Archiv für den Monat: Juli 2014

Carlo Bergonzi

 

Carlo Bergonzi  ist tot (* 13. Juli 1924 in VidalenzoItalien; † 25. Juli 2014 in Mailand). Er begann seine Bühnenkarriere nach Studium am Konservatorium „Arrigo Boito“ in Parma als Bariton und debütierte 1948 am Theater in Lecce in der Rolle des Figaro in Rossinis Oper Il Barbiere di Siviglia. Obwohl er in der Folge weitere Bariton-Rollen übernahm (u.a. Rigoletto), schulte er 1950/51 auf das Tenorfach um und trat am 12. Januar 1951 in Bari erstmals als Titelheld in Giordanos Oper Andrea Chénier auf. In weiterer Folge entwickelte er sich zu einem der führenden lirico-spinto-Tenöre des 20. Jahrhunderts. Bergonzi trat mit großem Erfolg auf allen bedeutenden Opernbühnen der Welt auf. Besondere Erfolge erzielte er an der Metropolitan Opera in New York City (Antrittsrolle: Radames), wo er über 25 Jahre zu den führenden Tenören gehörte. Auch in der Arena di Verona sang er in 21 Spielzeiten seine wichtigsten Partien. Wenn er auch beim breiten Publikum etwas im Schatten seiner Kollegen Franco CorelliGiuseppe Di StefanoMario Del Monaco und später Luciano Pavarotti stand, wurde er in der Fachwelt umso mehr geschätzt. Der englische Gesangsfachmann John Steane in seinem Werk The Grand Tradition und Jürgen Kesting in Die großen Sänger sehen in ihm, besonders wegen seiner überragenden Gesangstechnik, einen der wichtigsten Tenöre nach dem Zweiten Weltkrieg. Im Zentrum von Carlo Bergonzis Repertoire standen vor allem die Werke Verdis. Dieser Tatsache verdankt er neben vielen anderen Ehrungen zwei bedeutende Preise den Verdi d’oro  (1972, Associazione „Amici di Verdi“) und im Jahre 2000 den Gramophone’s Lifetime Achievement Award mit der Begründung: Größter Verdi-Tenor des 20. Jahrhunderts. Bergonzi starb am 25. Juli 2014 im Alter von 90 Jahren in Mailand. Wikipedia

Goldene Zeiten: Carlo Bergonzi, Eve Queler, Licia Albanese und Aprile Millo/Foto Queler

Goldene Zeiten: Carlo Bergonzi, Eve Queler, Licia Albanese und Aprile Millo at the Columbus Club/Foto Queler

Die Dirigentin und langjährige künstlerische Freundin Bergonzis, Eve Queler, schickte uns ihre (nachfolgenden) Gedanken zum Tode des Tenors, der so viel mit ihr in New York gesungen hatte. Upon learning the news of the death of Carlo Bergonzi: My musical life was so greatly enriched by meeting and working with Carlo Bergonzi. What an open smiling, cooperative individual he was. His great voice was a part of his personality, always up. 1977 we did Edgar with Bergonzi in the title role (and Scotto), which was recorded for CBS – we only needed on correction take, so perfect was the concert.

Carlo Bergonzi/OBA

Carlo Bergonzi/opera chic

Our next concert together was October 20, 1981, Verdi’s I Due Foscari with Marguerita Castro-Alberty and Renato Bruson. A few years later we had (1986) Verdi’s I Lombardi all Prima Crociata with Aprile Millo and Paul Plishka. We repeated that performance in the same year at the Academy of Music in Philadelphia. In these performances as in everything I did with Opera Orchestra of New York, it was my policy to combine the Carnegie cast with the cover cast as often as possible to allow the young singers to have a sense of what it feels like to sing a duet with a super star and sometimes to hang out a little bit or listen to some words of wisdom, or the excellent diction as employed by Bergonzi.

Bergonzi und Scotto beim Carnegie-Hall-Konzert von Puccinis "Edgar" unter Eve Queler/Foto OONY

Bergonzi und Scotto beim Carnegie-Hall-Konzert von Puccinis „Edgar“ unter Eve Queler/Foto OONY

Carlo was superb in sharing with the young singers, in fact he told me he loved working with them. This was different from other star tenors with whom I worked. We presented him in a recital at Carnegie Hall accompanied by Vincenzo Scalera, one in April 1994 and the other in Aprile 1996. To celebrate the occasion,Robert Wagenfeld, Board member of Opera Orchestra of New York threw a splendid dinner for Bergonzi at the Columbus Club in New York City. Photos from this occasion include Licia Albanese, Aprile Millo, Bob Wagenfeld, myself and Renata Scotto. We made one more attempt to work together. I offered Carlo a concert of Arias which would feature the final scene of Otello, which I had heard him sing so very movingly with piano accompaniment at a concert featuring the winners of the Licia Albanese Puccini competition.

Der junge Carlo Bergonzi als Rodolfo/OBA

Der junge Carlo Bergonzi als Rodolfo/Amici del´Opera

Carlo responded that he wanted to do the entire opera. I tried counter offers but he was adamant that he wanted to whole opera. I was uneasy to conduct my first Otello ever anywhere at Carnegie Hall in spite of the fact that everything I did at Carnegie Hall was my first time with that opera .Fortunately, I was invited to conducted several performances of Otello in Toluca, Mexico. I brought the cover cast for these two performances. Several of the singers singing smaller parts also sang at Carnegie Hall. The night of the performance, Carlo was not in good voice. There was huge pressure as in the sold out house in Box 1 were his colleagues,Domingo, Pavarotti and Carreras who had come to New York for this event. Bergonzi tried valiantly and sang the first two acts, then had to bow out.

 

 

 

Die Götter plantschen im Wasser

Mit seltener Einmütigkeit reagierte das internationale Feuilleton, auf die von 2010 bis 2013 parallel für die Mailänder Scala und die Berliner Staatsoper produzierte Neudeutung von Wagners Ring des Nibelungen. Der junge belgische Regisseur und Bühnenbildner Guy Cassiers sah sich herber Kritik ausgesetzt. Die nun als DVD vorliegende Rheingold-Aufführung der Mailänder Scala von 2010 (Arthaus Musik 101 693) bestätigt diese Urteile auf der ganzen Linie. Cassiers hat weder für die optische Gestaltung der Szene, noch für die Führung der Protagonisten ein erkennbares Konzept. In diffusen Räumen entstehen nichtssagende Tableaus, die Sänger, teilweise grotesk überschminkt, sind sich weitgehend selbst überlassen, was bei den erfahrenen Künstlern kein Nachteil sein muss. Die Grundidee dieser Produktion, die Protagonisten teilweise tänzerisch zu doubeln, bzw. die Szene mit choreographischen Elementen anzureichern, ist mit Sicherheit das Letzte, was Wagner für den Ring gewollt hätte. Aber die Intentionen der Komponisten und Dichter spielen bei heutigen Regisseuren keine Rolle mehr, da ist Cassiers keine Ausnahme. Der Choreograph Sidi Larbi Cherkaoui liefert zwar eine sehr professionelle Arbeit ab, aber es gibt eben nichts Richtiges im Falschen. Der Trend zur Choreographisierung der Opernregie ist unverkennbar, ein offensichtlicher Irrweg, aber erst einmal Mode, eher der nächste Unfug Raum greift.

Auch handwerklich versagt Cassiers, er macht die insgesamt drei Szenenwechsel des Stückes nicht sichtbar, die gesamte Handlung läuft in einem imäginären, nicht näher definierten Raum ab, in dessen Boden Wassergefäße eingelassen sind. Das gibt den Tänzern wie Sängern immer wieder Gelegenheit, ein wenig im Wasser zu plantschen, man beneidet sie nicht um ihre nassen Füße. Völlig verschenkt wird das Finale: Der Einzug der Götter in Walhall findet nur im Orchestergraben statt, auf der Bühne ist einzig Loge zu sehen, der munter von Wasserbecken zu Wasserbecken hüpft. Wahrlich ein Ring für das 21. Jahrhundert, wie das Booklet vollmundig verkündet!

Gerettet wird der Abend einzig durch die Sänger. René Pape als jugendlicher Wotan findet beinahe zu so etwas wie deutschem Belcanto. Er sollte sich aber auf den Rheingold-Wotan beschränken, für den Walküre-Wotan und Wanderer dürfte es ihm (noch) an Volumen fehlen. Stephan Rügamer gibt einen lyrischen, erfreulich textdeutlichen Loge, die Palme aber gebührt dem spielfreudigen, stimmlich äußerst differenzierten Alberich von Johannes Martin Kränzle, für Charakter-Baritone zur Zeit die erste Wahl. Bei den Damen kann einmal mehr die unverwüstliche Fricka der Doris Soffel punkten, die mit warmem, rundem Mezzo keinen Wunsch offen lässt. Erfreulich wohlklingend die Rheintöchter Aga Mikolaj, Maria Gortsevskaya und Marina Prudenskaya. Etwas schartig die Freia der Anna Samuil, und wenig eindrucksvoll auch die Erda Anna Larssons, die zudem durch einen schauderhaften Regieeinfall behindert wird.

