Archiv für den Monat: Mai 2022

Winternächte am Arno

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Was haben Umberto Giordanos Andrea Chénier und seine Fedora, was seine Siberia nicht hat? Die opernübliche Dreickskonstellation Sopran-Tenor-Bariton gibt es auch in Siberia, dem „Improvviso“ Chéniers ist Wassilis „Orride steppe“ durchaus ebenbürtig, der „Mamma morta“ Maddalenas ebenso Stephanas „Infinito dolore!“ , Glébys „La conobbi quand‘ era fanciulla“ kann es getrost mit „Nemico  della patria“ aufnehmen, und Librettist Illica war eigentlich der  Garant für einen Erfolg. Selbst die Ansiedlung zumindest des ersten Aktes von Fedora nach Russland hatte den zumindest vorübergehenden Triumph  des Werkes nicht verhindern können, so dass man sich des Gedankens nicht erwehren kann, es sei die Tatsache, dass Enrico Caruso Chénier ebenso wie Loris aus der Taufe hob, der Grund für den rauschenden Erfolg der beiden ersten Opern Giordanos war.

Allerdings zeigte sich auch Siberia mit Rosina Storchio und Giovanni Zenatello hoch besetzt  bei der Uraufführung 1903 an der Mailänder Scala. 1905 erlebte eine zweite Version ihre Uraufführung in Paris (Lina Cavalieri und Lucien Muratore), 1927 kehrte die Oper in einer dritten Fassung an die Scala zurück. 1931/ 1933/ 1937/ 1938/ 1943 – 43 hielt die Römische Oper Siberia mit verschiedenen Produktionen im Programm. 1947 gab es eine Produktion an der Scala. 1974 dann eine Aufführung durch die RAI Turin (mit Luisa Maragliano; der kluge Celetti gibt allerdings Mailand als Aufführungsort an). 1999 wurde das Werk in Wexford gespielt (Elena Zelenskaia). 2003 erfreute Siberia die Zuschauer im immer experimentierfreudigen Martina Franca (die temperamentvolle Francesca Scaini, ebenfalls bei Dynamic/CD 444/1-2 zu erleben).  Bereits 2017 sang Sonya Yoncheva die Stephana in Montpellier2015  konnte man Siberia am Conservatorio di Milano und 2018 im Teatro Regio di Torino erleben.

Mitten in der Corona-Pandemie entstand die nun auf DVD und CD vorliegende Aufführung vom Maggio Musicale Fiorentino , die in der Regie von Roberto Andò der nicht ganz neuen Idee folgt, das Stück als Theater auf dem Theater oder vielmehr als Herstellung eines Films mit dem Sujet Siberia zu zeigen. So rücken immer wieder Kameraleute, Scriptgirls, Regisseur den Darstellern auf die Haut, ist der Hintergrund mit Video-Szenen aus dem Lagerleben in Sibirien bedeckt, wobei nicht klar wird, ob Zar oder Stalin, dessen Bild als das des im dritten Akt besungenen Erlösers erscheint, der Diktator ist, im ersten Akt Uniformen aus der Zarenzeit, im zweiten und dritten aus der Sowjetzeit getragen werden. Die Kostüme von Nanà Checchi sind natürlich nur für den ersten Akt aussagekräftig und verweisen in die modisch uninteressanten Fünfziger, später trägt man zeitlose Lagerklamotten. Ganz zum Schluss taucht das Logo von Cinecittà auf, und heftige Wolkenformationen unterstreichen gern die Dramatik der Handlung (Bühne und Licht Gianni Carluccio).

Dass Giordano das Russische an seinem Sujet ernst nahm, zeigt sich einmal in der Verwendung russischen Liedguts, so des „Ey uchnem“  der Wolgaschlepper, russischer Instrumente wie der Balalaika, und es wird auch in der weiblichen Hauptfigur, der Stephana, sichtbar, die als Fremdartige mit sündigem Lebenswandel an Gestalten wie die Sonja in Schuld und Sühne, die Gruschenka in Die Brüder Karamasow oder die Katjuscha in Auferstehung erinnert. Ihnen wohnt inne, was Giordani von seinem Librettisten forderte: passione, colore e calore. Die lässt auch Gianandrea Noseda mit dem Orchester des Maggio Fiorentino nicht vermissen, so wie der Chor trotz Maskentragens in der Einstudierung von Lorenzo Frantini die Klagen der nach Sibirien Verbannten wie die Beschwörung der Auferstehung effektvoll zu Gehör bringt.

Vorzüglich ist die Besetzung, allen voran  Sonya Yoncheva als Stephana (erprobt 2017 in Montpellier) mit sanftem, lyrischem Auftrittslied und gleich darauf folgendem hymnischem „Sei giovane! Soldato!“ einer wunderschön timbrierten, ideal fokussierten Sopranstimme, sicherer Höhe im Liebesduett des zweiten Akts  und einer so souverän wie berührend gestalteten Schlussszene. Die Wandlung von der Luxusmätresse zur freiwillig alle Strapazen der Verbannung auf sich nehmenden, wahrhaft Liebenden vermittelt die Sängerin höchst überzeugend.  Ihr Partner ist der junge georgische Tenor Giorgi Sturua, dessen noch lyrische Stimme zu großen Hoffnungen berechtigt, ein sehr schönes Timbre ihr Eigen nennt und in der Höhe noch ausbaufähig erscheint. Ein Routinier im besten Sinn und souverän seine Aufgaben meisternd ist George Petean als der fiese Zuhälter Gléby, den er facettenreich im Spiel und prachtvoll im Gesang darstellt. Es gibt eine Vielzahl kleiner Rollen, darunter die der Haushälterin Nikona, von Caterina Piva mit scharfem Mezzo verkörpert, den Diener Ivan, dem Antonio Garés einen frischen, herben Tenor verleiht, den Prinzen Alexis, Giorgio Misseri mit ausdrucksstarkem Charaktertenor, eine Fanciulla mit dem frischen Sopran von Caterina Meldolesi, während im Lager als Aufseher wie Verbannte viele sonore tiefere Stimmen zu goutieren sind.

Eine „klassische“, traditionelle Inszenierung wäre dem Werk sicherlich dienlicher gewesen, um ihm die wünschenswerte Eroberung weiterer Bühnen zu ermöglichen, auf jeden Fall ist es das Verdienst des Genueser  Labels Dynamic, ein größeres Publikum mit einer durchaus repertoirefähigen Oper bekannt gemacht zu haben (Dynamic 37928, dazu auch der Audio-Soundtrack auf Dynamic CDS7928.02 mit Booklet und Libretto/ weitere Information zu den CDs/DVDs  im Fachhandel, bei allen relevanten Versendern und bei www.naxosdirekt.de.). Ingrid Wanja  

Ein neuer Counter-Stern

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In der Neuinszenierung von Glucks Orfeo ed Euridice an der Berliner Komischen Oper in dieser Saison war der italienische Countertenor Carlo Vistoli als männlicher Titelheld die Sensation der Besetzung. Nun veröffentlicht das französische Label la música ein Recital mit dem Sänger, das La Lucrezia betitelt ist und Kantaten von Händel, Porpora und Vivaldi vorstellt (LMU 029). Es wurde im Herbst 2021 in der Scuola di Alto Perfezionamento Musicale de Saluzzo aufgenommen. Die Titel gebende, zehnteilige Kantate La Lucrezia von Händel eröffnet das Programm. Das erste Rezitativ, „O numi eterni“, gestaltet der Sänger mit wehklagendem Ton, die folgende Arie, „Già superbo del mio affanno“, mit schmerzlichem Ausdruck. Von erregtem Duktus mit hektischen Koloraturen ist „Il suol che preme“ geprägt, schon hier kann der Interpret sein virtuoses Vermögen zeigen. Davon zeugt auch das kurze Furioso „Questi la disperata anima mia“, das dem Sänger rasende Koloraturen abverlangt. Die folgende getragene Arie „Alla salma infedel“ ist dazu ein starker und wirkungsvoller Kontrast, wie auch das schwebend verklärte Arioso „Già nel seno“, während das anschließende Furioso „Ma se qui non m’è dato“ die Kantate effektvoll beendet.

Zwei weitere Kantaten von Händel sind dagegen weniger bekannt und werden hier sogar als Weltersteinspielungen präsentiert. Ninfe e pastori besteht aus je drei Rezitativen und Arien, die alle in bewegtem Modus komponiert sind und vom Sänger eine flexible Stimmführung fordern. Deh, lasciate e vita e volo ist von den drei Kompositionen die kürzeste mit einem Rezitativ und zwei Arien. Deren erste, welche der Komposition den Titel gab, ist ein getragenes, inniges Stück, das der Sänger mit bewegendem Ausdruck vorträgt. Auch „Lascia la dolce brama“ ist von kontemplativen Charakter und lässt dem Interpreten Raum für noble Gesangslinien.

Das Programm ergänzen je eine Kantate von Porpora (Oh, se fosse il mio core) und Vivaldi (Pianti, sospiri, e dimandar mercede). Beide bestehen aus zwei Rezitativen und zwei Arien. Bei Porpora betört der Sänger in der Arie „Se lusinga il labbro“ mit zärtlichen, schmeichelnden Tönen, in „Sento pietade“ imponiert er mit bravourösen Koloraturgirlanden. In der Komposition Vivaldis am Schluss der Anthologie sorgt er dann mit deren letzter Arie, „Cor ingrato“, für den Höhepunkt der Platte, entfacht ein Feuerwerk an Virtuosität mit halsbrecherischen Koloraturläufen.

Den Sänger begleitet das Trio Le Stagioni (Paolo Zanzu, der auch die Leitung hat, am Cembalo, Marco Frezzato am Cello und Simone Vallerotonda an der Theorbe) mit kammermusikalischer Delikatesse. Bernd Hoppe

Victor von Halem

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Mit großer Betroffenheit hörte ich vom Tode des Sängers Victor von Halem. Er war mir ein lieber und langjähriger Freund, schon während seiner Zeit an der DOB und auch danach. Und wir trafen uns zu mehr oder weniger philosophischen Gesprächen über das Leben und das Sein bei Imbiss und Kaffee. Ich hatte ihm in seiner persönlich schweren Zeit versucht zu helfen, hatte unendlich viele Gespräche auch am Telefon mit ihm geführt und ihn als einen hochsensiblen, empfindsamen Menschen kennengelernt, als einen Feingeist und Epikuräer. Während seiner Zeit in Italien blieben wir verbunden. Immer wieder klingelte das Telefon, wenn sich eine neue Wendung in seinem turbulenten Leben ergab. Victor war mir dicht, ein Geistesverwandter und ein Verständnisvoller seinerseits, den nichts schreckte und der unendlich offen in seiner Akzeptanz und Anhänglichkeit  war. Was für ein wunderbarer Mann. Danke, dass ich ihn kennen und eine begrenzte Lebens-Strecke lang begleiten durfte! G. H.

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Die Deutsche Oper Berlin trauert um Victor von Halem (1940 – 22). Er kam 1965 auf eine Empfehlung Herbert von Karajans an die Deutsche Oper Berlin und sollte in den 30 Jahren seines Festengagements eine der prägenden Sängerpersönlichkeit unseres Hauses werden. Der in Berlin geborene und in Italien, Portugal und später in Stuttgart und München aufgewachsene von Halem hatte zu diesem Zeitpunkt gerade sein Studium an der Münchner Musikhochschule beendet, um sich dann im Festengagement an der Deutschen Oper Berlin nach und nach alle großen Partien seines Faches zu erarbeiten. Hierzu zählten Sarastro und Rocco ebenso wie die großen Verdi- und Wagner-Partien. So war er als Ramfis in Aida und König Philipp in Don Carlo ebenso zu erleben wie als Gurnemanz, Hagen, König Marke, Landgraf Heinrich oder auch als Saint-Bris in Meyerbeers Les Huguenots.

