt, aber nachdem er „le bon vin français“ und eine neue Persönlichkeit zwischen dem zweiten und dritten Akt entdeckte, hatte er ein viel amouröseres Solo für den letzten Akt.

Duette, Trios und Ensembles spielten ihre Rolle in einer modernen Partitur, die dem 73-jährigen Komponisten hervorragende Kritiken und einen großen Erfolg einbrachte. Die Originalproduktion der Show, die von Quinson eingefädelt und von Edmond Roze inszeniert wurde – dem erfahrensten Regisseur, den die Stadt zu bieten hatte –, war ein großer Erfolg.

Nach seiner ersten Pariser Saison ging es auf Tour, wobei Bury seine ursprüngliche Rolle spielte, und 1932 konnte man es in Paris im Trianon-Lyrique wiedersehen. In der Zwischenzeit hatte es einen kleinen Ausflug ins Ausland gemacht. In Ungarn, das der französischen Musikkomödie der 1920er Jahre gegenüber den größten Enthusiasmus zeigte, war Jenö Molnárs Version von Nászéhszaka (Hochzeitsnacht) ein großer Erfolg im Belvárosi Színház mit mehr als 100 Aufführungen in der ersten Produktion.

Eine andere Version, A legszebb éjszaká (die schönste Nacht), die neue Musik von Béla Csanak und eine von Andor Pünkösti überarbeitete Textfassung besaß, wurde 1943 im Márkus Park Színház gespielt. Das Stück reiste sonst wenig, obwohl es kurz in New York gesehen wurde, als es von einer französischen Repertoirekompanie gespielt wurde, in der Sonia Alny und Georges Foix vertreten waren. Ein Film von René Guissart mit Fernand Graavey als Hauptdarsteller und Koval, der seine Bühnenrolle wiederholte, wurde 1932 produziert, und Passionnement hat bis heute regelmäßig regionale Aufführungen in Frankreich. Kurt Gänzl

Wie der Titel schon ahnen lässt, handelt Messagers Operette von einer leidenschaftlichen Liebesgeschichte, die nach einigen Irrungen und Wirrungen zu einem Happy End kommt: William Stevenson, ein skrupelloser Geschäftsmann und Abstinenzler, bessert sich schließlich – geläutert durch die Liebe – von einem Betrüger zu einem freundlichen Mann, entdeckt die Freuden des französischen Weins und der wahren Liebe. Die amüsante Handlung wird getragen von schwungvollen Melodien im Stil der Goldenen Zwanziger. Daneben finden sich aber auch anrührende nostalgische Momente, wenn Stevensons zukünftige Ex-Frau Ketty in „Ah! Pourquoi les bons moments passent-ils si vite den raschen Lauf der Zeit beklagt.

Es ist erfrischend, wieder die bewährten „Hauskräfte“ des Palazetto zu erleben, die den in dieser Serie Auftretenden Gesicht verleihen und die den nötigen SAtil des Vortrags garantieren. In der Rolle der Ketty ist die französische Sopranistin Véronique Gens zu erleben, die u.a. 2016 beim Münchner Rundfunkorchester zu Gast war und Saint-Saëns‘ Opernheldin Proserpine und die mancher anderer mit ihrer facettenreichen Stimme bei den Palazzetto-Einspielungen zum Leben erweckt hat. Ihr zur Seite steht der französische Bariton Etienne Dupuis als Robert Perceval. Für die Partie der kanadischen Magd Julia, Stevensons künftiger Frau, konnte die australische Sopranistin Nicole Car gewonnen werden. Kurt Gänzl

 

.

.Passionnément – Musikalische Komödie in drei Akten (konzertant) von André Messager. Mitwirkende Véronique Gens, Nicole Car, Chantal Santon Jeffery, Etienne Dupuis, Éric Huchet, Armando Noguera, Katja Schild/ Münchner Rundfunkorchester, Stefan Blunier/1 CD mit englisch-französischen Artikeln u,nd Libretto in bewährter Buchform/ Palazetto Bru Zane/ Note 1.

.

Dank an Kurt Gänzl, dem bedeutenden Fachmann für Operette und historische Sänger, aus dessen Artikel wir Teile zitierten (https://kurtofgerolstein.blogspot.com/), ebenso an den Palazzetto Bru Zane, bei dem der Mitschnitt des Konzertes Dezember in München 2020 erschien. Übersetzung der englischen Originaltexte war wieder Daniel Hauser, Redaktion G. H

.

Die Liste der Beiträge in dieser Serie finden sie hier.

Fragwürdiger Anspruch

 

„Bescheidenheit ist eine Zier“, doch singt man besser ohne ihr? Mit einigem Anspruch an die Sängerin scheint ein Recitaltitel wie „Assoluta“ verbunden zu sein, den man vielleicht einer Callas, einer Sutherland oder Caballé zubilligen wird, weniger einer Mezzosopranistin, nämlich Béatrice Uria-Monzon,  die als Carmen & Co. einen guten Ruf, aber nur wenige Jahre Sopranerfahrung hat und nun an Ohrwürmern von der „Umile ancella“ über „Vissi d’arte“ bis zum „Suicidio“, ja zur „Casta Diva“ alles, was den Assolute zusteht, aufgenommen hat, nur „Un bel di“ und die Wahnsinnsszene der Lucia fehlen noch. Zwar teilt uns das Booklet mit, dass den Titel Primadonna assoluta in der Geschichte der Oper die Sängerin der wichtigsten Partie tragen durfte, heute aber verbindet man damit einen weit höheren Anspruch, dem die vorliegende CD nicht gerecht werden kann.

Es beginnt mit der Adriana, deren erste Töne, dunkel und recht verrucht klingend, an die unselige Fürstin von Bouillon aus der Cilea-Oper denken lassen, die sich pathetisch wie jene vokal aufführt, die zwar die Attitüde einer Assoluta, aber keine Sopranstimme hat, denn in der Höhe verliert die in der Mittellage reiche Stimme an Qualität. Auch Tosca profitiert zwar in der Mittellage von der Mezzovergangenheit der Sängerin, die Stimme nimmt allerdings streckenweise einen weinerlichen Klang an und leidet im Acuto an Qualitätsverlust, kann nicht aufblühen, wie es sich für einen Sopran gehört. Santuzza schlägt sich da wesentlich besser, wenn auch mit mauscheliger Diktion, die Tessitura der Partie passt, der düstere Charakter wird hörbar, erst am Schluss mit einem schwachen „io piango“ lässt die Spannung nach. Auch für die Maddalena aus Andrea Chénier lässt sich feststellen, dass die Uria-Monzon punkten kann, wo Soprane oft Schwächen zeigen, die mezza voce ist farbig, wenn die Mittellage nicht verlassen wird, ansonsten klingt die Stimm zu flach. Die Schlussszene von Manon Lescaut ist eines der schwächsten Stücke auf der CD, die Stimme scheint einfach nicht jung genug zu sein, klingt wie unter einem Tuch hervor, gedämpft, dumpf und „Non voglio morir“ einfach zu dünn. Letzteres trifft auch für die Gioconda zu, die Interallsprünge nach oben wirken gefährdet, einen Lichtblick stell das schöne Piano in der Höhe der Suor-Angelica-Arie dar, einen Tiefpunkt die „Casta Diva“ mit schriller Höhe und insgesamt trübe klingend. Im abschließenden „Pace, pace“ stört einmal mehr, dass die Sängerin mit zwei Stimmen zu singen scheint, deren oberer Teil ältlich klingt und die mit Maledizione kaum jemanden beeindrucken kann.

Einen Sonderfall stellt die Lady Macbeth dar, über deren Stimmqualitäten nach Verdi sich nicht noch einmal geäußert werden soll.  Mit übertrieben hexenhafter  Stimme verliest diese Lady den Brief des Gatten, in der folgenden Arie wie der Wahnsinnsszene drängt sich wieder der Eindruck auf, dass hier eine Mezzostimme, die ihre spezifischen Farben nicht bis in die Höhe tragen kann, am Werk ist.

Das in diesem Repertoire erfahrene Orchestra della Fondazione Teatro Lirico Giuseppe Verdi di Trieste unter Fabrizio Maria Carminati begleitet zuverlässig (Aparté music 221). Ingrid Wanja    

Tosti ohne Ende

 

Wer kennt nicht Ideale, Marechiare, A Vucchella oder Malia und kann sich, gesungen von Giuseppe Di Stefano oder José Carreras oder einer anderen schönen Tenorstimme, ihrem Zauber entziehen?! Aber wer weiß schon, dass es daneben noch weitere 350 Canzonen von eben diesem Francesco Paolo Tosti gibt, nicht weniger den Ohren schmeichelnd, wenn nur von der richtigen Stimme dargeboten? Sie alle sind auf 18 (achtzehn!) CDs veröffentlicht, jetzt allesamt in einer Kassette zugänglich und zu einem großen Teil nicht in italienischer, sondern in englischer und französischer Sprache.Song of a Life nennt sich das Unternehmen, das alle Romanzen des Komponisten für Gesang und Pianoforte in chronologischer Reihenfolge und mit unterschiedlichen Interpreten vereint und sich davon verspricht,  Tosti zum ihm gebührenden Ansehen zu verhelfen, frei von einem gönnerhaften, es handle sich bei ihm zwar um angenehme, aber zu angenehme, zu „leichte“, allzu gefällige zwar Salonmusik, aber durchaus nicht ernst zu nehmende Kunst. Salonneapolitaner in Anlehnung an den Salontiroler nannte man ihn oft abwertend, als wenn das Gefallenkönnen eins sei mit dem zu gefällig sein. Das Istituto Nazionale Tostiano di Ottona  ist verantwortlich für die Wieder- und Neuentdeckung des Komponisten, der zu Lebzeiten eine bedeutende Rolle auf europäischer Ebene spielte, denn er war nicht nur in Italien hoch angesehen undFreund aller bedeutender Komponisten seiner Zeit, sondern auch in England, wo er Musikerzieher im Königshaus war, so wie er in Rom die Prinzessin Margherita di Savoia unterrichtet hatte.

Die Lieder wurden im Rahmen einer Konzertreihe von zwanzig Sitzungen in Foligno und Ortona in den Jahren 2014 bis 2018 aufgeführt,  die Interpreten sind Teilnehmer  eines internationalen Concorso  della Romanza da Salotto, einige von ihnen haben eine bedeutende Karriere als Opernsänger gemacht. Die Aufnahmen zu den CDs fanden im Teatro Clitunno in Trevi statt.