Im Graben waltet Daniel Barenboim, der das Orchester der Scala, das nicht unbedingt ein Wagner-Klangkörper der ersten Wahl ist, solide und sicher durch die insgesamt etwas spannungsarme Aufführung lenkt. Die Lust auf die weiteren Teile dieses Ring hält sich in Grenzen.

Peter Sommeregger

 

Ugo Benelli

 

Spätestens die Italienischen Romanzen im zweiten großen Veröffentlichungsschub von Deccas „Most wanted recitals“ (dazu der Beitrag in operalounge.de) machen noch einmal auf den italienischen Tenor des Zwischenfachs, Ugo Benelli, aufmerksam, der wie seine Kollegen Alva, Valetti oder Monti jene Sparte bediente, das heute so gut wie ausgestorben ist, den tenore di grazia, Rossinis oder Bellinis Ideal, aber eben auch fähig, größer zu singen, der aber eben immer bei seinem „Leisten“ blieb und durch Süße des unverkennbar individuellen Tons und unerhörte Technik der bestsitzenden Stimme sich auszeichnete. Der flämische Journalist Jan Neckers, selber Musik- und Stimmenkenner par excellence und Autor vieler Publikationen zu diesem Thema, hat uns liebenswürdigerweise sein Gespräch von 2011 mit Benelli bei Opera Nostalgia überlassen und dem seine eigenen Erinnerungen an den Tenor vorangestellt. Geerd Heinsen

Ugo Benelli: Tonio in "La Figlia del Regimento" an der Scala/Benelli

Ugo Benelli: Tonio in „La Figlia del Reggimento“ an der Scala/Benelli

Like most people in those days before internet and with only Opera Magazine widely available in Europe I had not heard of Ugo Benelli until the moment Decca made public its recordings of  La Cenerantola (with Simionato) and Il Barbiere di Siviglia (with Berganza, Corena, Ghiaurov and Ausensi – also unknown unless one collected zarzuela LP’s which rarely left Spain in the fifties and sixties). All at once it seemed there was a new Rossini tenor star in heaven and one who did not only have style and coloratura facility. There was the sweetness of Monti as well and a very good top; in short this was a more attractive voice than Luigi Alva who somewhat monopolized the role of Almaviva. Moreover at Decca some producers had discovered that a really complete recording without the usual cuts was quite a selling argument for their sets so that they would supersede (together with their superior sound) the  Callas or De los Angeles recordings of the same operas. Therefore producer Eric Smith and conductor Silvio Varviso (who nevertheless resorted to barbarous cuts in a Norma recording a few years later) went for the full score and re-instated „Cessa di più resistere in the second act of Barbiere, brilliantly sung by Benelli. From that moment on Benelli became the best tenore di grazia of his generation; a worthy successor to his great predecessors in the twenties and thirties: Roberto D’Alessio, Giovanni Manurita, Luigi Fort, Nino Ederle. Nevertheless Benelli had two big problems; one was called Corelli, Bergonzi, Price, Cossotto, Del Monaco, Tucker, Caballé etc. The great Verdi and Puccini hits could still be easily cast on the world’s big stages as there were still the voices to sing them while “The New Golden Age of Singing” was on between 1945 and 1975 and the interest in belcanto operas was not overwhelming. The second problem was that the real Rossini renaissance started only at the end of the seventies and many of the official recordings would only appear ten years later at the moment Benelli had already a full career behind him, transferring to interesting comprimari roles.

Ugo Benelli: "L´ajo del Imbarrazzo"/Rai/Benelli/Benelli

Ugo Benelli: „L´ajo del Imbarrazzo“/Rai/Benelli

Personally I heard the tenor for the first time in early 1968. Flemish public radio organized several opera concerts a year, mostly with less than stellar singers (and it is a cliché but a true one: singers like Antonioli, Amadeo, Novelli, La Macchia, Vicentini, De Osma, Berini, Marchica, Maccianti, Mariotti etc. would indeed be stars nowadays). So it came as a small surprise there would be a concert with a big name we knew from records like Benelli while Enzo Dara too already had a fine reputation and Giovanna Santelli would never be known outside a small circle of collectors. The concert took place in the formidable big auditorium Studio 4 of Flemish Radio at the Flageyplein in Elsene-Brussel. There was only one small disillusion: the announced “Suzel buon di” for which Benelli’s voice was so well suited was replaced by a far more common Elisir duet. Benelli in the flesh was as good as on his recordings. His “Una furtiva lagrima” was the best I ever heard, sung meltingly beautiful and the house rightfully came down. As every young belcanto lover I was somewhat conceited and though I always attended those concerts I sometimes neglected to record them (and discovered a few years later at the producer’s untimely death that a barbarian had ordered them to be wiped as “tape was not cheap”). With the Benelli concert I did not take a risk and I have proof of his performance. Somewhat later I once again was lucky enough to attend a radio concert, recorded at the Ghent Opera on the 27th of April 1968. It was a Rossini gala concert with Benelli, Alfredo Mariotti (with whom he had recorded Don Pasquale), Cecilia Fusco and Oralia Dominguez. I vividly remember his ding ding utterances in the amusing finale of the first act of L’Italiana and the lovely sheen of the voice when he repeated the main theme in that marvellous under recorded “Dal tuo stellato soglio” from Mosé.

Ugo Benelli: "La Cenerentola"/Benelli

Ugo Benelli: „La Cenerentola“/Benelli

The last time I heard him was at a performance of Don Pasquale at De Munt in 1973. The voice had maybe lost a little bit of its beauty though it was still extremely fine but there was some new strength as well.  He capped the cabaletta to the “Povero Ernesto !with a clear high C and what a pity it is he was not allowed to record that part of the score on his DG recording of 1964. In the seventies he was several times on TV and we could watch him in complete performances of Il capello di paglia di Firenze and L’Italiana in Algeri, both shot in colour in 1975 and 1976. By 1983 he decided to switch to comprimari roles and sang Dr. Cajus at De Munt, though the voice had still a lot to offer. Witness the live recordings circulating among collectors of his concerts with popular Italian songs at Wexford in 1983 or Aix in 1985.Some years ago I wrote a review of his delightful performance on the Deutsche Gramophon Don Pasquale recording and I compared him with that star of today: Juan Diego Floréz. I could only conclude that in my opinion Benelli was born too soon as he was in no way less gifted than the Peruvian tenor. Indeed, as I heard both in the flesh, I still think Benelli had the slightly more beautiful voice and it is a shame Decca or other labels didn’t offer him more recording opportunities so that nowadays he is somewhat unjustly forgotten. Recently I got a mail from “un vecchio tenore” to thank me for my review.  That’s when I got the idea to ask Mr. Benelli for an interview and he was glad to concede it. Nowadays Ugo Benelli still lives in his beloved Genova; in an apartment with a fine sight on the Mediterranean. Every year he presents an operatic concert in his birth place and he teaches. Those who want to contact him will find all necessary information on his website ugobenelli.comJan Neckers

Ugo Benelli: begeisterter Motorradfahrer/Benelli

Ugo Benelli: begeisterter Motorradfahrer/Benelli

Und nun das Interview: Please, tell us something about your youth in Genova. I was born on the 20th of January of 1935 in the beautiful port city. My grandfather and my parents made hats for ladies and I helped when growing up. War time was terrible for my family. After Italy surrendered to the Allies in 1943 my father was captured by the Germans and taken to Germany. He was there for more than two years until he finally came back: out of 150 prisoners only seven returned; all others had starved. It is said our name derives from Ben-Eli (son of God). Maybe we are from Jewish extraction. Anyway, my mother with two children, Ugo six and Paolo two and an old grandfather, stayed in Genova under threat of continuous air attacks. The worst raid was by the RAF which razed almost the whole of the city. After the war I had a very normal life: going to school, studying…not too much and spending my free time in the nearby church oratory playing football, table-tennis and playing jokes on other boys. Once as a boy scout I couldn’t resist pissing into the hat of a boy I disliked. I was somewhat unpredictable but I received punishment when I deserved it.