Neben seinem Festengagement in Berlin gastierte von Halem an den großen Häusern in München, Hamburg, Mailand, Rom, Paris sowie in Tokyo und Osaka, aber auch an der benachbarten Staatsoper Unter den Linden. Er war regelmäßig unter Herbert von Karajan Gast bei den Salzburger Festspielen sowie eng verbunden mit dem Festival in Spoleto. Dort verband ihn eine enge Arbeitsbeziehung mit dessen Leiter Giancarlo Menotti, der seinetwegen Wagners Meistersinger inszenierte und von Halem damit sein Bühnendebüt als Hans Sachs ermöglichte.

Neben seinen Fachpartien als seriöser Bass hatte von Halem jedoch auch eine Liebe zu leichteren Genres wie dem Musical, der Operette und dem Chanson. Als junger Mensch habe er den Wunsch gehabt, Clown zu werden, und die Liebe zum Entertainment schlug sich später in Rollen wie der des Kaiphas in Jesus Christ Superstar oder auch des Schweinezüchters Zsupan in Johann Strauß’ Der Zigeunerbaron, beides am Theater des Westens, oder auch mit seinem Auftritt in seinem „Midnight-Medley“ im Haus an der Bismarckstraße nieder. Und noch 2016 war er im Renaissance-Theater in der Rolle eines gealterten Sängers in Ronald Harwoods Theaterstück „Quartett“ zu erleben.

Victor von Halems Wirken ist auf einer Vielzahl von Einspielungen dokumentiert, darunter etwa solche von Parsifal und Tosca, Hector Berlioz’ La Damantion de Faust, Franz Schrekers Der ferne Klang oder auch Alexander von Zemlinskys Der Traumgörge, aber eben auch das Album „Humor im Lied“ mit Werken von Bach bis Peter Cornelius. Victor von Halem verließ 1995 das Ensemble der Deutschen Oper Berlin, um danach regelmäßig als Gast zurückzukehren. Im Jahr 2016 verlieh ihm der Berliner Senat auf Vorschlag der Deutschen Oper Berlin den Ehrentitel des „Berliner Kammersängers“.

Victor von Halem verstarb am 28. Mai 2022 in seinem 82. Lebensjahr nach langer Krankheit. Die Deutsche Oper Berlin wird ihm ein ehrendes Andenken bewahren (Foto Discogs). Quelle Deutsche Oper Berlin

Eher was zum Hören

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Das Schlimmste blieb dem Premierenbesucher von Wagners Parsifal zu Ostern 2015 zumindest im weit von der Bühne entfernten Ersten Rang des Berliner Schillertheaters erspart: der Anblick der Wunde in Amfortas‘ Brust, aus der die Gralsritter den belebenden Trank abzapften. Ein wahres Wunder der Maskenbildnerkunst enthüllt sich dem entsetzten Betrachter der neuen BelAir-DVD mit dem blutenden Fleisch in grässlichem Naturalismus, dem auch in sonstiger Hinsicht Regisseur und Bühnenbildner Dmitri Tcherniakov  frönt, der den ersten Akt des Bühnenweihfestspiels in einer herunter gekommenen Halle vielleicht einer nicht mehr für den Gottesdienst verwendeten Kirche spielen lässt, in der sich Mitglieder einer Sekte oder auch Strafgefangene wie in Aus einem Totenhaus zu allerlei grässlichen Riten zusammenfinden. Die typischen russischen Pelzmützen verweisen ebenfalls auf Sibirien, die Lehrstunde, die Gurnemanz für die Knappen über die Geschichte des Ordens abhält, verwendet Bilder von der Uraufführung des Werks in Bayreuth. So vermeidet die Regie geschickt Längen, weiß den Zuschauer zu bannen, folgt den Bühnenanweisungen Wagners keineswegs, erzeugt aber die Stimmung des „heiligen“ Ersten Akts, nach dem man mittlerweile durchaus auch klatscht, auf eine sehr faszinierende Weise. Leider fällt der zweite Akt, was die Dichte der Atmosphäre betrifft, dagegen hoffnungslos ab, spielt in der gleichen Szenerie, nur dass nun alles kaltweiß oder hellviolett beleuchtet ist und damit äußerst steril wirkt, die Blumenmädchen in kindlichen Blütenkleidchen und teilweise noch mit Puppen spielend eher keusch wirken und das Aufpeppen der Handlung mit einem stummen Spiel von Klein-Parsifal, Mama Herzeleide und Teenager-Kundry die Sterilität der Szene nicht wettmachen kann. Ganz schlimm wird es dann im dritten Akt, in dem Kundry und Amfortas, der zuvor Titurel aus dem Sarg gezerrt hatte, in wilder Leidenschaft übereinander herfallen, so dass sich Gurnemanz nicht anders zu helfen weiß, als die Dame hinterrücks zu erstechen, will man die fromme Stimmung des Schlusses noch retten, die sich aber als eine, so lassen es die dumm-verzückt sich gebenden Gralsritter vermuten, durch und durch trügerische entlarvt hat.

Die Distanzierung der Regie von der Grundidee des Parsifal zeigt sich auch in der Inhaltsangabe, die der Regisseur selbst verfasst hat und deren letzter Satz lautet: „Parsifal gibt Amfortas den verlorenen Speer zurück“.  Also nix Taube, erneuertes Königtum, Erlösung Kundrys.

Zu Beginn geht die Kamera auch im Orchestergraben spazieren, und so kann man nicht nur den wunderbar dunklen Klang der Staatskapelle unter Daniel Barenboim genießen, sondern auch die einzelnen Orchestergruppen beobachten, das Übergehen vom sehr getragenen Beginn über ein bruchloses Anschwellen des Klangs, die Entwicklung zum immer Dringlicheren, Drängenderen nachvollziehen. Ganz ausgezeichnet ist auch die Sängerbesetzung mit René Pape als Gurnemanz auf dem Höhepunkt seines Könnens mit einem durch und durch homogenen, tiefdunklen Bass, all seiner Erfahrung  mit Wagnerpartien und einer Diktion, die noch von der  Schulung in der alten Staatsoper weiß. Den jungen Spund Parsifal verkörpert Andreas Schager so glaubwürdig, wie nur ein ausgewachsener Opernsänger einen Teenager verkörpern kann, und dazu hat er einen Tenor, der auch in der für die Partie so wichtigen Mittellage tenoral und damit jugendlich klingt. Vokal ein Alberich und darstellerisch ein Mime ist Tómas Tómasson als Klingsor. Wolfgang Koch lässt in der „Waldes-Morgenpracht“ seinen Bariton strömen, die „Schmerzensnacht“ sich ewig lang erstrecken und das „Erbarmen“  zu Herzen gehen. Einen durch und durch würdigen Titurel gibt Matthias Hölle. Anja Kampe ist eine Sopran-Kundry lyrischen Zuschnitts, deren schöne Stimme nie schrill klingt, die von schönem Ebenmaß ist und die nur im „und lachte“ angemessen schauerlich dunkel wird.

Alles in allem eine Aufführung, die faszinierend beginnt, allmählich an Spannung verliert und schließlich sich im inszenatorischen Irrsinn verrennt-und das alles bei purem Hörvergnügen (BelAir BAC128). Ingrid Wanja 

Chorlieder

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Unter dem Titel Schubertiade hat der Chor des Bayerischen Rundfunks unter der Leitung von Howard Arman Lieder und kleine Chorsätze des Meisters veröffentlicht, die – wie es damals üblich war – als Art Vorkonzert in größeren Bürgerhäusern erstmals mit Klavierbegleitung vorgetragen wurden; dabei waren die Chorstimmen oftmals nur solistisch besetzt. Mit Justus Zeyen am Klavier stand für die Aufnahme ein Schubert-Kenner zur Verfügung, der ein sicheres Gespür für Gestaltung hat und somit alle Solisten und Chor engagiert unterstützte.

Wie gut der Rundfunkchor einstudiert und homogen geformt ist, zeigt sich besonders in den reinen Frauen- und Männerchören: Sehnsucht (D 656)  sowie Drei Lieder der Herren (D 825) sind gut artikuliert, klangvoll und interpretatorisch gelungen; gute Beispiele sind der durchgehaltene Glockenschlag in Wehmut sowie sichere crescendi und decrescendi in Ewige Liebe. Ein Schmankerl ist der sich auf den Wellen wiegende Gondelfahrer (D 809), Der Frauenchor profiliert sich besonders mit dem 23. Psalm. Gott ist mein Hirt (D 706) auf eine interessante Nachdichtung von Moses Mendelssohn. Selten hört man Frauenchöre derart differenziert und intonationsrein singen! Das gilt gleichermaßen für Gott in der Natur (D757).

Merit Ostermann präsentiert das bekannte Ständchen für Alt-Solo, Männerchor und Klavier (D 920) mit gut durchgebildetem, intensiven Mezzo, den man sich in der Tiefe noch etwas klangvoller gewünscht hätte. Als Pendant stellt der Tenor Andrew Lepri Meyer das seltener zu hörende Nachthelle vor (ebenfalls mit Männerchor und Klavier D 892), im Laufe dessen er zu immer strahlenderen Tönen findet. Mirjams Siegesgesang, ein Auftragswerk für liturgischen Gebrauch für Sopran-Solo, Chor und Klavier (D 942), geht  über das Schubertiade-Format eigentlich hinaus und ist für den Konzertsaal bestimmt. Aber um es interessierten Hörern einmal vorzustellen, passt es sehr gut zu diesem Programm: Christina Landshamer hat den Solo-Part einer Vorsängerin nach israelitischem Vorbild übernommen; mit freien Spitzentönen und angenehmem Klang gestaltet sie die Erzählung des israelitischen Volkes mit allen Facetten von tiefer Trauer bis zum Siegesjubel. Justus Zeyen zieht hier nochmal alle Register seines Könnens auf dem Klavier von Säuseln, Wehen und Murmeln bis zum Dröhnen. Für die Aufnahme spielt er einen Érard-Flügel aus den 1870er Jahren, der klanglich den Klavieren zur Schubertzeit am nächsten kommen soll (BR-Klassik 900529). Marion Eckels

Heilige Kalesche

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Sir Gerald Hugh Tyrwhitt-Wilson, späterer Lord Berners, wurde in Apley Park, Bridgnorth geboren, in Eton erzogen, wo er erste künstlerische Anregungen erhielt, und studierte in Dresden und England Musik, blieb aber kompositorisch weitgehend Autodidakt, obwohl er durchaus von u.a. Igor Strawinsky ermutigt wurde. Dieser hielt vor allem Berners Ballette wie The Triumph of Neptune und The Wedding Bouquet für ebenso gut wie die französischen Werke dieser Art von Diaghilew. Der kürzlich bei NAXOS (8.660510) erschienene Opern-Einakter Le Carrosse du Saint-Sacrement wurde 1924 schlecht aufgenommen. Dabei hatte Berners die gleichnamige Komödie von Prosper Mérimée als Vorlage gewählt, aber seine Musik schien dem Publikum damals zu ernst für eine Komödie. Danach hat sich Berners nie mehr mit dem Genre auseinandergesetzt; lediglich eine ca. 9-minütige Zusammenfassung reiner Orchesterteile der Kurzoper hat er unter dem Titel Caprice Péruvien erstellt, die als Einstieg einer Aufführung vorangestellt werden kann.

