Archiv des Autors: Geerd Heinsen

FREDERICA VON STADE

 

Als »one of America’s finest artists and singers« betitelte die New York Times die amerikanische Mezzo-Sopranistin Frederica von Stade, die über drei Jahrzehnte lang in unzähligen Opernproduktionen und auf den Konzertbühnen weltweit das Publikum und die Kritiker mit der virtuosen Brillanz, Wärme und dem Nuancenreichtum ihrer Stimme begeisterte. Zum ersten Mal fasst diese limitierte Sony-Edition auf 18 CDs alle Rezital- und Duett-Alben der Sängerin zusammen, die zwischen 1974 und den 1990er Jahren für Columbia und RCA entstanden sind. Darunter sind auch ihre Einspielungen der Orchesterliederzyklen von Mahler »Lieder eines fahrenden Gesellen« & »Rückert-Lieder«, Ravel »Shéhérazade«, Berlioz »Les nuits d’été«, Canteloube »Chants d’Auvergne« u. a. sowie ihre Opernrecitals, die die gesamte Bandbreit ihres Könnens mit Werken von Offenbach, Massenet, Gounod, Rossini oder Leoncavallo im französischen und italienischen Repertoire unter Beweis stellen. Abgerundet wird diese Edition mit zwei neu zusammengestellten CDs mit Arien und Szenen aus ihren Operngesamteinspielungen, die sie in einigen ihrer erfolgreichsten Rollen präsentieren. (Quelle cpo)

 

von stade sonyDazu schreibt Jügen Kesting: Es sei einfach großes Glück gewesen, so meinte Frederica von Stade einmal, dass ihre Lauf­bahn Anfang der 1970er Jahre begann, als das Opernrepertoire insgesamt breiter wurde und Sänger ganz neue Betätigungsfelder fanden. Die Opern von Claudio Monteverdi und Jean-Philippe Rameau kehrten auf die Spielpläne zurück, und so war z.B. ihre Darstellung der Penelope in Monteverdis II ritorno d’Ulisse

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in patria herzbewegend und überzeugte auch das Publikum in Glyndebourne, das zuvor keine Geringere als Janet Baker in dieser Partie erlebt hatte. Die historische Aufführungspraxis gab der Mozart-Interpretation neue Impulse, und für Partien wie Cherubino und Idamante brachte Frederica von Stade die richtige, zart-sinnliche Amoroso-Stimme mit. Nach der ersten textkritischen Edition von II barbiere di Siviglia hatte auch die Rossini-Renaissance Fahrt aufgenommen, und Frederica von Stade glänzte in New York als Rosina, in San Francisco als Angelina in La Cenerentola und in London als Elena in La donna del lago, wobei sie nicht nur durch virtuose Brillanz, sondern vor allem durch den Charme ihrer Stimme und ihre aristokratische Manier überzeugte. Eine weitere Großtat für Rossini war ihre Darstellung der Desdemona in Otello.

Jules Massenet wurde als heimlicher Hauptkomponist des 19. Jahrhunderts wiederent­deckt, und auch hier war sie die Richtige zur rechten Zeit. In Partien wie Charlotte in Werther, Cherubin und Cendrillon in den gleichnamigen Opern oder als Marguerite in Berlioz‘ La Damnation de Faust oder Beatrice in Beatrice et Benedict bezauberte sie durch eine spezi­fische feminitée – zu hören etwa in Beatrices »Dieu! Que viens-je d’entendre … II m’en souvient« aus Beatrice et Benedict Ihrer Stimme ist, wie der hier nur stellvertrend zitierte John Steane bemerkte, ein »Klang von Traurigkeit« (tone of sadness) inhärent. Dieser ist so inständig-herzbewegend, wie das Schwipslied der Perichole aus Offenbachs gleichnamiger Operette auf geistreiche Weise amüsant ist.

von Stade columbia recitals sony cover 3-001Die Tochter aus bestem Hause – zur Ahnenreihe der Mutter gehörte ein Gouverneur von Connecticut, zu der des Vaters ein Bürgermeister in Stade – wurde mit achtzehn Jahren nach Paris geschickt, in die Stadt des savoir vivre. Dass sich ihr Wunsch, Pianistin zu werden, nicht erfüllte, lag, wie sie selber lapidar sagte, am mangelnden Talent. Sie war ungefähr zwanzig Jahre alt, als sie zum ersten Mal ein Lieder-Recital hörte – mit Elisabeth Schwarzkopf: »Sie sang Lieder von Hugo Wolf, und ich verstand kein einziges Wort. Doch den Eindruck habe ich nie vergessen.« Die Oper war für sie bis dahin terra incognita. Anders als ihre http://viagraonline-cheapbest.com/ Mutter hatte sie nie die Geduld aufgebracht, die Broadcasts aus der Met zu hören. Fasziniert war sie hingegen von Ethel Merman und dem durch sie populär gewordenen Gesangsstil des »belting«, der viel stärker als die klassische Gesangstechnik auf die Bruststimme setzt.

Die Bühne betrat Frederica von Stade erstmals 1966, und zwar im Sommerprogramm des Long Wharf Theatre in New Haven. Im Herbst desselben Jahres begann sie mit dem Studium am New Yorker Mannes College of Music. Sie brachte so wenig Voraussetzungen mit, dass sie, eingeschüchtert von hochbegabten Studenten, beinahe resignieren wollte. Im zweiten Jahr fand sie in Sebastian Engelberg einen Lehrer, der ihre stimmlichen Talente förderte und sie ermunterte, 1969 an den Auditions der Metropolitan Opera teilzunehmen. Den Mut dazu fand sie jedoch erst, nachdem der Kritiker Harold C. Schonberg sie an der Mannes School in Chabriers L’Etoile erlebt hatte und in seiner Kritik in der New York Times meinte, »this little girl has real personality«. Schon vor dem Finale dem Met Auditions erhielt sie von Opern­direktor Rudolf Bing einen Dreijahres-Vertrag.

von Stade columbia recitals sony cover 4-001Nach ihrem Debüt als Dritter Knabe in Mozarts Zauberflöte (10. Januar 1970), sang sie in ihren beiden Saisons an der Met Wowkle in La fanciulla del West (neben Renata Tebaldi und Sandor Konya), Flora in La traviata, Stephano in Romeo et Juliette, den Hirten in Tosca, Nicklausse in Les Contes d’Hoffmann, Suzuki in Madama Butterfly; ein Blumenmädchen in Parsifal und Virginella in La Perichole (neben Teresa Stratas in der Titelpartie), Maddalena in Rigoletto sowie Siebel in Faust Cherubino in Le nozze di Figaro, den sie im Februar 1972 erstmals an der Met sang, sollte zu ihrer signature role werden. Als sie die Partie bei ihrem Debüt an der Oper von Santa Fe sang, schrieb Eleanor Scott: »Es waren zwei der Debütanten, die das Publikum verblüfften: Frederica von Stade als Cherubino und Kiri Te Kanawa als Gräfin. Jeder merkte, dass beide brillanten Neuentdeckungen waren.«

Kurz nach Ablauf ihres Vertrages stellte sie sich auch bei ihrem europäischen Debüt in Versailles zur Inauguration von Rolf Liebermann an der Pariser Oper unter Leitung von Sir Georg Solti als Cherubino vor. Solti setzte sie (wie Kiri Te Kanawa) 1981 auch in seiner Aufnahme ein. Auch bei ihren Debüts in Glyndebourne (1973) und Salzburg unter Herbert von Karajan (1974, dann wieder in der Aufnahme von 1978) triumphierte sie in dieser Partie.

von Stade columbia recitals sony cover 5-001Um die späteren Abenteuer des »signor amor«, der zu den faszinierendsten Figuren des europäischen Theaters gehört, geht es in Jules Massenets Oper Cherubin, die 1903 in Monte-Carlo mit Mary Garden in der Titelpartie und Maurice Renaud (als Le Philosophe) uraufgeführt wurde. Aus dem cialis 5 dosage »Schmetterling der Liebe« ist ein junger Mann geworden, der sich, nach man­cherlei Amouren, zwischen einer sinnlich-sündigen und einer unschuldigen Frau entscheiden muss. Frederica von Stade hat die Partie 1979 in Ottawa und Washington gesungen und zwölf Jahre später unter Pinchas Steinberg aufgenommen. Ein Höhepunkt der Aufnahme ist das nächtliche Duett aus dem zweiten Akt mit June Anderson als L’Ensoleillad (»Qui parle dans la nuit confuse?«).

1973 heiratete sie den Bass-Bariton Peter Elkus, der um ihrer Karriere willen die seine hintanstellte. (Die Ehe, aus der zwei Kinder hervorgingen, wurde 1990 geschieden.) 1976 verabschiedete sie sich nach Aufführungen als Adalgisa in Bellinis Norma und Rosina in Rossinis Barbiere für sechs Jahre von der Metropolitan Opera, auf deren Bühne sie 1982 als Star zurückkehrte. In Jean-Pierre Ponnelles Inszenierungen von Idomeneo und Le nozze di Figaro wurde sie zur Schlüsselfigur des Ensembles. Sie sang wieder Rosina, Octavian im Rosenkavalier; Blanche in Dialogues des Carmelites, Mélisande, Charlotte in Werther und Hanna Glawari in Die lustige Witwe. Charlotte und Octavian bezeichnete sie als »Stress- Partien« für ihre Stimme, denn es war keine »voice of quantity«, sondern »of quality«.

von Stade columbia recitals sony cover 6-001Komponisten, Dirigenten, Regisseure und Kollegen haben »Flicka« – so ihr Kosename – ein makelloses Führungszeugnis ausgestellt. Dominick Argento, der für sie (und Elisabeth Söderström) The Aspern Papers (1988) schrieb, berichtete, dass sie »letter perfect« bei den Proben erschien. Sie bestätigte dies erneut, als sie 1994 an der Oper von San Francisco in Conrad Susas The Dangerous Liaisons – nach dem Roman von Pierre Choderlos de Laclos – die Marquise de Merteuil verkörperte und endgültig Abschied nahm von den Pagen und Prinzessinnen. Als Jake Heggie ihr die Hauptpartie in Dead Man Walking anbot, schlug sie mit den Worten »Du willst eine jüngere Frau, einen jungen und begabten Mezzo« uneigennützig Susan Graham vor. In ihrer Vielseitigkeit, Weitläufigkeit und Eleganz hat sie den Mezzosopranistinnen der nachfolgenden Generation – neben Susan reliable online pharmacy for adderall Graham auch Susanne Mentzer und Joyce DiDonato – den Weg gewiesen.

von Stade columbia recitals sony cover 2-002Von ihrem Penchant für französische Musik zeugt ihr Recital mit Arien aus Opern von Berlioz, Gounod, Meyerbeer, Massenet und Thomas, in dem sie durch den Reichtum an farblichen Valeurs und cialis black market ihren elegischen Ton überzeugt, berückend und berührend etwa in Marguerites »D’amour l’ardente flamme«. Dieser spezifische Reiz der Stimme kommt auch in der Partie des Hänsel in der Oper von Engelbert Humperdinck zur Geltung, und er scheint sich im Zusammenklang mit der Gretel von lleana Cotrubas in seinem euphonischen Zauber zu verdoppeln. Zu ihren schönsten Rollenporträts auf Platte gehören Massenets Cendrillon und Cherubin; Als Cherubin verblüfft sie durch den Aufstieg in höchste Sopran-Regionen bis zum hohen D. Ein jeu d’esprit ist die Sammlung von Arien und Couplets aus Hauptwerken von Jacques Offenbach, die sie unter Antonio de Almeida aufgenommen hat. Neben dem schon erwähnten Schwipslied ist auf Helenas »Amours divins! Ardentes flammes!« und auf das Rondo »C’est ici l’endroit redoute« aus La Vie parisienne hinzuweisen.

von Stade columbia recitals sony cover 7-001Erneut unter Antonio de Almeida hat sie die Chants d’Auvergne von Joseph Canteloube gesungen. Lyrischen Liedern wie Lou coucut, Jou l’pount d’o Mirabel oder Obal, din lo coumbelo schenkt sie wieder den betörenden Zauber ihres schimmernden Timbres, dessen Reiz durch die sensible Begleitung (die nie nach Hollywood-Impressionismus klingt) verstärkt wird. In den rauen oder dramatischen Liedern ist ihr generic cialis online Singen, wie eingewandt wurde, vielleicht eine Spur zu zurückhaltend. Dies ist eine Frage des Stils nicht nur im Sinne der Symbiose von Musik und Technik, sondern auch eines Idioms. Mit Korrektheit allein ist es in den Chants d’Auvergne nicht getan. Nicht für alle Lieder, und schon gar nicht die, welche der Komponist als getrocknete Blumen bezeichnet hat, ist ihre blühende Stimme geeignet. Aber wie zau­berisch gelingt der spätromantische Triptyque. Beim Crossover in die Welt des Musical verirrt sie sich nicht in den falschen Distrikt, wie sie auch auf ihrem Album Flicka – AnotherSide of Frederica von Stade eindrucksvoll unter Beweis stellt. Jürgen Kesting (Den Artikel des namhaften Musikwissenschaftlers, Musikjournalisten und Stimmenkenners Jürgen Kesting entnahmen wir der Beilage zur neuen 18-CD-Box bei Sony: 8875183412 mit Dank für seine Großzügigkeit.)