Ugo Benelli: "La Cenerentola" mit Sesto Bruscantini in der RAI-Verfilmung von 1963/Benelli

Ugo Benelli: „La Cenerentola“ mit Sesto Bruscantini in der RAI-Verfilmung von 1963/Benelli

When did music come into your life? It was always there. My grandfather had a gramophone with many records to create a pleasant atmosphere in the workshop. I remember Caruso’s Vesti la giubba” and No Pagliaccio non son”, Pertile’s Oh Lola and Mamma quell vino”, Martinelli’s Che gelida and Celeste Aida”, Stracciari’s “Di Provenza and Pari siamo”, Ruffo’s Cortigiani”. All in all more than one hundred records. Moreover my aunt played the piano in the house. When she got married I started to have lessons though I was not too enthusiastic being ten years old. And then there was the movie house. I saw movies with Gigli, Lugo, Tagliavini, Becchi and Gobbi and loved their songs. As a tenor I would often sing songs from their movies like “Vieni, c’è una strada nel bosco”, Mamma”, “ Funiculi, funicula”,Vento, vento”, “Malinconia”,”Santa Lucia”, Musica Proibita”. Before it was bombed out I never visited the Carlo Felice opera house but soon after the war I attended two performances with my mother when I was twelve. The theatre was slightly restored. There were no boxes anymore but red curtains covered the walls. I remember a Traviata with Tebaldi, Prandelli, Capecchi and Elisir with Tagliavini, Taddei and Alda Noni.

Ugo Benelli: Falsacappa in "Les Bandits" in Genf/Benelli

Ugo Benelli: Falsacappa in „Les Bandits“ in Genf/Benelli

When did you start singing seriously? I loved singing in church, at school and at home. When I was eighteen a lady living next door was very impressed and took me to her singing teacher. At the time I had just taken a job as an accountant and my father was not happy with a singing career. But my mother encouraged me and I started studying seriously. I studied with Pietro Magenta, a private teacher who in reality was a very famous lawyer. His father had been an ambassador to the Court of Saint-Petersburg. Magenta was passionate about singing and he was a very good teacher who had several talented pupils like Giuseppe Campora, Rosetta Noli, Ottavio Garaventa, Piero Di Palma, Fabio Giongo etc. I didn’t have to pay for his lessons and we pupils only contributed a slight sum for the rent of the studio and the electricity. When Magenta was happy with our progress he would offer us a delightful evening meal with fine French wines. I studied with him for three years and then I won a competition organized by La Scala and entered Scuola Perfezionamento Artisti Lirici (I Cadetti della Scala). The main teacher was maestro Giulio Confalonieri though I followed courses as well with maestro Ettore Campogalliani and Maestro Russo. A good knowledge of solfège was required and all teachers provided severe vocal and stage training. And smoking was definitely not allowed. Maestro Confalonieri at La Scala was one of the most experienced musicologists in the world and I learnt ornamentation with him. At the time ornamentation had to be legato. Only afterwards Claudio Abbado – very fond of Teresa Berganza’s Spanish style –  would allow staccato ornamentation which became somewhat obligatory for all singers. Maybe in another twenty years a new conductor will go back and ask legato once again. But I also learned from older singers as I loved to listen to their recordings of Ecco ridente il cielo and Se il mio nome”. Giovanni Manurita’s was technically perfect though somewhat old-fashioned. I particularly studied Roberto D’Alessio’s recording of Il Barbiere as I loved his voice, his style and his cadenze. When I auditioned in Florence singing Ecco ridente”, D’Alessio was in the board of examiners which I didn’t’  know. He jumped out of his chair exclaiming “you have studied my recording !”. I got the contract.

Ugo Benelli: Zigarettenpause/Benelli

Ugo Benelli: Zigarettenpause/Benelli

What’s your take on vocal technique? First and most important; you need to study and continue to study. I studied SIX years. I’d like to quote Verdi who said (on composing): “let’s return to the ancients and it will mean progress”. He or she who cannot breathe properly will never learn properly how to sing. I know that Bergonzi for instance did more breathing than vocal exercises. Therefore an aspiring singer has to do long exercises on how to breathe with the nose. Even during actually singing, try to breathe with your nose and don’t hurry: do it calmly. Sesto Bruscantini, a great friend who taught me a lot on stage deportment, advised me to tie a belt under the diaphragm so that I would be sure the breath would leave as low as possible. Take care. At the outset of my career everything went smoothly. I had a natural voice but after a few problems it started to lower. I bought a professional recorder and my wife played some chords on the piano. I repeated them and after each vocalise I listened and repeated the right notes and again and again till I had it right. Ferruccio Tagliavini used the same method; hours and hours at the piano looking for the right and beautiful sound. Paolo Montarsolo used to say that one should sing like one sleeps: only the diaphragm and the breath are important while the rest of the body should be completely relaxed.

Ugo Benelli: "L´Italiana in Algeri" mit Teresa Berganza an der Scala/Benelli

Ugo Benelli: „L´Italiana in Algeri“ mit Teresa Berganza an der Scala/Benelli

When did you make your début and how did the career take off from then onwards? My début was in Montevideo in 1958. I sang Arlecchino in Salieri’s Arlecchinata and I was very afraid. The following year I sang in Barbiere in Cincinatti. In 1960 I made my début at the Liceu of Barcelona with Falstaff. In those days you had to prove your worth and were not immediately asked in famous theatres. In 1962 I sang for the first time in Palermo and the year afterwards I was at the Regio in Parma with Falstaff. That year too I made my début with Sonnambula in “la mia seconda patria”;  Ireland. At the festival of Wexford where I would often return I started with La Finta Giardiniera in ´65. In 1966 I sang for the first time in your country: Cosi fan tutte at De Munt. One year later I had the greatest triumph of my career when I sang Nemorino at Glyndebourne. The following year was maybe the most important as I had débuts at the Venice Fenice with I Quatro Rusteghi, the San Carlo with Elisir and finally at La Scala with La Pietra del Paragone. In 69 I sang I Quatro at the Rome Opera, Don Giovanni at Dallas and that same year I substituted for Luciano Pavarotti in La Figlia del Reggimento at La Scala: a great success. Finally our own Carlo Felice engaged me for the same opera. Important dates are my opening of La Scala with L’Italiana in 1973 and my début at Covent Garden the year afterwards in Don Pasquale. That severe critic Harold Rosenthal wrote I was the best Ernesto he ever heard, on a par with the famous Schipa-recording.

Ugo Benelli: Die Scala bei den Wiener Festwochen 1973 mit "La Cenerentola"/Benelli

Ugo Benelli: Die Scala bei den Wiener Festwochen 1973 mit „La Cenerentola“/Benelli

Wasn’t it difficult to have a career and a personal life as well? Well, it was not easy. I got married with Angela Maria on October 23rd of 1961. This year will be the 50th anniversary of our marriage. Our children are Roberto and Nicoletta. He is a biologist who does cancer research and has three little Benelli’s: Miriam, Sara and Stefano. Nicoletta has a beautiful daughter, Roberta, who goes to university. But as a singer I was often far from home, far more than I would have liked. Sometimes when I came home the children were somewhat afraid of me and it took me several days to conquer them again. Angela often left the children for a few days with their grannies so that she could stay with me.

Ugo Benelli: mit Tenor-Kollegen Chris Merritt/Neckers/Benelli

Ugo Benelli: mit Tenor-Kollege Chris Merritt/Neckers/Benelli

How was your recording career? In 1963 I started with that famous Decca Cenerentola with Giulietta Simionato, Paolo Montarsolo, Sesto Bruscantini and Giovanni Foiani. The following year I recorded Barbiere  conducted by Varviso. It was producer Erik Smith who engaged me for the Decca recordings. Erik and I became very close friends so that I had my son baptized Roberto Paolo Erik. I never signed an exclusivity contract though once we discussed it. But the Rossini renaissance was very far off in those days so that I never got to record other operas. That same 1964 I recorded Don Pasquale for Deutsche Grammophon, now re-issued on CD though it is a pity the cabaletta was cut. One year afterwards Karajan asked me to sing Beppe in his famous Pagliacci with Bergonzi and Taddei.

Ugo Benelli: Probenpause bei der "Figaro"-Einspielung unter Zubin Mehta bei Sony/Benelli

Ugo Benelli: Probenpause bei der „Figaro“-Einspielung unter Zubin Mehta bei Sony/Benelli

By the way, there is still a story going around that soprano Joan Carlyle substituted at the last moment for somebody else but this is not true. She was there from the first rehearsal. I repeated the same role for Decca two years later with McCracken and Lorengar. In 1968 I recorded my only solo album for Decca together with Lydia Marimpietra: romantic songs by Rossini and Bellini. The pianist on that album is a certain Enrico Fabbro, in reality Erik Smith. I never was required to record an operatic album. Then I had to wait till 1975 for the famous television performance of Il capello di paglia di Firenze and one year later I finally did L’Italiana in Algeri with the young Lucia Valentini-Terrani as Luigi Alva still sang Lindoro in the 1963 Decca recording. And there are many recordings of my comprimari roles in lesser known operas, especially on the Bongiovanni label.