Zum Inhalt: Mérimées Stück spielt in Lima/Peru. In acht Szenen wird der Vizekönig – durch Gicht nicht mehr so recht bewegungsfähig – gezeigt, der sich mit den unterschiedlichsten „Regierungsproblemen“ sowie den Ränken und schmeichlerischen Auftritten einer „Freundin“ (Camilla La Perichole) herumschlagen muss. Hat diese ihn nun mit dem Matador betrogen oder doch nicht? Ein Bediensteter (Balthazar) und sein Sekretär Martinez tragen ihm alle Neuigkeiten zu. Wichtig ist vor allem eine neue Karosse, die er erwartet und die ihn eigentlich zur Messe in die Kathedrale fahren soll. Camilla schmeichelt sie ihm aber ab und nutzt sie allein, um dort vorzufahren. Wie der Vizekönig durch ein Fernglas beobachtet, verursacht sie einen kleinen Unfall vor der Kirche; aber verärgert ist er vor allem, weil sie auf dem Weg in der Karosse ebenso hofiert wird, wie er sonst. Nach dem Gottesdienst erscheint der Bischof persönlich mit La Perichole beim Vizekanzler und berichtet, dass sie nach einer „Erleuchtung“ die Karosse der Kirche gestiftet habe, um Kranken und Sterbenden die letzten Sakramente zu bringen. Das bewirkt ein weiteres Wunder, die Heilung des Vizekönigs von der Gicht.

Lord Berners/ Wikipedia

In der Aufnahme von 1983 in Schottland leitet Nicholas Cleobury versiert das BBC Scottish Symphony Orchestra, das die geschickte Instrumentierung des Komponisten sicher herausarbeitet. Die acht Szenen sind durchkomponiert und folgen nahtlos aufeinander. Bis auf den irischen Sänger Thomas Lawlor sind alle Solisten Engländer, so dass die Texte bestens zu verstehen sind. Die Intonation und Artikulation ist durchweg zu loben, wie auch die Differenzierungen in der jeweiligen Gestaltung. Leider ist nirgendwo im Beiheft oder der Verpackung der CD zu erkennen, welcher Sänger welche Rolle singt, so dass auf einzelne Bewertungen verzichtet werden muss; lediglich der Vizekönig mit raumgreifendem Bass-Bariton, den er aber bei seiner Kontrahentin gut zurückzunehmen weiß, ist vermutlich Ian Caddy zuzuordnen. Die übrigen Tenöre Alexander Oliver und John Winfield sowie der Bass-Bariton Thomas Lawlor und der Bariton Anthony Smith ergänzen das Ensemble rollengerecht. Die einzige Frauenrolle, Camille La Périchole, wird von der Mezzosopranistin Cynthia Buchan ausdrucksstark interpretiert. Mit großem Stimmumfang weiß sie zu schmeicheln, aber auch mit genügendem Aplomb ihre Wünsche und Pläne gegenüber dem Vizekönig durchzusetzen – wahrlich ein köstlicher Spaß!

Die vorangestellte Caprice Péruvien, aufgenommen 1995 in Irland, wird von der RTÈ Sinfoniettaunter der sicheren Leitung vonDavid Lloyd-Jones mit genügendem Schwung geboten und bereitet sehr gut auf den folgenden Einakter vor. Marion Eckels

Aus Londoner Archiven

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Wer meint, er habe die Lust an der Oper verloren, sein Begeisterungsvermögen sei im Verlauf der Jahre abgestumpft, er habe einfach schon zu viel gesehen und gehört, als dass er noch wirklich von einer Opernaufführung berührt werden könne, der sehe und höre sich die DVD von Don Carlo aus Covent Garden aus dem Jahre 1985 an, und er wird feststellen, dass er sich begeistern, sich freuen, berührt und bewegt werden kann-es muss nur die richtige Aufführung und es müssen die richtigen Künstler sein.

Einen langen Weg hat die Produktion von Luchino Visconti zurückgelegt, die 1958 mit  Carlo Maria Giulini am Pult und mit Vickers, Brouwenstjn und Christoff ihre Premiere erlebte. Unzählige Male , so 1979, 1983 5-aktig in französischer Sprache (Allen, Efstatieva, Budai, Lloyd/ Haitink), dann 1985 zwar auch in  fünf Akten, aber in italienischer Sprache  fast durchgehend bis 2002, als sie  sich mit Bernd Haitink verabschiedete (der allerdings1988 wieder die französische Übernahme der Brüsseler Equipe mit Roberto Alagna und Thomas Hampson dirigierte), fand sie in Wiederaufnahmen immer wieder ein begeistertes Publikum. Von der Aufführung 1983 ist mir ein französischer Tenor in Erinnerung, der nicht nur vokal enttäuschte, sondern der nicht einmal mit dem Feuermachen im Bois de Fontainebleau zurechtkam, eine leidenschaftliche Livia Budai als Eboli und sehr viel edler aussehende Hunde im Gefolge Filippos als auf der DVD aus dem Jahre 1985. Prachtvolle Kostüme mögen an einen Hollywood-Schinken erinnern, aber die Produktion ist mehr als das, denn eine raffinierte Personenregie beweist, dass die prächtige Ausstattung nicht Selbstzweck war, sondern nur ein Element in einem in jeder Hinsicht vollkommenen Ganzen. Bemängelt werden könnte höchstens die Unentschlossenheit zwischen fünfaktiger und vieraktiger, zwischen französischer und italienischer Fassung, der Verzicht auf Perlenballett, Duett Elisabeth-Eboli und Duett Carlos-Philipp.  

Auch die Besetzung auf der DVD von 1985 kann sich sehen und hören lassen. Ein interessanter Carlo ist Luis Lima, der die Partie als die eines Zerrissenen, zutiefst Verstörten  sieht, wozu er sich ungefähr zur Zeit der Aufführung auch in einem Interview im Orpheus äußerte. Ein stets flackernder Blick, die Körperhaltung eines ganz und gar Verunsicherten, den schließlich Carlo Quinto nur mit Gewalt in sein Grabmal ziehen kann, kennzeichnen seine Rollenauffassung. Tadellos ist seine vokale Leistung, der dunkel timbrierte, geschmeidige Tenor ist in allen Lagen gleich präsent und kennt keine Registerbrüche. Zu ihm passt optimal der edel timbrierte Bariton von Giorgio Zancanaro, der auch darstellerisch seine Rolle ideal ausfüllt, der generös zu phrasieren und seiner Stimme Nachdruck zu verschaffen weiß. Hätte es neben den drei Tenören auch drei Baritone gegeben, dann wäre er nach Piero Cappuccilli und Renato Bruson sicherlich der Dritte gewesen, hätte ihm höchstens Leo Nucci den Platz streitig machen können. Über viele Jahrzehnte hinweg war Robert Lloyd der Bass vom Dienst in Covent Garden. Da er ein begnadeter Schauspieler war, verweilt die Kamera das gesamte „Ella giammai m’amò“ auf seinem Gesicht, sein Mienenspiel ist außergewöhnlich ausdrucksvoll, seine Stimme machtvoll und wie aus einem Guss. Der Gran Inquisitore von Joseph Rouleau ist ihm ein ebenbürtiger Partner, ehern die Stimme und von Angst machender Starrheit das Spiel. Etwas aufgewertet wird in der fünfaktigen Fassung die Rolle des Lerma wie die des Tebaldo. Als Page weiß sich Patricia Parker optisch wie akustisch zu profilieren, von sanfter Tröstlichkeit ist der Sopran von Lola Biagioni für die Stimme vom Himmel. Eine hochsolide Leistung erbringt Bruna Baglioni als Eboli, nicht mehr und nicht weniger und doch nicht den Wunsch danach vertreibend, in diesem illustren Kreis den Mezzosopran zu hören, in dessen Schatten sie stets stand. Eigenartig berührt die Elisabetta von Ileana Cotrubas, eine hochverdiente Sängerin und doch in diesem Kreis der anerkannten Verdi-Sänger allzu zart, allzu hell, allzu ätherisch  erscheinend, was zwar einem „Francia“ guttut, einem „sorgete“, dem Abschied von der Aremburg, nicht aber der Auseinandersetzung mit dem König oder der großen Arie am Schluss. Bernd Haintink ist nicht gerade der Garant für Italianità, aber er führt in gemessenen Tempi und mit Gespür für die Bedürfnisse der Sänger durch die Vorstellung, in der der Chor, auch von der Regie extrem gefordert , vokal Beachtliches leistet (Opus Arte 1340D). Ingrid Wanja       

Rachel Gettler

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Die Sopranistin Rachel Gettler starb am 27. 05.22 nach kurzer Krankheit mit 74 Jahren in Augsburg. Sie hatte sich als Jugendlich-dramatischer und Spinto-Sopran mit ihrer enormen Vielseitigkeit einen internationalen Namen gemacht. Geboren in Paris, aufgewachsen in Melbourne, Australien, absolvierte Rachel Gettler das Gesangsstudium an der Guildhall School of Music in London und am Royal Northern College of Music in Manchester. Nach sehr erfolgreicher Tätigkeit als Mezzosopran mit über 40 Hauptpartien vom lyrischen bis zum dramatischen Repertoire in Amerika, England, Schottland, Wales, Deutschland, Italien, Holland, Polen, Dänemark, Schweden und Australien, machte sie 1987 den Fachwechsel zum Jugendlich-Dramatischen Sopran. Ihre Bandbreite reichte von der Tosca, über Massenets Charlotte bis zu Purcells Dido, Tatjana, Eboli, Senta, Sieglinde, Elsa und Elisabeth und Ariadne. Auch die Berlioz-Didon oder Glucks Iphigenie gehörten zu ihrem Repertoire. OTA

Mit neun Jahren Verspätung

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Wagners Tristan und Isolde 2013 in Wien: Mit neun Jahren Verspätung hat Orfeo den Mitschnitt aus der Staatsoper herausgegeben (C210123). Warum erst jetzt? Das Booklet gibt darüber keinen Aufschluss. Es finden sich lediglich ein allgemeiner Text über die hinlänglich bekannte Entstehungsgeschichte des Werkes und biographische Angaben zu den Mitwirkenden. Sonst nichts. Wer es etwas genauer wissen will, muss sich selbst auf die Suche machen. Das Netz ist auskunftsfreudiger denn je. Darauf spekulieren offenkundig auch die Herausgeber. Am 13. Juni 2013 hatte die vom Österreichischen Rundfunk zeitversetzt übertragene Neuinszenierung Premiere. Sie wurde vom schottischen Opernregisseur Davis McVicar besorgt, der einen vergleichsweise traditionellen Stil pflegt. Die Optik lässt kaum Zweifel daran zu, um welches Werk es sich handelt. Das ist inzwischen nicht immer so. Anhand von aussagekräftigen Szenenfotos auf dem Cover und im Innern der Beilage sowie Bildern von Solisten in ihren Kostümen lässt sich ein konkreter Eindruck gewinnen, was sich auf der Bühne abgespielt hat – auch wenn es sich bei der Neuerscheinung lediglich um die Tonspur handelt. Warum der Regisseur und sein Ausstatter Robert Jones nicht erwähnt werden, bleibt das Geheimnis von Orfeo. In diesem Fall wäre es notwendig und fair gewesen, auch sie zu nennen. Schließlich hört das Auge mit. Bis zum 26. Juni folgten drei Aufführungen in der Premierenbesetzung. Da Orfeo als Aufnahmezeitraum den Juni 2013 angibt, ist davon auszugehen, dass die CD-Ausgabe aus unterschiedlichen Aufführungen zusammengeschnitten wurde.