Die beiden ersten CDs zeigen wie in er Folge auch fast alle anderen junge, frische Stimmen, einmal die des Tenors Nunzio Frazzini, in der Höhe begrenzt, aber mit schöner Mittellage, und den Sopran Romina Casucci , zart und melancholieumflort und damit sehr passen für das Repertoire. Auf CD 3 erfreut Maura Menghini mit einer dunkel getönten, geschmeidigen Stimme, während der Tenor David Sorgiu weich bis verhuscht klingt. Auf CD 4 kann Valentina Mastrangelo spröde bis frisch neue Akzente setzen, Bariton Denver Martin-Smith ist empfindsam in „Non t’amo più“, kann aber auch dröge und dumpf in den französischen Liedern sein. Prominent wird es auf CD 5 mit Monica Bacelli und Mark Milhofer, deren Stimmen sich auch im Duett vereinen, sie süß flötend und er charmant, nicht umsonst mit einer bedeutenden Karriere als Rossinisänger alle spalle. Obwohl englischer Herkunft, klingt MIlhofer wie ein italienischer Tenor, sie verkörpert mädchenhafte Anmut aufs schönste. Dies alles gilt auch für CD 6, die beide gestalten. Auf dieser CD befindet sich auch Marechiare, gesungen mit extremer Leichtigkeit, wie dahingetupft.

Der Sopran Benedetta Torre und der Bariton Eugene Villanueva gestalten CD 7, sie dunkel getönt bis weinerlich, er  leider auch bei Malia dumpf und mit verwaschener Diktion. Dieses ist eine der schwächeren CDs der Reihe. Wie eine Opernarie singt der Sopran Ridonami la calma. Ein Star ist inzwischen Desirée Rancatore, die fast ausschließlich die CD 8 gestaltet, mit schöner Melancholie in der Stimme leichter Emission, manchmal nur angenehm dahinplätschernd, aber in Dimmi fanciulla sich an Empfindsamkeit mit dem Tenor David Sotgui überbietend. Weiter geht es mit CD 9 und damit zum ersten Mal mit einer Bassstimme, der von Piotr Lempa, ungewohnt, aber von schöner Farbe und angemessen schlank geführt. Gut ergänzt er sich mit dem sanften Mezzosopran von Jurgita Adamonyté. CD 10 vereint den Sopran von Valentina Coladonato mit dem Tenor von Aldo Di Toro, er mit feinem Falsettone, ihre Stimme leicht  und biegsam. An Farbigkeit der Stimme ist der Sopran überlegen, während der Tenor in seinen Ausdrucksmöglichkeiten doch recht beschränkt bleibt.  Delphine Da Pontello ist der Sopran auf CS 11, schmal und spitz in der Höhe, aus Strana ein einfühlsames Drama machend, während Bariton Marco Severin sich zu sanfter Klage fähig zeigt. Wer in Italien Operette besuchte, kam kaum an dem Triester Dauer-.Buffopaar Daniela Mazzucato und dem Tenor Max René Cossotto vorbei. Seine Stimme klingt grell und durchdringend, in der Höhe offen und sehr hell, sie hat ein feines Soubrettenstimmchen, das Munterkeit und Eleganz verkörpert. CD 13 schließlich vereint den Sopran Marika Spadafino mit dem Tenor Alessandro Luciano, sie besticht surch delikate Geschmeidigkeit, er durch hörbare Schulung an Belcantopartien.  Es wechselnde, aber stets hilfreiche Partner am Pianoforte. Die restlichen fünf CDs wurden bereits besprochen, was unter dem Stichwort Tosti zu finden ist (Brilliant CDs 95530). Ingrid Wanja

 

Und damit nicht genug! Dem strengen Opernfreund gilt er als zu verachtender Salon-Neapolitaner, und doch kann man sich dem Zauber einer seiner Romanzen oder Canzonen, sei es „‘A Vucchella“ oder „Ideale“,  gar gesungen von einem Giuseppe Di Stefano oder José Carreras, kaum entziehen. Die Rede ist von Francesco Paolo Tosti, zu dessen hundertstem Todestag ein riesiges Projekt, nämlich die Aufzeichnung seiner sämtlichen rund 4000 Werke für Stimme und Klavier gestartet wurde. Inzwischen liegt die vierte der jeweils fünf CDs umfassenden Ausgabe vor, jede von renommierten italienischen Sängern interpretiert, wie die früheren drei meistens chronologisch geordnet und  vor allem die Jahre 1903 bis 1917 umfassend. Dabei handelt es sich nicht nur um italienische, wenn Bearbeitung von Volksliedern neben neapolitanischen solche aus den Abruzzen betreffend, sondern auch um englische und französische Texte, denn Tosti war nicht nur Musiklehrer der italienischen Königin Margherita, sondern lebte auch lange Zeit in London und erfreute sich der Gunst des dortigen Königshofes unter Königin Victoria.

Seine hier bei Brilliant versammelten italienischen Lieder dieser Epoche fußen zu einem großen Teil auf Gedichten von Gabriele d’Annunzio, ganz gewiss politisch eine fragwürdige Figur der italienischen Geschichte mit seinem Flug über Wien, dem Abenteuer von Fiume, heute Rijeka, und der Hass-Liebe gegenüber Mussolini. Dass er in Italien heute als Dichter weitgehend unumstritten ist, hat er wohl auch seinem frühen Todesdatum, 1938, zu verdanken. Jedenfalls ist sein Anwesen Vittoriale mit riesigem Grabmal am westlichen Gardasee-Ufer in Gardone ein beliebtes Ausflugsziel.

Der Zusammenklang von hocherotischen bis schwülstigen, aber oft auch erstaunlich sensiblen Texten mit der gefälligen, eingängigen Musik passt besonders gut zur Stimme des Mezzosoprans Monica Bacelli, die die letzte der fünf CDs besungen hat. Zwischen zärtlicher Mütterlichkeit und vokaler Raffinesse schwankt ihr „Ninna nanna“, ein raffinierstes Farbenspiel wird für „A Tale oft he Twilight“ eingesetzt, durch Interpretationen wie die ihren werden die Stärken der Kompositionen betont, eventuelle Schwächen eliminiert. Raffinierte Rubati kennzeichnen die Interpretation von „Tormento“, viele einander widersprechende Gefühle werden in „Non basta più“ ausgedrückt. Zarte Melancholie ist die Stärke von „Parole del ricordo mio“, deliziös verhauchend. Jedem Titel wird seine ganz eigene Farbe verliehen, dabei bleibt die Stimme jedoch immer schön gerundet. Mit dem Poemetto „La Sera“, sehr männlich, da ebenfalls von d’Annunzio stammend, macht sie die Tragödie eines durch und durch weiblichen Wesens hörbar, als wolle sie der zeitweiligen Geliebten des Dichters, der Schauspielerin Eleonora Duse, eine Stimme verleihen. Die Begleitung durch Isabella Crisante ist der Kunst der Sängerin ebenbürtig.

Die erste CD lässt uns die frische, mädchenhafte Sopranstimme von Maria Bagalà hören, die durch ihre Leichtigkeit und die, wenn angemessen, elegische Zartheit erfreut. Die Sängerin kann aber auch dramatisch ausholen, wie ihr Einsatz in „Amate!“ beweist.

Der Bariton John Viscardi erfreut den Hörer durch eine perfekte Diktion, durch eine kernig-markante Stimme, die nicht zuletzt durch ihre Unmittelbarkeit, die Fähigkeit zur Kommunikation überzeugt. Dass sie auch geschmeidig und schmeichelnd wirken kann, beweist sie mit  „Si je ne t’aimais pas“, die populäre  „Ultima Canzone“ lässt mit einem beschwörenden „Nina, rammenta“ aufhorchen. Eine raffinierte Crescendo-Fermate ist bemerkenswert im „Voi dormite Signora“. Glenn Morton ist der Pianist dieser CD.

Donata D’Annunzio Lombardi bestreitet gemeinsam mit der Pianistin Isabella Crisante die zweite CD. Sie hat eine ausgesprochene Puccini-Stimme, singt die weitgehend auf Texte von Riccardo Mazzola komponierten Canzonen agogikreich, mit raffinierten Pianissimi, aber auch altmodischen Portamenti werkgerecht, würde nicht das Verschlucken der Konsonanten den Gesamteindruck stören. Das Prätenziöse des Vortrags passt zu vielem auf der CD, weniger zum populären „A Vucchella“. „Canta la serenata“ erfreut sich eines frischeren Klangs, einiges andere leidet unter der verhuschten Tongebung.

Fast ausschließlich aus dem Jahr 1911 stammen die Stücke, die vom Mezzosopran Giuseppina Piunti und dem Tenor Riccardo Della Sciucca vorgetragen werden. Eine reife, füllige, substanzreiche Stimme wie die ihre passt sehr gut zur Musik, auch das geschmeidige, raffinierte Spiel mit den Tönen, der tragische Unterton für „Non mentire“ oder „Se tu canti“. Eine sehr empfindsame Seite zeigt die Sängerin in den „Due piccoli notturni“, am Schluss der CD hört man ein zauberhaftes Duett mit „Passing Shadow“.

Eigentlich wie ein Bariton mit guter Höhe hört sich Riccardo Della Sciucca an, der eine gut tragende, mit einem warmen Timbre ausgestattete Stimme besitzt. Er singt auch in Französisch und Englisch perfekt idiomatisch, vermag in „Luna d’Estate“ Beschwingtheit und Lebensfreude zu vermitteln und zeigt in „Baciami“ auch tenorales Strahlen, ohne dass die Dunkelheit des Timbres verloren geht.  Hier nimmt die Stimme im letzten „Baciami“ auch mal opernhafte Ausmaße an.

Fest etabliert im Operngeschäft wie Monica Bacellii st auch Cinzia Forte. Sie teilt sich mit dem Bariton  Giovanni Meoni die vierte CD, begleitet von Marco Scolastra. Die Stücke wurden zwischen  1890 und 1916 komponiert, die chronologische Anordnung also durchbrochen. Der Sopran scheint in den letzten Jahren an Fülle und Süße gewonnen zu haben, hat einen schönen Glockenton und wird manchmal, so in „More and more“, recht vibratoreich eingesetzt. Anmutig leicht klingt hingegen  „Maggio è ritornato“, eine schöne Klage  ist „Charitas!“. Deliziös schließlich wird  „While we are young“ gesungen. Im Duett  „Napoli“ überbieten die beiden Sänger einander an der Verbreitung guter Laune.