Ugo Benelli: mit Tenor-Kollegen Chris Merritt/Neckers/Benelli

Ugo Benelli: mit Tenor-Kollege Chris Merritt/Neckers/Benelli

How come Alva was somewhat preferred to you at La Scala? Do not forget Alva is eight years older than me. So he reached La Scala several years before me and he started his career contemporaneously with Panerai, Bruscantini etc. He was already a star when I came at La Scala and he took precedence. Nevertheless I had the big opportunity to be the “first choice” as Lindoro in L’Italiana in Algeri and I had the honour of opening the La Scala season in 1973 which is a dream for every singer. Abbado had chosen me. At La Scala I was paid 1.000.000 lire a night (something like $ 1500 at the time).

Ugo Benelli: als Podestà in "La Finta Giardinera" bei den Salzburger Festspielen/Benelli

Ugo Benelli: als Podestà in „La Finta Giardinera“ bei den Salzburger Festspielen/Benelli

Did you ever perform with the Metropolitan Company? During the sixties I auditioned for Rudolf Bing and his European representative in Europe Roberto Bauer. My audition  went very well and they proposed me to sing Don Giovanni and Madama Butterfly. The first role I could do but no way I would wreck my voice as a “tenore di grazia”  on the second role, so I declined the offer. Mind you, it was not a question of decibels. My voice always projected well and it rang more beautiful in a big than in a small house. In 1973 I had a difficult choice. Schuyler Chapin was now general manager and Levine the principal conductor and they asked me for their own production of L’ Italiana in Algeri. As the performance dates clashed with the La Scala rehearsals for the same opera I had to refuse. Thirteen years later Levine and producer Jean-Pierre Ponelle asked me for 4 performances as Don Basilio in Le Nozze. It was the same evening Thomas Hampson made his début as the count and José van Dam, Kathleen Battle, Paolo Montarsolo and Elisabeth Söderström and Frederica von Stade too were in the cast.

Ugo Benelli:"La Cenerentola" mit Frederica von Stade in Los Angeles/Benelli

Ugo Benelli:“La Cenerentola“ mit Frederica von Stade in Los Angeles/Benelli

What were your favourite roles and where did you draw a line? I loved to sing La Fille du Régiment and I sang more than 40 performances of it. I especially remember my performances with Mirella Freni and at La Scala I sang with her in two performances, substituting for Pavarotti who was ill. At the time we still sang it in Italian though it was the French performing edition which included the aria “Pour me raprocher de Marie” (= Per viver vicino a Maria). I also sang the role at the Teatro Regio in Turin, the Teatro Comunale in Bologna and the Liceu in Barcelona. Another favourite was Le Comte Ory which I sang for the first time in 1968. At the time only Michel Sénéchal and myself covered the role and I took part in many productions; in French too with Erede conducting and Ponelle directing. And another fine role was Ernesto in Don Pasquale.

What were the heaviest roles you attempted? In 1961 I sang Des Grieux in Massenet’s Manon at Cincinnatti Summer Opera with Mary Costa and Nicola Moscona. A foolish thing to do at that time but I was too young and too involved. Later on I often sang Nadir in Les Pêcheurs de perles; in Italian and in French; the latter one at the Teatro Petruzelli in Bari in 1982. I was asked to sing Werther by the Teatro Sociale di Como but I declined. I knew Tito Schipa sang the role but I thought it could be dangerous even to sing only one performance. I never tried to force my voice and the natural evolution made it possible to sing more roles of a “tenore lirico”. So I sang in Linda di Chamonix. Maybe I should have dropped my Rossini roles at that moment and go for the Duca or Arturo as Trieste asked me to sing I Puritani.

Ugo Benelli: La Vescia in "Il Campanello" in Triest/Benelli

Ugo Benelli: La Vescia in „Il Campanello“ in Triest/Benelli

When did you decide to change from primo to secondo uomo? In 1982 I was in Glyndebourne singing Il Barbiere and L’amour des trois oranges. Before I left George Christie asked me to come back next year to sing Basilio during Glyndebourne’s 50th jubilee. At first I was very disappointed to become a second tenor but my wife asked me to reconsider as I was approaching my fifties. Thanks to this decision my career went on for 23 years more.

Isn’t it a pity you didn’t make more records? Yes it is. My first agent however was very possessive and I decided to manage my own career. Maybe not the best solution. I have several great live tapes of my performances and I hope some of them will appear on record.

What’s your opinion of your rivals and successors? Luigi Alva had a very fine voice; pure class. One should not forget Pietro Botazzo who sang so easily. Then there was Renzo Casselato who had a very beautiful voice; somewhat like a very young Gigli. At the time some people would ask my opinion on my own voice and I would say:” Well, I’ve got a little of the qualities of those three colleagues !”

Ugi Benelli: Inaugurazione della stagione concertistica/ di Santa Cecilia GIULIETTA E ROMEO Direttore Georges Ptrêtre/ U. Benelli, B.M. Casoni, G. Pretre e signora, il presidente della repubblica Leone e signora leone/Benelli

Ugi Benelli: Inaugurazione della stagione concertistica/ di Santa Cecilia GIULIETTA E ROMEO Direttore Georges Ptrêtre/ U. Benelli, B.M. Casoni, G. Prètre e signora, il presidente della repubblica Leone e signora leone/Benelli

Later on there was Rockwell Blake. He was very strong in staccato notes (the machine gun sound/Neckers) though his voice was not commonly called beautiful but he was a great professional. Nowadays one hears that Blake’s method is the way to sing Rossini. But I still think that in ten, twenty years singers will return to more legato in florid singing like my maestro Giulio Confalonieri wanted it. After Blake came Bruce Ford; a great tenor. The sound was more rounded and he had a very long breath and was a great technician. During a recording I handed over my sceptre, symbolically spoken of course.

Jan Neckers, historicus, columnist bij " 't Palieterke " en "De Kerjeuze Mecheleir" als figurant in "De laatste opstand"

Jan Neckers, historicus, columnist bij “ ‚t Palieterke “ en „De Kerjeuze Mecheleir“ als figurant in „De laatste opstand“/Mechelen Blogt

And of course there is now Juan Diego Floréz. I first heard him in Wexford when he sang in L’Etoile du Nord by Meyerbeer. I immediately understood here was a tenor with great potential. I told him he should only apply himself to mezza-voce and to smoothly going from forte to piano. Much later he sang in Genova and I went to his dressing-room. When he saw me the first thing he said was: “You heard, Maestro ? I can now do it !”. I heard him in La Donna del Lago. Unbelievable. When ascending and descending a phrase with his acrobatic agility he can even smoothly sing a note in the descending part when the breath with other singers runs out. This makes him unique. (Jan Neckers)

Eine Diskographie gibt es hier.

Emmanuel & Schmitt

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Der Franzose Maurice Emmanuel, der von 1862 bis 1938 lebte, ist einer der großen Unbekannten unter solch Zeitgenossen wie Debussy, Ravel, Dukas oder Roussell. Bevor es ihn zum Komponieren zog, machte er sich als Lehrer und Musikwissenschaftler einen Namen. Zu seinen Schülern gehören Messiaen und Dutilleux, zu seinen Schriften eine bedeutende Analyse von Debussys Pelléas und die monumentale Musikgeschichte Histoire de la langue musicale. Er schrieb in der Mehrzahl Kammermusik und nur sechs größer dimensionierte Werke, darunter drei Opern.

Alle beziehen sich auf antike Dramen: Amphitryon nach Plautus (1936), Prométhée enchaîné (1916-18) und Salamine, beide nach Aischylos. Diese Anfang der 20er Jahre begonnene, aber erst 1929 an der Pariser Opera uraufgeführte Tragédie lyrique nach der Tragödie Die Perser ist jetzt erstmals auf CD veröffentlicht worden, in einer attraktiven Rundfunkproduktion aus dem Jahr 1958. Hintergrund der Oper ist der Untergang der persischen Flotte in der Seeschlacht von Salamis, Thema der Krieg und seine schrecklichen Auswirkungen auf das Volk, den König Xerxes und seine Familie. Die nur gut eine Stunde dauernde Oper, die in drei nahtlos ineinander übergehende Akte unterteilt ist, besitzt Größe und dramatische Dichte. Von der stürmischen, martialischen Ouvertüre bis zum finalen Klagegesang entwickelt das Stück eine hoch artifizielle, faszinierende Spannung. Es ist das Nebeneinander von Orchesterwucht und partiell sparsamer, dennoch raffinierter Instrumentierung, von Rezitation, Parlando und expressivem Gesang, die Salamine so aufregend macht.

