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In der Neuinszenierung von Glucks Orfeo ed Euridice an der Berliner Komischen Oper in dieser Saison war der italienische Countertenor Carlo Vistoli als männlicher Titelheld die Sensation der Besetzung. Nun veröffentlicht das französische Label la música ein Recital mit dem Sänger, das La Lucrezia betitelt ist und Kantaten von Händel, Porpora und Vivaldi vorstellt (LMU 029). Es wurde im Herbst 2021 in der Scuola di Alto Perfezionamento Musicale de Saluzzo aufgenommen. Die Titel gebende, zehnteilige Kantate La Lucrezia von Händel eröffnet das Programm. Das erste Rezitativ, „O numi eterni“, gestaltet der Sänger mit wehklagendem Ton, die folgende Arie, „Già superbo del mio affanno“, mit schmerzlichem Ausdruck. Von erregtem Duktus mit hektischen Koloraturen ist „Il suol che preme“ geprägt, schon hier kann der Interpret sein virtuoses Vermögen zeigen. Davon zeugt auch das kurze Furioso „Questi la disperata anima mia“, das dem Sänger rasende Koloraturen abverlangt. Die folgende getragene Arie „Alla salma infedel“ ist dazu ein starker und wirkungsvoller Kontrast, wie auch das schwebend verklärte Arioso „Già nel seno“, während das anschließende Furioso „Ma se qui non m’è dato“ die Kantate effektvoll beendet.
Zwei weitere Kantaten von Händel sind dagegen weniger bekannt und werden hier sogar als Weltersteinspielungen präsentiert. Ninfe e pastori besteht aus je drei Rezitativen und Arien, die alle in bewegtem Modus komponiert sind und vom Sänger eine flexible Stimmführung fordern. Deh, lasciate e vita e volo ist von den drei Kompositionen die kürzeste mit einem Rezitativ und zwei Arien. Deren erste, welche der Komposition den Titel gab, ist ein getragenes, inniges Stück, das der Sänger mit bewegendem Ausdruck vorträgt. Auch „Lascia la dolce brama“ ist von kontemplativen Charakter und lässt dem Interpreten Raum für noble Gesangslinien.
Das Programm ergänzen je eine Kantate von Porpora (Oh, se fosse il mio core) und Vivaldi (Pianti, sospiri, e dimandar mercede). Beide bestehen aus zwei Rezitativen und zwei Arien. Bei Porpora betört der Sänger in der Arie „Se lusinga il labbro“ mit zärtlichen, schmeichelnden Tönen, in „Sento pietade“ imponiert er mit bravourösen Koloraturgirlanden. In der Komposition Vivaldis am Schluss der Anthologie sorgt er dann mit deren letzter Arie, „Cor ingrato“, für den Höhepunkt der Platte, entfacht ein Feuerwerk an Virtuosität mit halsbrecherischen Koloraturläufen.
Den Sänger begleitet das Trio Le Stagioni (Paolo Zanzu, der auch die Leitung hat, am Cembalo, Marco Frezzato am Cello und Simone Vallerotonda an der Theorbe) mit kammermusikalischer Delikatesse. Bernd Hoppe