Einen urgesunden Bariton setzt Giovanni Meoni für  „O dolce meraviglia!“ ein, klingt volkstümlich, entschlossen und temperamentvoll. Die sehr gute Diktion kommt beiden Sprachen zugute, echte Empfindung lässt sich im „piangi“ von  „Perdutamente!“ vernehmen.

Wer diese CDs hört, wird sich schnell von dem Vorurteil verabschieden, dass leicht gleich leichtgewichtig, einfach schön zwangsläufig kitschig sein muss. Eine Fortsetzung des Unternehmens „The Song of a Life“ kann man sich nur wünschen (Brilliant Classics 95499). Ingrid Wanja

Berühmt ja, aber legendär?

 

Legendary Conductors nennt sich die DVD-Reihe, mit der Arthaus berühmte Dirigenten vorstellt, jeweils mit einer Darstellung ihres Werdegangs und in einem zweiten Teil mit zumindest einem Teil eines Konzerts. Im Fall von Zubin Mehta (Good thoughts, good words, good deeds)sind das die Kindertotenlieder von Gustav Mahler mit der Sächsischen Staatskapelle Dresden und mit Thomas Quasthoff, dessen letztes Konzert mit klassischer Musik vor der Hinwendung zum Jazz dies war.

Die gesamten 120 Minuten lang ist man als Zuschauer berührt von der großen Menschlichkeit, die der indische Dirigent ausstrahlt und die neben seinem großen Können den Untertitel der DVD, Good Thoughts, good Words, good Deeds, glaubhaft werden lässt. Schauplätze sind natürlich das Heimatland Indien, sein Wirken in Israel, aber auch Wien oder die Berliner Philharmonie gehören zu den bevorzugten Schauplätzen. Unzählig viele Fotos und Filmausschnitte machen den Reichtum des Films aus, und auch der Humor kommt nicht zu kurz, wenn der Maestro im Frack inmitten einer großen Schar von Pinguinen posiert. Mehrfach sind Proben zum und die Aufführung vom berühmten Konzert der drei Tenöre in den Thermen des Caracalla in Rom während der Fußballweltmeisterschaft 1990 zu sehen, Filmausschnitte von einer einer Saalschlacht gleichkommenden Auseinandersetzung des israelischen Publikums über Für und Wider einer Aufführung des Vorspiels zu Tristan und Isolde. Auch ganz frühe Auftritte wie die in Gemeinschaft mit Daniel Barenboim und anderen jüdischen Musikern, eine Oberon-Ouvertüre oder das Mozartkonzert für Flöte und Harfe gewähren interessante Einblicke in das Wirken Mehtas. Fast immer wünscht man sich, die musikalischen Teile würden nicht so schnell wieder aufhören, aber das Erfüllen dieses Wunsches würde nicht der Zielsetzung des Films gerecht werden, mit dem vielseitigen Schaffen des Maestro bekannt zu machen. So gibt es schnelle Orts- und Themenwechsel, von der Bekümmernis über den israelisch-palästinensischen Konflikt und ein Konzert mit Gasmasken für das Publikum über den vergeblichen Versuch, als Friedensbote mit dem Orchester in Ägypten zu musizieren und das erste Gastspiel des Israelischen Nationalorchesters in Deutschland, dem sich nur zwei Musiker verweigerten. Eine Würdigung Wagners als Baum, dem die Früchte Mahler,Grieg, Schostakowitsch usw. zu verdanken sind, fehlt eben so wenig wie Berichte vom Rigoletto beim Maggio Fiorentino oder der ersten Aufführung von Turandot in Peking, wo ein Wettlauf mit dem Regen stattfand. Anteilnahme erweckend sind auch die Ausschnitte von einem Konzert in Sarajewo während des Jugoslawienkonflikts. Und immer wieder berührt es den Betrachter der DVD sympathisch, wie bescheiden, freundlich und ausgeglichen sich Zubin Mehta nicht nur gibt, sondern wie er zu sein scheint.

Sollten in Zukunft nicht nur viele Japaner in europäischen Konzertsälen zu finden sein, sondern auch zunehmend junge Inder, dann wird das ein Verdienst Mehtas sein, der sich um die musikalische Erziehung der Jugend seines Heimatlandes kümmert. Die Gefährten seiner Kindheit und Jugend kommen ausführlich zu Wort und vervollständigen das Bild eines nicht zuletzt wegen seiner Liebe zum Kricketspiel heimattreuen wie weltoffenen Dirigenten. Dank seiner Freundschaft mit Daniel Barenboim hat man in Berlin oft das Vergnügen, ihn zu erleben. Aus München ist ein Ausschnitt aus den Gurreliedern mit Klaus Maria Brandauer zu sehen und zu hören, bei der Wiedergabe der Kindertotenlieder aus Dresden interessierte die Kamera natürlich besonders der Sänger.

Thomas Quasthoff fasst sie als einen Klagegesang ohne Anspruch auf Schöngesang auf, lässt seinen Bariton mal hohl, mal grell erklingen, einzelne Worte treten als Bedeutungsträger hervor, aber die Stimme kann auch strahlen wie auf „Sterne“. Ohnmacht und Zynismus werden ebenso zu Gehör gebracht wie das Tröstende des Schlusses, das nicht nur lange nachhallt, sondern sich auch im Gesicht des Sängers widerspiegelt. Kongenial zeigen sich die dunkel leuchtenden Farben des Orchesters. Die Aufnahme entstand 2010. Die nächste Folge der Reihe Legendary Conductors ist Daniel Barenboim gewidmet (Arthaus 109439). Ingrid Wanja

Hommagen

 

Passione war eine von Luciano Pavarottis erfolgreichsten Platten – nun bringt DECCA unter eben diesem Titel eine neue CD mit dem britisch-italienischen  Tenor Freddie De Tommaso heraus, die dem großen italienischen Sänger  Franco Corelli anlässlich seines 100. Geburtstages huldigt (485 1509). Aber der Sänger gedenkt mit dieser Veröffentlichung („A Franco“) auch seines Vaters Franco De Tommaso, der 2011 mit nur 56 Jahren starb. Das Programm umfasst vor allem die bekannten italienischen und neapolitanischen Kanzonen, die von allen großen italienischen Tenören (Mario Del Monaco, Giuseppe Di Stefano, Carlo Bergonzi, Franco Corelli, Luciano Pavarotti) interpretiert wurden. Auch Sänger anderer Nationen (Alfredo Kraus, Plácido Domingo, Marcelo Álvarez, Jonas Kaufmann) haben sich erfolgreich diesem Genre gewidmet. So ist die Konkurrenz auf dem Musikmarkt groß und Freddie De Tommaso muss sich dieser stellen. Er macht dabei durchaus gute Figur, wenn seine Stimme im Timbre auch nicht so einzigartig und unverwechselbar ist wie die seiner illustren Vorgänger. 2018 gewann der Tenor den renommierten Francisco Viñas Gesangswettbewerb in Barcelona und etablierte sich auf Anhieb als einer der vielversprechenden neuen Interpreten im lirico-spinto-Fach. Die Stimme ist baritonal timbriert, im Ausdruck emphatisch und passioniert, was sie für dieses Genre natürlich prädestiniert.

Als Auftakt erklingt ein weniger bekannter Titel von Carlo Innocenzi, „Addio, sogni di gloria!“, in einem rauschhaften Arrangement von Henry Mancini. Sogleich hier kann der Interpret mit seinem schwärmerischen Vortrag für sich einnehmen. Die zweite und dritte Nummer, Tostis „Marechiare“ und „L’alba separa dalle luce l’ombre“, sind dagegen allseits beliebter Schlager und werden mit virilem Schwung und generösen Spitzentönen serviert. Später folgt von diesem Komponisten noch „Ideale“ – ein gleichfalls sehr populäres Lied. In diese Kategorie fallen auch „Mattinata“ von Ruggero Leoncavallo,„Core ‚ngrato“ von Salvatore Cardillo und „Musica proibita“ von Stanislao Gastaldon, mit dem De Tommaso ein hinreißender Schlusstitel gelingt. Selten zu hören sind der Bolero „Lolita“ von Arturo Buzzi-Peccia, welcher mit spanischem Temperament erklingt, „Dicitencello vuje“ von Rodolfo Falvo und das schwelgerische „Fenesta che lucive“ von Guglielmo  Cottrau, das lange Zeit Bellini zugeschrieben wurde, aber nach einem traditionellen neapolitanischen Volkslied komponiert wurde. Renato Balsadonna, der diese Aufnahme mit dem London Philharmonic Orchestra dirigiert (entstanden im November 2020 in Watford), hat dafür das Arrangement erstellt, das Anklänge an Norma hören lässt.

Ungewöhnliche Beiträge in einer solchen Anthologie sind zwei Lieder von Puccini, welche Domingo schon in seinem Album Unknown Puccini vorgestellt hatte („Sole e amore“, dessen Motiv der Komponist später im 3. Akt seiner Bohème verarbeitete, und „Mentia l’avviso“, in dem schon die Manon Lescaut anklingt) sowie das schmerzliche „Nebbie“ aus Respighis Tre liriche. De Tommaso beweist hier eindrucksvoll seine Kompetenz für die Gestaltung der großen italienischen Tenorpartien. Natürlich darf auch der Titel gebende Song nicht fehlen. „Passione“ stammt von den beiden neapolitanischen Komponisten Ernesto Tagliaferri und Nicola Valente. Der Tenor singt sie mit Verve und Eleganz. Bernd Hoppe

Am Originalschauplatz

 

Endlich sind die Geister nach Hause gekommen. Die Geister von Marie-Antoinette und Louis XIV. trafen sich im Dezember 2019 in der Opéra Royal im Château de Versailles, wo die Geschichte der Ghosts of Versailles, die John Corigliano und William M. Hoffmann in ihrer zweiaktigen Grand Opera Buffa erzählen, ihren Anfang nahm. Begleitet werden der französische König und seine Gattin vom Grafenpaar Almaviva, Figaro und seiner Susanna, samt den unehelichen Kindern der Almavivas, Florestine und Léon. Mit dabei auch Beaumarchais, der die Geschichte von Rosina und ihrem Grafen zwischen 1775 und 1797 genüsslich in seiner Figaro-Trilogie ausgebreitet hatte. Möglich machte dieses Stelldichein in Versailles eine gemeinsame Produktion der Opéra Royale mit dem Glimmerglass Festival, bei dem die von Joseph Colaneri dirigierte Produktion von Jay Lesenger im Juli 2019 am Vorabend des französischen Nationalfeiertags und 230 Jahre nach dem Sturm auf die Bastille ihre Premiere hatte. Später reiste nahezu das gesamte Team über den Atlantik, wo es sich in Versailles mit dem Orchestre de l’ Opéra Royal zusammenschloss.