"Salamine": Flore Wend singt die Reine Atossa/Voix des arts

„Salamine“: Flore Wend singt die Reine Atossa/Voix des arts, dort auch ein weiterer ausführlichger Artikel zum Komponisten

Die historische RTF-Aufnahme von 1958 aus den Archiv des nationalen INA (Institut Audiovisel) punktet mit stilsicheren Solisten, die alle im französischen Repertoire bewandert und deshalb idiomatische Vermittler der bei frankophilen Vokalwerken so wichtigen subtilen Ton-/Wortverschmelzung sind. Jeder von ihnen hat einen großen Auftritt: Lucien Lovano spricht den Monolog des Chorführers wunderbar klangvoll und prononciert; der Traumerzählung der Königin Atossa verleiht die Schweizerin Flore Wend mit klarem, schlankem Sopran expressive Energie; Bernard Demigny erfüllt die lange Erzählung des Boten durch seine differenzierte vokale Gestaltung mit Leben; Jean Giraudeau gibt der inneren Zerrissenheit des Xerxés mit hellem lyrischem, dabei substanzreichem Tenor markantes Profil. Großes Gewicht kommt dem teils kommentierenden, teils aktiv ins Geschehen eingreifende Chor zu: eine vielseitige Aufgabe, die der französische Rundfunkchor überlegen bewältigt. Mit Tony Aubin steht ein erfahrener Kapellmeister am Pult des mit strahlenden Blechbläsern glänzenden RTF-Orchesters, der einen starken Sinn für die Effekte der Musik hat und sie konturenscharf und mit leidenschaftlichem Zugriff dirigiert. Ein zusätzlicher Gewinn ist das zweisprachige Begleitbooklet, das sich durch einen äußerst informativen Artikel zu Komponisten und Werk auszeichnet.

schmitt antoineThematisch passend, weil auch in die Antike führend, ist die Orchestersuite Antoine et Cléopâtre von Emmanuels Kollegen Florent Schmitt (1870 – 1958), die schon vor einiger Zeit bei timpani erschienen ist. Das in üppigsten Klangfarben schillernde Tongemälde nach dem Drama von Shakespeare wird von Jacquer Mercier und dem famosen Orchestre national de Lorraine in allen Valeurs ausgeleuchtet und ebenso kompetent dargeboten, wie die kürzlich hier besprochene Aufnahme von Schmitts Ballett Le Petit Elfe Ferme-l’Œil durch das gleiche Team. Ergänzt wird die Suite durch die zweisätzigen Mirages: La tristesse de Pan, eine  impressionistisch funkelnde Reminiszenz an Debussys Hirtengott und La tragique chevauchée nach Byrons Mazeppa, das mit stampfenden Rhythmen plastisch in Musik umgesetzte Bild einer daherstürmenden Reiterstaffel. Karin Coper

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Maurice Emmanuel: Salamine; mit Flore Wend (Atossa), Bernard Demigny (le Messager), Jean Giraudeau (Xerxés), Joseph Peyron (Un dignitaire de la Cour) André Vessières (L’ombre de Darius), Lucien Lovano (le Coryphée); Orchestre radio-symphonique et Choeurs (René Alix) de la RTF; Leitung: Tony Aubin; solstice SOCD 301

Florent Schmitt: Antoine et Cléopâtre, Mirages; Orchestre national de Lorraine, Leitung Jacques Mercier; timpani, 1C1133

Abbildung oben: Wilhelm von Kaulbach, La bataille de Salamine, 1868, Neue Pinakothek, Munich

Bisherige Beiträge in unserer Serie Die vergessene Oper finden Sie hier

Lorin Maazel

 

Manche Menschen kann man sich aus der Konzertlandschaft einfach nicht wegdenken. Der Dirigent Lorin Maazel ist so ein Mensch. Er war ein großartiger Dirigent, ein empathischer Künstler und ein Urgestein der deutschen Klassikszene. Nun ist er im Alter von 84 Jahren am 13. Juli 2014 in Castleton/Virginia an den Folgen einer Lungenentzündung gestorben. Da bleibt einzig und allein die Musik. Glücklicherweise hinterlässt Maazel ein reiches Oeuvre an wunderbaren Aufnahmen. Unvergesslich sind seine Interpretationen von Tondichtungen aus der Feder von Richard Strauss, die Einspielungen verschiedener Dvorák-Sinfonien, ausdrucksvolle Alben mit Werken von Bartók, Rimsky-Korssakoff und Rachmaninoff. Das Album „Sentimento“, das Maazel 2002 mit dem Tenor Andrea Bocelli und dem London Symphony Orchestra aufgenommen hat, wurde zu einem der erfolgreichsten Klassikalben aller Zeiten.

Lorin Maazel/Cantan ellas

Lorin Maazel/Cantan ellas

Nach einer Jugend als Wunderkind zeigte Lorin Maazel sich an vielem interessiert – er studierte Mathematik, Philosophie und Sprachen, spielte leidenschaftlich Tischtennis und schrieb Kurzgeschichten. Der Liebe zur Musik blieb er treu. Am Dirigentenpult fühlte er sich zuhause, das konnte man spüren – er wurde einer der bekanntesten, erfolgreichsten und beliebtesten Dirigenten der Welt. Für Maazel war dabei vor allem eines wichtig: „Der Musiker muss sich wohl fühlen, so dass er weiß, wo er ist und was von ihm erwartet wird, und sich auf die Schönheit der Töne konzentrieren kann.“ Er war Generalmusikdirektor der Deutschen Oper und der Wiener Staatsoper, Chefdirigent des Sinfonieorchesters des Bayerischen Rundfunks, der New Yorker Philharmoniker und zuletzt der Münchner Philharmoniker: Über 150 renommierte Orchester hat Lorin Maazel im Laufe seines bewegten Lebens dirigiert, mehr als 300 Alben mit klassischer Musik aufgenommen. Wo auch immer Lorin Maazel am Pult stand, füllte er die musikalischen Partituren mit leidenschaftlichem Leben und spornte die Klangkörper zu höchster Ausdruckskraft an. Universal

Dazu die Biographie von der website seiner Familie:  The world-renowned conductor, composer, and mentor, Maestro Lorin Maazel, devoted more than 75 years of his life to music making. A second-generation American, born in Paris on March 6, 1930, Lorin Maazel began violin lessons at age five and conducting lessons at age seven. He studied with Vladimir Bakaleinikoff, and appeared publicly for the first time at age eight. Between ages nine and fifteen, he conducted most of the major American orchestras, including the NBC Symphony at the invitation of Arturo Toscanini. In the course of his decades-long career, Maestro Maazel conducted more than 150 orchestras in no fewer than 5,000 opera and concert performances. He has made more than 300 recordings, including symphonic cycles of complete orchestral works by Beethoven, Brahms, Debussy, Mahler, Schubert, Tchaikovsky, Rachmaninoff, and Richard Strauss, winning ten Grands Prix du Disques.

Maazel was also a highly regarded composer, with a wide-ranging catalog of works written primarily over the last 15 years. His first opera, 1984, based on George Orwell’s literary masterpiece, had its world premiere at the Royal Opera House, Covent Garden and a sold-out revival at La Scala, Milan. During his career, Maestro Maazel served as Artistic Director of the Deutsche Oper Berlin and General Manager of the Vienna State Opera, as Music Director of the Radio Symphony of Berlin, the Symphony Orchestra of the Bavarian Radio, the Pittsburgh Symphony, the Cleveland Orchestra, the Munich Philharmonic, and the New York Philharmonic.  In the last year, he maintained an active conducting schedule, leading 111 concerts in 2013 alone, from Oman to Munich. A true citizen of the world, fluent in seven languages, Maestro Maazel led orchestras and performances around the globe. He viewed music as a bridge-builder. During his career, he worked in East Berlin and the former Soviet Union. In February 2008, he and the New York Philharmonic visited Pyongyang, North Korea, to perform a concert broadcast on North Korean state television, airing live internationally. “I have always believed that the arts, per se, and their exponents, artists, have a broader role to play in the public arena. But it must be totally apolitical, nonpartisan, and free of issue-specific agendas. It is a role of the highest possible order; bringing peoples and their cultures together on common ground, where the roots of peaceful interchange can imperceptibly but irrevocably take hold,” he wrote in the Wall Street Journal in 2008.

In addition to conducting and composing, Maestro Maazel was an avid reader and lover of literature, a student of philosophy, astronomy, and math, a film buff, and fierce ping-pong player. He wrote short fiction, watched his fair share of tennis (rare was the U.S. Open he didn’t catch on TV) and listened for pleasure to all kinds of music, especially Tony Bennett. Maestro Maazel was also an ardent fan of technology and engaged with tens of thousands of fans through his blog, Facebook, and Twitter.  With his wife, Dietlinde Turban Maazel, he founded the Castleton Festival in 2009 and has held annual summer performances and training seminars since then at state-of-the-art venues they built on his Virginia farm. Knowing the value of mentoring he himself benefited from as a youth, Maestro Maazel established the Castleton Festival with a mission: it would be a “vista-opener,” in his words, an opportunity to nurture young musicians through mentoring and performing, to draw audiences to performances showcasing young talent, and to bring fresh energy to classical music alongside established artists such as Denyce Graves and Sir James Galway.