 

von Stade columbia recitals sony cover 8-001Frederica von Stade – The Complete RCA & Columbia Recital Albums: CD 1 Arien und Duette (1975) – Werke von Schumann, Chausson, Schubert, Scarlatti, Mozart, Saint-Saens, Brahms (mit Judith Blegen und Charles Wadsworth). CD 2 Französische Opernarien (1976) – Arien von Meyerbeer, Gounod, Berlioz, Massenet, Offenbach, Thomas (London Philharmonic Orchestra, John Pritchard). CD 3 Lied-Recital (1979) – Lieder von Dowland, Purcell, Liszt, Debussy, Canteloube, Hall (mit Martin Katz, Klavier). CD 4 Italienische Opernarien (1979) – Arien von Monteverdi, Rossini, Paisiello, Leoncavallo (National Arts Centre Orchestra, Mario Bernardi). CD 5 Mahler (1979): Lieder eines fahrenden Gesellen; Lieder aus Des Knaben Wunderhorn (London Philharmonic Orchestra, Andrew Davis) CD 6 Ravel (1981): Scheherazade; Melodies populaires grecques Nr. 1 & 5; 3 Melodies hebraiques; Chansons madecasses (Boston Symphony Orchestra, Seiji Ozawa) CD 7 Live! (1982) – Lieder und Arien von Vivaldi, Scarlatti, Durante, Rosini, Ravel, Canteloube, Copland, Hundley, Thomson (mit Martin Katz) CD 8 Canteloube (1982): Chants d’Auvergne Vol. 1 (Royal Philharmonic Orchestra, Antonio de Almeida) CD 9 Berlioz (1984): Les Nuits d’Ete, La Damoiselle elue (Tanglewood Festival Chorus, Boston Symphony Orchestra, Seiji Ozawa) CD 10 Canteloube (1986): Chants d’Auvergne Vol. II; Tryptique (Tanglewood Festival Chorus, London Philharmonic Orchestra, Antonio de Almeida CD 11 “Flicka” – Die andere Seite der Frederica von Stade (1990) – Songs von Rodgers und Hart

von Stade columbia recitals sony cover 9-001CD 12 Weihnachten in der Carnegie Hall (1992) – The Twelve Days of Christmas; Mary’s Little Boy Child; Gesu Bambino; Alleluja aus Exsultate, jubilate KV 158a (Mozart); My Favorite Things; Winter Wonderland; We Three Kings of Orient Are; Mary Had a Baby; Go Tell It on the Mountain; Have Yourself a Merry Little Christmas; Silent Night; Joy to the World; Abendsegen aus Hänsel und Gretel (Humperdinck); Es ist ein Ros entsprungen u. a. (Orchestra of St. Lukes, Andre Previn) CD 13 Voyage a Paris (1995) – Lieder von Poulenc, Satie, Debussy, Honegger, Ravel, Messiaen (mit Martin Katz) CD 14 Offenbach (1995): Arien und Ouvertüren aus La Perichole, La Fille du Tambour-major, La Belle Helene, Madame L’Archiduc, La Vie parisienne, Orphee aux enfers, La Grande-Duchesse de Gerolstein (SCottish Chamber Orchestra, Antonio de Almeida) CD 15 Danielpour (1998): Elegies für Mezzo-Soprn, Bariton, Orchester; Sonnets to Orpheus (Thomas Hamspon, London Phiharmonic Orchestra, Perspectives Ensemble) CD 16 Szenen und Arienaus Il Ritorno d’Ulisse in Patria (Monteverdi) & Cendrillon ( Massenet) (London Philharmonic Orchestra, Philharmonia Orchestra, Raymond Leppard) CD 17 Collaborations – Arien & Szenen von Humperdinck, Massenet, Thomas (Ileana Cotrubas, Marilyn Horne, Gürzenich Orchester, Philharmonia Orchestra, Antonio de Almeida, John Pritchard) CD 18 Lieder und Arien von Schubert, Schönberg, Mendelssohn, Bolcom, Dvorak, Heggie, Barber, Strauss (Martin Katz, National Symphony Orchestra, Berliner Philharmoniker, Leonard Bernstein, Claudio Abbado) (Quelle cpo)

Meyerbeers „Dinorah“

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Seit 2014 präsentiert die Deutsche Oper Berlin eine große Meyerbeer-Reihe. Los ging’s mit Dinorah, und der Mitschnitt ist jetzt bei cpo auf CD erschienen. Dinorah konzertant war ein origineller Auftakt, denn die Deutsche Oper hatte sich entschlossen, vier Meyerbeer-Opern über einige Spielzeiten hindurch zu präsentieren, zwei recht bekannte, nämlich 2015 Vasco da Gama, (die Originalfassung der Africaine), im Herbst 2016 Les Huguenots sowie  Le Prophête. Den Beginn machte also Dinorah. ganz bewusst als Rarität im Herbst 2014 konzertant in der Berliner Philharmonie aufgeführt.

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Hier die Kritik zur neuen cpo-Ausgabe von Matthias Käther: Die Oper spielt – wie bereits hier in operalounge.de sehr ausgiebig gewürdigt – in einer einzigen Nacht auf dem Land, und wir sind drei entgrenzten Gestalten völlig ausgeliefert: dem wahnsinnigen Landmädchen Dinorah, einem schrulligen Dudelsackpfeifer und einem zwangsneurotischen Ziegenhirten. Und ach ja, richtig: Eine Ziege spielt auch mit (wenngleich im Konzert nur musikalisch). Offenbachs Operettenhandlungen wirken gegen diese Groteske geradezu seriös. Ein Segen, dass man dies nur konzertant gab. Und so ist die Oper auf der neuen cpo-CD – als musikalisches und weniger dramatisches Meisterwerk – gut aufgehoben.

Meyerbeers Ausflug ins (angeblich) Komische: Dinorah ist die zweite Opera comique Meyerbeers und die einzige ohne Anleihen bei älterer verunglückter Musik wie im „Nordstern“/ „L´Etoile du Nord“. Dass nach dem verquasten und umstrittenen Nordstern noch eine komische Oper (eigentlich opéra comique) nachgereicht wurde, hat 1859 viele Kritiker überrascht. Seit wenigen Jahren gab´s in Paris einen ernsthaften Konkurrenten für´s komische Fach: Jacques Offenbach, den Meyerbeer nicht nur kannte, sondern sehr schätze, er war sogar ein richtiger Offenbach-Fan. Es ist vielleicht nicht immer genussreich, aber doch hochinteressant zu hören, wie Meyerbeer sich mit diesen neuesten Pariser Einflüssen auseinandersetzt. Also mal nicht Verdi und Wagner im Nacken, sondern die leichte Muse. Die leider bei ihm so leicht nicht ist.

"Dinorah": Patrizia Ciofi im Konzert der DOB in der Berliner Philharmonie 2014/Foto Bettina Stöß/DOB

„Dinorah“: Patrizia Ciofi im Konzert der DOB in der Berliner Philharmonie 2014/Foto Bettina Stöß/DOB

In einem frühen Woody-Allen-Film wird ein missglücktes Soufflé von zwei Personen taumelnd und schweißgebadet aus der Küche getragen. Das ist es: Ein Drei-Zentner-Soufflé, eine viel zu komplizierte, intellektuelle Musik für einen solch simplen Stoff. Es gibt durchaus Musikwissenschaftler, die genau daraus versuchen, einen Meilenstein absurden Theaters zu konstruieren, die also sagen: Wir haben eine ländliche idyllische Geschichte und dazu den gesamten überbordenden Opernapparat der damaligen Moderne, aber ich weiß nicht recht: Diese Musik trifft nicht ins Herz, alles ist hochartifiziell, raffiniert, klug durchdacht, ausgefeilt, aber sie hat keinen Charme. Mit wenigen Ausnahmen – dazu gehören der wirklich geniale Anfang, die stimmungsvolle Ouvertüre und der Eröffnungschor samt Gewitter, eine Szene, die fast von Offenbach sein könnte. Aber eben nur fast.

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Meyrbeers verpasste Chance: Der Gestus der durchkomponierten großen italienischen Oper, eine semiseria á la Donizetti dürfte zu Meyerbeers Stil viel besser passen als der der leichtgeschäumten Opera comique mit ihren gesprochenen Dialogen. Aber Moment mal, da war doch was … Hat nicht Meyerbeer genau das auch gespürt? Hat er nicht später das gesamte Werk als italienische Oper großes Stils neu überarbeitet, Rezitative komponiert, neue Nummern geschrieben und das Ganze dann in London als extrem sorgfältig revidierte Fassung herausgebracht? Hat er! Warum nur nimmt das niemand auf? Diese nun schon dritte Einspielung der heterogenen ersten französischen Fassung hätte auch eine Welterstaufnahme der von Meyerbeer autorisierten zweiten italienischen Version sein können. Wieder mal eine Chance vertan.

"Dinorah": Philippe Talbot und Etienne Dupuis/Foto Bettina Stöß/DOB

„Dinorah“ im Konzert: der DOB Philippe Talbot und Etienne Dupuis/Foto Bettina Stöß/DOB

Stilistisch brillante Aufnahme: Davon abgesehen, kann man nur sagen: Nun haben wir das mit dieser neuen cpo-Aufnahme umstrittene Werk eines Meisters in einer unumstritten glanzvollen Darbietung! Das ist umso erstaunlicher, als die beiden Hauptpersonen der Aufnahme mich nicht immer überzeugen konnten in letzter Zeit. Dirigent Enrique Mazzola kann auch recht dröge Tempi anschlagen, wenn er einen schlechten Abend hat. Hier übertrifft er sich selbst, ist ganz Feuer und Flamme und zelebriert wirklich einen fast offenbachschen Meyerbeer. Patricia Ciofi, eine der wichtigen Koloratursopranistinnen der Gegenwart, hat in den letzten Jahren ihre mädchenhafte Leichtigkeit dann und wann verloren, hier ist sie trotz kleiner Schärfen in guter Form. Ganz vorzüglich auch der Tenor Philippe Talbot, der sich in den besten Augenblicken fast so strahlend anhört einst wie der große Alain Vanzo. Dazu kommt auch der hinreißende Etienne Dupuis: Beide können vor allem auch ihre Dialoge mit Elan sprechen und wirklich bestes Französisch singen. Stilistisch ist das die bessere Dinorah – wesentlich überzeugender, dichter und besser gesungen als die verdienstvolle alte Opera-Rara-Aufnahme, die zum Kennenlernen damals ihre unbestreitbaren Meriten hatte (zudem in einer abweichenden Fassung, denn die neue folgt der aktuelle Meyerbeer-Edition). Und auch wenn Dinorah wirklich nicht meine Lieblingsoper von Meyerbeer ist, muss ich zugeben: Idiomatischer bekommt man die französische Version nicht hin (2 CDs mit dickem Booklet und einführendem Aufsatz von Sieghard Döhring, cpo 555014-2. Und als Tip: Die Deutsche Oper Berlin hat als broschierte Ausgabe die Vorträge des zeitgleich stattfindenden Symposiums zu Meyerbeer herausgegeben – unbedingt empfehlenswert!) Matthias Käther/ G. H.

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Und nun das Ganze etwas ausführlicher in einem Beitrag von Michael Scott: Giacomo Meyerbeer ist uns nur als etwas grämlicher, strengblickender Herr des 2me Empire überliefert – nicht wirklich der Charakter, von den man sich eine komische Oper vorstellen kann, mit Ziege und latentem Wahnsinn nebst Schattentanz in einem wirklich absurden Plot. Aber – er hat´s geschrieben, Ziege oder nicht. Nach seinen triumphalen Grand-Opéra­-Erfolgen Robert le Diable, Les Huguenots und Le Prophète brachte Meyerbeer 1854 L’étoile du Nord heraus, der einen Wendepunkt in seinem Schaffen markierte.

dinorah1ox9Der Stoff des Etoile war eben eine historisch angesiedelte Opéra comique – im Wesentlichen handelte es sich um eine Überarbeitung des Feldlagers in Schlesien, das Meyerbeer 1847 für die Berliner Hofoper komponiert hatte (und ganz grundsätzlich ist eine Opéra comique nicht wirklich eine komische Oper, sondern im französischen Verständnis der Zeit eine Oper mit Sprechdialogen, möglicherweise heiteren Sujets, aber eben nicht mit durchkomponierten Rezitativen, unserer deutschen Spieloper gleich. Aber auch tragische Opern wie Roméo et Juliette nahmen ihren Anfang als Opern mit Dialogen an der Pariser Comique und wanderten dann mit Rezitativen an die Opéra, da waren die Pariser strikt und danach sehnte sich Offenbach). Meyerbeers nächstes Werk, Le Pardon de Ploermel, war dann ganz und gar unabhängig und original heiter.

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Giacomo Meyerbeer/OBA

„Dinorah“/Giacomo Meyerbeer/OBA

Das Werk: Diese Oper ist – wenn überhaupt – besser bekannt unter dem Namen Dinorah (während sie in Frankreich weitgehend unter dem ersten Titel lief – andere waren Die Wallfahrt nach Ploermel, The Pilgrimage of Ploermel oder Le Pardon de Notre-Dâme und Les Chercheurs). Die Premiere fand am 4. April 1859 in der Opéra-Comique in der Anwesenheit ihrer kaiserlichen Hoheiten Kaiser Napoleon III. und Kaiserin Eugénie statt. Musikalisch unterstrich das Ereignis die Bedeutung Meyerbeers, bewies seine große Virtuosität und seine Fähigkeit, sein Publikum in Begeisterung zu versetzen. Im Alter von 67 Jahren verließ der Quasi-Erfinder der Grand Opéra sein großangelegtes historische Genre, das ihn mehr als 30Jahre lang beschäftigt und berühmt gemacht hatte. Stattdessen komponierte er nun eine Schäferidylle.

L‘ Étoile du Nord und Dinorah waren nicht Meyerbeers erste Versuche mit dem Genre der Opéra comique. Als Student hatte er die Spieloper Abimelech kompo­niert, die 1813 in Stuttgart aufgeführt wurde, offensichtlich ohne Konsequenzen. Es dürfte jedoch unwahrscheinlich sein, dass sich irgendjemand, auch Meyerbeer selbst, nach 45 Jahren noch an dieses Werk erinnerte.

Dinorah ist sicher das einfachste, am wenigsten komplizierte der reifen Werke Meyerbeers, sie benötigt die wenigsten szenischen Hilfsmittel und verlangt die kleinste Besetzung. Doch obwohl das Werk auf den ersten Blick gar keine Ähnlichkeit mit Robert le Diable, Les Huguenots und Le Prophète zu haben scheint, zeichnet es sich dennoch durch die gleichen kühnen und malerischen Effekte und die für die Grand Opéra typische anspruchsvolle Aufmerksamkeit in der Detailgestaltung aus.

"Dinorah": Finale in Compiegne 2000/TIC

„Dinorah“: Finale in Compiegne 2002/TIC

Meyerbeers Theatererfahrung war enorm, und er überließ nichts dem Zufall. Wie bei seinen anderen Werken legte er auch bei der Dinorah großen Wert auf gründliche Probenarbeit, die weit über die bloße Vorbereitung auf den Premierenabend hinausging. Er nutzte die Proben vielmehr als Experimentierfeld, als eine Gelegenheit, alle möglichen Effekte auszuprobieren: zusätzliche Arien, Variationen in der Stimmführung, Kadenzen, alternative Orchestrierungen, Regieeinfälle und Bühnenbilder. Hier war die Gelegenheit für die Feinarbeit. Meyerbeer musste erst alles gesehen und gehört haben, die Meinungen aller Beteiligten gesammelt haben (nicht zuletzt die des Chefs der Claque ..), bevor er endgültig entschied, wie er alles haben wollte. Erst dann wurden die Veränderungen aufgeschrieben, wobei die musikalischen Abänderungen sorgfältig in die Partitur integriert wurden.

"Dinorah": Szene 2. Akt im Entwurf von Mühldorfer für Paris/OBA

„Dinorah“: Szene 2. Akt im Stich von Mühldorfer/OBA

Es gab wohl kaum einen Komponisten zu seiner Zeit, der derartig skrupulös mit der Aufzeichnung seiner Kompositionen umging. Sänger, Chor und Orchestermusiker erhielten genauste Anweisungen, so z.B. für den Gebrauch des Portamento und des Phrasierens oder für die präzise Ausführung von verschiedenen nicht-legato Markierungen: pique, martelle etc . Auf diese Weise wurde eine größtmögliche Ausdrucksvariation erreicht. Obwohl eine Meyerbeer­-Partitur keine Anweisungen für alles enthält, bietet sie dennoch mehr Informationen über den gewünschten Aufführungsstil als die aller anderen wichtigen Komponisten. Vom heutigen Standpunkt aus macht das eine Wiederbelebung seiner Werke einfacher als die der Opern von z.B. Rossini oder Donizetti.