Das Ergebnis präsentiert das Château de Versailles in einer umfangreichen Ausgabe, die neben den beiden CDs, die Coriglianos zweieinhalbstündige Oper beansprucht, zusätzlich die gesamte Aufführung auf DVD und Blu-Ray bereithält (CVS036, dreisprachiges Beiheft, aber ohne Libretto), wobei DVD und Blu-Ray darüber hinaus eine 38minütige Dokumentation über Coriglianos auf dem Höhepunkt der Aida-Krise 1988 entstandene erste Sinfonie Of Rage and Remembrance (Von Zorn und Erinnerung) bieten. Wenige Jahre nach John Conlons ausgezeichneter Los Angeles-Aufnahme aus dem Frühjahr 2015 (bei Pentatone) steht bereits eine weitere Einspielung der 1991 unter James Levine an der Metropolitan Opera uraufgeführten und damit üppig dokumentierten zeitgenössischen amerikanischen Oper zur Verfügung, die zusätzlich mit dem Siegel des historischen Rahmens versehen ist.

Quasi historisch, wie altmodische Molière- oder Beaumarchais-Aufführungen einst an der Comédie Française, mutet Lesengers zurückhaltende Inszenierung an, die das vom Librettisten überkonstruierte und das Verständnis wenig befördernde Stück über eine Liebe zwischen Marie Antoinette und Beaumarchais mit der Halsbandaffaire, einer Theater-auf-dem-Theater-Aufführung von La mére coupable, dem letzten und am wenigsten bekannten Teil der Figaro-Trilogie, und dem Versuch verknüpft, das Schicksal der Königin umzulenken, in fassliche Bilder (Bühnenbild von James Noone und opulente Kostüme von Nancy Leary) quetscht. Ort der in der Gegenwart und im Herbst 1793 spielenden Handlung, die die Geister folgendermaßen kommentieren, „He’s in love, he’s in love, he’s in Love! Beaumarchais is in love with Marie Antoinette! The Queen is sad! She longs for death! She’s been dead fort two hundred years!“, ist das Theater im Petit Trianon.

An der Met sorgte 1979 die Einlage der vielseitigen Marilyn Horne für Stimmung in Coriglianos Oper, die auch als DVD bei DG herauskam/Met Opera Archive/ Operaonvideo/ Rolf Fath besprach zudem die frühere Aufnahme der Oper bei Pentatone für operalounge.de

Man muss sich erst an Coriglianos Musiksprache mit ihrem müden Geister-Gewisper und hurtigen Konversations-Plapperei und der Melange aus Zitat und Gefälligkeit gewöhnen. Bald aber nehmen die gekonnte Ausformung der Arien und Szenen gefangen, darunter die virtuose, orientalisch umkleidete Cabaletta der arabischen Diva Samira, die post-barbersche Süße der Duette, etwa das elegische „Look at the green here in the glade“ zwischen Cherubino und Rosina, welches Beaumarchais und Marie Antoinette zum Quartett erweitern, die nach dem Vorbild der Italiana gezauberten rossinischen Ensembles und die Ironie – „This is no opera!“ behauptet eine Dame im ersten Finale „Wagner is opera!“

Ein Star-Ensemble, wie es der Met mit Stratas, Fleming, Horne, Gino Quilico, Graham Clark und Hagegård oder Conlon in Los Angeles mit Patricia Racette, Lucy Schaufer, Lucas Meachem, Robert Brubaker, Christopher Maltman und Patti LuPone zu Gebote stand, darf in Versailles nicht erwartet werden. Corigliano hat aber so wirkungssicher für die Stimmen geschrieben, dass sich die meisten Sänger, nicht nur Gretchen Krupp, die als pralle Samira naturgemäß abräumt, recht gewinnend präsentieren: Teresa Perrotta singt die beiden großen Szenen der Marie Antoinette, vor allem ihren Abschied („Once there was a golden bird“), mit exquisiter Melancholie und fülligem Sopran, für den Beaumarchais setzte Jonathan Bryan seinen ansprechenden lyrischen Bariton vorteilhaft ein („I risk my soul for you, Antonia“). Ben Schaefer traut man nach seinem Corigliano-Figaro auch die Gegenstücke von Mozart und Rossini zu, Kayla Siembieda ist mit rundweichem Mezzosopran, der sich im Duett mit Rosina reich entfaltet („As summer brings a wistful breezel“) und sprühender Diktion als Susanna ein wahres Bühnentalent, Joanna Latini, deren Rosina im Duett mit Cherubino (Katherine Maysek) von zarter Eleganz ist, und der Tenor Brian Wallin verblassen als Grafenpaar daneben fast ein wenig; ebenso Peter Morgan als König. Als Bösewicht Bégearss setzt Christian Sanders seinen Charaktertenor in der Wurm-Arie „Long live the Worm“ und im Revolutionsgeschehen mit schleuderndem Effekt ein. Joseph Colaneri und das Orchestre de l’ Opéra Royale unterstützen die Sänger durch ein pointiertes, kammermusikalisches Spiel, das auch in den Revolutionsszenen durchsichtig bleibt. Nun soll den Geistern aber auch wieder für eine Weile Ruhe gegönnt sein. Rolf Fath

Vielvertont

 

Albrecht Wenzel Eusebius von Waldstein gen. Wallenstein (1583-1634) war eine der letzten Heldengestalten der Weltgeschichte. Immer wieder stand er auch im Fokus des Interesses von Komponisten, denkt man Bedřich Smetanas Tondichtung Wallensteins Lager von 1859 oder auch Vincent d’Indys sinfonisches Triptychon Wallenstein von 1871, beides nach Friedrich von Schiller, auch die Oper von Jaromir Weinberger (die Aufnahme bei cpo unter Cornelius Meister wurde in operalounge.de besprochen). Ein weiterer Komponist, der sich des legendären Feldherrn des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) annahm, war Josef Gabriel Rheinberger (1839-1901). Dieser wird aufgrund seiner langen Wirkungszeit in München, wo er ab 1851 lebte, heute häufig fälschlicherweise als deutscher Komponist angesehen, war jedoch tatsächlich ein in Vaduz gebürtiger Liechtensteiner. Zu Lebzeiten hochgeschätzt und dekoriert (Nobilitierung zum Ritter von Rheinberger 1895 durch den bayerischen Prinzregenten Luitpold), steht er mittlerweile im Schatten anderer. In praktisch allen musikalischen Genres tätig, erlangte er besonders auf dem Gebiet der geistlichen Musik Bedeutung (viele Messen, Kantaten und Motetten, drei Requiems und zahllose Orgelwerke), schrieb aber auch zwei Opern und drei Singspiele.

Den 300. Jahrestag der Gründung des Fürstentums Liechtenstein, das in dieser Form seit 1719 besteht, nahm das Label Ars zum Anlass, das Sinfonische Tongemälde d-Moll op. 10 Wallenstein erstmals einzuspielen (ARS38284). Es agiert das Sinfonieorchester Liechtenstein unter seinem ehemaligen Chefdirigenten Florian Krumpöck. Idiomatischer geht es nicht. Der erst 1988 ins Leben gerufene und einzige professionelle liechtensteinische Klangkörper braucht keine Vergleiche zu scheuen, was auch für die zwischen 28. und 30. Jänner 2019 im SAL (Saal am Lindaplatz) in Schaan entstandene Aufnahme gilt, die als hybride SACD im DSD-Verfahren vorgelegt wird und höchsten klanglichen Ansprüchen genügt.

Wie bei Smetana und d’Indy war es für Rheinberger weniger der historische Wallenstein als Schillers literarische Verarbeitung des Stoffes, die seiner Komposition von 1866 zugrunde lag. Dafür spricht bereits die Bezeichnung der vier Sätze, welche sich gliedern in Vorspiel (gut 14 Minuten), Thekla (gut 10 Minuten), Wallensteins Lager (10 Minuten) und Wallensteins Tod (15 Minuten), zusammen also ein etwa 50-minütiges Werk ergeben. Rheinberger gelang das Kunststück, sowohl die Verfechter der absoluten Musik als auch die Anhänger der seinerzeit in Mode gekommenen Tondichtungen für sich einzunehmen. So firmierte das Stück in seinen ersten Aufführungen als „eine Sinfonie in vier Sätzen“, um in der Druckausgabe doch noch als „Sinfonisches Tongemälde“ durchzugehen. Der Kopfsatz gibt ein farbiges Portrait der Titelfigur, während sich der langsame, sehr verinnerlichte zweite Satz Wallensteins Tochter Thekla (historisch: Maria Elisabeth) widmet. Der durchaus als Scherzo zu bezeichnende dritte Satz kommt marschartig-deftig daher und schildert in seiner lebensbejahenden Leichtigkeit das turbulente Lagerleben im Felde. Im düsteren Finale schließlich deutet sich das unausweichliche Schicksal des Helden bereits früh an, der alle Warnungen in den Wind schlägt und schließlich der berühmten Verschwörung zum Opfer fällt.