Die Aufmerksamkeit des Publikums richtete sich damals auf Nina Stemme, die mit fünfzig Jahren als Isolde am Haus debütierte. Die Schwedin war in Wien keine Unbekannte, hatte bereits 2004 die Sieglinde gegeben, von 2008 an die Brünnhilde im Siegfried. 2003 war sie in Glyndebourne erstmals als Isolde in Erscheinung getreten. Damals hatte sie „bereits vierzehn Bühnenjahre hinter sich, zunächst mit Partien wie Cherubino, Pamina, Figaro-Gräfin, Agathe und Eva“, wird im Booklet aufgezählt. Dann seien Mimi, Butterfly, Manon Lescaut, Tosca, Tannhäuser-Elisabeth, Marschallin und Senta gefolgt. Für die Isolde ist diese Spannbreite nicht die schlechteste Voraussetzung. Viele Kolleginnen pflegten ein ähnliches Repertoire bis sie – wie Nina Stemme – fast nur noch das hochdramatische Fach sangen. Schon 2013 deutete sich an, dass dafür auch ein Tribut fällig sein wird. Die Stimme reicht derart in die Tiefe, dass die Anbindung an höre  Registern nicht immer perfekt gelingt. Nicht selten werden Töne geschleift, was auf Kosten feiner Nuancen geht. Ihre stimmlichen Reserven aber sind unendlich und auf das gesamte Werk eindrucksvoll verteilt. Deshalb kommt sie beim wagnerversessenen Publikum so gut an und wird weltweit gefeiert. Im kräftezehrenden ersten Aufzug schont sie sich nicht für das, was noch kommt. Extreme Spitzentöne wirken etwas nachgesetzt. In diesen Momenten erinnert sie mich mehr an ihre berühmte Vorgängerin Birgit Nilsson als bei einem allgemeinen Stimmenvergleich. Die 2005 verstorbene Nilsson dürfte den Aufstieg ihrer jungen Landsmännin noch genau verfolgt haben. 2018 bekam Nina Stemme den mit einer Million US-Dollar dotierten Birgt-Nilsson-Preis zugesprochen, der von dieser Sängerin gestiftet wurde und als eine Art Musik-Nobelpreis gilt.

Doch nun von Tristan! Peter Seiffert hatte die Rolle schon in der Wiener Vorgängerinszenierung von Günter Krämer gesungen. Er gilt als einer der versiertesten Tristan-Interpreten und ist Wien eng verbunden seit er 1984 neben der Arabella seiner späteren Frau Lucia Popp der Matteo gewesen ist. An Tristan, den er sich hat hart erarbeiten müssen, war nicht zu denken. In einem Interview mit dem Wiener Standard anlässlich der Premiere 2013 schilderte der Tenor diese Herausforderung. Als er angefangen habe, den Tristan zu studieren sei er erst einmal in Panik verfallen. „Für mich war es endlos, unerreichbar, unermesslich – und erschien mir um eine Nummer zu groß“, so Seiffert. Diese Demut vor der Rolle hat er sich zu erhalten gewusst. Er stellt das Gegenteil eines stimmlichen Draufgängers dar. Seiffert singt vom Wort her, will genau verstanden werden und lässt bis zum Schluss den Lyriker durchscheinen, den gigantischen Anforderungen des dritten Aufzuges zum Trotz.

Janina Baechle ist eine Brangäne mit hochdramatischem Potenzial, die sich nicht vor stimmlichen Brüchen und Ausflügen in den Sprechgesang scheut, wenn sie denn dem Ausdruck dient. Im Wachgesang findet sie zu Ruhe und Ausgeglichenheit. Der wagnererfahrene Däne Stephen Milling singt den Marke mit trefflicher Diktionen. Fernab aller Milde formt er seine Klage mit kernigem Bass zu einem packenden Menschenschicksal. Jochen Schmeckenbecher gestaltet den Kurwenal mit Hingabe. Deshalb stört es letztlich nicht, dass sein Vortrag etwas unstet ausfällt. Dirigent Franz Welser-Möst legt großen Wert auf die meisterhafte Ausschmückung von Details. Seine Stunde schlägt vor allem mit den Vorspielen und den sinfonischen Passagen. So wird er seinen Sängern ein zuverlässiger Partner. Er deckt sie niemals zu und nimmt das Orchester – wann immer es geboten – zurück. Insgesamt lässt der Klang des Mitschnitts nichts zu wünschen übrig. Rüdiger Winter

Teresa Berganza

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Die sanfte Viper. Erst 24 Jahre war sie alt, als sie im Sommer 1957 beim Festival in Aix—en-Provence als Dorabella in „Cosi fan tutte“ zum ersten Mal auf der Bühne stand, inmitten eines international arrivierten Ensembles und unter der musikalischen Leitung des großen Mozart-Dirigenten Hans Rosbaud. Und sie bewährte sich königlich, die am 16. März 1933 in Madrid geborene (das oft zu lesende Geburtsdatum 1935 ist wohl falsch) und ebenda bei Lola Rodriguez de Aragón ausgebildete Maria Teresa Berganza Vargas. Eine völlige Anfängerin war sie bei diesem Debüt allerdings nicht mehr. Schon als Teenagerin hatte sie in Aufnahmen von Zarzuelas mitgewirkt, erstmalig 1951 in „Agua azucarillos y agardiente“ von Federico Chueca.  Es gab Konzertauftritte schon während der Studienzeit und unmittelbar vor dem offiziellen Start in Aix hat sie bei der RAI Milano zwei komplette Opern aufgenommen: Massenets „Don Quichotte“ in einer italienischen Version mit Boris Christoff und „L’Italiana in Algeri“ unter Nino Sanzogno.

Beide Produktionen sind noch heute als CD erhältlich. Der Rossini war zugleich Soundtrack für einen Fernsehfilm von Mario Lanfranchi, der auf Video zugänglich ist und die junge Künstlerin schon in großer Form zeigt. Die Stimme ist in allen Lagen gleichmäßig durchgebildet, mit satter Altlage und sicheren Höhen, und schon hier trifft zu, was Ivan Nagel viele Jahre später über ihre Cenerentola schrieb: „Perlenschnüre fallen aus ihrem Mund, so oft sie ihn aufmacht“. Neben den stimmlichen Vorzügen beweist sie aber an der Seite von so alten Hasen wie Sesto Bruscantini und Mario Petri auch beachtliches schauspielerisches Talent. Ihre Isabella sprüht vor Charme, ist in unaufgesetzter Weise kapriziös und kokett.

Dass es nach diesem Start mit der Karriere gleich in raschen Schritten weiterging, ist also gar nicht so erstaunlich. Im Januar 1958 gab sie ihren Einstand an der Mailänder Piccola Scala als Page Isolier in Rossinis „Conte Ory“, im Herbst desselben Jahres trat sie in Dallas an der Seite von Maria Callas in „Medea“ auf, die Gefallen an ihrer Stimme fand und sie als Adalgisa für ihre Norma gewinnen wollte (wovor sie aber zurückschreckte). Den Klagegesang der Neris gestaltet Berganza mit warmem Ton und ergreifender Anteilnahme, ohne in die Gefahr von Larmoyanz zu verfallen. Der nächste Meilenstein in der jungen Karriere war ihr Debüt an der Londoner Covent Garden Opera, wo sie unter Carlo Maria Giulinis Leitung die Rosina im „Barbier von Sevilla“ sang. Ob sie da die Aufnahme der Callas schon kannte oder ob es ihr eigener Kunstverstand war – jedenfalls setzte sie schon hier in die kleine Silbe „ma“ die ganze Dialektik der Rolle, einerseits „docile“ und „obediente“ zu sein, aber zur Viper zu werden, wenn man ihre Freiheit einschränken will.

Diese Rolle war über zwei Jahrzehnte ihr Markenzeichen, ebenso wie Cherubino, den sie konzertant erst in London, ebenfalls unter Giulini, und szenisch dann in Aix-en-Provence (unter Michael Gielen) sang. Obwohl weiblich in Stimme und Ausstrahlung, entfaltete sie in dieser Hosenrolle (sogar in schwangerem Zustand!) besonderen Reiz. In London wurden die Firma Decca und Richard Bonynge auf sie aufmerksam, der sie als Partnerin von Joan Sutherland für die Rolle des Ruggiero in „Alcina“ verpflichtete. An der Scala folgten auf den Rossini Produktionen von „Cosi fan tutte“, Cestis „Orontea“ und Purcells „Dido und Aeneas“. In Aix gab sie neben den Mozart-Partien ein eindringliches Porträt der Ottavia in Monteverdis „Poppea“ (1961), das glücklicherweise komplett auf Video erhalten ist.

Aix, Mailand und London waren also die Startpunkte für die rasch einsetzende Weltkarriere, die sie bald an die großen Opernhäuser von Wien, Buenos Aires, San Francisco, Chicago und an die New Yorker Met führte.  Neben dem runden Dutzend Opernrollen, auf die sie sich dabei klug beschränkte, erkundete sie in ihren zahlreichen Liederabenden, die von Anfang an einen wesentlichen Teil ihres Terminkalenders ausmachten, ein schier unerschöpfliches Repertoire, das nicht nur die spanischen Komponisten vom Mittelalter bis zur Gegenwart und italienische Lieder und Konzertarien vor allem aus der Barockzeit umfaßte, sondern schon relativ früh auch deutsche (Schubert, Schumann, Brahms, Wolf), französische (Fauré, Ravel, Hahn) und russische Lieder (Mussorgsky) einschloß.

Einen Höhepunkt in Berganzas an Höhepunkten nicht armen Opernkarriere stellt ohne Zweifel der Rossini-Zyklus von Claudio Abbado und Jean-Pierre Ponnelle an der Mailänder Scala (1969-73) dar, der auch auf anderen Bühnen und bei Festivals nachgespielt wurde. „Barbier“ und „Cenerentola“ erschienen zeitnah auch als Studio-Aufnahmen bei Deutsche Grammophon, vom „Barbier“ gibt es daneben auch einen Unitel-Film. Die „Italiana“ wurde leider erst Jahre später (1987) nachgereicht, nun mit Agnes Baltsa in der Titelrolle, da die Berganza über dieses Fach hinaus gewachsen war.

Mit Bizets „Carmen“, die sie 1977 in Edinburgh erstmals sang, begann ein neuer Abschnitt in der Karriere, aber auch im Leben von Teresa Berganza. Für sie, das hat sie immer wieder betont, ist Carmen der Inbegriff einer selbstbestimmten Frau, auch in sexueller Hinsicht, und kein Opfer, während sie in Charlotte in Massenets „Werther“ – eine weitere Glanzrolle ihrer Reifezeit – ein Opfer ihres gesellschaftlichen Umfelds sah. In einem sehr offenherzigen Gespräch mit Bruce Duffie in Chicago (Dezember 1984) bekennt sie, dass Carmen dazu beigetragen habe, sich von ihrem Mann, dem Pianisten Felix Lavilla, mit dem sie 20 Jahre verheiratet war und drei Kinder hatte (darunter die Sopranistin Cecilia Lavilla Berganza), zu „befreien“ und sich einem neuen Partner zuzuwenden, der kein Problem damit hatte, sich als „Mr. Berganza“ vorzustellen.

Die Edinburgher „Carmen“-Produktion war insofern eine kleine Sensation, als sowohl der Dirigent Claudio Abbado als auch seine Protagonistin mit vielen Aufführungs-Klischees aufräumten. Und die Aufnahme bei der Kritik war zunächst durchaus kontrovers. Abbados analytisch-kühle Auslegung der Partitur, in der die Klangsinnlichkeit nur eine untergeordnete Rolle spielte, und der auf äußerliche Effekte verzichtende, entspannte, fast chansonartige Gesang der Berganza erschien manchen Freunden dieser Oper gewöhnungsbedürftig. Sie entwickelte die Rolle ganz aus dem Geist der Musik heraus, die näher bei Mozart liegt als bei Mascagni. In den folgenden Jahren wuchs sie mehr und mehr in diese Partie hinein und gewann ihr zusätzliche sinnliche und dramatische Nuancen ab. An der Deutschen Oper Berlin ließ sie beispielsweise in einer Aufführung mit Franco Bonisolli (1985), die auch als privater Mitschnitt vorliegt, auch mal „die Post abgehen“.