The Castleton Festival is Maestro Maazel’s legacy.  As the music soared, he rejoiced in seeing young players, singers, and conductors be transported to unimagined realms. Addressing the audience at the June 28, 2014 opening night of the Castleton Festival, Maestro Maazel described working with the young orchestra and singers as a “more than a labor of love – a labor of joy.”

 

http://www.maestromaazel.com/        https://de.wikipedia.org/wiki/Lorin_Maazel

Korngolds magic Wagner

 

Die Rysanek als Brünnhilde? Das war zunächst nur ein Gerücht. Wer sich schließlich den sündhaft teuren Bildband über die Sängerin leisten konnte, der 1990 bei Hoffmann und Campe herausgekommen war, wusste es aber bald genau: Eher beiläufig war dort in der Diskographie eine Schallplatte mit den Tonaufnahmen aus dem (auch im deutschen Fernsehen gezeigten) Film Frauen um Richard Wagner nach dem Roman Magic Fire von Bertita Harding aufgeführt. Das Label? STV. Das klang nach limitierter Privat-Club-Pressung. Und so ist es auch! Inzwischen wurde die LP bei eben dieser Club-Firma auf CD umgeschnitten und wiederum in einer Edition von tausend Exemplaren auf den Markt gebracht. Nicht nur das. Das Label Filmjuwelen zog dann mit dem Film gleich nach – nun mit dem Titel Magic Fire – Die Richard Wagner Story.

magic fire cd cover-001Alles Warten hat sich gelohnt. Die Rysanek als Brünnhilde ist jedoch leicht übertrieben. Da gibt es einen kleinen Ausschnitt aus dem Schlussgesang der Götterdämmerung, die letzten zehn Zeilen von „Fühl‘ meine Brust auch“. Lohnt sich das? Es lohnt sich! Aufgenommen wurde 1955. Die Rysanek begann gerade ihre große internationale Karriere, in der die Brünnhilde aber nicht vorkommen sollte. Was damals leicht, leuchtend und sehr vielversprechend klang, war abgetrotzt. Ganz sicher wäre diese Sängerin nicht so lange im Geschäft geblieben, hätte sie eine hochdramatische Richtung eingeschlagen. Am Ende ist so eine kurze Sequenz vielleicht doch mehr wert als hundert Mitschnitte als Brünnhilde, wäre es denn dazu gekommen. Die Fans können sich verzehren. Ach, hätte sie doch… Sie hat nicht und das war sehr klug.

1-Wagner - DVD HülleIm krachbunten Film ist die Musik einem Schnelldurchlauf der ersten geschlossenen Aufführung des Ring des Nibelungen 1976 in Bayreuth untergelegt. Mit echtem Pferd Grane, reitenden Walküren und der finalen Katastrophe, bei der die Balken der Gibichungenhalle in den Flammen des Weltenbrandes zusammenkrachen. So dürfte das vorher und nachher nie auf einer Bühne zu sehen gewesen sein. Musikalisch ist das Potpourri nur machbar, weil Erich Wolfgang Korngold das Original den filmischen Erfordernissen angepasst hat. Das klingt flott, irgendwie anders, und ist doch immer Wagner. Korngold hat Respekt vor dessen Musik, jubelt nichts Eigenes unter. Sein Werk ist das Arrangement. Davon versteht er sehr viel. Einige fremde Zutaten beziehen ihre Verwendung aus der Handlung des Films. Als Wagner das erste Mal nach Paris kommt, mischt sich die Marseillaise unter den Fliegenden Holländer, den er noch als Idee in der Tasche hatte. Bei der zum königlichen Lever aufgebauschten ersten Begegnung des armen Schluckers aus Deutschland mit dem gefeierter Giacomo Meyerbeer, den Wagner als scharfen Widersacher empfand, umschmeichelt Musik aus den Hugenotten das Ohr.

Franz Liszt (Carlos Tompson) und seine Tochter Cosima (Rita Gam)

Ein blonder Franz Liszt (Carlos Tompson) und seine strenge Tochter Cosima (Rita Gam)

Biographisch folgt der Film zwar den wichtigsten Ereignissen im Leben Richard Wagners, die Einzelheiten sind oft ziemlich frei gestaltet und streifen den Kitsch. So wurde das „Siegfried-Idyll“ ja nicht etwa kurz nach der Geburt des Stammhalters in Triebschen aufgeführt, sondern erst ein Jahr später in Erinnerung an das freudige Ereignis. Dar Tod in Venedig ereilt Wagner bekanntlich auch ganz anders als im Film, wo er im Beisein von Frau Cosima und Franz List am Flügel Parsifal spielend mit verklärtem Blick gen Himmel fast unmerklich den Geist aufgibt. In Hollywood werden halt Lebensläufe nach eigenen Gesetzen in Szene gesetzt. Wer sich auf den Film einlässt, weiß das. Die Hauptrolle spielt ohnehin die Musik. Die Rysanek muss auch noch die Senta und die Sieglinde geben, Partien, die sie tatsächlich im Repertoire hatte. Neben ihr wirkt noch der junge Hans Hopf episodisch als Tannhäuser, Siegmund und Walter von Stolzing, während Otto Edelmann für Holländer, Hans Sachs und Wotan zuständig ist.

König Ludwig II. (Gerhard Riedmann) steht vor seinem Meister Richard Wagner (Alan Badel)

König Ludwig II. (Gerhard Riedmann) steht vor seinem Meister Richard Wagner (Alan Badel)

Wie damals üblich in solchen Musiker-Biographie-Filmen – es gab jede Menge davon –, werden die Sänger im Vorspann nicht namentlich genannt.  Sie sind nur pauschal aufgeführt gemeinsam mit dem Chor und Orchester der Bayerischen Staatsoper unter der Leitung von Alois Melichar. Dieser hatte nur eine kurze Karriere als Dirigent. Sein Gebiet war die Filmmusik – beispielsweise für „Mutterlied“ mit Maria Cebotari und Benjamino Gigli. Auch ausgesprochene Nazipropagandafilme wie „…reitet für Deutschland“ und „Kameraden“ (beide 1941) finden sich in seinem Werkverzeichnis. Umso erstaunlicher ist es, dass er 1955 für einen US-amerikanischen Streifen herangezogen wurde, wenn auch nur als Dirigent. Genaue Angaben zu den mitwirkenden Sängern liefert die CD, die bei Amazon noch zu haben ist. In den 26 Tracks sind alle Szenen aufgelistet, in denen Musik erklingt – und zwar mit genauem Bezug zum jeweiligen Werk und den Mitwirkenden. Zu erfahren ist auch, dass Korngold selbst für Wagner das Klavier spielt, als der sich von dieser Welt verabschiedet. Rüdiger Winter

Produzent des Albums ist übrigens George Korngold, der 1928 geborene Sohn des Komponisten, der jetzt selbst zu Wort kommen soll. Den nachfolgenden Artikel im originalen Englisch entnahmen wir dem Booklet zur oben genannten CD, daraus auch das Schwarz-Weiß-Foto. Die Farbfotos stammen aus dem Film.

The Lord of the Ring – In early 1954 William Dieterle, the respected film director and an old family friend, approached my father, Erich Wolfgang Korngold, with the idea of supervising and adapting the music of Richard Wagner for his production of Magic Fire, the biography of Wagner’s life, to be shot entirely on location in Germany It had long been Dieterle’s dream to bring Wagner’s life to the screen and Republic Pictures had decided to finance the film from monies frozen in German banks after World War II, monies they could not otherwise transfer to the U.S. Famous for his film-biographies, Dr. Ehlrich’s Magic Bullet, The Life of Emil Zola and Juarez (the latter with music by my father), all highly distinguished and acclaimed motion pictures, Dieterle was the logical choice to attempt dramatization of the life and career of the great German composer.

Erich Wolfgang Korngold gibt dem Wagner-Darsteller Alan Badel Dirigierunterricht.

Erich Wolfgang Korngold gibt dem Wagner-Darsteller Alan Badel Dirigierunterricht/Magic Fire

The screenplay was written by Bertita Harding, based on her book Magic Fire in collaboration with Dieterle (he wrote under the pseudonym of David Chantler) and E.A. Dupont, the renowned German film director. The scenario was long, wordy and Germanic, and tried to cover too much of Wagner’s life, but it was factual and left room to present a large „sampling“ of Wagner’s music without interruption by dialogue or action. My father had retired from films in 1947 to return to composition for the concert and opera stages and had refused many offers to compose music for motion pictures. After first turning Dieterle down, he finally decided to take on the difficult task of adapting Wagner’s music because he was afraid that in less devoted hands the composer’s music would suffer the same fate as had that of many other great musicians whose lives had been brought to the screen by Hollywood.