Eine wirklich hörenswerte Ausgrabung im weniger bekannten sinfonischen Repertoire der Romantik, die gerade auch aufgrund des historischen Hintergrundes für den Musikfreund von Interesse ist, selbst wenn der ganz große Aha-Effekt ausbleibt. Das beiliegende ausführliche deutsch-englische Booklet ist tadellos und macht Lust auf mehr. Es darf auf eine Fortsetzung aus Liechtenstein gehofft werden. Daniel Hauser

Ruggiero Orofino

 

Das Leben, die Laufbahn und die künstlerischen Verdienste des italienischen Tenors Ruggiero Orofino (28.09.1922 – 20.05.2021) waren in vielerlei Hinsicht außerordentlich: als erstes Mitglied des Chors der Mailänder Scala kehrte er in Hauptrollen an das bedeutendste Haus Italiens zurück – und dies für nicht weniger als 10 aufeinander folgende Spielzeiten. Vom Automechaniker, Elektriker und Marinesoldaten aus dem apulischen Barletta wurde er zu einem der ersten Tenöre weltweit und zum Star im Ensemble der Berliner Staatsoper Unter den Linden. 1976 wurde er zum Kammersänger ernannt, und als einziger Tenor sang er an allen drei Berliner Opernhäusern, als die Stadt durch die Mauer geteilt war. Sein Radamès, sein Pinkerton und sein Rodolfo, die er in allen großen Häusern der Welt gesungen hat, sind unvergessen und halten jeden Vergleich mit wesentlich prominenteren Kollegen aus.

Ungewöhnlich breit war auch Orofinos stilistisches Spektrum: sowohl in Berlin und Hamburg, in München und an der Scala war er ein hervorragender falscher Zarewitsch Dimitri in Boris Godunov. Mussorgskys Meisterwerk sang er zunächst in deutscher und italienischer Sprach, schließlich 1979 unter der Leitung von Claudio Abbado auch im russischen Original. Im Belcanto der italienischen Frühromantik war er als Pollione der Norma der Caballé ein ebenbürtiger Partner an der Scala. Und nicht hoch genug kann seine Interpretation der heiklen Titelpartie von Verdis Ernani geschätzt werden, mit dem er 1970 als Protagonist an der Scala debütierte. Anders als viele Sänger aus dem romanischen Sprachraum bewies Orofino zudem, dass das deutsche Repertoire auch in Originalsprache wie Belcanto gesungen werden kann. Zum einen ist hier sein Lohengrin zu nennen – eine Partie, die er erstmals 1971 innerhalb von wenigen Tagen sowohl in Dublin auf Deutsch wie beim Maggio Musicale Fiorentino auf Italienisch sang, später dann auch an der Berliner Staatsoper und in Madrid. Sensationell ist allerdings, dass er keinerlei Berührungsängste gegenüber der zweiten Wiener Schule hatte. An der Scala sang er den Jungen Mann in Schönbergs Moses und Aron und – wiederum unter der Leitung von Abbado – den Tambourmajor in Bergs Wozzeck, ebenfalls in Mailand und beim Gastspiel der Scala in Paris.

Eine solche stilistische Bandbreite setzt natürlich nicht nur eine außergewöhnliche Stimme sondern auch eine ebenso hervorragende Technik voraus. Der erste Beleg dafür ist zunächst Orfinos außergewöhnliche stimmliche Langlebigkeit. Mit über sechzig Jahren sang er manch jüngeren Cavaradossi oder Radamès an die Wand, und meisterte die Tessitura der kurzen aber extrem hoch liegenden Partie des italienischen Sängers mit Bravour – viele Kollegen verabschieden sich in diesem Alter von der Bühne oder sind zu regelmäßigen Transpositionen gezwungen. Seine Technik erarbeitete sich Orofino im intensiven Studium mit den Repetitoren und Dirigenten der Scala und vor allem bei der großen Mercedes Llopart. Selbst eine bedeutende Sopranistin, ging sie vor allem als Lehrerin von Alfredo Kraus, Renata Scotto, Elena Souliotis, Fiorenza Cossotto und eben Ruggiero Orofino in die Geschichte des Belcanto ein.

Diese technische Souveränität und ein Vortragsstil, der keinerlei veristische Exzesse kennt, machen Orofino zu einem herausragenden Sänger, selbst für das goldene Zeitalter, in dem er seine Karriere begann. Denn trotz seiner dunklen, genuinen lirico-spinto Stimme und seines feurigen Bühnentemperaments war er ein Klassizist unter den dramatischen Tenören seiner Generation. Auf seinen Aufnahmen hören wir eine substanzreiche und vibrante Stimme, die jederzeit perfekt fokussiert sitzt und sich souverän im Passaggio bewegt. Dies zeigen exemplarisch die – in dieser Hinsicht äußerst anspruchsvollen – Arien aus Mascagnis Cavalleria und Iris. Darüber entfaltet sich eine brillante, vollkommen mühelose Höhe bis zum C bzw. Des’’ (im Duett des Herzogs mit Gilda aus Rigoletto). Dramatische Attacken singt Orofino mit Verve, doch niemals wird die Gesangslinie deklamatorischen Akzenten oder veristischen Schluchzern geopfert. Immer bleibt sie klar, liegt die Stimme konsequent auf dem Atem, so dass jederzeit Diminuendi und Smorzandi in die Mezza voce möglich sind. All diese Qualitäten – zusammen mit einer glasklaren Diktion, die den Sinn jeder Phrase und des einzelnen Wortes herausarbeitet – sind auch in den Aufnahmen in deutscher Sprache zu bewundern.

Eine „voce parallela“ (Lauri-Volpi), die dem Gesang und der Stimme Orofinos vergleichbar wäre, wird man unter seinen Zeitgenossen schwer finden. Am ehesten kommt einer der größten Tenöre der Vorkriegszeit dafür in Frage: Giovanni Martinelli, der nach Carusos Tod an der Metropolitan Opera dessen dramatisches Repertoire übernahm. Denn wie Martinelli exzellierte Orofino in Partien wie Radamès, Manrico, Don Carlos, Cavaradossi, Chénier und Calaf. Anders als Martinelli aber erhielt er sich bis in die letzten Jahre seiner Karriere die Fähigkeit, zwischen seinem Spinto-Repertoire und lyrischen Partien wie Duca, Rodolfo oder Pinkerton zu alternieren.

Ganz offensichtlich sind die Parallelen zu Martinelli in den Arien des Calaf, die Orofino mit großzügiger Tongebung und Leidenschaft, dabei mit souveräner Linienbildung singt. Noch enger schließt er mit Verdis Ernani an seinen großen Vorgänger an. Sein Erfolg in der Partie beim Debüt an der Scala in der Eröffnungsserie der Spielzeit 1969/70 reichte an den von Domingo mühelos heran, von dem er die Partie im zweiten Teil der Vorstellungsserie übernahm. Nach Martinelli gehört Orofino zu den ganz wenigen Tenören, die souverän die hohe Tessitura der Auftrittsarie bewältigen, die gruppetti der Cavatina wirklich con eleganza phrasieren und in der Cabaletta Dramatik und Agilität vereinen. Zudem krönt Orofino nicht nur diese mit einem langen hohen B sondern interpoliert in der Kadenz der Cavatina ein stupendes hohes H, das das Publikum der Scala zu  Recht mit einem Beifallssturm beantwortet.

Zwei Jahrzehnte lang war Orofino der unumstrittene Star im italienischen Repertoire an der Berliner Staatsoper, und zahllose Fans in Europa und Übersee (wo er u.a. an der Met und am Teatro Colon mit seinem äußerst anspruchsvollen Publikum sang) erinnern sich noch heute mit Begeisterung an seinen Gesang und seine Interpretationen (wie auf vielen seiner Dokumente bei youtube nachzuerleben ist)/ Foto oben Archivio storico del Teatro alla Scala)Angelo Raciti

Ungewöhnlich

 

Wieder einmal an ihre Geburtsstätte, die Opéra Comique von Paris, zurückgekehrt war Bizets Carmen im Jahre 2009, wovon es jetzt eine DVD bei Naxos gibt. Die recht kleine Bühne wird von Mark Thompson optimal genutzt, indem auf drei Ebenen agiert wird, so im ersten Akt aus der Tiefe kommend die Arbeiterinnen, Auge in Auge mit dem Publikum die Wachsoldaten und auf einer Empore Spaziergänger und der Fluchtweg Carmens. Im dritten Akt ragen dann viele Leitern aus der Schlucht hinaus himmelwärts, und im vierten Akt schließlich lässt sich die Regie von Adrian Noble die Chance entgehen, die drei Ebenen für einen glanzvollen Aufzug der am Stierkampf Beteiligten zu nutzen, stattdessen wird wie wild ins Publikum hinein gewinkt. Insgesamt wirkt die Szene bräunlich vergilbt wie ein altes Bild, es wird duster, wenn es schicksalsträchtig wie beim Blumenwurf wird, Rotlicht herrscht bei Lillas Pastia vor, Blau in der Schlucht, im vierten Akt sollen viele Fahnen für eine angemessene Atmosphäre sorgen. Personenregie findet in bescheidenem Maße statt, nur die Auseinandersetzung zwischen Don José und Escamillo lässt den Zuschauer ahnen, dass er sich im Land der Mantel- und Degenfilme befindet.

John Eliot Gardiner, nach der Pause hemdsärmelig auftretend, setzt mit  dem Orchestre Révolutionnaire et Romatique auf das Filigrane, beiläufig, aber straff Wirkende der Partitur, versucht nie zu überwältigen, selbst der rasante Beginn besticht eher durch Klar- als durch Grellheit. Eine ungetrübte akustische Freude sind die Chöre (Monteverdi Choir und Maitrise des Hauts-de-Seine).

Allround-Sängerin Anna Caterina Antonacci, die sich nie eindeutig zwischen Sopran- und Mezzopartien entscheiden mochte, ist eine beeindruckende Carmen, nicht aufs Exotische oder Verruchte setzend, es gibt weder Hüfteschwenken  noch sinnliches Gurren, aber wenn sie sich ein Zigarillo am nackten Oberschenkel rollt oder stoisch im Kartenterzett ihren nahen Tod voraussieht,  dann ist sie eine Carmen, eine herbe, persönlichkeitsstarke und von jedem Klischee weit entfernte. Vokal ist sie sopranlastig, singt die Habanera wie beiläufig, die Seguidilla dunkel getönt, aber nicht mit Mezzofülle, das Chanson des 2. Akts ohne Rücksicht auf Schöngesang.

Micaela ist Anne-Catherine Gillet mit frischem, klarem Sopran, der in der Höhe aufblühen kann und dies in der großen Arie auch berührend tut. Ihr inniger langer Kuss hätte eigentlich wirksamere Abwehrkräfte gegen die Verführungskünste Carmens aufbauen müssen, als es der Verlauf der Handlung vorsieht.