Hört man ihre nach der Edinburgher „Carmen“ entstandenen Aufnahmen, so gewinnt man den Eindruck, dass sie nun einen betont emanzipierten, man könnte fast sagen, feministischen Blick auf die von ihr dargestellten Frauenfiguren wirft. Das spürt man schon bei ihrer sehr reifen und wissenden Zerlina in Joseph Loseys ambitionierter, aber etwas kunstgewerblicher „Don Giovanni“-Verfilmung (1978), aber auch in manchen Liedprogrammen (etwa bei Haydns Kantate „Arianna a Naxos“). Der partielle Verlust an ebenmäßiger Klangschönheit (vor allem bei den Übergängen in die Sopranlage) wird durch einen Zugewinn an Ausdruckskraft kompensiert. In den 90er Jahren zog sich Berganza dann schrittweise von der Opernbühne zurück und konzentrierte sich fast ganz auf ihre vielseitigen Liederabende. Einer davon in der Deutschen Oper Berlin ist mir in lebendiger Erinnerung geblieben, weil sie durch ihren mühelosen Vortrag den Eindruck vermittelte, als sei Singen das Leichteste von der Welt.

Die Karriere der Konzertsängerin reichte bis ins neue Jahrtausend, wo dann die pädagogische Tätigkeit einen Schwerpunkt ihrer Arbeit bildete. Ein paar sehr launige Auftritte aus dem Jahr 2008 habe ich im Netz gefunden, einen davon aus Lima, wo sie Pericholes Schwipslied mit hemmungsloser Komik zum Besten gibt und mit ihrem jahrzehntelangen Bühnenpartner, dem da schon 81jährigen Luigi Alva, sich jugendlich aufgekratzt im Zarzuela-Duo „La Rosa y El Clavel“ vereinigt. Wenige Wochen später war sie in Moskau mit Jelena Obrasztzowa in Moskau im Katzenduett zu erleben. Einen sehr nachhaltigen Eindruck hat sie auf mich im Sommer darauf bei einem Meisterkurs in Helsinki hinterlassen. Das Bühnentemperament der jetzt 76jährigen Sängerin und ihre Fähigkeit, Rossinis Koloraturketten noch immer sicher und maßstäblich vorzuführen, hatten eine suggestive Wirkung auf die zunächst blaß wirkenden Schülerinnen, die ihre Vorgaben aber quasi in Minutenschnelle umsetzen konnten. Hinreißend komisch war es, wie sie einer von ihnen die Arie der Dorabella „smanie implacabili“ gleichsam zuspielte, indem sie in stummer Aktion die Despina mimte.

Nun ist sie am 13. Mai in der Nähe von Madrid im Alter von 89 Jahren gestorben. Die Fachwelt ist sich einig, dass sie eine der ganz großen Sängerinnen des vergangenen Jahrhunderts war. Aber was hat ihre Besonderheit ausgemacht? War sie die „dezente Primadonna“, wie es in einem Nachruf des BR heißt? Provozierte sie durch Überlegenheit, wie Jan Brachmann in der FAZ meint? War sie eine Virtuosin der leisen und der Zwischentöne, wie es andernorts zu lesen ist? Oder war sie ein „Bühnentier“, wie Manuel Brug in der „Welt“ behauptet? Die Antwort lautet: sie war dies alles in einer Person. Sie vereinte scheinbar unvereinbare Gegensätze in sich, wie Rosina war sie „docile“ und „vipera“ zugleich.

Und wie bei allen dahin gegangenen Künstlern wird man sich fragen: Was wird von ihr bleiben? Sehr viel, ist die eindeutige Antwort, und das meiste wird die Zeit überdauern. Alle Phasen ihrer Karriere sind beinahe lückenlos dokumentiert. Entsprechend unüberschaubar ist ihre Diskographie, jedenfalls, wenn man alle erhaltenen Live-Mitschnitte mitrechnet. Fast die Hälfte, das ist vielleicht überraschend, machen die Aufnahmen spanischer Zarzuelas aus, die (überwiegend) beim spanischen Label Alhambra veröffentlicht, aber bei uns kaum bekannt wurden, und wo der Bariton Manuel Ausensi, Pilar Lorengar, später auch Alfredo Kraus und Placido Domingo ihre Partner sind. Hier finden wir schon viele Spuren, die auf ihre spätere Carmen und Perichole hinweisen. In ihrer ersten Blüte wurde sie bei Decca mit Gesamtaufnahmen und Recitals festgehalten, als etablierter Star war sie dann bei Deutsche Grammophon aktiv, in ihrer Reifezeit erschienen einige Dinge bei EMI, aber auch bei kleineren Firmen. Das Schweizer Label claves etwa hat ein paar interessante Lied-Programme mit ihr produziert. Und vieles, was nicht auf dem Markt ist, findet sich auf ihrer eigenen Seite bei youtube, darunter die erwähnte Berliner „Carmen“.

Im bereits zitierten Interview mit Bruce Duffie bekennt sie, dass sie ein sehr gespaltenes Verhältnis zu Studio-Aufnahmen habe, ein Mikro vor der Nase hemme ihre künstlerische Spontaneität. Allerdings habe sie immer darüber gewacht, dass ihre Leistungen keinen technischen Manipulationen unterworfen wurden, wie das so oft der Fall ist. Sie sei deshalb zufrieden mit ihren Studio-Aufnahmen, aber sie ziehe Live-Auftritte vor, insbesondere Recitals, wo mehr Licht im Raum und deshalb Augenkontakt mit dem Publikum möglich sei, selbst in einem großen Haus mit 3000 Plätzen. Zuschauer seien unberechenbar wie Liebhaber. Wenn sie bemerke, dass einer unter 3000 ihrem Vortrag keine Aufmerksamkeit schenke, dann nehme sie ihn ins Visier und bearbeite ihn, bis er aufwache. Das gelte natürlich auch für Frauen, aber meistens seien es die Männer, die pennen. Ekkehard Pluta  (Foto DG)

Silvia Baleani

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An Silvia Baleani, die am 18. Mai 2022 verstarb, verbinden mich beste Erinnerungen an ihre Ifigenia in Tauride von Piccinni im italienischen Bari, noch im alten Teatro Petruzzelli 1986 unter Donato Renzetti, ihrem späteren  Ehemann (Foto unten/youtube). Sie fiel mir wegen ihrer besonders ebenen, wohlgetönten, sanften Mezzostimme auf, Frederica von Stades in Farbe und Volumen nicht unähnlich, und ich hätte diese attraktive junge Frau gerne als Werther-Charlotte gehört. Deshalb las ich mit Bedauern von ihrem Tod. Im Folgenden eine offizielle Verlautbarung aus Italien zu ihrem Tode. G. H.

Die aus Argentinien stammende Sopranistin Silvia Baleani, Gattin des Dirigenten Donato Renzetti, der seit einigen Monaten Musikdirektor des Macerata Opera Festivals ist, starb am 18. MNai 2022.   Wenige Tage nach dem Tod von Teresa Berganza – bestätigt der künstlerische Leiter Paolo Pinamonti – ist eine weitere große Mozart-, Rossini und Belanto-Interpretin verstorben. Silvia Baleani studierte in Buenos Aires auf dem Instituto Superior de Arte del Teatro Colon, wo sie 1964 debütierte; in den 70er Jahren trat sie auf den größten Bühnen ganz Europas auf, von Covent Garden (Faust 1974) bis Wien, von Paris bis Lyon, bis hin zur Scala in Mailand (Boris Godunov 1980 und Il Re Pastore). Nachdem sie 1977 den Dirigenten Donato Renzetti anlässlich  einer Vorstellung von Rossinis Il signor Bruschino 1977 in Bologna kennen gelernt hatte und mit dem sie ihr ganzes weiteres Leben lang verbunden blieb, entwickelte sich ihre Karriere insbesondere in den bedeutendsten Opernhäusern Italiens vom Teatro Regio in Turin bis zum Fenice in Venedig, vom Comunale in Bologna bis zum Massimo in Palermo. Von dieser feinen und neugierigen Interpretin – fügt Pinamonti hinzu – die mit einer Stimme sehr schöner Farbe begabt war, bleiben uns als Vermächtnis zahlreiche Plattenaufnahmen auch eines weniger  verbreiteten Repertoires und in demjenigen, der sie gekannt hat, die Erinnerung an ihre Freundlichkeit, ihre Sanftheit und ihre ungemeine Großzügigkeit. „Die Associazione Arena Sferisterio vereint sich mit Donato Renzetti im Gedenken an seine Gattin, die, unter anderem, im Jahre 1994 als Musetta in La Bohéme von Giacomo Puccini auf der Bühne des Sferisterio stand“. (ANSA/Übersetzung Ingrid Wanja)

Schürmanns „Jason“

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Keinesfalls handelt es sich bei der neuen, hier vorgestellten Barockoper Jason oder die Eroberung des goldenen Vließes von Georg Cas­par Schürmann bei cpo um eine verschollene Aufnahme mit Maria Callas, wie das obige Foto aus ihrem Film von 1969 suggerieren würde. Aber die Versuchung, den Medea-Topos mit der Seeligen zu verknüpfen ist zu verführerisch um dem zu widerstehen. Deshalb mag der geneigte Leser den kleinen Ausflug in die Phantasie verzeihen, die Diva mit einem Werk des frühen 18. Jahrhundert zu assoziieren. Vielleicht hätte sie die Schürmannsche Medea lieber gesungen als den Pasolini-Film abgedreht, der nicht zu ihren überzeugendsten Dokumenten gehört. Er hat ihre Karriere nicht verlängert-

Wie auch immer – wir Barock-Opernfans sind wieder einmal bei der Firma cpo in der Schuld, eine weitere spannende Barockoper nach Carl Heinrich Grauns Polydorus (bei operalounge.de besprochen) und  nach der Getreuen Alceste (dto.) nun Schürmanns Jason herausgebracht zu haben. Die Dirigentin Ira Hochman, die mit ihrem Orchester barock werk hamburg hat dazu einen hochinformartiven Artikel geschrieben, den wir mit Dank hier wiedergeben. Eine Rezension folgt. G. H.

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Mit der Aufnahme von Jason oder die Eroberung des goldenen Vließes (cpo 555339-2) widmet sich das barock werk hamburg erneut einer Oper aus der Feder Georg Cas­par Schürmanns. Die Erst-Wiederaufführung und spä­tere Einspielung von Die getreue Alceste im Jahr 2016 (cpo 555 207-2) hinterließ beim Ensemble den starken Wunsch, weitere Musik dieses zu Unrecht wenig beach­teten Komponisten zu entdecken. Bei der Durchsicht sei­ner handschriftlich erhaltenen Werke fiel insbesondere die Oper Jason oder die Eroberung des Goldenen Vlie­ßes  auf. Fälschlicherweise einem anderen Komponisten zugeordnet und dazu noch als Pasticcio (also ein Flick­werk aus Arien diverser Autoren) abgestempelt, stand sie bisher nicht im Fokus der Forschung. Jedoch war das Werk in den Jahren 1720-1722 an der Gänsemarkt- Oper in Hamburg durchaus sehr erfolgreich und wurde nicht weniger als 31 Mal aufgeführt. Die Handschrift der Hamburger Fassung (Staatsbibliothek zu Berlin, Museums. 20362) geht auf das Jahr 1720 zurück und ist die ein­zige vollständige Musikquelle der Oper. Zuvor wurde Schürmanns Jason in den Jahren 1707, 1708 und 1713 bereits an der Hagenmarkt-Oper in Braunschweig ge­spielt, zuletzt kurioserweise zum Besuch des russischen Zaren Piotr des Großen bei Herzog Anton Ulrich. Die Tatsache, dass Schürmann sich über 13 Jahre mit seinem Jason beschäftigte, deutet ebenfalls darauf hin, dass es sich dabei um ein vielversprechendes Werk handelt.