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"Dinorah": Frotespièce der Partitur/OBA

„Dinorah“: Frontespièce der Partitur/OBA

Verwirrende Vorspiele: Ursprünglich hatte Meyerbeer einen Einakter schreiben wollen und die renommierten Librettisten Barbier und Carré (und nicht Scribe!) für die Zusammenarbeit engagiert. Den Stoff entnahmen sie einer Sammlung von alten bretonischen Legenden, die der Forscher Emil Souvestre zusammengestellt hatte. Sie verwendeten Teile von zweien dieser Legenden als Grundlage für ihre Geschichte: Aus La Chasse aux tresors und La Kacouss de l’armour bastelten Barbier und Carré ein Libretto mit 3 Szenen und 3 Charakteren und nannten es Dinorah. Meyerbeer hatte das Ganze in kürzester Zeit vertont und zeigte das neue Werk Perrin, dem Direktor der Opéra-Comique. Perrin sah es (ähnlich wie Intendant Carvalho vom Theatre-Lyrique) geradezu als seine Pflicht an, für jedes Werk, das ihm angeboten wurde, Änderungen zu verlangen. (Carvalho ging dabei noch weiter und veränderte auch Klassiker wie Orphée und Don Giovanni.) Dinorah machte natürlich keine Ausnahme. Aber da Meyerbeer der renommierteste lebende Opernkomponist war, musste Perrin einige Tricks anwenden, um zu seinem Ziel zu gelangen. Was wirkte besser als Schmeichelei? „Nur ein einziger Akt von Ihnen, Maestro? Ist es möglich? Was sollen wir im Anschluss spielen? Ein neues Werk von Meyerbeer sollte abendfüllend sein… „ usw. usw.

Aber es funktionierte, 61sbeXbDwNL._SX300_zumal Meyerbeer selber definitiv eine geradezu manische Vorliebe für Veränderungen hatte. Er nahm das Manuskript mit an die Riviera, wo er stets seine Winter verbrachte, und baute es dort zu einem dreiaktigen Werk aus, erfand einen Chor hinzu sowie einige Nebenfiguren. Für die neuen Teile schrieb er nicht nur die Musik, sondern auch den Text. Zusätze kamen (laut Arsenty) in deutsch von Charlotte Birch-Pfeiffer und Meyerbeer selbst und wurden von Georges-Fréderic Burguis und Joseph Duesburg ins Französische übersetzt. Später, bei der Londoner Premiere in Covent Garden am 26. Juli 1859, schrieb er den Text für die Canzonetta des Ziegenhirten (eine für Constance Nantier-Didiée komponierte Travestierolle) und auch für die Rezitative, die in der nun italienischen Version den gesprochenen Dialog ersetzten. Barbiers und Carrés Anteil am Libretto macht insgesamt daher – abgesehen von der Entwicklung der eigentlichen Story – kaum ein Viertel aus.

"Dinorah": Marie Cabel war die erste Titelsängerin/OBA

„Dinorah“: Marie Cabel war die erste Titelsängerin/OBA

Nachdem die Oper fertig war, gab es eine weitere Verzögerung, bevor das Werk endlich auf die Bühne gehen konnte: Besetzungsprobleme! Meyerbeer wollte Marie Miolan-Carvalho als Dinorah und Jean­ Baptiste Fauré, aber die beiden waren bei verschiedenen Häusern unter Kontrakt: Miolan-Carvalho (die Erstsängerin der Carmen) am Haus ihres Mannes, Fauré (der erste Hamlet von Thomas) an der Opéra­ Comique. Schließlich akzeptierte Meyerbeer Marie Cabel als Dinorah und gab das Werk an die Opéra-Comique. Wahrscheinlich waren diese Verhandlungen jedoch eher eine Art Schattenboxen, das nur deswegen inszeniert worden war, um dafür zu sorgen, dass ein anderes Werk mit bretonischem Hintergrund (Limanders Les blancs et les bleus) von beiden Häusern abgelehnt werden würde, solange beide Intendanten noch die Hoffnung hatten, Dinorah für sich zu gewinnen.

"Dinorah": Der Bariton Sainte-Froy als Hoel in der Uraufführung

„Dinorah“: Der Bariton Sainte-Froy als Hoel in der Uraufführung/OBA

Die Premiere unter der musikalischen Leitung Meyerbeers war ohne Zweifel ein großer Erfolg. Wie üblich hatte Meyerbeer dafür gesorgt, dass sein Werk gut auf genommen werden würde, doch offensichtlich war der Kritiker von L’Annee musicale wirklich enthusiastisch. Er lobte die Oper als die melodienreichste Meyerbeers, pries die lnstrumentationskunst des Komponisten, den Harmonienreichtum und die kühnen und neuartigen Modulationen. Auch die Story mit ihrem rustikalen Charme wurde gerühmt.

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Verbreitung: Die Oper eroberte sich schnell einen festen Platz an der Opéra-Comique; 1874 sah die hundertste Vorstellung, und 1900 war sie mehr als 200mal gehört worden. Knapp vier Monate nach der Premiere kam Dinorah in einer italienischen Fassung nach Covent Garden. Bei dieser Gelegenheit sang Madame Miolan-Carvalho die Titelpartie zum ersten Mal und machte großen Eindruck. Die Oper wurde sechs Mal gespielt und erfuhr im folgenden Jahr noch einmal sechs Aufführungen; dazwischen gab es Versionen in englischer Sprache. In Deutschland hörte Coburg sie erstmals im Jahre 1859 (in der deutschen Übersetzung von Grünbaum). Es folgte im deutschsprachigen Raum die Königliche Oper in Berlin 1881. In Europa zählten Städte wie Brüssel 1859, Genf 1860, St. Petersburg 1860, Prag dto., Budapest dto. (in ungarisch!), Wien 1865, Florenz 1867, Barcelona 1868 (italienisch), Warschau 1870 (dto.), Stockholm 1870 (schwedisch!), Lissabon 1874 (italienisch) und schließlich Kopenhagen 1875 (dto ) zu den wichtigsten.

"Dinorah": Adelina patti war die bedeutende Dinorah ihrer zeit/OBA

„Dinorah“: Adelina Patti war die bedeutende Dinorah ihrer Zeit/OBA

Die ersten amerikanischen Vorstellungen der Dinorah fanden in der Saison 1860/61 in New Orleans statt. Die Titelpartie wurde von einer Siebzehnjährigen gesungen, die einen überwältigenden Erfolg hatte und die berühmteste Interpretin dieser Rolle wurde: Adelina Patti, die damals am Anfang ihrer legendären Karriere stand. Innerhalb von zwei Jahren sang sie als Nachfolgerin von Miolan-Carvalho die Dinorah in Covent Garden. Sie trat in dieser Rolle in jeder Saison von 1869 bis 1884 mit wechselnden Hoels auf, darunter Francesco Graziani, Santley, Victor Maurel, Jean Lassalle und Antonio Cotogni. Als sie die Rolle schließlich aufgab, wurde die Oper nur noch einmal aufgeführt, bevor sie aus dem Repertoire verschwand. Patti verschaffte Dinorah den absolut internationalen Ruhm; sie sang die Oper in Berlin, New York, St. Petersburg, Wien und anderswo. Selbst der immer etwas sauertöpfische Wiener Kritiker Eduard Hanslick konnte sich in ihrer Interpretation für das Werk begeistern.

Seit der großen Zeit der Patti ist Dinorah einige Male für verschiedene Operndiven wieder ausgegraben worden. 1882 und 1883 wurde sie in Monte-Carlo von Marie van Zandt, der ersten Lakmé, gegeben, die 1892 auch damit eine einmalige Vorstellung an der Metropolitan Opera präsentierte. 1904 brachte Gatti-Casazza die Oper an der Scala für Maria Barrientos auf die Bühne; Giuseppe de Luca war der Hoel.

„Dinorah“: Auch der grosse Bariton Jean-Baptiste Faure (Thomas´ erster Hamlet) war Hoel/OBA

New York hörte sie 1907 am Manhattan Opera House während der Hammerstein Saisons mit der polnischen Sopranistin Regina Pinkert (ein Kritiker beschrieb das Werk als „tote Oper mit einer lebenden Ziege“); im folgenden Jahr scheint jedoch Luisa Tetrazzinis atemberaubende Virtuosität die Oper wiederbelebt zu haben. Dinorah war eine der Lieblingsrollen von Amelita Galli-Curci, die sie mit großem Erfolg im Herbst 1917 an der Chicago Opera sang. Wiederum Gatti­ Casazza sorgte dafür, dass die Oper für sie aufgeführt wurde, diesmal an der Metropolitan Opera im Jahre 1925. Es gab jedoch nur zwei Vorstellungen mit ihr, bei denen de Luca wieder der Hoel war. Michael Scott/ Geerd Heinsen

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In den letzten Jahren ist die Oper in keinem Opernhaus von internationaler Bedeutung szenisch aufgeführt worden (naja, 2002 nun doch in Compiege), obwohl die „Schattenarie“ ein Konzert- und Schallplattenhit vieler berühmter Sopranistinnen – darunter Lily Pons, Maria Callas und Joan Sutherland – war. Die modernen Aufführungsserien liefen, neben einer von 1953 am Théâtre la Monnaie in Brüssel, 1983 in Triest am Teatro Verdi (Luciana Serra sang sauer die Titelpartie, natürlich in Italienisch/ Living Stage). Louis Jourdan, Intendant des renommierten Théâtre Imperial und Pionier in Sachen französische Oper, präsentierte Dinorah 2000 – Isabelle Philippe sang sehr niedlich die Titel-Partie, Armand Arapian den Hoel. Die reizende John-Dew-Aufführung in Dortmund (man erinnert die Regenschirme) geschah im selben Jahr. Dann brachte die Deutsche Oper Berlin das Werk konzertant im Oktober 2014 in der Berliner Philharmonie mit Patrizia Ciofi und Etienne Dupuis unter Enrique Mazzola, wie es bei cpo ( 555014-2) als CD herausgekommen ist…

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Amelita Galli-Curci als Dinorah/ Victrola Book of Opera/Wikipedia

Von der Aufführung in Compigene gibt´s ein DVD-Video (Cascavelle VEL 7000), sehr süß. Die lange Zeit einzige Schallplattenaufnahme von Opera Rara (ORC5) mit der agil-insularen Deborah Cook/Dinorah und dem virilen Christian du Plessis/Hoel (neben der prachtvollen Della Jones in der Hosenrolle unter James Judd als Garant flotten Dirigats) enthält die Originalversion in französischer Sprache mit allen Zusätzen, die Meyerbeer für die Oper geschrieben hat, einschließlich der Ziegenhirten-Arie und den Rezitativen (!). Dies war 1996 mit Sicherheit eine Weltpremiere, da die Oper wahrscheinlich in Frankreich und anderswo nie vollständig aufgeführt worden ist und im Ausland nur die italienische Version (Serra, Living Stage) oder eine andere Übersetzung gespielt wurde.

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Von allen Meyerbeer-Opern ist Dinorah wohl diejenige, die heute am einfachsten auf die Bühne zu bringen ist. Mit einer Ausnahme: die Ziege! Man fragt sich, wie Meyerbeer und seine Librettisten auf die Idee kamen, ein so störrisches und unsoziales Tier zu wählen. Die Ziege, die jahrelang an der Opéra-Comique mitwirkte, war ein echtes Komödiantentier. 1882 hatte man in Monte-Carlo jedoch weniger Glück. Die Ziege machte ihrem Charakter alle Ehre, lernte ihre Rolle nicht, schubste die Primadonna am Ende des 2. Aktes in eine Gasse und sprang schließlich selbst hinterher. Es ist wohl kaum nötig, die Auswirkung auf die dramatische Illusion zu beschreiben. Geerd Heinsen

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(Dem Artikel liegt der Aufsatz von Michael Scott in der Beilage zur Aufnahme bei Opera Rara/ORC5 zugrunde; Bild oben: Poster der Pierre-Jourdan-Produktion der „Dinorah“ am Théâtre Imperial in Compiegne 2002 in der Ausstattung von Jean-Pierre Capeyron mit Isabelle Philippe, Armand Arapian, Frederic Mazotta und Lucille Vignon unter Olivier Opdeneck/ DVD-Still von Cascavelle VELD 7000/OBA). Geerd Heinsen).

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Eine vollständige Auflistung der bisherigen Beiträge findet sich auf dieser Serie hier.

„Dunkel klingen meine Lieder!“

 

Der britische Pianist Graham Johnson hat sich bei hyperion bereits ein Denkmal gesetzt: er hat im Rahmen der „hyperion Schubert Edition“ zwischen 1987 und 1999 alle Schubert-Lieder eingespielt (37 CDs), zwischen 1995 und 2007 wurden alle Schumann-Lieder aufgenommen (10 CDs). Zahllose namhafte Sänger verschiedener Generationen konnte Johnson über die Jahre für seine CDs gewinnen, bspw. Janet Baker, Ann Murray, Arleen Auger, Brigitte Fassbaender, Margaret Price, Christine Schäfer, Juliane Banse, Dorothea Röschmann, Kate Royal oder Thomas Hampson, Peter Schreier, Christoph Prégardien, Mark Padmore, Simon Keenlyside u.v.a.m. Seit 2008 sind nun alle Lieder von Johannes Brahms im Fokus. In den bisherigen fünf Aufnahmen, die nicht eine chronologische Ordnung haben, sondern die Veröffentlichungsreihenfolge der Lieder widerspiegeln und damit quasi Brahms` beruflicher Karriere folgen, sangen bisher Angelika Kirchschlager, Christine Schäfer, Simon Bode, Robert Holl und Christopher Maltman.

Im zuletzt erschienenen sechsten Teil ist Ian Bostridge  zu hören, der meines Wissens zum ersten Mal eine CD mit Liedern von Brahms vorlegt. Er präsentiert die neun Lieder und Gesänge op.32, vier Lieder op.96 und 15 weitere Einzelwerke zwischen op.47 und op.107 (in der Summe 28 Lieder) auf seine typische, sorgfältige und durchdachte Weise. Bei Bostridge klingen Brahms‘ oft ernste und von Konflikten umschattete Lieder intim und sehr persönlich, er schafft eine Nähe und Dramatik, die neugierig macht und der man beim Zuhören gebannt folgt. Das makellose und beredte Spiel von Johnson machen ihn zum gewohnt gleichberechtigten Partner. Das Beiheft besticht durch Ausführlichkeit. Jedes einzelne Lied wird von Graham Johnson vorgestellt und besprochen, allerdings nur in englischer Sprache.  „Dunkel klingen meine Lieder!“ ist die Schlusszeile eines von Brahms vertonten Gedichts von Adolf Frey – sie könnte dieser gelungenen Einspielung als Titel taugen. (hyperion, CDJ33126).