Einen nicht mehr und nicht weniger als soliden Don José singt Andrew Richards mit wenig einprägsamem Timbre, verdienstvollerweise auch mit feinen Pianissimi, von denen aber übergangslos ins Forte gewechselt wird, insgesamt recht dumpf klingend und die Blumenarie zwar wie von Bizet notiert, aber in der Höhe flach und ohne Glanz singend. Ein schmucker Escamillo ist Nicolas Cavallier, dessen Probleme beim Auftrittslied in der Tiefe liegen, der insgesamt aber gefallen kann. Die neben Carmen vier anderen Komponenten des Schmugglerquintetts bleiben vokal und darstellerisch unscheinbar, dort und im Kartenterzett hätte man sich mehr Prägnanz gewünscht. Ohne die das Ganze mehr noch als rollengerecht dominierende Carmen der Antonacci wäre die Aufnahme eine doch recht trübe Angelegenheit (Naxos 2.110685-86/ Weitere Information zu den CDs/DVDs  im Fachhandel, bei allen relevanten Versendern und bei www.naxosdirekt.de.). Ingrid Wanja

Alfred Kalnins‘ „Banuta“

Es ist – denken wir bei operalounge.de – doch die Aufgabe eines anspruchsvollen Opernmagazins, nicht nur auf seltene Titel der Theatergeschichte hinzuweisen, sondern als Europäer vor allem europäische Opern bekannt zu machen (und damit das akute und sträfliche Versäumnis unserer Opernhäuser mit ihren einseitigen Spielplänen zu korrigieren), die – wie viele der von uns bislang vorgestellten – ursächlich oder begleitend zum nationalen Selbstverständnis der jeweiligen Entstehungsländer beitragen. Und dort nationale Entwicklungen zur Eigenständigkeit nach längerer Fremddominanz befördern. Dass Oper sozialpolitische Funktion hat und gleichzeitig auch ein Seismograph des nationalen Bewusstseins ist steht ja außer Zweifel. Zwar schlagen sich wichtige politische Ereignisse meist nur mit Verzögerung in den Opernplots nieder, aber vor allem Bestrebungen nach nationaler Identität ((und dem Verlust derselben) finden sich in vielen Werken zeitnah. Oft in Form der Verwendung von Folklore und/oder nationalem Liedgut, oft auch durch Reaktivierung glorioser Siege in der ferneren Geschichte des jeweiligen Landes (so zum Beispiel bei Gounod oder Saint-Saens um die Schmach des deutsch-französischen Krieges vergessen zu machen, auch in Ivan Zajcs Nicola Subic Zrinski, in dem zwar die Türken besiegt werden aber die Österreicher gemeint sind; gleiches gilt für Pavlo Carrers Marcos Botsaris oder Naumanns Gustav Wasa und natürlich auch Verdis Nabucco).

Anders als in z. B. Carl Maria von Webers Freischütz, der nicht bekanntes Volksgut verwendet, sondern Eigenes in der Nähe des Volkstümlichen erfindet und es wie Langbekanntes klingen lässt, sind viele Opern aus vor allem Süd- und Osteuropa angefüllt mit direkten Zitaten aus der musikalischen Folklore. Jede osteuropäische ethnische Minderheit beherbergt mindestens eine Oper, die als Banner des Nationalstolzes dient.

Alfreds Kalnins um 1920, Fotograf Mārtiņš Lapiņš./ Museum für Literatur und Musik.

Für die Letten ist es Alfreds Kalnins BanutaBanuta ist eine dreistündige Mischung aus Fakten und Mythen aus dem 13. Jahrhundert in vier Akten. Die Protagonisten sind mutig und blutrünstig, die Liebenden aus ihrer Welt entrückt. Und das kriegerische Volk reckt die Fäuste gegen die Unterdrücker – das kennt man aus vielen osteuropäischen Opern der Übergangszeit ins Eigene, von Zajc zu Parma oder Fibich. Banuta wurde 1920 uraufgeführt, und Kalnins lebte bis 1951. Das Quelle der Musik liegt jedoch bei Smetana, Dvorak und Wagner; und nach Kalnins klarem Sinn für Orchestertextur zu urteilen, war es eine slawische Welt, in der er sehr zu Hause war.

Die Musik ist in der Tat trittsicher und stets angenehm, aber man sehnt sich nach einfallsreichen Wendungen und herausfordernden Überraschungen, um die langen Strecken milden Plätscherns zu unterbrechen. Aber es gibt einige – zum Beispiel am Ende der Bestattungsszene oder in den kirchenritualen Feierlichkeiten der Mittsommernacht.

Während Italien und Frankreich sich einer Opern­tradition von fast 400 Jahren erfreuen können, ist Lettlands musikalische Erbschaft hauptsächlich der an die 2000 Jahre alten mündlichen Volkslied­-Tradition verbunden, die nur in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit dem Hauptstrom west­europäischer Musikentwicklung verfloss. Kein Wunder, dass im Jahr 1920, als die Unabhängig­keit des jungen Staats kaum gewonnen war, Lett­land noch nicht für eine Originaloper bereit war. und Banuta, die nicht der damals allgemein üblichen Verismo-Tradition entsprach, mit einiger Zurückhaltung empfing.

Heute hat sie einen bedeutenden Platz im Repertoire der Lettischen Nationaloper Riga. So war 2020 eine bislang letzte Aufführung in Riga geplant, der die Pandemie dazwischenkam, auch vorher finden sind immer wieder Aufführungen im Heimatland, während auswärtige eher schwer zu finden sind. Daher war die von mir 1984 in Münster erlebte und konzertante Version für ein Kennenlernen im europäischen Raum so bedeutend. Letten aus allen Teilen des westlichen Europas kamen in Scharen.

Uraufführung der „Banuta“ 1920 in Riga, Solisten und Mitwirkende nach der Premiere/Lettische Nationaloper. 28.05.1920 Fotograf Aleksandrs Mednis. Quelle Museum für Literatur und Musik

Kalnins war In Lettland vornehmst als Organist und Kom­ponist lyrischer Lieder bekannt und hatte bisher keine Neigung zur dramatischen Bühne kund­gegeben. Darum ist seine Banuta von 1920 – mehr noch als sein späterer Hamlet – umso mehr bedeutend für ihren dramatischen Inhalt, für ihren Schwung und ihr vollkommenes Beherrschen der Kompositionstechniken. Obwohl Kalnins Volksmelodien benutzt, beson­ders um im 3. Akt das heidnische Mittsommernachts-Ritual hervorzuheben, ist Banuta keine Volksoper im Sinne des Freischütz oder der Verkauften Braut. Sie ist eher dem Genre des romantischen Musikdramas zuzuordnen. Kal­nins verwendet eine gemäßigte Leitmotivtechnik, aber nicht im gleichen Maß wie Wagner. Er verlässt sich auf seine musikalische Erfindungskraft, um Frag­mente des Dramas durch lebhafte symphonische Episoden und mehrere Motive, die in verschiede­nen thematischen Modifizierungen die Oper durch­ziehen, miteinander zu verbinden. Rezitative ahmen weder die italienische „seccco“-Formel nach, noch spiegeln sie Wagners Methode wider, bei der die Stimme eine untergeordnete Stelle zum Orchester einnimmt. In Banuta hat die Stimmenführung einen lyrisch deklamatorischen Charakter. Es gibt nur wenige abgeschlossene Arien, und die Musik fließt sozusagen in einem ungebrochenen, durchkomponierten Atem dahin. Nicht ungewöhnlich im Vergleich zu anderen Nationalkopern wirkt in Banuta das sehr häufige Auftreten des Chors durch das ganze Werk hindurch. Wie im griechischen Drama erläutert er die Handlung und kommentiert die Protagonisten. Abgesehen von den heldenhaften bzw. leidenschaftlichen Passagen zwischen den Protagonisten ist dies eine Oper, die – wie bereits gesagt – den Chor ausgiebig nutzt, ähnlich wie Boughtons  Queen of Cornwall und Alkestis. Hier liefert der Chor die Volks-Szenen und Kommentare – so wie Mussorgskys Chöre in Kovantschina für das unterdrückte russische Volk sprechen.

„Banuta“/ Uraufführung 1920 an der Nationalen Oper Riga/ Nationale Enzyklopädie

In Lettland hat Banuta viele Regierungen über­lebt, und wie bei Verdis Ballo in maschera hat die die jeweilige Zensur (namentlich in Sowjet-Zeiten) Textveränderungen angeordnet, um den derzeitigen Wünschen jeder Regierung zu entsrechen. Für eine Aufführung im Jahr 1937 musste Kalnins einen Teil der Musik um­schreiben und die ersten zwei Akte umorchestrieren. Zu Beginn der Sowjetbesetzung von Lett­land im Jahr 1940 wurde ein neues, der Sowjetideologie entsprechendes Finale verlangt. Diese Version, mit einem „happy end“ durch die barock­artige Einbeziehung eines „deus ex machina“, wurde bis 1979 verwendet. Spätere Aufführungen in Riga kehrten zum originalen tragischen Finale zurück, aber das Libretto enthält noch immer viele zensurbedingte Änderungen. Für die Konzert­aufführung des Lettischen Chores von New York und der Philharmonia Hungarica in Münster 1984 wurde der Originaltext vom Manuskript des Kom­ponisten verwendet.

Die Erstaufführung der Banuta in den USA fand am 5. 6. 1982 in der Carnegie Hall in New York statt, wieder mit dem Lettischen Chor von New York und dem Bronx Arts Orchestra unter dem Dirigent Andrejs Jansons.

Die Handlung folgt einer tragischen Vorlage, die Romeo und Julia aufgreift. Banuta ist eine gefangene Prinzessin und wird von Prinz Daumants nach Lettland zurückgebracht. Sie soll mit ihm gegen ihren Willen verheiratet werden. Daumants wird von Vizuts, dem Bruder von Yargala, getötet, die von Daumants vergewaltigt worden war, als sie sein Heiratsangebot ablehnte. Banuta verliebt sich in Vizuts und erst als die beiden in Akt 4 ihre gegenseitige Liebe erklären, gesteht Vizuts, Daumants getötet zu haben. Von Schuld und Trauer verfolgt, begehen die beiden Selbstmord, indem sie sich gegenseitig erstechen.