Problematik der Autorschaft: Wie lassen sich nun die Frage der unsicheren Autor­schaft und der Vorwurf, dass das Werk ein Flickwerk sei, einordnen? Bei der Recherche ließ sich schnell klären, dass sich die Zuschreibung des Jason an den Kompo­nisten Johann Sigismund Kusser zwar teilweise bis heute gehalten hat, das Libretto der gleichnamigen Oper von Kusser jedoch mit Schürmanns Jason nichts gemeinsam hat. Den Vorwurf zu widerlegen, die Musik stamme zum großen Teil nicht von Schürmann, war wesentlich schwieriger. Johann Mattheson, berüchtigter Kritiker seiner Zeit, schrieb über den Jason in Hamburg: „Erneu­ert, und von unterschiedenen Componisten, vermuthlich wieder ihr Wissen und Willen, wie viele andere Opern, zusammen gesetzet.“  Bei der großen Zahl von italie­nischsprachigen Arien in der handschriftlichen Partitur des Jason stellte sich allerdings zunächst die Frage, ob Schürmanns kompositorischer Anteil an der Oper groß genug war, um ihm das Werk zuschreiben zu können.

Jason und Medea, 1759 von Carle van Loo (1705-65)/ Musée des Beaux-Arts Paris/ Wikipedia

Die Tradition, mehrere Sprachen in einem Bühnen­werk zu mischen, die an der Gänsemarkt-Oper in Ham­burg besonders verankert war, erweckte schon damals rege Polemik unter den Librettisten und Komponisten. Schürmann selbst äußerte sich dazu in einem Brief aus Braunschweig von 1726: „Die Opera anlangend, so machen wir die teutschen Opern pur teutsch, wann wir aber etliche mahl italienische Opern ins teutsche über­setzet, so haben wir wohl die Arien mehrentheils italie­nisch gelassen.“ Dieser schürmannsche Schlüsselsatz über die italienisch „gelassenen“ Arien sowie die Ent­stehungsgeschichte dieser Oper lassen den Schluss zu, dass im Fall des Jason der größte Teil der italienischen Arien von Schürmann stammt

In der Tat wurde in Braunschweig im Jahr 1707 die italienische Oper Giasone, overö II Conquisto deI Vello d’oro (Libretto von Flaminio Parisetti, Musik höchst­wahrscheinlich von Hofkapellmeister Schürmann) zum ersten Mal gespielt. Dem gedruckten Libretto lag eine deutsche Übersetzung in Prosa bei. 1708 erklang die Oper erneut, nun in veränderter Form mit fünf deut­schen Arien und deutschen Rezitativen. Im Libretto von 1713 erhöhte sich der Anteil der deutschen Arien auf 13. 4 Die Rezitative wurden von Schürmann selbst auf Deutsch gedichtet, er übernahm solche Aufgaben des Öfteren. Das Libretto von 1713 beinhaltet unter anderem die Texte von 20 italienischen Arien, Duetten und Chören, die wir in der Hamburger Fassung von 1720 unverändert wiederfinden. Bis zur letzten Fassung er­höhte sich der Anteil der deutschsprachigen Arien auf 19 gegenüber den 33 italienischen Arien. Da es sich bei der Partitur-Handschrift um eine Werkfassung für die Hamburger Gänsemarkt-Oper handelt, muss man bei der Bewertung der Autorschaft unbedingt auch die Begebenheiten dieses Opernhauses berücksichtigen. Das bürgerliche Publikum erwartete gute Unterhaltung, unter anderem durch italienische Einlagearien, lustige Charaktere und fantasiereiche Bühnentechnik.

Jason raubt das Goldene Vließ/ Deckengemälde um 1850 von August Theodor Kaselowsky im Neuen Museum von Berlin/ Foto Winter

Wurden diese Vorlieben nicht bedient, blieb das Publikum weg. Es gab zwar keine feste Tanztruppe und man ließ die typisch französischen Tanzeinlagen fort, dafür diente die Instrumentalmusik dem Szenenwechsel, der Bedie­nung der Maschinen, dem Ausmalen des Zauberspuks, der Beschwörungen der Geister, den Auftritten der Be­gleitpersonen der Götter oder des Königsgefolges usw. Unter der hohen Anzahl italienischer Arien verbargen sich in der Handschrift des Jason auch einige sogenann­te „Arien aus dem Koffer“, jene Bravourstücke der aus­wärtigen reisenden Sänger, die man erfolgversprechend mit einbezog. Diese Arien lassen sich meist leicht identi­fizieren. Im Jason wurden sie von einem anderen Schrei­ber notiert und nachträglich in die Partitur eingeheftet. Die 11 Einlagearien im Jason stammen aus Opern von Caldara, Lotti, Gasparini und Vivaldi und wurden in der vorliegenden Aufnahme fortgelassen.

Beim Vergleich der drei zeitgenössischen Libretto- Drucke stellte sich heraus, dass Schürmann für die Gänsemarkt-Oper gegenüber den früheren Fassungen weitere Änderungen und Ergänzungen vorgenommen hat. So wurden der Eingangschor mit dem italienischen Text von Parisetti entweder neu komponiert oder paro­diert, sowie der Schlusschor mit einem neuen deutschen Text versehen. Die Rezitative wurden zum Teil nicht nur musikalisch, sondern auch textlich neugestaltet. Außer­dem komponierte Schürmann zwei deutsche Arien neu und fügte die großartige Bass-Arie „Kein Sturm erregt so sehr die wilden Wellen“ aus seiner Oper Telemachus und Calypso (Braunschweig 1717, Handschrift der Oper nicht erhalten) ein, die er ursprünglich für den be­rühmten Bassisten der Braunschweiger Oper, Solomon Bendler, geschrieben hatte.

Georg Caspar Schürmann: „Jason oder die Eroberung des Goldenen Vließes“/ Foto barock werk 

Hilfreich war auch die vorangegangene intensive Beschäftigung mit Schürmanns Alceste. Das „Erkennen“ seiner Musik mag zwar rein empirisch sein, ist aber da­durch nicht wertlos. Gleich zu Beginn der Oper sticht die Arie des Stiro, „Gelosi pensieri“, mit konzertierendem Fagott heraus. Auch die Arie des Assirtus mit Travers­flöte und Oboe, „Serenatevi, amanti pensieri“, Medeas Schlaflied für den Drachen, „Dolce sonno neghittoso“, sowie die Arie der Hissifila, „Götter, Sterne, habt Gedult“, weisen gut erkennbar die Tonsprache Schürmanns auf.

Der Komponist: Georg Caspar Schürmann (1672/73-1751) be­gann seine Karriere 1693 im Alter von 21 Jahren als Altist an der Gänsemarkt-Oper in Hamburg. Vier Jahre später wechselte er nicht ganz freiwillig in den Dienst von Herzog Anton Ulrich nach Braunschweig, da er 1697 auf einer Reise aus Notwehr einen streitsüchtigen Kollegen erstochen hatte. Trotz des Freispruchs war ihm die Rückkehr nach Hamburg erst einmal verwehrt. In Braunschweig erhielt er im selben Jahr eine Anstel­lung als Altist an der Wolfenbütteler Hofkapelle und übernahm dabei auch Aufgaben eines Kapellmeisters. Herzog Anton Ulrich entsandte Schürmann Ende 1701 für circa ein Jahr nach Venedig, wo er die Opern von Albinoni, Pollarolo und Gasparini studierte. Nach seiner Rückkehr war er zeitweise in Meiningen und in Braun­schweig tätig. Im Jahr 1706 brachte er in Naumburg die Oper Telemaque zur Aufführung. Ab 1706 arbei­tete er in Braunschweig als offizieller Hofkapellmeister. Zwischen 1717 und 1721 gastierte er als Kapellmeister an der Hamburger Gänsemarkt-Oper. In dieser Zeit wurden dort sowohl Die getreue Alceste als auch Jason oder die Eroberung des Goldenen Vließes aufgeführt. 1722 übernahm Telemann die Leitung des Theaters. Schürmann war eine äußerst vielseitige Künstlerpersön­lichkeit. Er komponierte sowohl geistliche Werke als auch weltliche Tafelmusik und war in seinen etwa 30 Opern nicht nur als Komponist, sondern von Fall zu Fall auch als Regisseur, Sänger, Kapellmeister, Textdichter und Übersetzer tätig.

Die Musik des Jason: Die vorliegende Aufnahme präsentiert eine circa zweistündige, deutlich gekürzte Fassung des Jason, ein zweisprachiges Bühnenwerk mit Elementen der italie­nischen und deutschen Barockoper. Einige im Libretto erwähnte, aber in der Handschrift fehlende Instrumental­stücke wurden aus Schürmanns Opern Alceste und Ixion übernommen. Nach viel Reflektions- und Recherchear­beit, die in diese Fassung geflossen ist, wurden neben den bereits erwähnten Einlagearien auch acht Arien, die nachweislich von Schürmann sind, ausgelassen, sowie zwei Arien und die dazugehörenden Rezitative inner­halb der Oper versetzt.

Giovanni Battista Crosato „La rapina del vello d’oro„, 1685-6/ Wikipedia

Dass Schürmann die Oper mit einem prächtigen Jubelchor des Volkes der Colchier „Vittoria, vittoria!“ und nicht mit einer französischen Ouverture eröffnet, ist sicherlich kein Zufall. Der satte Klang des ganzen Orchesters, verstärkt durch drei Trompeten und Oboen, umschließt elegant eine längere Eingangsszene, die den ersten Auftritt der Hauptdarsteller und König Eetas Begrüßungsarie beinhaltet. Der für die Hamburger Fassung neu komponierte Schlusschor dagegen ist knappgehalten und beendet die Oper mit Schwung. Grundsätzlich findet man in der Oper des Öfteren kurz gehaltene Formen mit einfachem Textdurchgang. Grö­ßer angelegt sind die Dacapo-Arien mit konzertierenden Soloinstrumenten, wie beispielsweise die markante Arie der Medea „Die Hoffnung kann dich glücklich machen“ mit Solo-Violine. Medea, über alles in Jason verliebt und unaufhaltbar in ihrem Streben nach dieser Partnerschaft, berauscht sich selbst mit ihrer Hoffnung. Und so steigt auch der virtuose Violinpart weit über den gewöhnlichen Ambitus der Zeit bis zum a'“ hinauf. Auch in der spek­takulären Arie des Stiro „Gelosi pensieri“ mit obligatem Fagott gleich zu Beginn der Oper, erweitert Schürmann den Klangumfang des Fagotts um ein Kontra-ß. Die Klangfarbe des Instruments gibt auf perfekte Weise die getrübte Stimmung des in der Liebe unglücklichen Stiro, seine Zweifel und die Vorahnung des Scheiterns wieder. Die oben schon erwähnte Arie des Königs Eeta „Kein Sturm erregt so sehr die wilden Wellen“ in ihrem allmäh­lichen Aufbau der Dissonanzen und Tonwiederholungen ist eine beeindruckende Tonmalerei des Sturmes und gleichzeitig eine effektvolle Bass-Koloraturarie. Die we­nigen und kurz gehaltenen Instrumentalsätze verdienen allesamt besondere Aufmerksamkeit. Die Erscheinung der Medea an einem verfallenen Ort mit Toten-Gräbern wird im Preludio (CD 1, Track 13) durch furchterregende Läufe des „Grand Violon con l’arco“ untermalt. Das Aussäen der Schlangenzähne im dritten Akt wird durch das „pieksige“ Verstreuen der Sechzehntel der Streicher I »gestellt, während die aus der Erde gestiegenen Krieger, die sich untereinander selber umbringen, mit Hilfe der Zweiunddreißigstel der Violinen wie Dominosteine umfallen. Aber das wahre musikalische Kleinod der Oper wird behutsam wie eine Perle in einer Muschel in einem Rezitativ versteckt (CD 2, Track 14). Es ist die Eroberung des Goldenen Vließes selbst. Die Musik zur Entführung des an einem Baum zur Schau gestellten Felles des goldenen Widders Chrysomeles findet sich zwischen dem bezaubernden Schlaflied Medeas für den Drachen „Dolce sonno neghittoso“ und dem Duett von Jason und Medea auf ihrer Flucht.