Werner Güra  hmfLieder & Bagatellen heißt der aussagekräftige Titel, den Tenor Werner Güra und Pianist Christoph Berner ihrer CD gegeben haben. Zu hören sind sechs Bagatellen für Klavier und neun Lieder von Ludwig van Beethoven. Knapp 80 Lieder vertonte er zwischen 1783 und 1823, also im Spannungsfeld zwischen verklingendem Rokoko und erblühender Romantik. Das älteste Lied der hier vorliegenden Auswahl ist auch das berühmteste: „Adelaide“; weiterhin erklingen zwei weitere Frühwerke – „Zärtliche Liebe“ und „Der Kuß“. Beethovens mittlere Periode sind durch „Lied aus der Ferne“, „Wonne der Wehmut“ und „An die Hoffnung“ op.32 vertreten. Am Übergang zur späten Schaffensphase stehen „An die ferne Geliebte“, „An die Hoffnung“ op.94 sowie mit „Resignation“ ein Lied, das Beethovens Verzweiflung angesichts des Gehörverlusts verdeutlicht und mit seiner Ausdruckssprache auf das Spätwerk verweist, zu denen auch die zu hörenden Bagatellen gehören. Die nicht in chronologischer, Reihenfolge, sondern wie zufällig angeordnet wirkende Werke der CD ergeben also einen interessanten Querschnitt durch Beethovens Schaffensphasen, die auch durch die beiden verschiedenen Versionen von  „An die Hoffnung“ verdeutlicht wird – die  frühere (op.32 von 1805) eröffnet die CD, die ältere (op.94 von 1815) beschließt sie. Der lyrische und sanfte Tenor von Werner Güra besticht durch Leichtigkeit. Er gibt den Liedern mit sicheren Höhen und feinen Nuancen einen sinnenden und nachdenklichen Charakter, der selten dramatisch aufbegehrt, es sind eher Seufzer und Bedrückung sowie Zartheit und Zärtlichkeit, die die Stimmungen prägen und deren Bandbreite exemplarisch von den gegensätzlich gewählten Liedern „Resignation“ und „An die Hoffnung“ sowie der empfindsamen „Adelaide“ bestimmt sind. Pianist Berner ist für die Abwechslung zuständig: er spielt auf einem historischen Fortepiano von 1847, einem Hammerflügel der Firma Streicher und überzeugt nicht nur als Liedbegleitung, sondern auch bei den sechs Bagatellen op.126. (harmonia mundi, HMC902217). Marcus Budwitius

Goldmarks „Königin von Saba“

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cpo unterstreicht einmal mehr seinen Anspruch, das Label des Besonderen zu sein, diesmal mit der Herausgabe der Goldmarkschen Königin von Saba aus dem Theater Freiburg, die dort in einer mehr als diskutablen Produktion durch Regisseurin Kirsten Harms 2015 über die Bretter gegangen ist und die Freund Stefan Lauter in Grund und Boden verriss. Er fand´s stereotyp, opportunistisch und total langweilig, was Berlins ehemalige DOB-Chefin dort im Verein mit ihrem Mann in Szene gesetzt hatte.

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"Die Königin von Saba": Fabrice Bolton dirigiert Goldmarks Oper bei cpo/ Foto Maurice Korber/cpo/Theater Freiburg

„Die Königin von Saba“: Fabrice Bolton dirigiert Goldmarks Oper bei cpo/ Foto Maurice Korber/cpo/Theater Freiburg

Gar nicht langweilig war´s musikalisch. Im Gegenteil. Dirigent Fabrice Bollon hätte vielleicht noch ein Quentchen mehr an ritardandi und Sinnlichkeit schwappen lassen können, aber sein Philharmonisches Orchester Freiburg gibt alles an Streicher- und Holzbläserseeligkeit, lässt große symphonische Dynamiken erklingen und bedeckt sich mit Ruhm. Das Gleiche gilt für die fabelhaften und zudem wortverständlichen Chöre (Bernhard Moncado). Und Wortverständlichkeit lässt den Hörer auch bei den Solisten staunen. In der heiklen Tenorrolle ist der junge Nutthaporn Thammathi als (optisch etwas weniger plausibler) Assad wie bereits in der Budapester Inszenierung derselben Oper 2015 eine Offenbarung. Kaum je habe ich in den letzten Jahren eine so mühelose, schöntimbrierte, helle und junge Tenorstimme gehört, absolut wortdeutlich und furchtlos in den diffizilen Passagen (und in den „Magischen Tönen“). Sensationell. Die Titelsängerin ist (wie auch in Budapest 2015) Katerina Hebelková, weitgehend ein Glücksgriff, jung und schön, und wenn von Frau Harms nicht sterotyp zum Vorstadt-Vamp verdammt (auch mal mit blonder Langhaar-Perücke, huhh wie verführerisch), wirklich bühnenbeherrschend, zudem stimmlich nicht unrecht, wenngleich in den sicheren Höhen unter Druck auch reichlich “bibberig” – aber eine ideale Königin mit fester, leuchtender Höhe ist einfach nicht dokumentiert, eine wirklich komplexe Rolle. Elina Granca könnte ich mir darin vorstellen, oder einen dunklen Sopran wie die Pollet.

goldmark saba cpo

Die schwierige Partie der Sulamith ist mit Irma Mihelic bestens besetzt, ein wenig lyrischer als erwartet, aber topsicher auf der Höhe und süß im Ton. König Salomon hat in Karoly Szemeredy einen gebieterischen, sonoren und wie seine Kollegen erstaunlich idiomatischen Vertreter, gefolgt von Jin Seok Lee als dto. machtvoller Oberpriester (der als Tempelwächter hinter der Szene doubliert). Kevin Moreno stützt als Palastaufseher ebenso erfreulich. Und nicht vergessen soll man Kim-Lillian Strebel als bezaubernde Astaroth mit ihrem orientalischen Solo (das ich immer so liebe, wie im ganzen diese wunderbare pseudo-orientalische „Bauchtanzmusik“ der Oper mich jedesmal hinreisst). Alles in allem kann man sich über diese CDs bei cpo nur freuen und dem Theater Freiburg für diese Leistung und den Mut zu einer nur noch dem Titel nach bekanntem Werk gratulieren! Fabelhaft (2 CD cpo 8455682).

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„Die Königin von Saba“: trotz starker Erkältung sang der Tenor Wolfgang Millgramm sensationell in Amsterdam/Millgramm

Vielleicht noch ein Blick auf die Konkurrenz, denn die „Magischen Töne“ des Assad gehör(t)en ja zum Standardrepertoire jugendlicher Tenöre – unerreicht natürlich Leo Sleszak auf alten Schellacks (z. B. Nimbus), Günter Treptow finde ich zu schwer, Karl Erb ein wenig zu dünn, aber natürlich sind Nicolai Geddas hohe Noten betörend, wenngleich die Stimme als solche mir nicht heldisch genug scheint/ EMI. Peter Seifert auf seiner alten EMI-CD macht einen bemerkenswert guten Eindruck. Roberto Alagna (auf „My life is an opera“ bei DG) ist einfach ein falsettierender Lacher mit sehr schlechtem Deutsch. Siegfried Jerusalem, der die bislang einzige „offizielle“ Gesamaufnahme der Königin von Saba (bei Hungaroton) wie auch die Live-Aufnahme aus Wien 1979 schmückt, tut sich gerade mit dieser diffizilen Arie und auch sonst mit der Oper keinen Gefallen. Und überhaupt ist die ganze Einspielung von 1978 kein Gewinn – Adam Fischer dirigiert zum Einschlafen und die Mädels (Takacs und Kincszes) mühen sich um Unbedeutendes. Es gibt auch einen Mitschnitt aus der Bupapester Synagoge 2000 mit Andrasz Molnar auf Video, aber nicht kommerziell zu haben.

„Magische Töne“: Die wunderbare polnische Sopranistin Teresa Kubiak singt die Sulamith 1970 in New York/ poland.us

Meine Favoritin der Sulamith ist die fulminante Teresa Kubiak (unglaubliche Auftritsareie: „Dem freunbd is main…“) auf dem Live-Mitschnitt bei Gala von 1970 unter dem feschen Reynald Giovaninetti mit Wolfgang Anheisser als machtvollem Salomon und einem etwas anämischen Assad, das ist wahr, von Alpha Floyds bizarrer Königin mal ganz abgesehen, aber Kate Hurney lockt betörend aus dem Schilf.

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Die Kubiak sucht ihresgleich in ihren beiden Arien und stellt alle Kokurrentinnen an Leuchtkraft und Ausdruck in den Schatten; auch die sonst wirklich prachtvolle Dagmar Schellenberger auf dem – nur als Dokument unter Sammlern kursierenden – Mitschnitt aus Amsterdam bei der Vara 1997, wo Daniel Nazareth wie der Teufel eine Orgie an Klang und Sinnlichkeit allein schon in der rasanten Ouvertüre entfaltet und Wolfgang Milgramm trotz akuter Indisposition einen der schönsten Opernhelden singt, den ich jeh gehört habe.

Habenswert und schwer zu bekommen. Weitere Live-Mitschnitte kommen aus Frankfurt mit der passablen Frau Schuster unter Fischer in Mannheim 2002 und aus Budapest kürzlich mit Erika Gal und dem in Freiburg singenden Tenor (die Zweitbesetzung mit Thammathi, Hebelkova/Freiburg und Szemeredy hatte auch was für sich – ein Blick zu youtube lohnt sich auch hier). Die gruselige Wiener Aufnahme mit der Silja (und Jerusalem 1979) übergehe ich, den Mitschnitt aus Graz mit Gabriele Lechner hab ich verschenkt. Vielleicht fallen dem einen oder anderen Leser noch weitere dokumentierte Aufführungen ein. Historische Aufnahmen bei Marston und anderen bieten – an knisternden Schellack-Lagerfeuern – natürlich Slezak, Elisa Elizza, Richard Mayr, Elsa Bland und andere Recken; aber das ist mir für den Genuss zu alt. G. H./ Stefan Lauter

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Eine vollständige Auflistung der bisherigen Beiträge findet sich auf dieser Serie hier.

Isadora Duncan

 

Manche werden sich noch an den bizarren Film von Ken Russell über die Tänzerin Isadora Duncan (1877 – 1927) erinnern, in dem Vivian Pickels nicht nur nackt durch Wiesen tanzte, sondern einen grausigen Tod durch Erwürgen fand, als sich ihr langer weißer Schal in den Speichen ihres Sportwagens verfing. (Karel Reisz drehte ebenfalls einen Film über die Tänzerin mit Vanessa Redgrave in der Titelpartie.). Isadora Duncan war eine bemerkenswerte, emanzipierte und mutige  Frau in jeder Hinsicht, und ihre Erinnerungen, kurz nach ihrem Tod 1927 als „My Life“ erschenen,  sorgten für kleine Erschütterungen, war doch ihre Leben ein Kaleidoskop von Affären, Begegnungen und Triumphen. Isadora Duncan gilt als Wegbereiterin des modernen Tanzes und macht im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts vor allem in Europa und der russischen Sowjetrepublik Karriere. Sie tanzt auf vollkommen neue Art unter Rückbesinnung auf die Antike zu den großen klassischen Werken der Musik und schockiert ihr Publikum mit entblößten Armen und Beinen. Mit einem der Erben des Singer Nähmaschinen-Imperiums verbindet sie eine langjährige Beziehung, aus der ein Kind hervorging, aber heiraten will sie nicht. Zwei weitere Kinder gab es aus anderen Beziehungen. Die unkonventionelle und bildschöne Künstlerin lehnt sich gegen die bürgerlichen Konventionen auf und engagiert sich für die Rechte der Frauen. Nun sind im Berliner Parthas Verlag ihre Erinnerungen in deutscher Sprache erschienen. G. H.

Isadora Duncan in La Marseillaise, 1916. Ann Cooper Albright writes, "Duncan was famous for being able to galvanize space in her solo performances." (Photo by Arnold Genthe.)/ danceheritage.org

Isadora Duncan in La Marseillaise, 1916. Ann Cooper Albright writes, „Duncan was famous for being able to galvanize space in her solo performances.“ (Photo by Arnold Genthe.)/ danceheritage.org

Noch interessanter als das Buch selbst liest sich das Nachwort zu den Memoiren von Isadora Duncan I’ve only danced my life, denn in ihm wird der Leser vorbereitet auf den blumigen Stil der Autorin, auf ihre Versuche, zu beschönigen, zu unterschlagen und nicht nur auf dem Gebiet der Liebe die Verantwortung für Missgeschicke abzugeben nach dem Motto:“ Die Wankelmütigkeit der Männer und die Grausamkeit des Schicksals“ sind schuld an allem. Ute Astrid Rall ist nicht nur die Übersetzerin aus dem Amerikanischen ins Deutsche, sondern auch die Kommentatorin und Fortsetzerin der Lebensgeschichte um das Kapitel „Russland“, das die Tänzerin wohl deswegen nicht schreiben mochte, weil sie, der Prototyp einer „Edelkommunistin“,  um den dringend benötigten finanziellen Erfolg des Buches außerhalb Russlands fürchten musste. Dabei waren wohl die drei russischen Jahre der Duncan ihre glücklichsten, als Lenin zu ihrem Publikum gehörte, Stanislawski sie unterstützte und Lunatscharsky ihren ewigen Traum von einer Schule, in der sie ihre Lehren weitergeben konnte, unterstützte. Hier spielte sich auch eine der leidenschaftlichsten ihrer vielen  Affären ab, die mit dem Dichter Jessenin, den sie in den Westen und letztendlich damit in den Selbstmord entführte. Bei aller Distanz vergisst die Kommentatorin aber auch nicht die Verdienste der Duncan, vor allem natürlich um die Entwicklung des Tanzes, zu erwähnen oder ihre progressive Haltung, die sich nicht nur in ihrer Ablehnung einer Vernunftehe, sie hatte drei uneheliche Kinder von drei unterschiedlichen Vätern, manifestierte.

Das von Isadora Duncan selbst geschriebene Vorwort verrät eine nachdenkliche Frau, die sich um eine Rechtfertigung des für die damalige Zeit freizügigen Lebenswandels bemüht und ihre Zweifel an dem Unterfangen, Erinnerungen zu vermitteln, nicht unterschlägt. „Ein zerbrochener Krug, dem aller Wein entflossen ist“ sind für sie Memoiren.