„Banuta“: Maralin Niska sang 1982 in New York und 1984 in Münster die Titelpartie/ oberon´s grove

Es ist dies eine eindrucksvolle große Oper, die die ganze Bandbreite der dramatischen Ereignisse abdeckt und die üblichen Anstrengungen des Zuschauers in puncto Logik der Handlung erfordert. Dafür erlebt man das ganze Arsenal an bewährten Opernelementen:  eine glückliche Heimkehr, Triumphszenen (besonders in Akt 1), natürlich auch den bühnenwirksamen Mord, einen Liebesverbots-Eid, Mittsommer-Capricen à la Smetana, Liebesduette, ein in letzter Minute abgewendetes Menschenopfer – komplett mit Druiden, Wald-Intermezzi, Morgengrauen nebst Vogelgezwitscher (in Akt 4) – und einem gut vorbereiteten, effektvollen Liebestod der beiden Protagonisten.

Es gibt auch atmosphärische Ähnlichkeiten zu Bantocks Omar Khayyam. Die meditative Orchestestimmung nähert sich durchaus an oft Mussorgskys Morgendämmerung an der Newa und Dvoraks Neuer Welt in deren langsamen Passagen an. Der letzte Akt enthält extrem lyrische Musik, die an Fibich erinnert. Tatsächlich könnte diese Oper leicht ein modernes Gegenstück zur Braut von Messina und Sarka von Fibich sein oder zu Madetojas Juha oder Peterson-Bergers Arnljot sein. In Akt 3 greift Kalnins Volkstanz-Traditionen auf, wie sie von Dvorak und Smetana in der Tschechei und Ludolf Nielsen in Dänemark verwendet wurde (und in Erinnerung bleibt auch die Kompositionstechnik des Slowenen Viktor Parma von 1917) – Folklore als Medium der Erweckung eines nationalen Erbes. Oper als Instrument der nationalen Selbstfindung junger Staaten während und nach der Fremdherrschaft: ein bekanntes Phänomen, wie man es in den anderen ehemaligen Sowjet-Trabanten-Staaten findet.  Jörg Graepel/ aktualisiert Geerd Heinsen

„Banuta“: Peteris Gravelis singt auf der CD-Aufnahme den Prinzen Daumants/ Wikipedia

Verbreitung: Nach der Uraufführung auf ein Libretto von Artūrs Krūmiņš am 29. Mai 1920 in Riga wurde Banuta  in Lettland in verschiedenen Bearbeitungen immer wieder gegeben, während das Ausland sie kaum erlebte. 1984 wurde sie im Konzert in Münster gespielt, vorher, 1982, gab es die amerikanische Erstaufführung in der Cargenie Hall von New York, beide unter Andrejs Jansons, mit der amerikanisch-lettischen Sopranistin Maralin Niska in der Titelpartie (mit der wir bereits 2016 ein Interview anlässlich ihres Todes veröffentlichten). Bis heute sind nicht viele Aufführungen bekannt, ein Konzert zum 100 Geburtstag der Oper  2020 in Riga fand nicht statt („In einer Zeit, in der die lettische Kultur und das öffentliche Leben von der durch Covid-19 verursachten Krise überwältigt sind, dem 100. Jahrestag der Oper Baņuta zum 152. Jahrestag der Rigaer Lettischen Gesellschaft und dem 102. Jahrestag der Proklamation der Republik Lettland im November 18, 2020 ist sowohl eine Bestätigung als auch die Kontinuität der ältesten lettischen Organisation – der Rigaer Lettischen Gesellschaft – auch eine moderne Erinnerung an ihre turbulente Zeit vor 100 Jahren – das Frühjahr 1920, als der lettische Staat wuchs und Schwierigkeiten überwand, wenn seine eigenen Das lettische nationale Original wurde zum ersten Mal inszeniert „, äußerten Vertreter der Rigaer Lettischen Gesellschaft“)

Es gibt eine Aufnahme aus Lettland  als CDs 1996 erschienen ist: Aleksandrs Vilumanmis dirigiert den Chor und das Orchester des Lettischen Rundfunks mit Regina Frinberge, Aleksanbdrs Daskovs, Peteris Gravelis und Karlis Zarins in den Hauptrollen (RIGAS SKANU RS010 [CD1 75.06; CD2 75.41]); bei youtube gibt es eine Art von Querschnitt der Uraufführungsbesetzung; bei Sammlern findet man den Mitschnitt des Münsteraner Konzertes von 1984. Geerd Heinsen

.

.

„Banuta“: Regina Frinberga singt die Titelrolle auf der CD-Aufnahme/ Wikipedia

Zum New Yorker Konzert schrieb die New York Times: In dieser Konzertfassung wurde keine visuelle Dramatik angestrebt, abgesehen vielleicht von den ethnischen Kostümen der Frauen. Algis Grigas, Bassbariton, sang mit einer gewissen Souveränität, hatte aber den Nachteil, sowohl den Vater als auch den Sohn zu spielen – und beschränkte sich oft auf musikalische Konversation. Maralin Niska marschierte unerbittlich durch die kämpferische Titelrolle, schwankte etwas in ihrem unteren Register und attackierte Kalnins‘ manchmal übermäßig anspruchsvolle hohe Töne mit einem durchdringend weißen Ton. Frau Niska überwältigte ihren romantischen Partner William Hall, dessen Tenor blutleer und kaum hörbar war, geradezu. Ilga Zenta Paups, Visvaldis Gedulis, Karlis Grinbergs und Peteris Lielzuika teilten sich die anderen Männerrollen. (8. Juni 1982, Abschnitt C, Seite 12 der nationalen Ausgabe mit der Schlagzeile: OPERA: LETTISCHE ‚BANUTA‘)/DeepL

.

Noch ein Wort zum Komponisten: Alfrēds Kalniņš (* 11. August 1879 in Cēsis; † 23. Dezember 1951 in Riga). Alfrēds Kalniņš studierte am Sankt Petersburger Konservatorium. Von 1903 bis 1911 war er Organist und Musiklehrer in Pärnu, danach bis 1915 in Liepāja, bis 1918 in Tartu und schließlich in Riga. Zwischen 1927 und 1933 lebte er in New York. Nach seiner Rückkehr wurde er Dom-Organist in Riga.[1] Von 1944 bis 1948 leitete er das Konservatorium der Stadt. Er komponierte zwei Opern, ein Ballett, eine Orchestersuite, sechs Kantaten, Chormusik, Orgel- und Klavierstücke. Am bekanntesten wurde seine Oper in vier Akten, Baņuta (1920), die als erste national-lettische Oper gilt. Auch sein Sohn Jānis Kalniņš wurde als Komponist bekannt (Hamlet ist eine Oper von ihm).

Obwohl die Familie Deutsch sprach, lernte A. Kalniņš als Kind auch Lettisch im Kontakt mit seiner Umgebung. Er wurde jedoch an deutsche Schulen geschickt. (…)  1894 zog die Familie nach Sigulda und A. Kalniņš trat in die private Rigaer Schule für Klangkunst ein, wo er bei dem schwedischen Pianisten Bror Mellersten Klavier studierte und Opernaufführungen besuchte. Noch wichtiger war der Privatunterricht im Orgelspiel beim Komponisten Oskars Šepskis, einem Sammler von Volksliedern in Kurzeme, dessen Heimatbibliothek auch zeitgenössische Orgelmusik aufführte.

„Banuta“: Karelis Miesniks als Krivukriva in einer Produktion aus den 70ern/ Wikipedia

Die Freundschaft mit lettischen Kunststudenten wurde während des vierjährigen Orgelspiels am St. Petersburger Konservatorium fortgesetzt, wo A. Kalniņš nach seinen eigenen Worten die Malausstellungen noch stärker beeinflusst hat als die Eindrücke von Oper und Konzerten.  Nachdem A. Kalniņš die Orgelspielprüfung bestanden hatte, verließ er nach dem vierten Studienjahr (1901) das Konservatorium ohne Abschluss.

  1. Kalniņš fand zu Beginn des 20. Jahrhunderts keine dauerhafte Arbeit im Musikleben von Riga, schrieb jedoch das erste Dutzend Sololieder. Diese und andere wurden bei Konzerten lettischer Solisten mit A. Kalniņš am Klavier populär. Auf der Suche nach Arbeit ließ er sich acht Jahre lang (1903–1911) in Pärnu (Estland) nieder, wo er Gesangslehrer in Turnhallen, Chorleiter, Kirchen- und Konzertorganist war und dauerhafte Kompositionen seiner Jugend. Er erhielt positive Rezensionen in deutschen Musikzeitschriften, die die nationale Originalität der Musik, malerische Texte mit einer reichen und engen Skala von Emotionen, aber reich an Nuancen, feststellten.

Er übernahm die Organistenposition der St. Anna-Kirche und ging (1911) nach Liepāja. Dort dirigierte er die Chöre der Liepāja Musik- und Gesangsvereinigung, organisierte thematische Konzerte und brachte die Musik beider Teile der lettischen und deutschsprachigen Gesellschaft näher zusammen. Außerdem schrieb er den ersten Akt der Oper Indulis und Aria, aber wegen des den Ersten Weltkriegs wurde die Oper nicht abgeschlossen.

Der Krieg erzwang die Flucht im Frühjahr 1915 zunächst nach Sigulda, im Herbst nach Tartu (heute Tartu). Von dort aus unternahm A. Kalniņš viele Konzertreisen mit lettischen Solisten, auch zu Flüchtlingszentren in Russland. Das Thema der Liebe zur Heimat, das sich bisher in den Darstellungen von Natur und Epos manifestiert hat, hatte sich nun auf die Leidens- und Protesttexte kriegsgeschädigter Menschen konzentriert. Nach der Februarrevolution, erschien das bislang dramatischste Werk von A. Kalniņš – die Vokalsinfonie Pastardiena (Rainis) sowie die „Lettische Hymne – 1917“ mit den Worten von V. Plūdonis („Wer möchte Herren in unserer Heimat sein “).

