Die große Sopranistin Mady Mesplé ist tot: Sie war genauso in Lakmé von Delibes zu Hause wie im zeitgenössischen Repertoire. Die aus Toulouse stammende Sopranistin ist Samstag, den 30. Mai 2020 im Alter von 89 Jahren in Toulouse, der Stadt, in der sie geboren wurde, gestoprben
“ Ich bin immer eine langsame Frau und immer zu spät“, gestand sie am Mikrophon von Antoine Livio im Jahr 1995 auf France Musique in einer bescheidenen Charakteristik ihrer Karriere. Ariadne auf Naxos, Lakmé, Rigoletto, aber auch die weniger klassischen Werke wie Dialogues des Carmelites, Die Jakobsleiter, oder die Quatre poèmes de Sappho… Während fast drei Jahrzehnten sang Mady Mesplé die größten Rollen auf den wichtigsten Bühnen, ohne je die Herausforderung der zeitgenössischen Szene zu vernachlässigen.
1931 in Toulouse geboren, spielte sie zuerst Klavier, worin sie hervorragend war, bevor sie in Toulouse in die Klasse von Madame Izar-Lasson, der Ehefrau des Direktors des Théâtre du Capitole von Toulouse, kam. Das Ehepaar öffnet ihr den Weg nach Liège und Belgien. Sie singt dort Lakmé, den Barbier von Sevilla und wendet sich weiter zum Théâtre de la Monnaie in Brüssel, dann zur Oper von Lyon, wo sie in Les Contes d´Hoiffmann brilliert, einer Oper, die sie im Dezember 1975 auch in Paris in einer Inszenierung von Patrice Chéreau singen wird.
Der Name von Mady Mesplé bleibt untrennbar mit der Moderne und den Werken ihrer Zeitgenossen verbunden. Eine Musik, die sie nicht als schwerer empfand, aber die viel Arbeit erforderte: „Man muss sehr musikalisch sein, ein gutes Gehör haben… Ich habe viel gearbeitet, ich glaube, ich glaube, ich habe ein gutes Gehör, ich habe genug für die Harmonie getan… Mein Gott, ich war oft verloren und wusste nicht mehr, was ich sang!“
Dieser Sinn für die Moderne wurde bei ihr nie schwächer. Als sie Ende der 80iger Jahre die internationale Opernszene verlässt, überträgt sie dasselbe Interesse für dieses zeitgenössische Repertoire auch in ihren Unterricht. Etwas, worauf sie stolz ist, wie sie vor einigen Jahren betont hat, war, dass sie „mehr zeitgenössische Musik als Operette gesungen hat!“. Francois Gautier (Übersetzung Ingrid Englitsch/ Foto Künstlerpostkartte Harcourt/ OBA30)
Dazu auch noch einmal eine Vita bei Wikipedia: Mesplé studierte am Konservatorium zunächst Klavier, dann Gesang und setzte ihre Gesangsausbildung in Paris bei Georges Jouatte und Janine Micheau fort. 1953 debütierte sie am Opernhaus von Lüttich, dessen Ensemble sie drei Jahre angehörte, in der Titelrolle von Léo Delibes’ Lakmé. Daneben gastierte sie am Théâtre de la Monnaie in Brüssel.
1956 wurde sie Mitglied der Pariser Oper und der Opéra-Comique. An der Opéra-Comique wirkte sie 1962 in der Uraufführung der Oper Princesse Pauline von Henri Tomasi und 1963 in der Uraufführung von Le dernier sauvage von Gian Carlo Menotti mit. Sie gab Gastspiele am Teatro dell’Opera di Roma, am Teatro San Carlo in Neapel, am Teatro Colón in Buenos Aires und an der Bayerischen Staatsoper in München. 1972 trat sie am Bolschoi-Theater in Moskau auf und debütierte an der Metropolitan Opera in New York als Gilda in Giuseppe Verdis Rigoletto.
Zu ihrem Repertoire gehörten neben der Lakmé u. a. die Titelrolle in Charles Gounods Mireille und die Juliette in dessen Roméo et Juliette, die Philine in Ambroise Thomas’ Mignon und die Ophélie in dessen Hamlet, die Königin der Nacht in Mozarts Zauberflöte, die Titelrolle in Gaetano Donizettis Lucie di Lammermoor, die Rosina in Gioachino Rossinis Barbiere di Siviglia sowie die Sophie in Richard Strauss’ Rosenkavalier und die Zerbinetta in dessen Ariadne auf Naxos.
Sie war exklusiv bei EMI/ Voix de son Maitre verpflichtet und nahm fast unendlich viele Einielungen auf, darunter u. a. Partien aus Lakmé, Georges Bizets Don Procopio (den nun bei Chant du Monde), Charles Lecocqs La fille de Madame Angot, André Messagers Véronique, Reynaldo Hahns Ciboulette, Robert Planquettes Les cloches de Corneville, André-Ernest-Modeste Grétrys Zémire et Azor, Erik Saties Socrate, Jules Massenets Werther, Rossinis Guillaume Tell, Jacques Offenbachs Orpheus in der Unterwelt und aus Daniel-François-Esprit Aubers Opern Manon Lescaut und Fra Diavolo auf. Sie war für Jahrzehnte aus der französischen Opernlandschaft nicht wegzudenken.