Als „Tänzerin und Revolutionärin“ bezeichnet sich die Autorin, der Leser neigt eher zur Bezeichnung „Rebellin“, sei es gegenüber der Schule oder dem Weihnachtsmann, der Ehe oder den Spitzentanz, den sie als unnatürlich empfindet. Um zu frappieren, kann sie sich noch nach Jahrzehnten daran erinnern, wann man in der 3. Klasse reist und dass der Rotwein bei einem kargen Mahl 30 Centimes kostete. Klar wird dem Leser sehr schnell, wie, vielleicht damit kokettierend, leichtsinnig sie im Umgang mit Geld ist, das sie massenhaft verdient und ebenso schnell verliert. Sowohl was den Tanz als was die Liebe betrifft, ist sie eine Frühberufene, und so sehr der Leser dafür dankbar ist, dass es bei den Schilderungen der Liebesglut, die sie immer ganz plötzlich überfällt, schwülstig, aber allgemein bleibt, so sehr vermisst er genauere Schilderungen dessen, was das Revolutionäre an ihrem Tanz ausmacht. Zu allgemein bleibt sie, wenn sie ihn als die „Entfesselung innerer Regung“ bezeichnet. Irrwitzige Pläne wie die Errichtung eines Tempels in Griechenland und Nachvollziehbares wie die Gründung einer Tanzschule wechseln einander ab, wobei diejenigen, die für sie praktisch denken und handeln wie die ältere Schwester Elisabeth merkwürdig selten und dann nicht ihren Verdiensten entsprechend gewürdigt werden. Ob ihr Buch Der Tanz der Zukunft aufschlussreicher ist, müsste man überprüfen.

Eine Unzahl interessanter Menschen hat die Duncan im Verlauf ihres recht kurzen Lebens kennen gelernt. Angeblich plante Cosima Wagner eine Heirat der Tänzerin mit Sohn Siegfried, viele weitere intellektuelle und künstlerische Prominenz beteten sie mehr oder weniger erfolgreich an. Interessant ist, wie viele Skrupel bei vielen derselben herrschte, sie körperlich zu lieben oder gar zu entjungfern. Von letzterem Ereignis gibt es Detaillierteres, ebenso von der Geburt der drei Kinder, die sie allesamt auf schreckliche Weise verlor. Auch diese tragischen Ereignisse bieten eher Stoff für selbstbespiegelnde Betrachtungen oder für die Schilderungen allerlei mystischer Erlebnisse, von denen man nicht recht weiß, ob die Duncan sie tatsächlich hatte oder nur vortäuschte, um das Interesse an sich wach zu halten. Es dürfte durchaus eine Rolle gespielt haben, dass sie ihr Buch unbedingt gut verkaufen musste, um sich finanziell über Wasser zu halten.

Vielleicht den Unmut des türkischen Präsidenten erregen könnten die ausführlichen Schilderungen über das Elend, das die Türkei über Armenier und Griechen gebracht hatte und das Isadora Duncan zu lindern versuchte.

Eine Gesinnungsgenossin scheint die Tänzerin in der Schauspielerin Eleonora Duse gefunden zu haben, die „das Unheilsmal auf der Stirn“ der Freundin zu erblicken wähnte. Einen Tiefpunkt erreicht sie, als eine ihrer Schülerinnen ihr den Geliebten ausspannt und sie zwischen Mord- und Selbstmordgedanken schwankt. Ihr Plädoyer für das Recht auf Liebe auch jenseits der Vierzig ist wie so vieles andere zugleich ein berechtigtes Anliegen, das aber wie viele andere nicht einer altruistischen Gesamthaltung, sondern einem ganz aktuellen persönlichen Interesse entspringt.

Was natürlich nicht in dem Buch erwähnt werden kann ist das schauerliche Ende der Autorin, die durch ein anfahrendes Auto von ihrem eigenen Schal erwürgt wurde – zum Charakter des Buches hätte die dramatische Schilderung des Ereignisses nahtlos gepasst.

Als Zeitdokument ist das Buch jeden Interesses wert, als Portrait einer den Tanz auf neue Bahnen geführt habenden Künstlerin ebenso, und zum Schmunzeln über die Eskapaden und Vertuschungsversuche einer temperamentvollen Frau nicht minder. Eine Zeittafel und ein Personenregister  machen das Buch vollständig (330 Seiten. Parthas Berlin. ISBN 978 3 86964 098 3). Ingrid Wanja  

Nelly Miricioiu

 

Jedem Belcanto-Liebhaber ist der Name Nelly Miricioiu ein Begriff! Ihre unendlich vielen Live-Aufnahmen von Rossini, Bellini, Donizetti sind in so gut wie jedem Regal von Sammlern zu finden, die sich für diese Spielart der Oper interessieren. Ihre Einspielungen seltener Donizetti-Opern bei Opera Rara vor allem haben ihren Ruhm verewigt, zu dem auch der jüngst verstorbene Walter Knoeff mit seinen Dokumenten auf Gala oder opera-club.net beigetragen hat. Die eigenwillige, höchst individuelle Sopranstimme der Miricioiu war in der Lage, sich problemlos für die Norma ebenso wie für die Anna Bolena oder Semiramide zu eignen. Aber – und das macht ihre große Bandbreite aus – auch das veristische Repertoire von La Fiamma bis zur Francesca da Rimini, von Cilea bis Puccini und Alfano war ihre Domäne. Ich selber habe sie an vielen, vielen Abenden in Italien, London (wo sie wohnt) oder anderswo gehört und bewundert. Ihre Tosca neben Robert Hale und Neil Shicoff gehört zu den spannendsten Verkörperungen meiner Opernerfahrung. Was für eine furchtlose, engagierte und sich in ihre Partien bis zur Selbstaufgabe stürzende Sängerin! Eine wirklich Künstlerin, nicht nur eine Besitzerin einer hochindividuellen Stimme, die man nicht vergisst. Namentlich in London und vor allem in Amsterdam war sie eine Göttin, eine wahre Kaiserin der Samstags-Matineen, jener unglaublichen und schon legendären Opernkonzerte im Amsterdamer Concertgebouw vor einer ebenso treuen wie jubelnden Fangemeinde. Unsere Kollegin Basia Jaworski traf La Miricioiu kürzlich auf einen Schwatz. G. H.

Nelly Miricioiu und Jihae Shin: Meisterklasse in Amsterdam/ Foto Jeanne Doomen

Nelly Miricioiu und Jihae Shin: Meisterklasse in Amsterdam/ Foto Jeanne Doomen

Nun also Basia Jaworski: Ich kann mir das Opernleben ohne Nelly Miricioiu nicht vorstellen. Mit ihrem markanten Sopran, ihrem sehr charakteristischen Timbre und ihrem bis zur Perfektion beherrschten Vibrato, gehört sie seit Beginn der 80er Jahre zu der aussterbenden Rasse der wirklichen Diven vom Typ einer Callas, Scotto oder Olivero. Meine frühesten Opernerinnerungen führen mich zurück zu Thaïs mit Nelly Miricioiu. Danach konnte ich sie 25 Jahre lang im Grote Zaal des Concertgebouws bewundern, während der unvergesslichen Samstagsmatinéen,

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bei denen sie im Ganzen 17 verschiedene Rollen gesungen hat – Ihre Palette hier reichte von Rossini, Bellini, Donizetti und Verdi bis hin zu Puccini, Zandonai und Mascagni. Ich bewunderte sie auf der Bühne in Brüssel als Anna Bolena und in Antwerpen als Magda (La Rondine) und Anna (Le Villi). Zwischen ihr und der Amsterdamer Oper wollte es jedoch nicht klappen. Luisa Miller scheiterte an einer idiotischen Regie, und bei Norma wurde sie krank und bekam Stimmprobleme. Was für ein Verlust, denn die Miricioiu ist nicht nur eine wunderbare Sängerin, sondern auch eine phänomenale Schauspielerin.

Miricioiu Opera Rara recitalIm März war Nelly Miricioiu ein paar Tage in Amsterdam für eine Meisterklasse von jungen, vielversprechenden Sängern. Ich durfte einer „Lehrstunde“ beiwohnen und schaute gebannt zu, wie sie versuchte, der jungen Südkoreanerin Jihae Shin die Grundlagen der Belcantogesangstechnik nahezubringen. Miricioiu ist eine sehr physisch präsente Lehrerin. Sie singt das eine oder andere vor und lässt ihre Schüler fühlen, wie die Muskeln auf bestimmte Klänge reagieren. Wie man diese besser, eindrucksvoller oder einfach präziser erzielen kann. Sie legt ihre Hand auf Shins Bauch und schüttelt mit ihrem Kopf: Nein, so geht das nicht. „Fühle mal“, sagt sie und legt Shins Hand auf ihren eigenen Bauch. Das ganze Gesicht wird bei der Unterrichtsstunde einbezogen: von den Schläfen, Augen, Wangenknochen bis zum Kinn. Die Lippen müssen weiter auseinander gezogen werden, der Mund muss breiter, viel breiter sein! Hört sie nun, was für einen Unterschied dies macht? Jihae Shin ist eine aufmerksame Studentin, sie behält alles gut und macht alles brav nach, was ihr aufgetragen wurde. „Brava“, ruft die Lehrerin, aber die Koloratur (es wird „Caro nome“ aus Rigoletto einstudiert), die muss doch wirklich anders werden! „Das „Haha haha haha“ musst Du nicht akzentuieren, das macht Reinild (die Pianistin Reinild Mees, die nicht nur alle Unterrichtsstunden begleitet, sondern auch physisch mitmacht, BJ) schon am Klavier. Du musst flüssig darüber weggleiten, Du darfst Deine Technik nicht hören lassen. Und vergiss das Lächeln nicht, Deine Lippen, Deine Lippen …“ Miricioiu macht es kurz vor und alles passt wieder. Genau wie etwas später bei „Ah! Non credea mirarti“ aus La Sonnambula. Die Studentin macht es fantastisch, und den Beiden ist die Rührung anzusehen.

 

Die Diva und ihr Mentor: Nelly Miricioiu und Patric Schmidt, der Firmenchef und spiritus rector von Opera Rara/ Opera Rara mit Dank

Die Diva und ihr Mentor: Nelly Miricioiu und Patric Schmidt, der Firmenchef und spiritus rector von Opera Rara/ Opera Rara mit Dank

Nun also ein paar Fragen: Was lieben Sie am Unterrichten? Und: Ist es nicht schrecklich ermüdend? Ach ich liebe das sehr. Nicht jeder gute Sänger ist ja auch ein guter Lehrer, aber ich denke, dass ich das nicht schlecht mache mache. Es ist eine Tatsache, dass viele von meinen Lehrlingen es wirklich weit bringen und darauf bin ich stolz. Eine Meisterklasse kann man natürlich nicht mit dem wirklichen Unterricht vergleichen, aber selbst dann hoffe ich, dass ich etwas Wesentliches rüberbringen kann. Etwas das bleibt und vor allem weiter hilft. Ich schaue auch oft bei den Meisterklassen vorbei, die meine Kollegen geben, so lerne ich selbst auch noch etwas. Ich bin noch immer sehr lernbegierig.

Sehen Sie: Es geht nicht allein um die Stimme oder das Talent, harte Arbeit und/oder Ausstrahlung. Es geht um das komplette Bild. Wenn man gut aussiehst, ist das natürlich von Vorteil, aber für mich gilt, dass man mit seiner Stimme überzeugen muss und nicht mit seinem Aussehen. Auf der anderen Seite … Gestern habe ich Il Matrimonio Segreto von Cimarosa hier in Amsterdam gesehen, mit wirklich fantastischen jungen Sängern, die auch noch optisch zu ihren Partien passten. Das war einfach ideal.

Nelly Miricioiu: recording "Rosmonda d´Inghilterra" für Opera rara/ Dank an Opera rara/ Duncan Russell

Nelly Miricioiu: recording „Rosmonda d´Inghilterra“ für Opera Rara/ Dank an Opera Rara/ Duncan Russell

Es gibt wenig wirklich gute Lehrer! Und Sänger, vor allem junge Sänger, sind Wegwerfartikel geworden. Das Einzige, was zählt, ist der Wettbewerb, und da herrscht auch viel Angst. Denn wenn man sich nicht bedingungslos den Ansprüchen fügt, dann sind da Dutzende, wenn nicht Hunderte andere, die schon in der Reihe stehen, um es von dir zu übernehmen. Ich habe Vorsingen mitgemacht, wo den Sängern gesagt wurde: Du bist wirklich großartig, aber es sind noch viel mehr, die genauso großartig sind wie Du. Also der Nächste!“

Was denken Sie über die vielen Gesangs-Wettbewerbe, die es gibt? Ich finde sie sehr wichtig. Ohne weiteres. Man kann wirklich nicht ohne sie. Wenn man sich als junger Sänger profilieren will, wenn man sich sehen lassen will, dann muss man da mitmachen. Mitunter „springt man“ von einem zum anderen Wettbewerb, in der Hoffnung zu gewinnen und entdeckt zu werden. Was nicht hilft: Viele dieser Wettbewerbe können sich nicht entscheiden, wofür sie eigentlich bestimmt sind. Wollen sie ein Karrieresprungbrett sein für junge und beginnende Sänger oder muss der Gewinn des Wettbewerbs den bereits arrivierten Sängern mehr Bekanntheit und bessere Rollen bringen? Darin unterscheidet sich der IVC (International Vocal Competition) in sehr positiver Weise. Man erhält alle Aufmerksamkeit und es wird dafür gesorgt, dass man „reicher“ zurückkommt, auch wenn man nicht gewinnt. Man bekommt dort Meisterklassen und gute Ratschläge. Und die Atmosphäre ist sehr freundlich und gemütlich.

 

Nelly Miricioiu: Silvana in "La Fiamma" an der römischen Oper/ Foto Opera di Roma

Nelly Miricioiu: Silvana in „La Fiamma“ an der Römischen Oper/ Foto Opera di Roma

Was halten Sie von superrealistischen Szenen auf der Bühne, von Szenen mit Gewalt und explizitem Sex, wie das immer mehr zuzunehmen scheint? Es ist nichts einzuwenden gegen realistische Bilder, aber muss es in allen Details zu sehen sein? Schockieren, um zu schockieren? Alles sehen lassen, was man es auch im TV oder im Netz sehen kann? Ich weiß, dass es Vergewaltigungen im realen Leben gibt, aber muss das auf der Bühne dargestellt werden? Vulgarität auf der Bühne, das habe ich niemals verstanden. Ist auch nirgends nötig. Ich erinnere mich an die Produktion von La Fiamma von Respighi mit dem fantastischen, rumänischen Tenor und meinem sehr lieben Kollegen Gabriel Sadé. Der Regisseur wollte die Liebesnacht so realistisch wie möglich ins Bild bringen: nackt also. Das fühlte sich für uns Sänger nicht gut an. Auf diese Art würde ich mich niemals auf die Rolle konzentrieren können und sicher nicht auf das Singen. Das wollte ich nicht. Es wurde damals beschlossen, uns eine Art „zweite Haut“ zu geben. Es sah sehr realistisch aus, aber für mein Gefühl hatte ich nichts an und war nackt. Unangenehm.