„Banuta“: Besetzungszettel für die Uraufführung 1920/ Nationale Enzyklopädie

Als Tērbata im Frühjahr 1918 ebenfalls unter deutsche Besatzung geriet, kehrten A. Kalniņš und seine Familie in das zuvor besetzte Liepāja zurück. Dort erschien in den Herbstmonaten 1918 ein Entwurf der ersten lettischen Oper Baņuta. Im Juni 1919. Das symphonische Gedicht „Lettland“ wurde ebenfalls fertiggestellt – mit einer Widmung an das erste Kabinett des unabhängigen Staates. Im Herbst 1919 ging A. Kalniņš mit seiner Familie nach Riga, nachdem er eine Einladung erhalten hatte, Leiter der Musikabteilung in der Kunstabteilung des Bildungsministeriums zu werden. Zu Beginn des deutschen Angriffs blieben die Notenbündel der einzigen Kopie von Baņuta mehrere Wochen lang unbeaufsichtigt auf einem Schiff, das auf See Patrouille fuhr. Die Uraufführung dieser Oper am 20. Mai 1920. gilt als Geburtstag der lettischen Oper.

Kalniņš verließ bald die Position eines Beamten (1921), weil er viele negative Verwerfungen in der Kultur- und Wirtschaftspolitik des neuen Staates. Andererseits gab er regelmäßig Orgelkonzerte und organisierte jährliche sogenannte Neuheitsabende, an denen in wenigen Jahren (1921–1924) erstmals rund 100 neue Sololieder aufgeführt wurden. Seine Oper Salinieki (Uraufführung an der Nationaloper im Jahr 1926) stammt aus dieser Zeit.

Andrejs Jansons dirigiert „Banuta“ 1982 in der New Yorker Carnegie Hall/ jauagaita.net

Als die Arbeitsbedingungen in Riga für A. Kalniņš zu eng wurden, wanderte er aus und verbrachte sechs Jahre in New York (1927–1933), wo er als Chorleiter, Organist, Lehrer und Komponist. Allerdings fühlte er sich auch dort nicht kreativ zufrieden, nahm die Einladung an, Organist in der Kathedrale von Riga zu werden und wöchentliche Orgelmusikkonzerte im lettischen Radio zu geben (bis 1945). Nach seiner Rückkehr nach Riga erhielt A. Kalnins unerwartete Auszeichnungen. Er führte neue Produktionen seiner überarbeiteten Oper Salinieki (1933 mit dem Titel „Erneuerung des Vaterlandes“) sowie Baņuta (1937) auf. Während der sowjetischen Besatzung musste A. Kalniņš das vom Moskau geforderte Happy-end neu gestalten, als die Oper für das – für 1941 – geplante „Jahrzehnt der lettischen Kunst“ in Moskau vorbereitet wurde. Während des Zweiten Weltkriegs und der Besetzung durch die Nazis arbeitete A. Kalniņš als Musikinspektor in der Abteilung für Kunsterziehung der Generaldirektion Bildung und Kultur und komponierte das Ballett Staburadze (Uraufführung 1943).

Nach der zweiten sowjetischen Besetzung von Riga (1944) übernahm A. Kalniņš bis 1948 die Aufgaben des Rektors des Lettischen Staatlichen Konservatoriums, und verließ diesen Posten aus Protest gegen die Auflagen der sowjetischen Kulturpolitik.

Die Kreativität von A. Kalniņš umspannt fast das gesamte 20. Jahrhundert. Die erste Hälfte war eine der vielfältigsten und mit fast 900 Kompositionen eine der reichsten. Ein wesentlicher Teil davon befindet sich noch im heute im lettischen Musikleben. Die Oper Banuta hat seit ihrer Uraufführung 1920 acht Aufführungen in Riga und zwei Konzertauftritte im Ausland erlebt. Fast alle 270 Sololieder wurden in mehreren Konzertzyklen und bis heute gespielt.

In Bezug auf Ästhetik und Stil zeigte A. Kalniņšs Werk eine nationale Besonderheit der Musik, die nicht mehr auf dem Epos der Antike und dem Bewusstsein der patriarchalischen Gemeinschaft beruhte, sondern zum ersten Mal in der lettischen Musik so lebendig war wie ein individuell gefundenes Subjekt lyrisches Gefühl. Stilistisch wurde dies nicht durch das Zitieren von Volksliedern sichergestellt, sondern durch die Auswahl bestimmter Elemente der Volksmusik, der Einflüsse der lettischen Poesiepoetik und exquisiter Harmonien der Spätromantik.

Der zweitwichtigste Beitrag von A. Kalniņš ist die Synthese des musikalischen Ausdrucks mit einer malerischen, wie szenischen Musikzeichnung, die den Eindruck von Musik als Poesie des Klangs erweckt. Das Gleichgewicht zwischen Ausdruck und Darstellung in seiner Musik ähnelt der Verschmelzung von Sinnlichkeit und Dekorativismus in flexiblen Jugendstillinien.

Diese bemerkenswert malerisch orientierte Klangpoesie waren die Merkmale, die A. Kalniņš bereits bei seinen großen Vorgängern und Zeitgenossen Andrejs Jurjāns , Jāzeps Vītols und Emīls Melngailis als eine andere Individualität auszeichnetenMitten in E. Dārziņš in der lettischen Musik gefunden hatte. Diese Merkmale, die in seiner Jugend besonders aktuell waren, wurden im Laufe der Zeit durch dramatische Ausdrucksformen, breitere Musikformen und in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg ergänzt – mit Merkmalen des expressionistischen Stils, der A. Kalniņš zu einem hellen Innovator der lettischen Musik von machte die Ära. Die bewusste Intellektualisierung und der Konstruktivismus der Musik sind auch in der Kreativität der Jahre der Auswanderung zu spüren, die am Abend des Lebens erneut durch die Dominanz malerischer Texte ersetzt wurde.  (G. H:/ Quelle https://enciklopedija.lv/skirklis/32645/ Übersetzung google/ zur wechselhaften politischen Geschichte Lettlands s. auch https://de.wikipedia.org/wiki/Lettland)

.

„Banuta“: das Nationale Opernhaus Riga vom Architelten L. Bonstets, nach der Renovierung 1995/ Wikipedia

Alfred Kalnins: Banuta; Uraufführung am 29. Mai 1 920 in Riga.; Banuta — Sopran, Daumants – Baß-Bariton, Val- gudis — Bass-Bariton, Vizuts – Tenor, Maiga – Mezzosopran, Zvantevaitis Bariton, Zauberer Tenor, A Iter Mann — Tenor; Zeit, Ort: 14. Jahrhundert, Lettland

Inhalt: 1. Akt: Auf dem Schloß von König Valgudis wird der Königssohn Daumants begrüßt, der von seiner langen Reise eine Braut mitgebracht hat, Banuta, von der sich Valgudis eine Fortsetzung seines Geschlechts erhofft. Banuta erzählt, wie Daumants ihr Leben und ihre Ehre gerettet hat, als ihre Heimat von fremden Eindringlingen über­fallen wurde. Die Hochzeitsfeier wird von bösen Omen überschattet, die Tod verkünden und Daumants daran erinnern, dass er sich einst an der schönen Jargala vergangen hat, nachdem sie sei­nen Heiratsantrag abgelehnt hatte. Verstört schickt er Banuta und die Gäste fort und bleibt allein mit seinen quälenden Erinnerungen. Jargalas Bruder Vizuts ist es gelungen, heimlich in das Schloss einzudringen, um seine Schwester zu rächen. Die beiden Männer geraten aneinander: Im Zweikampf unterliegt Daumants und wird von Vizuts getötet.

2. Akt: Banuta und Daumants Schwester Maiga trauern an Daumants Sarg. Das Volk versammelt sich, um Abschied von dem Königssohn zu neh­men. Zvantcvaitis macht den Zauberer, der die Omen gedeutet hatte, für Daumants Tod verant­wortlich und will ihn zusammen mit Daumants Leichnam den Flammen übergeben. Um sich zu retten, gibt der Zauberer aber vor, den Geist des Verstorbenen zu beschwören, der Banuta schuldig spräche; auch der verbitterte König Valgudis wirft Banu­ta vor, Tod in sein Haus gebracht zu haben. An­stelle des Zauberers soll nun Banuta in die Flam­men gehen. Als sich jedoch der Trauerzug in Be­wegung setzt, fällt das Schild Daumants Banuta so vor die Füße, daß ihr der Weg zum Scheiter­haufen versperrt wird: ein Zeichen, dass Dau­mants sie nicht beschuldigt. Der König läßt daraufhin Banuta feierlich schwören, solange nieman­den zu lieben, bis Daumants Tod gerächt sei.

„Banuta“: Sonderbriefmarke zum 100. Gedenktag der Uraufführung 1920

3. Akt: Mittsommernacht. Alle feiern – bis auf Banuta. In der Menge bemerkt sie einen jungen Mann, der eine rote Rose auf den Opferaltar legt. Der Glaube besagt, dass das Mäd­chen, das die Blume dort aufhebt, seine Braut werden wird. Banuta nimmt die Rose und klagt darüber, dass es ihr Eid verbiete, erneut zu lieben. Ein Priester hört die Klage und erlöst sie von dem Eid. Schließlich ruft der Hohepriester alle auf, dem Gott des Donners Opfer darzubringen. Vizuts erkennt seine Rose in Banutas Haar und gesteht ihr seine leidenschaftliche Liebe, die sie erwidert.

4. Akt: Später am Abend erscheinen Banuta und Vizuts auf einer Lichtung im Heiligen Hain; sie versichern sich ihre Liebe. Bald erklingen die Trompeten, die Mitternacht ankündigen. Banuta vertraut nun Vizuts ihr Geheimnis an. Erst jetzt erkennt er, dass sie Daumants Braut war, und Vizuts ge­steht, dass er derjenige sei, der Daumants getötet habe. Beide ziehen es vor, gemeinsam in den Tod zu gehen, um nicht getrennt weiterleben zu müs­sen; sie erstechen sich mit Banutas Dolch. Das Volk, das auf die Lichtung strebt, um die auf­gehende Sonne zu begrüßen, findet die toten Lie­benden und bittet die Götter, ihnen ewigen Frie­den zu gewähren. (Quelle Programmheft zur Aufführung in Münster 1984)

Auch für diesen Artikel gibt es – ähnlich wie bei dem über Viktor Parmas Oper Zlatarog – viele Väter, namentlich die Nacionala enciklopedija Lettland, die lettische Wikipedia und zahlreiche andere wie Zeitschriften-Archive etc., die alle waren naturgemäß in lettischer Sprache, daher der google-Übersetzer, der für europäische Sprachen erstaunlich gut funktioniert. Foto oben Sonderbriefmarke zum 100. Jubiläum der Erstaufführung von Banuta in Lettland.G. H.