Republic, known for its productions of low-budget „westerns,“ was not exactly the ideal choice to undertake such a serious project, but they had indeed previously ventured into the field of respectable, prestige films (The Quiet Man) and Dieterle felt he could make the film under their aegis, provided he was allowed a free hand as promised. The conditions for my father’s participation were ideal. He would be free to choose repertoire, artists, orchestra, chorus and the recording venue, and his wishes in music/dramatic matters were to be adhered to without any interference. Then and only then did he accept the offer.

"Magic Fire": Alan Badel als Wagner/Magic Fire CD

„Magic Fire“: Alan Badel als Wagner/Magic Fire CD

At the time, I was a recording engineer in a small studio in Hollywood, trying to break into the motion picture industry — an almost impossible „Catch-22“ proposition, as in order to be hired by a film studio, you had to be a member of the union, and in order to join the union, you had to have been hired by a studio! As a last resort, I decided to resign from my engineering job and go to Germany in the hope that there – without union restrictions – I might be hired to work on Magic Fire. As it turned out I was finally given a job as an apprentice film cutter to Stan Johnson, the well-known film editor, from whom I learned film editing from the ground up. I later became the music editor on the film, the only film I ever worked on with my father, and eventually mixed the music during the final re-recording of the music, sound effects and dialogue. Shooting Magic Fire began in late August 1954, in Schwetzingen, Germany, a small German town equally famous for its white asparagus as for the fact that it boasted one of the few remaining undamaged baroque Court-Theatres. The Lohengrin sequence was filmed there with over 1,000 dress-extras in the audience. I was in charge of the „playbacks,“ entire musical sequences previously recorded in Munich to which the actor-singers mouthed the singing and an orchestra „played.“

Das Finale der nachgestellten Uraufführung der "Meistersinger von Nürnberg" in München

Das Finale der nachgestellten Uraufführung der „Meistersinger von Nürnberg“ in München/Magic Fire

Suddenly it was discovered that director Dieterle had forgotten his white gloves, without which he absolutely refused to begin shooting any film. He was quite superstitious and also firmly believed in astrology, having signed his contract for Magic Fire at exactly 5:22 a.m. on the day prescribed by his astrologer, thus apparently ensuring the film’s success! A messenger was dispatched to Heidelberg to find white gloves, and when he finally returned, after four hours, shooting could begin. In the meantime, the entire crew, the stars and the extras had waited patiently and the production manager, Lee Lukather, a veteran of Republic westerns, who hated this film and in particular the music which „… cost a bundle …,“ ranted at the loss of time and money (Ironically, this rough and tough man, who only came into his own when real horses were used during the shooting of the Ride of the Valkyries, developed an almost touching attachment to my father.)

This had not been a very auspicious beginning, but nevertheless things began to improve immediately, with Dieterle pushing ever forward with the complicated shooting schedule, which included such locations as the delicately imposing Mark Grafliche Theatre in Bayreuth (Der Fliegende Hollander sequence), the Wagner Festspielhaus in Bayreuth (Der Ring des Nibelungen montage), and the Bavarian State Opera in the Prinz Regenten Theatre in Munich (Die Meistersinger excerpts). While shooting in the Bayreuth Festspielhaus it was discovered that the actor who was to portray the conductor, Hans Richter, had not shown up on the set and Dieterle appealed to my father to take his place so that the filming of the difficult Ring sequences could commence. Dressed in tails and made up with a beard and wig, my father thus made his second cinematic appearance „conducting“ the Ring! (He had previously appeared playing the piano in a short film about the making of A Midsummer Night’s Dream in 1934). the music is the socalled „foreign track,“ a recording made without dialogue to be sent to foreign countries so that they can „dub“ in their respective languages. Thus, many pieces either end abruptly, reflect some „perspective“ effect, or are faded at the end to accommodate changing visual scenes and deletions from the original version. As was his custom, my father played all the solo piano parts, as he had done in all his previous films where called for. Due to ill health, he was not allowed to conduct the music and Alois Melichar, a name undoubtedly familiar to collectors of early Deutsche Grammophon records, where he was a respected chief conductor, was asked to conduct. Their collaboration led to a lasting friendship and Melichar later went on to conduct the first broadcast performance of Korngold’s Symphony in F in Graz, Austria.

Alan Badel hat als Richard Wagner von seinem musikalischen Mentor Korngold viel gelernt

Alan Badel hat als Richard Wagner von seinem musikalischen Mentor Korngold viel gelernt/Magic Fire

Throughout the filming of Magic Fire, my father began to see more and more of his „dreams“ fading. And when we watched the first screening of the rough-cut film, he turned to me with a twinkle in his eye and whispered: „… perhaps Dieterle should have signed his contract at 6:30 in the morning!“ Later, as the film was being shortened more and more, he nevertheless kept his undaunted good humor and once remarked that „… when I had to compress 16 hours of the Ring into five minutes, that was already drastic, but now that they have cut it down to four minutes – that’s too much…“ In the end, Magic Fire, already damaged by a weak script and a not all too awe-inspiring cast, could not survive. Unfortunately, despite a heroic performance by Alan Badel as Wagner, the beautiful camera work of Ernest Haller (Gone with the Wind) and the grand music of Wagner, it was not strong enough to withstand the tamperings of Hollywood executives. It was releasedor, as one of the members of the staff quipped, it „escaped“ – in late 1955 and quickly disappeared, to surface years later on late-night television.

Melodramatisches Ende des Film: Cosima (Rita Gam) am Fenster des Palazzo Vendramin in Venedig, wo Wagner am 13. Februar 1883 starb

Melodramatisches Ende: Cosima (Rita Gam) am Fenster des Palazzo Vendramin, wo Wagner 1883 starb/Magic Fire

The worthwhile efforts of many talents – Dieterle, Korngold, Badel, the great young singers Leonie Rysanek, Otto Edelmann and Hans Hopf – had come to naught, partially due to the almost impossible task of condensing the career of a larger-than-life historic figure to a couple of hours, but mostly because once again, despite firm assurances to the contrary, the film ended up in the hands of persons with very little artistic integrity. When viewed today it has become a series of cliches, and even the music, which my father strived so hard to preserve, is disrespectfully decimated. Unfortunately, not all of the original music sequences, which would have better evidenced the artistic intent of the project, are in existence anymore. Hopefully, the version presented on this record, though already from an earlier, slightly cut fourth generation master, will serve to remind what Magic Fire might have been.“

Magic FireDie Richard Wagner Story. USA 1955, Regie: William Dieterle, 103 Minuten, Mitwirkende: Alan Badel (Richard Wagner), Yvonne de Carlo (Minna), Carlos Tompson (Franz Liszt), Rita Gam (Cosima), Gerhard Riedmann (Ludwig II.) und viele andere. Label: Fernsehjuwelen, Bestellnummer 6414361.

1-DVD - Verdi FilmZeitgleich ist der Mehrteiler „Giuseppe Verdi – Eine italienische Legende“ bei Filmjuwelen herausgekommen, der wesentlich genauer mit der Biographie des Komponisten umgeht als der Wagner-Film mit seinem Helden. Dafür gibt es auch mehr Zeit. Es werden alle wesentlichen Stationen im Leben und Schaffen Verdi in teils grandiosen Bildern abgehandelt. Der Film lebt von diesen farbenprächtigen Einstellungen, die das Team an viele Originalschauplätze führte, bis hin in die Sowjetunion. Dabei wurde nicht gespart. Kostüme, Make-up und Ausstattung sind ihrer Zeit so genau nachempfunden, wie man das sonst nur aus englischen BBC-Serien kennt. Auch diese Produktion richtet sich an ein breites Publikum, hält aber stets darauf, das sich auch jene angesprochen fühlen dürfen, die mit Werk und Lebens Verdi sehr gut vertraut sind. Nicht mehr und nicht weniger will der Film sein. In Gesangsszenen erklingen die Stimmen von Maria Callas und Luciano Pavarotti. In Italien war die Serie ein riesiger Erfolg, ähnlich einem Straßenfeger. Den „Cable ACE Award“ gab es in den USA. Als der Film im Sommer 1983 ins Programm der ARD gehoben wurde, spottete das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“: „In einer aufwendigen Fernsehserie hat nun der italienische Regisseur und Drehbuchautor Renato Castellani den Komponisten wieder zum Leben erweckt.“ Mit dem Abspielen seiner Gassenhauer illustriere Castellani dabei vor allem die Bedeutung Verdis für das „Wunschkonzert-Publikum“. Übrigens fand die deutsche Erstaufführung gleich nach Fertigstellung der Serie im DDR-Fernsehen statt. Rüdiger Winter

Giuseppe Verdi – Eine italienische Legende, Ko-Produktion zwischen Italien, Frankreich, Deutschland, England, Schweden und der Sowjetunion 1982, 529 Minuten in acht Teilen, Regie: Renato Castellani. Mitwirkende: Ronald Pickup (Giuseppe Verdi), Carla Fracci (Giuseppina Strepponi), Giampiero Albertini (Antonio Berezzi), Lino Capolicchio (Arrigo Boito), Eva Christian (Teresa Stolz), Daria Nicolodi (Margherita Barezzi), Jan Niklas (Angelo Mariani), Nino Dal Fabbro (Giulio Ricordi) und viele andere. Label: Fernsehjuwelen, Bestellnummer: 6414274.