 

Nelly Miricioiu: recording "Marina, Regina d´Inghilterra" für Opera Rara/ Foto Duncan Russell/ Dank an Opera Rara

Nelly Miricioiu: recording „Maria, Regina d´Inghilterra“ für Opera Rara/ Foto Duncan Russell/ Dank an Opera Rara

Lassen Sie uns über Verismo reden. Eine Strömung, die gegenwärtig so sehr vernachlässigt wird. Es sind auch wenige Sänger, die in dem veristischen Stil singen können. Woran liegt das? Wird das Repertoire zu wenig gespielt, da es keine Sänger mehr dafür gibt? Oder gibt es keine veristischen Sänger, da es nicht gespielt wird? Beides natürlich. Verismo wird als nicht „intellektuell“ genug angesehen, darauf schaut man gegenwärtig herab. Wir leben in einer Zeit, die arm ist an echten Emotionen, an echten Gefühlen: Liebe, Empathie, Glaube. Emotionen zeigen gilt als altmodisch, da kann man nichts mit anfangen, wenn man konzeptionell arbeitet. Es gibt keine Nuancen mehr, die haben ausgedient. Aber es sind auch wenige Sänger, die es singen können, das ist wahr. Während der Ausbildung wird viel zu viel Nachdruck auf die technische Perfektion gelegt und zu wenig auf Individualität. Mode und Hype spielen auch eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Früher konnte man keine Rossini-Oper ordentlich besetzen, gegenwärtig wimmelt es von den Rossini- und Belcantospezialisten. Heute scheint es so, als ob nur zwei Alternativen bestehen: Alte Musik und frühen Belcanto und Wagner. Irgendwo dazwischen haben wir nicht nur den Verismo, sondern auch Verdi verloren. Man kann leichter einen Tristan besetzen als Macbeth. Das gibt zu doch denken. Aber – und dies ist nicht zu unterschätzen –

die einseitige Auswahl liegt auch an den Dirigenten und ihren Prioritäten. Die Orchester sind groß und laut und glitzernd, und mit Wagner oder Strauss kann der Dirigent besser glänzen.

Nelly Miricioiu: "Library talk" bei Opera Rara, London/ Foto Duncan Russell/ Dank an Opera Rara

Nelly Miricioiu: „Library talk“ bei Opera Rara, London/ Foto Duncan Russell/ Dank an Opera Rara

Ich selber habe eine veristische Natur, die sitzt in mir, mein Körper schreit nach Emotionen. Alles, was ich erreicht habe, habe ich Jan Zekveld (der ehemalige Chef der Zaterdag Matinee) und Patric Schmid (Mitbegründer und Direktor der Opera Rara) zu verdanken. Sie begriffen meinen Charakter und entdeckten meine Möglichkeiten. Beide sahen mein Potenzial und haben mich zu dem gemacht, was ich bin. Sie waren meine Taufpaten. Basia Jaworski

(Übersetzung Beate Rothen-Heithausen mit Dank: Den originalen Artikel fand wir im holländischen Online-Magazin Operamagazine.nl/ das Foto oben zeigt Nelly Miricioiu bei einer der berühmten „Library talks“ der Opera Rara in London/ Foto Duncan Russell/ Opera Rara – mit Dank an Kim Panter).

 

Nachstehend nun auch noch eine Biographie von Nelly Miricioius website (auf der den User gleich Auszüge aus Verdis Macbeth begrüßen – mit dem berühmten “Trionfar”) (http://www.nellymiricioiu.com) Lastest news and reviews: Hailed as a singing-actress, Nelly is one of the most versatile artists of our day. Her repertoire extends from Mozart and bel canto to Verdi, Puccini and the verismo to modern italian opera Respighi and Zandonai, taking in French and Russian composers too. As Rodney Milnes wrote in Opera Magazine „this extroadinary diva can sing anything and sing it well „.

Since her Covent Garden debut in 1982 as Nedda in I Pagliacci opposite John Vickers, Piero Cappuccili and Thomas Allen and the 1983 triumphant La Scala debut as Lucia di Lammermoor, Nelly has been heard in all major opera houses of the world. She has worked with some of the most prestigious conductors and directors (in leading roles that include Tosca with Jose Carreras, Jose Cura, Neil Schicoff), Mimi (with Placido Domingo), Violetta in La Traviata (with Franco Bonisolli, Roberto Alagna, Renato Bruson, Alfredo Kraus) and opposite many other leading artists of the day. It was the bel canto repertoire and her dedication to rediscovering forgotten operas where Nelly found her niche. Universally acclaimed for her luscious sound, beautifully constructed technique and exceptional theatrical stage presence, Michael Davdison wrote about her in an article in Opera Magazine: „The highly individual timbre of Miricioiu’s voice, her imagination and intensity, her exceptional range and sense of timing make for a unique talent. “ (For Notable Performances and Debuts* – see below)

Nelly Miricioiu und Bülent Bezdüz in "Lucrezia Borgia", Amsterdam 1985/ youtube

Nelly Miricioiu und Bülent Bezdüz in „Lucrezia Borgia“, Amsterdam 1985/ youtube

Early life: Born in Adjud, Romania, Nelly started singing at 5 and was hailed as a child prodigy. At 9 she started studying piano and at 14 she won her first singing contest, Young Talents, Great hopes. At 18 she sung in Pergolesi’s La serva padrona and joined the Conservatory in Iasi where she continued her studies with Tibi Popovici. In 1972 she was the youngest contestant in the Francisco Vinas Musical Competition in Barcelona and in 1975 she won the first prize at the very first Maria Callas Grand Prix in Athens. More 1st prizes followed at competitions in Geneva, Paris, Sofia, Oostende etc. Nelly made her operatic debut in Mozart’s Magic Flute, as the Queen of the Night at Iasi Opera House, and continued to sing at Brasov Opera House between 1975-1978in roles such as Mimi in La Boheme, Micaela in Carmen and Rosalinde in Die Fledermaus.

Nelly Miricioiu: "Roberto Devereux"/ youtube

Nelly Miricioiu: „Roberto Devereux“/ youtube

Scotland and Royal Opera House: In 1981 she fled the communist regime and months later she debuted in Glasgow at the Scottish Opera as Violetta in La Traviata. Manon Lescaut and Tosca followed. A year later she had her big breakthrough and starred at the Royal Opera House in Covent Garden as Nedda in I Pagliacci opposite John Vickers, Piero Cappuccilli and Thomas Allen. After her successful debut she became a household name at the Royal Opera House where she has sung for over two decades in roles such as Marguerite in Faust, Antonia in Tales of Hoffmann, Valentine in Les Huguenots, Norma, Elisabetta in Roberto Devereux to name just a few. In 1996 she was trusted with the revival of the infamous Tosca production for Maria Callas. The revival was a huge success and established her as one of the best Tosca’s seen on stage. Clive Hirshon wrote in the Daily Express: „Nelly Miricioiu had the requisite passion for the title role plus a melting pianissimo that ravished the house with its purity of tone.“ while The Financial Times‘ Richard Fairman wrote: „her Tosca is an artist down to her fingertips, the kind who turns every wave in a theatrical event“. She reprised her appearance as Tosca on the Royal Opera House stage in 2001 and in 2003 she enjoyed an immense success as Elisabetta in Roberto Devereux by Donizetti of which a recording was later released by Opera Rara: „it was Miricioiu’s opera, and ultimately her evening. Hers was the longest role and the most demanding, not merely in its manifold technical difficulties but in its range of mood – suspicion, hope, love, hate, joy, pride and finally a bitter, crazed fury. All of these require expression, both in the enunciation of Cammarano’s text and in the vocalizing of Donizetti’s taxing music. Even the greatest bel canto exponents might experience mishaps over such a long ordeal, but Miricioiu’s diligent connection to words, music and meaning held out to the end in singing of outstanding consistency and command.“ (George Hall – Opera News)

Nelly Miricioiu: "Library talk" bei Opera Rara, London/ Foto Duncan Russell/ Dank an Opera Rara

Nelly Miricioiu: „Library talk“ bei Opera Rara, London/ Foto Duncan Russell/ Dank an Opera Rara

Teatro alla Scala and Europe: In 1983, Nelly Miricioiu made her first appearance at Teatro alla Scala as Lucia di Lamermoor. Her debut on the demanding stage was an absolute triumph. There was unanimous praise from the critics and newspapers for her extraordinary performance. Corriere della Serra said: „La Lucia who resembles Callas Triumphs, Nelly Miricioiu, substituting Luciana Serra, has reaped nine curtain calls.(…) Thunderous applause in the finale of the opera, has opened the doors of success for this singer.“ After this success, Nelly went on to sing on the stages of the most important opera houses in Europe such as Amsterdam, Bruxelles, Rome, Hamburg, Berlin, Geneva, Munich, Vienna, Salzburg, Paris, Madrid, Barcelona etc. where she has been highly praised and acclaimed for her characterization of roles as diverse as Violetta in La Traviata (a role which she has reprised more than 350 times), Mimi and Musetta in La Boheme, Cio Cio San in Madame Butterfly, Silvana in La Fiamma, Adriana in Adriana Lecouvreur (a role which she debuted at La Scala in 2000), Francesca in Francesca da Rimini, Isabella in Robert le Diable, Elisabetta in Don Carlo, Gilda in Rigoletto, the four soprano roles in Tales of Hoffman, Magda in La Rondine, the title role in Iris by Mascagni and Norma by Bellini, Lucrezia Borgia and the three Donizetti queens, Thais, Semiramide, and many more.

America: Nelly has enjoyed an extremely successful relationship with the Washington Opera, where she sang roles such as Imogene in Il Pirata, Elena and Margherita in Mefistofele, the title roles in Ana Bolena, Lucrezia Borgia, Manon by Massnet and Violetta in La Traviata. In 1989 she made her debut at the Metropolitan Opera in New York as Mimi in La Boheme. She continued to sing most notably in Philadelphia, Dallas and San Francisco and in 2007 she made her house debut at New York City Opera as Agrippina. Nelly has also appeared in South America, where she has had success in Santiago and the famous Teatro Colon in Buenos Aires.

The VARA Matinee Concert series and Opera Rara recordings: In 1985 she began a famous series of Vara Matinee Concerts at the Amsterdam Concertgebouw and over the two decades years continued to extend her repertoire to include the great bel canto heroines. In these roles she could advance her own unique artistry in the way for which she has today become so highly acclaimed. Her Armenaide (Tancredi) at the 1992 Salzburg festival was greatly admired and she continues to sing other Rossinian roles such as Armida, Semiramide and Ermione to similar acclaim. Her recordings include Puccini’s Tosca, Mercadante’s Orazi e Curiazi, Donizetti’s Rosamunda d‘ Inghilterra (with Renee Fleming & Bruce Ford) and Maria De Rudenz (Maria), Rossini’s Ricciardo e Zoraide, Pacini’s Maria d‘ Inghilterra (Maria)- nominated for best bel canto recording of 1998, Mascagni’s Cavalleria Rusticana (Santuzza) and a live recording in Rome of Respighi’s La Fiamma (Silvana) and Nelly Miricioiu Live at the Concertgebouw. Latest releases including Nelly Miricioiu -A Rossini Gala and Nelly Miricioiu – Bel Canto Portrait were both nominated as records of the year in 2000 and 2001. Roberto Devereux (Elisabetta) recorded at the ROH Covent Garden in July 2002 (by Opera Rara) was released in July 2003 followed by a new recording of Mercadante’s Emma D’Antiochia released in May 2005.

Miricioiu Opera Rara 2Notable Performances and Debuts *: Nelly made her western European debut as Violetta for Scottish Opera production of La Traviata in 1981 and Covent Garden debut in 1982 as Nedda in I Pagliacci opposite John Vickers, Piero Cappuccili and Thomas Allen followed by a triumphant La Scala debut as Lucia di Lammermoor in 1983*. She has since been heard in all major opera houses of the world and in recitals and concerts (e.g. Salzburg Festival, Concertgebouw, Royal Festival Hall/ Barbican London) working with some of the most prestigious conductors and directors in leading roles opposite many other leading artists past and present. Debut roles and notable performances include Puccini’s Tosca with Jose Carreras and Giuseppe Taddei (Frankfurt 1984), Neil Schicoff and Robert Hale (Berlin 1995), Jose Cura (ROHCG 1996) and Roggero Raimondi (Zurich 1998), Mimi in La Bohème with Placido Domingo (Madrid 1986), Violetta in La Traviata with Alfredo Kraus (Frankfurt 1982), Jose Carreras and Juan Pons (Oviedo 1984), Franco Bonisolli and Zancanaro (Verona Festival Opening 1987), Roberto Alagna and Piero Cappuccilli (Monte Carlo 1989), Vicenzo La Scola and Renato Bruson/Leo Nucci (Ravenna 1989); repertoire also includes performances of Mimi in Puccini’s La Bohème (Rome 1986/San Francisco 1986/Munich 1987/NY Met 1989), Tosca (Opera Bastille Paris 2002/Barcelona 2003/ROHCG 1996-2009), Manon Lescaut (Scottish Opera Edin. Festival 1982*/Monte Carlo 1985/Florence 1986/Munich 1987), La Rondine with costumes by Karl Lagerfeld (Monte Carlo 1991*/Torino 1994), Title in Verdi’s Luisa Miller (Netherlands Opera 1997*), debut as Elisabeth with Vinson Cole, Jose Van Dam in Verdi’s Don Carlos (Brussels Monnaie 1996*), Helena in I Vespri Siciliani (Montpellier 1998*/Vienna 2001/Paris Bastille 2003/NY Met 2004), Amelia with Renata Bruson in Simon Bocconegra (Copenhagen Tivoli 1992*), Desdemona with Cornel Murgu in Otello (Copenhagen Tivoli 1993*), Gilda with Georgo Zancannaroin Rigoletto (Philadelphia 1991*/Zurich 1997), Marguerite and Elena in Mefistofele with Samuel Ramey (Washington Opera 1996*/ROH Barbican 1998), Marguerite with Francesco Araiza in Faust(ROHCG 1986*/Berlin 1988/Paris Opera Bastille 1993), Violetta in La Traviata (US Debut San Francisco 1983*/Reggio Emilia 1986/Vienna 1987/Washington 1988/Parma 1990), title roles in Donizetti’s Lucia di Lammermoor with Carlo Bergonzi (Moderna 1985); Anna Bolena (Brussels Monnaie 1993*/Washington Opera 1993), Lucrezia Borgia (Washington 1990*/Marseille 2002), Maria Stuarda (Vienna Opera 1993/Lyon 1996) and Elisabetta in Roberto Devereux (Concertgebouw 1994*/ROHCG 2002), the title roles in Rossini’s Semiramide (Concertgebouw 1988*/Chelsea Opera London 1998/Geneve Opera 1999/Barcelona Liceu 2005), Armida (Concertgebouw 1988*), Ermione with Chris Merrit and Bruce Ford (Brussels/Concertgebouw 1995*), and Amenaide in Rossini’s Tancredi (Salzburg Festival/1992), Bellini’s Norma (Rome Opera 1999*/Amsterdam 1999/ ROHCG 2000), Imogen in Il Pirata (Brussels/Concertgebouw 2003*/ Chelsea Opera Group London 2003) and Julietta in I Capuleti e I Montecchi (Catania 1986*), Cilea’s Adriana Lecouvreur (La Scala 2000*/Bolshoi 2002/Rome 2002), Mercadante’s Emma d’Antiochia (Royal Festival Hall, London 2003* Prem.), Puccini’s Tosca (Berlin Deutsche Staatsoper 1995/ Paris Bastille 002/Barcelona Liceu 2003/ROHCG 1996-2009 ), Manon Lescaut (Scottish Opera Edin Festival 1982*/Monte Carlo 1985/Florence 1986/Munich 1987), La Rondine (Monte Carlo 1991*/Torino 1994),