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Im dritten Akt, dem längsten der Oper, kommen Medeas versierte Zauberkünste musikalisch voll zur Gel­tung. Auf ihren Wunsch hin verändert sich der wüste Ort in einen verzauberten Garten, und Jason erwacht „bey einer angenehmen Music von allerhand Instrumenten und unter dem Singen der verstellten Einwohner dieses Lust-Orts“. Schürmann komponierte für diese Szene drei duettartig konzipierte Chöre (CD 2, Track 4-6) mit aller­lei harmonischen Verwicklungen und verwendete eine seltene Flötenart, das Flageolet. Mit den „allerhand Instrumenten“ könnte eine Bühnenmusik gemeint gewe­sen sein, ähnlich der Verführungsszene der Cleopatra in Giulio Cesare in Egitto von Georg Friedrich Händel. Nicht zuletzt sei die harmonische und melodische Spra­che der Rezitative erwähnt, die sehr expressiv, gewagt und gleichzeitig subtil ist. Medeas Partie ist durchweg am facettenreichsten, und so ist auch in ihren Rezitativen ein breites Spektrum der Gefühle zu hören, vom Verliebt­sein über Zweifel, Eifersucht, Rache und Verführung bis hin zu Herrschsucht und Siegeslust.

Das komische Paar: Diese Publikumslieblinge durften auf der Bühne der Gänsemarkt-Oper nicht fehlen. Im Jason von 1720 sind es Sarfax, Medeas buckliger Zauberknecht und ständiger Begleiter, und seine geliebte Filaura, Hofda­me der Königin Hissifila von Lemnos. Im Libretto 1707 finden wir sogar eine Dreiecksbeziehung, in der noch Nifus, Jasons Vertrauter, um Filaura wirbt und nebenbei sehr treffende Kommentare über Jasons undurchsichtiges Verhalten abgibt.

Nicht zu vergessen: So sah er aus – der Komponist Georg Caspar Schürmann/Wikipedia

So sehr der Verlust von Nifus in der Hamburger Fassung auch zu bedauern ist, liefern Sarfax und Filaura als Paar eine köstliche Unterhaltung. Sarfax Buckel (eine alte Theater-Tradition), seine hektischen Ge­bärden, das Verfallen von einer überschwänglich mun­teren in eine verzweifelte Stimmung (CD 2, Track 1 3) geben ein herrliches Bild ab. Er versucht auf seine plum­pe Art Medeas Zauberkünste anzuwenden, um in der Liebe zu seinem Ziel zu gelangen. Er plaudert schnell, mal mit dem Publikum, mal mit Filaura, das Beste aber a parte. Er preist sich als „praver Mann“ und ist sogar bereit von Filaura verprügelt zu werden, denn er glaubt: „Die Liebe will gezancket seyn“. In den dynamischen Rezitativszenen hört er von Filaura nichts Ermutigendes: „Was ist das für ein Gesicht?“, „Du Kamehl“, „Du Unge­heuer!“ Zwischenzeitlich gibt sie zwar ihr Jawort, doch am Ende der Oper, wenn die anderen beiden Paare zueinanderfinden, geht Sarfax leer aus. Es ist ihm bewusst, dass man sich über ihn lustig macht, aber sein Credo ist trotzdem: „Ich bleibe doch wohl, wer ich bin“.

Seine und Filauras Musik unterscheidet sich vom Rest der Oper durch die Kürze ihrer Continuo-Arien und dem volkstümlichen und tänzerischen Charakter. Sarfax und Filauras Beziehungskomödie bildet über drei Szenen eine Art durchgehendes lustiges Intermezzo, das es im Hamburger Theater typischerweise zwischen den Akten der ernsten Opern gegeben hat.

Schürmanns Name ist noch immer nur Wenigen ein Begriff. Mit der zweiten Opernausgrabung versuchen wir dies zu ändern und behaupten, dass er ein sehr wichtiger deutscher Komponist barocker Opern war. Sein Werk Jason oder die Eroberung des Goldenen Vließes verdient ein neues Bühnenleben. Die Musik des Jason ist wirkungsvoll, kontrastreich, bewegend, lustig und originell instrumentiert. Und sie ist uns inzwischen ans Herz gewachsen. Ira Hochman

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Die Dirigentin und Prinzipalin Ira Hochman/ barockwerk hamburg

barock werk hamburg Im Jahr 2007 gründete Ira Hochman das Ensemble barock werk  hamburg, welches sich zum Ziel gesetzt hat, sowohl vokale als auch instrumentale Kammer- und Büh­nenmusik aus dem Barockzeitalter wiederzuentdecken und zu neuem Leben zu erwecken. Dabei schöpft das Ensemble insbesondere aus der reichen hamburgischen Tradition, die im 17. und 18. Jahrhundert nicht nur zahlreiche große Musiker, sondern auch Publikum und Mäzene aus ganz Nordeuropa anzog.Zu den Erstwiederaufführungen des barockwerib ge­hören einige ausschließlich als Handschriften erhaltene Kompositionen, darunter Johann Matthesons Hochzeits- Serenata Der verlorene und wiedergefundene Amor, das Oratorium Christi Wunder-Wercke bey den Schwach­gläubigen, Georg Philipp Telemanns lateinische Ode auf den dänischen König für das Christianeum in Altona und die Altonaer Jubel Music“ von 1760 (beide cpo 555 018-2), seine Musiken zum Einweihungsfestakt für das Christianeum 1744 und zur Einweihung der Kirche des Hamburger St. Hiob-Hospitals 1745 (beide cpo 555 255-2) sowie seine Kantaten für die hanno­verschen Könige von England (cpo 555 426-2), Carl Philipp Emanuel Bachs Hamburger Bürgerkapitänsmusik von 1780 (cpo 555 016-2), Johann Adam Hillers Singspiel Lisuart und Dariolette oder die Frage und die Antwort, Georg Caspar Schürmanns Oper Die ge­treue Alceste (cpo 555 207-2), Carl Heinrich Grauns Opern Polydorus (cpo 555 266-2) und Iphigenia in Aulis sowie auf der CD La Prima Diva (Tactus) enthaltene Arien und Opernsinfonien. (Den obenstehenden Artikel übernahmen wir aus der neuen Aufnahme von Schürmann mit freundlicher Genehmigung der Firma cpo und Ira Hochmann/ Foto oben Maria Callas in dem Medea-Film von Pier Paolo Pasolini, 1969/ DVD Studiocanal vergl. Amazon)

Eine vollständige Auflistung der bisherigen Beiträge findet sich auf dieser Serie hier.

Anne Howells

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Anne Elizabeth Howells (12 January 1941 – 18 May 2022) was a British operatic mezzo-soprano. She sang in productions at Glyndebourne, the Royal Opera House, and with the Metropolitan Opera in New York, the Lyric Opera of Chicago, the opera houses of both San Francisco and Los Angeles, the four Parisian opera houses, the Grand Théâtre de Genève, the Salzburger Festspiele, the Vienna Staatsoper, the Carnegie Hall, and the Musikverein of Vienna.

Howells was born in Southport, Lancashire on 12 January 1941, the daughter of Trevor and Mona Howells. She was educated at Sale Grammar School and the Royal Northern College of Music.

Howells was married twice, to Ryland Davies from 1966 to 1981, and to Stafford Dean from 1981 to 1988. She had one son and one daughter. Howells died from myeloma in Andover, Hampshire on 18 May 2022, at the age of 81 (Foto Bruce Duffy). Wikipedia

Flotte Mutter

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Rossinis Stabat Mater, komponiert kurz nach seiner letzten Oper Guillaume Tell, mag als geistliches Musikwerk angesehen werden, auch wenn der Opernkomponist nicht zu überhören ist und Vorwürfe wie gegenüber Verdis Requiem gleich nach der Uraufführung laut wurden. Die Entstehungsgeschichte jedoch könnte durchaus als Libretto für ein spannendes Musikdrama durchgehen. Zwei Uraufführungsdaten werden mit 1832 und 1841 überliefert, was daran liegt, dass das Gefälligkeitswerk für den Prälaten Valera wegen der Krankheit Rossinis während der Kompositionszeit nicht vollendet wurde, jedenfalls nicht vom Meister selbst, sondern in seinem Auftrag von Giovanni Tadolini, der die Hälfte der Nummern des Gedichts von Jacopone da Todi in Musik setzte, sodass das Stabat Mater unter dem Namen Rossinis Karfreitag 1833 in Paris zum ersten Mal erklang. Die Erben des Mitkomponisten versuchten nach dessen Tod das Stabat Mater an den Verleger Antoine Anlagnier zu verkaufen, woraufhin Rossini die fehlenden, bzw. von Tadolini stammenden Teile nachkomponierte. Das nun voll und ganz aus seiner Feder stammende Werk wurde im Théatre Italien in Paris uraufgeführt. Seitdem ist es besonders in Konzertsälen, weniger oft in Kirchen zu hören, gibt es Aufnahmen in prominentester Besetzung mit ihm und ist es übrigens längst nicht die einzige Vertonung, denn von Orlando di Lasso über Pergolesi bis zu Verdi und Dvořák reizte es immer wieder prominente Komponisten zur Vertonung.

Was macht nun die vorliegende Aufnahme von harmonia mundi bei so viel Konkurrenz reizvoll? Es ist vor allem das Orchestre Philharmonique du Luxembourg unter Gustavo Gimeno, ein Klangkörper, der seit 1933 besteht und Radio Luxembourg eng verbunden ist und zu dessen Dirigenten auch Leopold Hager (seit 2021 Ehrendirigent) gehörte, das über 98 Musiker verfügt und dessen jetziger Chefdirigent auch das Orchester von Toronto leitet. In der letzten Saison gastierte Gimeno auch bei den Berliner Philharmoniker, er war Schüler bzw. Assistent von Janssons, Haitink und Abbado. Seine Aufnahme des Stabat Mater zeichnet sich durch eine federnde, straffe Rossini angemessene Eleganz aus, die Orchesterfarben werden zu schönem Leuchten gebracht, gleichwertig ist der Chor, der Wiener Singverein, der wie aus dem akustisch Dunklen kommend die Szene betritt und sich währen der gesamten Aufführung durch Flexibilität hervortut.

Von guter Qualität sind auch die Solisten. Maria Agrestas Sopran zeichnet sich durch Klarheit und Leuchtkraft aus, hebt sich gut vom Mezzosopran der Daniela Barcellona ab und klingt im Inflammatus wahrhaft majestätisch. Der Mezzo hat sich trotz häufigen Einsatzes auch im Verdi-Repertoire seine Schlankheit und Flexibilität bewahrt, fällt nicht durch übertriebene Brustigkeit auf und meistert die Intervallsprünge im Fac ut portem mit Leichtig- und Genauigkeit. Nur die Höhe klingt manchmal etwas zu scharf. Einen typischen, leicht trockenen Rossinitenor besitzt René Barbera, dazu für den Schluss von Cujus animam eine sichere Höhe. Einen basso cantante wie aus dem Lehrbuch besitzt Carlo Lepore, angemessen dunkel, klar konturiert und auch in der Tiefe nie grummelnd. Ein besonderer Genuss ist die A-Capella-Nummer Quando corpus, in der sich die Stimmen fein voneinander abheben. Fast trotzig klingt das sich immer wieder aufs neue steigernde Amen zum Abschluss der hörenswerten CD (harmonia mundi france HMM 905355). Ingrid Wanja

       

Meyerbeers „Feldlager in Schlesien“

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Am 29. April 1986 sendete der WDR eine weitere Folge der musikalischen Sendereihe „Oper kurzgefasst“, die seit den 1980er Jahren bis hinein ins neue Jahrtausend ausgestrahlt wurde. In dieser Ausgabe ging es um Meyerbeers Singspiel Ein Feldlager in Schlesien, das der renommierte Musikkritiker Klaus Geitel wortmächtig und geistreich wenn auch etwas süffisant den Hörern nahezubringen versuchte, unter Mithilfe der (bis heute!) einzigen Aufnahme dieser Oper, die am 18. Februar 1984 in konzertanter Form in der Berliner SFB-Opernserie Einhard Luthers ohne Dialoge entstand. Seit nahezu 150 Jahren ist dieses Werk nicht mehr in Szene gesetzt worden, und hierfür gibt es – natürlich neben den inzwischen allseits genannten und beklagten  historischen Entwicklungen rund um den „deliberately forgotten composer“ (David Faimans gleichnamige Monographie erschien 2020 in Jerusalem) – spezifische Gründe, die mit seiner Genese zu tun haben.