 

Titanen-Ausgabe

Wilhelm Furtwängler (1886 – 1954) gilt als der bedeutendste deutsche Dirigent des 20. Jahrhunderts. Seine Aufnahmen haben Maßstäbe gesetzt. Doch die Arbeit in den Studios hat ihm vor allem wegen der Unterbrechungen für Korrekturen nie behagt. Umso wertvoller sind deshalb die Live-Mitschnitte von Konzerten und insbesondere von Opern. Die hier vorgelegte Kollektion unternimmt erstmals den Versuch, alle erhalten gebliebenen Tonaufnahmen der von  Furtwängler geleiteten Opernaufführungen in Komplettfassungen oder Ausschnitten zu dokumentieren (Intense Media 600168 Furtwängler 41CD Box).

Im Zentrum stehen dabei jene vier Abende im März/April 1950, als die Mailänder Scala als erstes Opernhaus der Welt nach dem Zweiten Weltkrieg Wagners Ring-Zyklus auf die Bühne brachte. Ergänzt wird diese legendäre Interpretation Furtwänglers durch seine Wagner-Dirigate in London, Wien, Nürnberg und Bayreuth sowie insbesondere durch Tristan und Isolde vom Oktober 1947 aus dem Berliner Admiralspalast, wo Frida Leider, einst Furtwänglers gefeierte Brünnhilde, Regie führte.

Die eigentliche Heimat für den Operndirigenten wurde ab 1948 jedoch Salzburg. Von Fidelio aus diesem Jahr existieren leider nur Fragmente, dafür konnte aber die grandiose Aufführung von 1950 (mit Flagstad und Patzak) mühevoll restauriert werden. Ebenfalls von 1950 stammt der erste Don Giovanni (mit Gobbi), dem im Jahr darauf Die Zauberflöte folgte. Es war die erste Operninszenierung in der inzwischen berühmt gewordenen Felsenreitschule.

Musikkritiker beschrieben Furtwängler als Interpreten, der „durch eine rätselhafte, über das Klanglich-Musikalische hinausgreifende Kraft der Intuition“ zu wirken vermochte. Die Live-Aufnahmen dieser Box machen es zum Erlebnis. DER RING DES NIBELUNGEN, TANNHÄUSER, TRISTAN UND ISOLDE, LOHENGRIN, DIE MEISTERSINGER VON NÜRNBERG, FIDELIO, DIE ZAUBERFLÖTE, DIE HOCHZEIT DES FIGARO,DON GIOVANNI, ORFEO ED EURIDICE, OTELLO, DER FREISChÜTZ.

Die Presse schrieb: Furtwängler mit großartigen Opern-Live-Events / Der legendäre Ring“aus der Mailänder Scala / Berlin 1947: Der erste Nachkriegs-Tristan / Tannhäuser in  Wien, Meistersinger in Nürnberg / Die Opern-Gesamtaufnahmen aus Salzburg

 

Intense Media

 

 

 

 

Festspieldokument und Verdi-Ehrung

Zu den Initiativen der Salzburger Festspiele im Verdi-Jahr 2013 gehörte neben einer Neuinszenierung seines Don Carlos auch eine konzertante Aufführung des Frühwerkes Giovanna d’Arco. Bei der DG ist nun der Live-Mitschnitt aus der Felsenreitschule auf zwei CD mit einem mehrsprachigen Booklet erschienen. Auf den Spielplänen der Opernhäuser ist das Stück eine Rarität – dies der eine Grund für das starke Publikumsinteresse. Der zweite war die hochkarätige Besetzung, in der alle Protagonisten ihre Rollendebüts gaben. Mit der Titelpartie hat sich Anna Netrebko  eine neue Verdi-Heroine erarbeitet, die der Trovatore-Leonora im Herbst desselben Jahres an der Berliner Staatsoper vorausging und quasi eine Vorbereitung dafür darstellte. Die Stimme ist nun reifer und nachgedunkelt, besitzt aber große Autorität, die bereits im ersten Rezitativ zu bemerken ist. Die folgende Kavatine, „Sempre all’alba“, formt sie mit Inbrunst, Emphase und Entschlossenheit. Diese Aspekte finden sich auch im rhythmisch drängenden, rasanten Finalduett des Prologo mit Carlo, „Son guerriera“, wieder. Die pastorale Romanze der Titelheldin im 1. Akt, „O fatidica foresta“, malt sie träumerisch und visionär, räumt ihr eine angemessene Stellung als lyrische Insel im Werk ein. Im Duett mit Carlo schwingt sich die  Stimme kantabel und hymnisch auf; neben ihr steigert sich auch der Tenor zu einer seiner besten Szenen. Mit großer Innigkeit singt sie das Duett mit ihrem Vater im letzten Akt, das stilistisch in der Nähe der Luisa Miller steht, deren Titelrolle möglicherweise nicht mehr auf der Wunschliste der Sopranistin steht, nachdem sie bereits die Lady Macbeth in ihr Repertoire aufgenommen hat. Insgesamt ist Netrebko mehr die emanzipiert-kriegerische denn die verletzliche Jungfrau und setzt damit einen Gegenentwurf zu Erminia Frezzolini, die die Partie 1845 an der Scala kreiert hatte und eher eine lyrisch-zarte Stimme besaß.

In der Referenzaufnahme von Verdis Dramma lirico mit Montserrat Caballé unter James Levine bei der EMI von 1973 hatte Plácido Domingo die Tenorpartie des Carlo VII, König von Frankreich, gesungen. Hier nun gibt er Giovannas Vater Giacomo, also die Baritonrolle und eroberte sich damit eine weitere Figur in diesem Fach. Er beginnt bei „Gelo, terror m’invade“ mit gequältem, knarzigem und tremolierendem Ton, was sich bei „Franco son io“ im 1. Akt – trotz einiger gefälliger Momente in der oberen Mittellage – fortsetzt. Gänzlich scheitert er an der Romanze im 2. Akt, weil die Stimme nicht mehr in der Lage ist, eine Kantilene zu formen, brüchig und verbraucht klingt. Für seine stretta-artige Passage im Finale III fehlen ihm Kraft und Aplomb – ein bedenklicher Auftritt, der vom Festspielpublikum dennoch heftig bejubelt wird.

Den Tenor singt nun Francesco Meli, der vor Jahren in lyrischen Rossini-Partien beim Festival in Pesaro positiv auffiel, aber schnell ins dramatischere spinto-Fach wechselte, was der Stimme ihren Schmelz genommen hat. Seine Auftrittsszene „Sotto una quercia parvemi“ klingt unruhig und lässt in der Höhe bereits arg gestresste Töne hören. Der folgenden Cabaletta „Pondo è letal“ mangelt es an Souveränität und Mühelosigkeit im Vortrag. Seine lyrische Romanze im letzten Akt gelingt ihm wegen ihrer bequemen Lage ansprechend. In der kleineren Partie des Talbot, Oberbefehlshaber der englischen Armee, hinterlässt der junge Bass Roberto Tagliavini, auf dem Weg nach oben, erneut einen sehr vorteilhaften Eindruck.

Mit aufgewühltem Streicher-Tremolo eröffnet Paolo Carignani mit dem Münchner Rundfunkorchester den Prologo und steigert diese Erregung mit heftigen fortissimo-Schlägen des gesamten Orchesters. Der Dirigent sorgt stets für Spannung, gibt Verdis Komposition aus seinen „Galeerenjahren“ stürmischen Drang, rhythmische Brisanz, Brio und kantables Ausschwingen. Vielfach beschäftigt ist der Chor mit patriotischen Gesängen (so gleich im Prologo das „Maledetti cui spinge rea voglia“ oder die Einleitung zum 2. Akt, „Dal cielo a noi chi viene“), und der Philharmonia Chor Wien/Einstudierung: Walter Zeh hat dafür den großen Atem und die drängende Emphase.

Bernd Hoppe

 

Giuseppe Verdi: Giovanna d’Arco mit Netrebko, Domingo, Meli, Dunz,, R. Tagliavini; Philharmonia Chor Wien, Münchner Rundfunkorchester, Paolo Carignani;  DG 479 2712