Miricioiu Opera Rara 3In 1985 she began a 25-year series of Vara Matinee Concerts at Amsterdam Concertgebouw with Massenet’s Thais(1985*) the first of many debut roles there, including Donizetti’s Three Queens (Anna Bolena 1989*/Maria Stuarda 1992*/Elizabeth 1 in Roberto Devereux 1994* Prem.) and Netherlands premier of Catarina Cannaro in 2010*Prem., also debut in title roles in Gounod’s Mireille (Tolouse 1988*), Puccini’s Cio Cio San in Madama Butterfly (Hamburg 1992*), Zandonai’s Francesca Da Rimini (2000*), Mascagni’s Iris with Nicolai Ghiaurov (2003*), Giordano’s Fedora with Sherrill Milnes (Teatro Colon Buenos Aires/1998*), Respighi’s World Premier of Marie Victoire (Rome 2004* Prem.) and Silvana in La Fiamma(1998*), the three roles of Olympia, Giulietta, Antonia, in Ponnelle’s production of Offenbach’s Les Contes d’Hoffmann at the Paris Opera (1983*) and Antonia at the Royal Opera House Covent Garden (1986), debut as Valentine with Gregory Kunde in Meyerbeer’s Les Huguenots (Montpellier 1990*/ROHCG 1991), and as Isabella in Meyerbeer’s Robert Le Diable for the Deutsche Staatsoper (2001*), and Poulenc’s one act opera La Voix Humaine in Rotterdam/Maastricht (2009*). (Debuts*)

 

Und zum Schluss ein Paar akustische Eindrücke von Nelly Miricioiu. Apropos Emotion: „Io son l’umile ancella“ aus AdrianaLecouvreur von Cilea: https://www.youtube.com/watch?v=nBAWqSR0VOA; Miricioiu in einer ihrer vielen Belcantorollen: Antonina aus Belisario von Donizetti Egli è spento, e del perdono”: https://www.youtube.com/watch?v=szUmNfGlFL8; Nelly Miricioiu Fanklub: https://www.facebook.com/groups/NellyMiricioiuFanclub/?fref=ts

Gipfelstürmer

 

Kein Unbekannter auch hierzulande ist der italienische Countertenor Filippo Mineccia, der bereits bei den Musikfestspielen Potsdam Sanssouci in der Friedenskirche aufgetreten ist und bei den letztjährigen Händel-Festspielen Halle mit großem Erfolg die Titelrolle in Händels selten gezeigter Oper Lucio Cornelio Silla verkörperte. Nach seiner Debüt-CD Alto Arias bei Pan Classics mit Musik von Leonardo Vinci legt er nun bei Glossa eine weitere Platte vor, die sich unter dem Titel London ganz dem kompositorischen Schaffen von Attilio Ariosti widmet (GCD 923506). Als Komponist, Musiker, Diplomat und Mönch war dieser eine schillernde Persönlichkeit seiner Zeit. Er lebte von 1666 bis 1729 und wirkte in Mantua, Berlin, Wien und Paris, bevor er nach London ging, wo er für gefeierte Sängerstars, wie die Sopranistin Francesca Cuzzoni und den Kastraten Senesino, schrieb. Für Letzteren entstanden allein drei Drammi per musica, die alle auf der CD mit jeweils mehreren Arien vertreten sind.

Frühestes Werk ist Tito Manlio, uraufgeführt 1717. Daraus singt Mineccia drei Ausschnitte: „Venga pur quel sì terribile“, „Col nemico di mia pace“ und „Aure care“. Mit sinnlich vibrierender Stimme, vehementer Attacke und zärtlich kosendem Ton vermag er allen Arien in ihrem unterschiedlichen Charakter gerecht zu werden. 1723 entstand Caio Marzio Coriolano, aus dem ebenfalls drei Stücke erklingen. „Perdonate“,Spirate, o iniqui“/„Voi d’un figlio“ und „In spero che in quei guardi“. Hier imponieren der expressive Vortrag und der virtuose Fluss der Koloraturen. 1724 kam Vespasiano zur Uraufführung, aus dem zwei Szenen zu hören sind: „Sorga pur l’oppressa Roma“ und „Premera soglio di morte“ – beide kontrastreich in der Gestaltung und bravourös im Vortrag. Noch zwei weitere Opern erlebten in London ihre Premieren: Aquilio Consolo 1724, aus dem das lebhafte „Rinasce amor“ zu hören ist, und Dario ein Jahr später, aus dem das virtuose „Voi del ciel“ ertönt.

Die Auswahl wird ergänzt durch Werke, die für Wien entstanden: I gloriosi presagi di Scipione (1704) und La madre de’ Maccabei (ebenfalls 1704). Aus der ersten tupft Mineccia mit lieblichem Ton „Bella mia“, aus der zweiten erklingen das wiegende, sanfte „Benché l’ultimo al rormento“ und das schmerzlich getragene „Quando il mondo“.

Das Ensemble Odyssee, das den Solisten unter Andrea Friggi inspirierend begleitet, ist auch mit zwei Instrumentalbeiträgen zu hören: Ouverture & Presto aus dem Caio von feierlich-gemessenem Charakter bzw. stürmisch dängendem Pulsieren und die Sinfonia aus La profezia d’Eliseo nell’assedio di Samaria (Wien 1705), die in ihrer rhythmischen Prägnanz, dem kantablen Melos und den raffinierten Fanfarenechos große Wirkung macht. Bernd Hoppe

Pierre Léon

 

Unvergessen sind mir hinreißende Nachmittage  im Hildesheimer Stadttheater. Es waren Sonntags-Matinée-Vorstellungen, sehr viel weiße Haare im gut gefüllten Saal. Und es gab von Yvain Pas sur la bouche, entzückend inszeniert und schmissig präsentiert – eine reine Freude. Gleiches erinnere ich von einer ebenso vergnüglichen Aufführung ebendort: Viva la mamma, köstlich in der Titelpartie der Mamma Agatha war der pralle Raimund Herinckx, kribbelig vor Vergnügen die Stimmung. Das war das Verdienst von Pierre Léon, dem damaligen Intendanten des kleinen Hauses, der alle Möglichkeiten seines Theaters ausschöpfte und uns wirklich unvergessliche Momente bereitete. Dass ich sie nach mehr als 25 Jahren noch so lebhaft erinnere spricht ja für sich und ihn.

Pierre Léon und Minister Tönjes Cassens, 1989/ Pressestelle Theater Hildesheim mit Dank

Pierre Léon und Minister Tönjes Cassens, 1989/ Pressestelle Theater Hildesheim mit Dank

Nun ist Pierre Léon (geboren 1924)  am 14. Februar 2016  im Alter von 92 an seinem Alterswohnsitz Bonn gestorben. Mich hat die Nachricht von seinem Tod angerührt, denn in Erinnerung an jene Aufführungen in Hildesheim, eingedenk vieler guter Berichte aus seiner Zeit als Intendant ebendort und später in Eisenach schien er mir der ideale Intendant für das Theater der wirklich guten, qualitätsvollen Unterhaltung zu sein – eine absolute Seltenheit heute und auch schon damals nicht wirklich üblich. Er verwechselte nie seinen Theaterauftrag mit eigener Eitelkeit, sorgte sich um seine Ensemble und um das Entertainment seiner Zuschauer. Unterhaltung im besten Sinne und mit den bestmöglichen Mitteln eben.

Im sonst so randvollen Internet findet sich kaum etwas zu Pierre Léon, was vielleicht auch seine Bescheidenheit und Introvertiertheit als Mensch widerspiegelt.  Und deshalb gibt es jetzt einen etwas ausführlicheren Exkurs zu seinen Daten. Geboren wurde er am 8. Januar in Brüssel, nahm von 1941 bis 1945 in der Royal British Navy am Krieg teil. 1947 leistete er Sozialarbeit im Belgisch-Kongo, studierte von 1948 bis 1952 Jura in Brüssel und war Teil der belgischen Europa-Bewegung: 1949 bereits wurde er der Sekretär von Paul Henri Spaak. Nach einem Paris-Aufenthalt 1953 gründete er in Brüssel die Galerie Le Miroir und ging darauf von 1955 bis 1957 als Regieassisten zu K. H. Stroux ans Schauspielhaus Düsseldorf, 1958 in der gleichen Position zu Hans Schalla ans Schauspielhaus Bochum, wo er erste eigene Inszenierungen bekam. Die Jahre 1960/61 führten ihn zum Studium an das Institute of  Advanced Studies in New York. Franz Peter Wirth holte ihn als Regieassistenten zum Bavaria Fernsehen München. 1963 – 1966 arbeitete er in gleicher Position in Essen mit Jean Louis Barrault. Es folgten Inszenierungen in Berlin, Bochum, Hannover, Hildesheim, Kassel, Koblenz und Frankfurt. 1966 bis 1976 war er Oberspielleiter für Oper und Schauspiel unter Karl Pempelfort und Joachim Heyse in Bonn. Gleichzeitig  gab es Gastspielinszenierungen in Hannover, Zürich, Gelsenkirchen, Essen. 1971 erhielt er den begehrten Prix Plantin der belgischen Regierung und der Stadt Antwerpen. 1976 wurde er zum Operndirektor der Vereinigten Bühnen Krefeld-Mönchengladbach ernannt. Von 1977 bis 1990 war er Intendant am Stadttheater Hildesheim. 1982 bekam er die Medaille eines Ritters des Leopold-Ordens (Belgien). Es folgten Gastinszenierungen in Krefeld, Wuppertal, Hannover, Hamburg, Salzburg, Oldenburg. 1989 erhielt er das deutsche Verdienstkreuz am Bande des Landes Niedersachsen. Von 1990 bis 1993 war er stellvertretender Intendant des Altonaer Theaters. 1992 erfolgte die Ernennung zum Offizier des Belgischen Kronenordens. Und schließlich war er von 1993 bis 1994 Intendant des Stadttheaters Eisenach, wo ihn unsere langjährige Bonner Korrespondentin und Rossini-Freundin Julia Poser anlässlich seiner Inszenierung der Donizettischen Maria Stuart besuchte und dort mit ihm das nachfolgende Gespräch führte, das wir aus diesem historischen Anlass hier noch einmal bringen. Danke Julia!

Mit Pierre Léon verlieren Deutschland, Belgien, Europa und die Welt der  Oper einen überzeugten, gebildeten und klugen Europäer im besten und breitesten Sinne; einen dem Theater zutiefst Verbundenen und einen, der sein Publikum respektierte und ihm Wohl wollte. Wie selten ist das! Danke Pierre Léon! G. H.

 

Pierre Léon: Fernsehinterview Niedersachsenecho/ Pressestelle Theater Hildesheim mit Dank

Pierre Léon: Fernsehinterview Niedersachsenecho/ Pressestelle Theater Hildesheim mit Dank

Nun also Julia Posers Besuch in Eisenach: Zwischen Leitern, Farbkübeln und Abdeckplanen bahnt man sich vorsichtig den Weg zum Zimmer des Intendanten. Auch das Verwaltungsgebäude wird renoviert, nachdem das Theater schräg gegenüber bereits in frischem Glanz erstrahlt. Selbst in Hildesheim, wo Léon von 1977 bis 1990 Intendant am Stadttheater war, begann seine Tätigkeit mit einer Verschönerung des dortigen Theaters In dem großen, hellen Raum kommt mir Pierre Leon, dem niemand seine 70 Jahre ansehen würde, freundlich lächelnd entgegen. Zuerst sprechen wir über die zehn Jahre (1966 – 1976), in denen Léon Oberspielleiter für Oper und Schauspiel am Stadttheater Bonn unter den Intendanten Pempelfort und Heyse war. Ich erinnere noch eine Ariadne auf Naxos-Aufführung, die er inszeniert hatte und in der er für einen erkrankten Schauspieler als Haushofmeister eingesprungen war.

Weshalb hatten Sie sich die schwere Aufgabe gestellt, jetzt ein verwaistes Theater in Thüringen zu übernehmen? Ich habe mit dem Ehepaar Fitze vom Altonaer Theater in Hamburg nicht mehr zusammenarbeiten können und  wollte weg. Zuerst bot sich Rostock an, aber vieles sprach dagegen. Dann kamen Vertreter der Kulturverwaltung Eisenach zu mir. Wie an vielen Theatern musste auch dort gespart werden – Sie kennen ja die Lage in den neuen Bundesländern -, und so wurde von Parteipolitikern der Stadtverwaltung das Schauspiel kurzerhand „wegrationalisiert“. Ein furchtbares Wort! Eine schreckliche Lage für die Künstler! Mein Vorgänger Jürgen Fabritius, über dessen Kopf hinweg man die Rationalisierung verfügt hatte, kündigte darauf seinen Vertrag, an den er sich nicht mehr gebunden fühlte. Eisenach war also verwaist, und die Eisenacher suchten nach einem neuen Intendanten, einer Integrationsfigur, die sie in mir, dem Belgier, gefunden zu haben glaubten.

Pierre Léon: Bei einem Empfang zum 250. Jubiläum der HAZ. Bundespräsident Carl Carstens, Pierre Léon und Siegfried Keuper/ Mit Dank an die Pressestelle Theater Hildesheim

Pierre Léon: Bei einem Empfang zum 250. Jubiläum der HAZ. Bundespräsident Carl Carstens, Pierre Léon und Siegfried Keuper/ Mit Dank an die Pressestelle Theater Hildesheim

Im März 1993 fuhr ich dann zum ersten Mal nach Eisenach. Es war schreckliches Wetter, alles grau und schmutzig. Die gekündigten Schauspieler streikten. Es war ganz furchtbar, und ich sagte: „Danke, nein“. Aber die Eisenacher ließen nicht locker und kamen noch einmal nach Hamburg. Auf ihre Bitten fuhr ich wieder nach Eisenach. Ich bat meinen alten Freund und langjährigen Mitarbeiter, den Bühnenbildner Ottowerner Meyer, mich zu begleiten. Wir sahen Figaros Hochzeit, und ich war begeistert von Monika Dehler als Cherubino. Auch Marianne Memm war eine großartige Marzelline. Wenn Sie wollen, ist Monika Dehler schuld, dass ich hier zugesagt habe. Ich wusste, dass diese junge Sängerin eine vorzügliche Cenerentola sein würde. Glücklicherweise konnte ich Ottowerner Meyer gewinnen,  mir für fünf Aufführungen pro Spielzeit als Ausstatter zur Seite zu stehen. Eine große Hilfe für mich! Ich möchte ganz klar etwas sagen: Ich mache Theater für das Publikum. Das Publikum hat ein Recht auf gutes Theater. Ich stelle jetzt gerade den Spielplan für die nächste Saison auf und werde gute Leute dafür engagieren.