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Dazu noch einmal die Entstehungs-Details (weiteres anlässlich des Berliner Mitschnitts ausgiebig nachzulesen hier in operalounge.de): 1843 brannte in der Nacht vom 18./19. August das königliche Hoftheater „Unter den Linden“ in Berlin bis auf die Grundmauern ab. Der preußische König Friedrich Wilhelm IV. beschloss den sofortigen Wiederaufbau, und nach knapp 16 Monaten fand am 7. Dezember 1844 seine Neueröffnung statt. Meyerbeer, seit 1842 „Königlicher General- Musikdirektor und Hof-Kapell- Meister“, war vom König beauftragt worden, hierfür eine Festoper zu schreiben. Bei der Wahl des Sujets spielte Alexander von Humboldt, einflussreicher Berater des Königs und guter Freund des Komponisten, eine maßgebliche Rolle. Er könnte es gewesen sein, der hierfür Ereignisse im Leben Friedrichs des Großen vorschlug. Jedenfalls wissen wir aus einem seiner Briefe an Meyerbeer, dass er detaillierte Vorschläge machte, welche Anekdoten aus dem Leben des Alten Fritz das Gerüst der Handlung bilden sollten, die Meyerbeer in den Siebenjährigen Krieg (=Dritter Schlesischer Krieg) verlegte.  In einem Pariser Brief vom 12. November 1843 an Eugène Scribe  fasst der Komponist sechs wichtige Punkte zusammen, die er bei der Erstellung des Textes berücksichtigt sehen wollte. Dazu gehört die Einbeziehung des volkstümlichen Marsches Der alte Dessauer. „Es wäre sehr zu wünschen, daß dieser Marsch eine Rolle in dem Stück spielte und daß er es ganz durchzöge“ (Meyerbeer). (Scribe schickte die Anregungen für das deutsche Libretto Ludwig Rellstabs und schrieb später sein eigenes für L´Eoile du Nord, die 1854 umgearbeitete Fassung des Feldlagers.)

Meyerbeers „Feldlager in Schlesien“ an der Oper Bonn/Szene/ Foto Thilo Beul

Das Resultat all dieser besonderen Umstände war also Ein Feldlager in Schlesien, ein „Singspiel in drei Akten in Lebensbildern aus der Zeit Friedrichs des Großen“: eine Mischung aus Opéra comique (1.+ 3. Akt) mit der dazu passenden Szenerie (ein Landhaus in Schlesien bzw. das Schloss Sanssouci) und einem eher an entsprechende Szenen aus der grand opéra erinnernden 2. Akt in einem preußischen Militärlager. Es dreht sich alles um Friedrich den Großen, der von ungarischen Reitern gefangengenommen werden soll, und um seine genretypische Rettung. Natürlich durfte ein Mitglied der herrschenden Dynastie der Hohenzollern nicht in persona bei der Bühnenhandlung in Erscheinung treten, aber man hört den der Kunst und Musik zugewandten Monarchen im 3. Akt hinter der Bühne auf seiner geliebten Flöte spielen.

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Hier am Corona-geplagten Theater Bonn (etliche Abende mussten ausfallen; Vorstellung am 08. 05- 2022) hatte sich Regisseur Jakob Peters-Messer allerdings die Freiheit genommen, den König höchstpersönlich die Oper beenden zu lassen (sehr frei nach Menzel), indem er mit der Flöte in der Hand langsam zu ein paar letzten Flötentönen auf ein Schlachtfeld von Toten starrt. Der Grundraum der Einheitsbühne (Sebastian Hannak) ist in allen drei Akten ein karger schlesischer Acker, erweitert durch herabschwebende Prospekte wie beispielsweise Schloss Sanssouci im 3. Akt. Die Inszenierung eines Werkes mit solcher Thematik in unseren Tagen wurde verständlicherweise durch den Krieg in der Ukraine beeinflusst, wie die Theaterleitung in einer elektronischen Info-Tafel  im Foyer erläutert, ergänzt durch ein Zitat des ukrainischen Präsidenten Selenskyj, das vor dem 2. Akt per Videoleinwand eingeblendet wurde. Diese Gratwanderung zwischen der Darstellung der Szenen preußischen Soldatenlebens in Kriegszeiten und unserer gegenwärtigen Sicht auf eine solche Sachlage ist Peters-Messer durchaus gelungen, ohne die dem Zeitgeist und dem Kompositionsauftrag geschuldete Glorifizierung von Preußens Herrschern zu verstärken oder ins Lächerliche zu ziehen. Hierbei half ihm die von ihm hinzugefügte Figur eines „Chronisten“ (Michael Ihnow), der  wie ein Kriegsreporter „die Handlung begleitet und den Blick von außen verkörpert“ und sich nebenbei als Requisiteur betätigt. Er übernimmt auch Dialogpassagen, die die Bühnenfiguren fortsetzen, und liest reflektierende Textpassagen vor, auch von Friedrich II. und einem an der Schlacht beteiligten Soldaten. Den außergewöhnlichen 2. Akt – hier beginnend  mit der umgestellten leicht gekürzten Ouvertüre – platzierte der Regisseur ins Parkett, um so die Distanz zum historischen Geschehen aufzuheben. So erlebten die Besucher die drei Bühnenmusiken und vierfachen Chöre rund um den Dessauer Marsch als musikalisches Spektakel, das die Besucher je nach Sitzplatz  (im Saal oder auf der Bühne) in unterschiedlicher Lautstärke genießen konnten.

Der Komponist hat im Übrigen mit seinen dramaturgisch-musikalischen Mitteln klargemacht, welche Figuren re vera die gewichtigsten Charaktere in diesem abwechslungsreichen Geschehen der drei Akte sind: das Roma – Mädchen Vielka und der typisch Meyerbeersche tenorale „Held“ Conrad. Beide sind in Wort und Tat  Gegenpole des patriotisch gefeierten Preußentums, stehen musikalisch und als Paar im Mittelpunkt und prägen nicht zufällig zusammen mit These  das Finale der Oper.

Meyerbeers „Feldlager in Schlesien“ an der Oper Bonn/Szene/ Foto Thilo Beul

In der Jenny Lind – Rolle der Vielka fesselte Elena Gorshunova  mit wunderbar lyrischer Gestaltung (Romanze im 1. Akt und im berührenden Finale III) und glänzenden Koloraturen in ihrem „Terzett“ mit den zwei Flöten von Conrad auf der Bühne und der des Königs in den Kulissen (glänzend gespielt von zwei Flötistinnen des Bonner Orchesters). Den Angsthasen Conrad sang  der finnische Tenor Jussi Myllys stimmschön in der Manier eines Spieltenors – trotz einer angekündigten leichten Indisposition. Nicht nur in ihrer innig gesungenen Cavatine im 3. Akt  erfreute die Therese von Barbara Senator mit ihrem lyrisch grundierten Sopran. Überzeugend und tiefensicher sang und spielte Tobias Schabel den preußischen Hauptmann a.D. Saldorf. Tronk, der Anführer der feindlichen ungarischen Reiter, der nach verlorener Schlacht Anstellung am Hofe Friedrichs findet, war mehr als rollendeckend der bulgarische Bass Martin Tzonev. Ich hätte gerne alle Strophen des Husarenliedes gehört, das Christian Georg zu Beginn des 2. Aktes vom 2. Rang in das Auditorium schmetterte.

Man erlebt es nicht oft, dass der Chor, der den Auftakt der Schlussvorhänge macht, im Publikum erst zögerlich, dann wie eine Welle Standing Ovations auslöst. Aber die Stimmgewalt und Homogenität von Chor und Extrachor des Bonner Theaters (Einstudierung Marco Medved) waren wirklich überwältigend. Der vorgesehene Dirigent war plötzlich erkrankt, und da der  einzige „Ersatzmann“ Generalmusikdirektor Dirk Kaftan erst zum 2. Akt anwesend sein konnte, sprang ein Chor-Repetitor der Oper Bonn Jan Arvid Prée ein und dirigierte zur Erleichterung aller den 1. Akt: Bravo! Der Bonner GMD koordinierte danach souverän die aufeinandertreffenden vokalen und instrumentalen Brennpunkte  des 2. Aktes und gestaltete mit dem ausgezeichneten Beethoven Orchester Bonn die visionäre Finalszene des 3. Aktes, die  nach den martialischen Klängen des voraufgehenden Aufzugs einen versöhnlichen Ausklang bildet.

Meyerbeer-Fachmann Thomas Kliche/Beck-Verlag

In ihrem gerade erschienenen Buch Giacomo Meyerbeer and his family (Chicago 2021) erwähnt Elaine Thornton (S. 270), dass im Jahre 1850 ein Sonderzug von Magdeburg nach Berlin zum Besuch einer Aufführung von Ein Feldlager in Schlesien eingesetzt wurde, eine von 65 Wiederaufnahmen in Berlin bis zum Ende des 19. Jahrhunderts. Diese Fakten belegen einerseits die große Popularität dieser patriotischen Oper des Berliners Meyerbeer, verweisen aber andererseits auf die Tatsache, dass diese Glorifizierung Friedrichs des Großen und durch ihn der Hohenzollern-Dynastie nur lokal begrenzten Anklang finden konnte. Mit unserem heutigen Blick auf diesen großen Komponisten dokumentiert das Werk hingegen programmatisch die musikalische Meisterschaft des Berliner Kosmopoliten Meyerbeer in seiner Schaffensphase zwischen Les Huguenots und Le prophète.

Zu dieser hoch zu schätzenden Pionierleistung des Bonner Opernhauses passte auch der anregende Vortrag „Der deutsche Meyerbeer“, den Thomas Kliche, der Gründungsinitiator und 1. Vorsitzender der Giacomo Meyerbeer- Gesellschaft, vor Beginn dieser 2. Aufführung präsentierte. Walter Wiertz

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Eine kleine kritische Anmerkung der Redaktion mag erlaubt sein: Bearbeitungen sind ja immer so eine Sache. Das elementare Kennzeichen eines Singspiels, als welches ja Ein Feldlager in Schlesien vom Komponisten bezeichnet wird, sind die Dialoge! Und es war ja genau die Kritik an der (reichlich amputierten) SFB-Version aus Berlin, dass eben diese nicht mit aufgeführt wurden. Sie nun in Bonn ebenfalls fortzulassen und sie durch einen Kommentator/Erzähler zu ersetzen scheint mir doch eine recht „diskutable“ Bearbeitung der Oper, die dadurch ihren Stellenwert in der Genregattung verliert. Meyerbeer arbeitete dieses Singspiel dann zum Etoile du Nord um und machte daraus eine veritable opéra de demi-caractère, mit Rezitativen und Dialogen, also wollte er an den Dialogen auch in der umgearbeiteten Fassung festhalten. Auf sie zu verzichten tut ihm, seiner Oper und dem Musikfreund anlässlich einer modernen Erstaufführung sicher keinen Gefallen, pardon. Aber ein Opernhaus muss vielleicht anders denken. G. H.

Eine vollständige Auflistung der bisherigen Beiträge findet sich auf dieser Serie hier.