Es gibt hier aber auch eine Menge Komplikationen. Eisenach muss zum Beispiel mit Rudolstadt fusionieren. Die Bühnenmaße stimmen nicht überein, und statt Ersparnis werden durch Änderungen nur noch höhere Kosten entstehen, fürchte ich. Auch die hiesigen Straßenverhältnisse erschweren die Verbindungen. Kooperation ja. Warum nicht? Aber eine  Fusion?

Hoffen wir das Beste. Dann gibt es da noch das Problem der Musiker. Rudolstadt/Saalfeld  hatte einhundert Orchestermusiker, die auf  39 Mann „rationalisiert“ wurden. Wir in Eisenach hatten 55, und vier davon wurden weg rationalisiert. Jetzt bekomme ich aus Rudolstadt fünf „ausgeliehen“.  Das ist ein Quell ständiger Reibereien zwischen beiden Orchestern. Mein holländischer Generalmusikdirektor Harke de Roos ist ein großer Verehrer von Eugen d’Albert. Er wünschte ein d’Albert-Revival, und so haben wir in dieser Spielzeit Die Abreise zusammen mit Puccinis Gianni Schicchi  wieder in den Spielplan aufgenommen und im Februar  Die Revolutionshochzeit von d’Albert gebracht. Ich konnte Andreas Baesler dafür gewinnen, und Ottowerner Meyer hat die Ausstattung übernommen. Ich bin sehr glücklich über mein neues Team.  (…)

Als ich aufstehe, fällt mein Blick auf ein Foto von Jean Louis Barrault, dessen Regieassistent Leon von 1963 bis 1966 in Essen war. „Vorgestern bin ich von seiner Beerdigung zurückgekommen“, sagt Léon leise.

Inzwischen (1994) hat er vor den Schwierigkeiten des Amtes, der Verhandlungen mit den Zuständigen und der Fusion mit dem Thüringischen Landestheater Rudolstadt, die zum Ende der Saison vollzogen wird, das Haus in jüngere Hände gewünscht und hört zum Ende dieser Spielzeit auf. Ein großer Theatermann hat aufgegeben –  sehr zum Verlust des Publikums und der Oper. Julia Poser (der wir auch die Zusammenstellung von Pierre Léons Lebensdaten verdanken.)

Münchner Gästebuch

 

Zu den Great Verdi Voices würde man Anneliese Rothenberger, Arleen Auger   und Nicolai Gedda nicht spontan zählen, doch sind sie auf der CD gleichen Namens vertreten neben den wirklichen großen Verdi-Stimmen wie die von Carlo Bergonzi oder Piero Cappuccilli.

Es beginnt auf der neuen Compilation-CD aus verschiedenen Jahren bei BR Klassik mit Leontyne Price, die mit dunkel getöntem, obertonreichem Sopran die Ernani-Elvira als aufbrausenden, starken Charakter zeichnet, vor brustigen Tönen in der Tiefe nicht zurück schreckt, die Höhen der Eingangsarie manchmal kurz antippt, sie aber wunderbar ausmusiziert, wenn die Phrase gleich im hohen Register beginnt. Triumphal gestaltet ist der Schluss, während die Intervallsprünge nicht die gleiche Souveränität bekunden. Als zweiter Sopran lässt Julia Varady „La luce langue“ aus Macbeth hören, singt ungemein geschmeidig und zugleich ausdrucksvoll, kann aus dem einzigen von ihr bekannten Schwachpunkt, der Mittellage, ein gestalterisches Plus machen und einen unverwechselbaren Charakter schaffen. Anneliese Rothenberger singt die Arie der Violetta aus dem 1. Akt von La Traviata, der die Reinheit und Klarheit der Sopranstimme, die leichte Höhe, die bereits im Rezitativ reiche Agogik zugutekommen. Die Arie klingt eher leicht verwaschen als nach kultiviertem Legatogesang, insgesamt glaubt man der Sängerin die erfahrene Pariser Lebedame nicht so recht, klingt sie zu brav und unschuldig. Die beiden anderen Akte des Werks würde man von der in einem anderen Fach verdienten Sängerin nicht so gern hören. Auch Arleen Auger ist natürlich keine Verdi-Sängerin, den silbrig klingenden Übermut des Ballo-Oscar  („Saper vorreste“)  kann man der Stimme allerdings durchaus entnehmen, auch wenn der Sopran betont mädchenhaft klingt. Ganz anders zeichnet Sena Jurinac in der großen Arie der Don Carlo-Elisabetta mit warmem, reifem  Klang einen Charakter und ein Schicksal, das dem Hörer zu Herzen geht, ganz leicht werden die Intervallsprünge genommen, „Francia“ klingt so sehnsüchtig, dass es zutiefst berührt, „la pace“ ist schon nicht mehr von dieser Welt. Der letzte Sopran auf der CD ist Margaret Price mit der ersten Arie der Aida, der sie berückende Piani und eine instrumentale Führung der Stimme angedeihen lässt.

Mezzosoprane sind auf der CD nicht vertreten, was man bei einer Verdi gewidmeten eher vermutet hätte. Als erster Tenor bringt Neil Shicoff Ernanis Auftrittsarie zu Gehör, nicht unbedingt das Ideal eines Verdi-Tenors, dazu hat die Stimme einen zu meckernden bis krähenden Klang, aber sehr musikalisch, mit guter Höhe und einheitlichem Timbre. Wohl die schönsten Stimmfarben unter den Tenören seiner Generation hatte José Carreras, der aus Il Corsaro  „Tutto parea sorridere“ singt, nobel melancholisch klingend und mit dem notwendigen Peng für die Cabaletta. Stilistisch makellos, geradezu das Ideal eines Verdi-Tenors ist Carlo Bergonzi mit der Arie des Manrico, deren Cabaletta anschließend Franco Bonisolli, berühmt wie berüchtigt dafür, zum Besten gibt.  Der Tenor aus Busseto besticht durch den eleganten Fluss der Stimme, die auch zupacken kann, die Beachtung der kleinen Notenwerte und die baritonale Grundlage. Der Südtiroler durch die Bombenhöhe und die Kraftentfaltung, die das Publikum zu Beifallsstürmen hinreißt. Da ist Nicolai Gedda als Rigoletto-Herzog weniger kraftvoll und eher etwas anämisch, sicher ist diese Partie keine ideale für ihn, der mit schönen mezza voce-Tönen, aber nicht mit erotischem Wollen besticht.  Rein vokal gesehen war Wladimir Atlantow vielleicht der beste Otello seiner Generation, auf der CD ist er mit dem Schluss der Oper vertreten, mit dumpfem „Otello fu“, facettenreich, bronzefarben und mit vorzüglicher Diktion.

Bässe finden sich nicht auf der CD, aber die drei Baritone sind tatsächlich die Maßstäbe gesetzt habenden ihrer Zeit. Piero Cappuccilli singt „Cortigiani, vil razza“ mit atemlos klingendem, aber nicht seiendem Rezitativ und toller Fermate, schmerzerfülltem „tu taci, ohimè“ und einem Timbre, das kaum seinesgleichen hat. Renato Bruson beweist mit „Di Provenza il mar“, dass selbst ein abgesungen erscheinendes Musikstück wie neu wirken kann. Dieser Vater ist zudem kein Spießer, sondern mit phantasievoller Phrasierung schmerzerfüllt über den scheinbaren Irrweg, den der Sohn beschritten hat. Ein Falstaff ohnegleichen war zu seiner Zeit Giuseppe Taddei, der aus „L’onore“ mit süffiger voce recitanda ein wahres Kabinettsstück und die aus dem Orchester herausklingenden Scherze sämtlich mitmacht. Alle Sänger wurden mit wechselnden Dirigenten zwischen den Jahren 1962 und 1982 mit dem Münchner Rundfunkorchester aufgenommen (CD BR Klassik 900313). Ingrid Wanja

Barocke Eindrücke

 

Die Einspielung von Purcells Dido and Aeneas unter Colin Davis erschien erstmals 1970 als LP auf dem Philips-Label und ist in der Folge dort auch als CD herausgekommen, aber offenbar „outgesorst“ worden. Nun legt sie Pentatone Remastered Classics in einer digitalisierten Überarbeitung vor (PTC 5186 230). Die Aufnahme ist wegen der Mitwirkung der englischen Mezzosopranistin Josephine Veasey in der weiblichen Titelrolle von besonderem Interesse. Ihr warmer, nobler Ton gibt der Dido eine unvergleichliche Würde – bereits der Auftritt („Ah! Belinda, I am prest“) berührt in seiner Wahrhaftigkeit und eindringlichen Stimmgebung. Und natürlich führt sie am Ende ihr berühmtes Lament in seinem schmerzlichen Klang von tiefster Trauer und Entrücktheit gebührend zum Höhepunkt der Oper.

Belinda ist Helen Donath, eine Ikone im lyrischen Sopranfach, deren Stimme jugendliche Anmut verströmt und trotz aller Munterkeit nie in einen billigen Soubrettenton abgleitet. Der Bassbariton John Shirley-Quirk singt einen resoluten, reifen und auch sinnlichen Aeneas. Gravitätisch-schwer beginnt mit einem konservativen Orchester der 2. Akt in der Höhle, wo Elizabeth Bainbridge eine dämonische Sorceress gestaltet und mit mächtigen „Appear!“-Rufen imponiert. Eine Luxusbesetzung für den Spirit ist Thomas Allen, der später selbst den männlichen Titelhelden des Werkes gesungen und auch eingespielt hat, mit prachtvollem, virilem Bariton. Mit frischem Tenor ergänzt Frank Patterson die Besetzung als First Sailor. Der John Alldis Choir singt mit lautmalerischer Lebendigkeit. Der großflächige, oft romantisch anmutende Klang der Academy of St Martin in the Fields unter Colin Davis ist für heutige Hörgewohnheiten etwas fern, doch nach den vielen Aufnahmen der letzten Jahre auf historischen Instrumenten bringt diese Wiederveröffentlichung eine andere, kontrastierende Farbe ein und ist daher sehr willkommen, schon wegen der überragenden Solisten. Bernd Hoppe

 

 

Den vielen, vielen, vielen erhältlichen Aufnahmen von Purcells Dido and Aeneas fügt signum CLASSICS eine weitere hinzu, die es angesichts der erdrückenden Konkurrenz auf dem Markt schwer haben dürfte, sich als gültige Alternative zu behaupten (SIGCD417). Das liegt nicht am Dirigenten Christopher Monks, der den Armonico Consort zu vitalem, pulsierendem Musizieren mit differenzierten Stimmungen inspiriert, sondern an einer unausgewogenen Besetzung. Bietet das Titelpaar mit der Mezzosopranistin Rachael Lloyd und dem Bariton Robert Davies noch solide, wenn auch keine memorablen Leistungen, werden die wichtigen Charakterrollen der Sorceress, der First und Second Witch sowie des Drunken Sailor nur ungenügend wahrgenommen. Da kommt der Eindruck auf, dass es sich bei diesen Interpreten um Laien handeln könnte. Doch der Counter Roderick Morris, der die Sorceress grotesk verzerrt, ist tatsächlich ein professionell ausgebildeter Sänger, der bei diversen Festivals aufgetreten ist und auch mit Michael Chance gesungen hat. An den Rand der Parodie führen Eloise Irving und Jenni Harper The First and Second Witch mit bizarrer Tongebung von kreischenden und lallenden Geräuschen. Natürlich verlangen diese Partien besondere Farben und einen spezifischen Ausdruck – aber hier ist die Grenze zur Persiflage überschritten. Dilettantisch klingt der Gesang von Miles Golding als Drunken Sailor in seinem Song „Come away“. Für die Dido ist der hohe Mezzo von Rachael Lloyd zu unpersönlich. Vor allem für die große Schluss-Szene „When I am laid“ fehlt ihr das tragische Pathos. Der Aeneas von Davies profitiert von seinem sonoren Ton und dem nachdrücklichen Vortrag. Die Belinda nimmt Elin Manahan Thomas mit munterem, etwas anonymem Sopran wahr, singt ihre beiden Soli „Pursue thy conquest love“ und „Haste to town“ lebhaft und eloquent. Ein Gesangsoktett des Armonico Consort übernimmt die kurzen Chorszenen kompetent und sorgt vor allem im finalen „With drooping wings“ für einen ergreifenden Moment der Trauer (aber das ist eben auch so komponiert)… Bernd Hoppe

 

purcell dido and aeneas signum classicsAn Aufnahmen von Händels Oratorium L’Allegro, il Penseroso ed il Moderato ist kein Mangel im Katalog, doch die Neueinspielung bei Signum Records/Winged Lion (SIGCD 392) unter Paul McCreesh erweckt besondere Aufmerksamkeit durch die verwendete Erstfassung von 1740, die der Komponist selbst dirigiert hatte. Dem Werk fehlen Ouvertüre und Einleitungen zum zweiten und dritten Teil, wofür Händel die Concerti

grossi op. 6 Nr. 1 und 3 sowie das Orgelkonzert op. 7 Nr. 1 nutzte. Der Dirigent geht in seiner 2013/14 entstandenen Produktion darauf zurück und fügt diese Kompositionen vor Beginn eines jeden der drei Teile ein. Mit seinen Gabriel Players stimmt er das A tempo giusto des Concerto grosso op.6, Nr. 1 in gemessener Feierlichkeit an, lässt das Allegro munter eilend folgen, breitet das Adagio in ernster Stimmung aus und schließt mit den beiden Allegro-Sätzen in ausgelassener Heiterkeit. Auch op. 6, Nr. 3 wechselt zwischen getragen ernsten und tänzerisch beschwingten Teilen – Gelegenheit für das Ensemble, mit hoher spielerischer Kultur und großem Einfühlungsvermögen in die verschiedenen Stimmungen zu glänzen.

Eine ausgewogene Besetzung sichert der Aufnahme ihren festen Platz im Verzeichnis der verfügbaren, trotz der starken Konkurrenz mit der bei hyperion unter Robert King, angeführt von Susan Gritton. Hier ist es die Sopranistin Gillian Webster, der alle Arien des Penseroso und eine des Moderato, dessen Nummern darüber hinaus auch vom Tenor und Bariton sowie vom Chor gegeben werden, obliegen. Sie singt mit nobler Stimme von hoher lyrischer Kultur, leuchtend in der Höhe und mit inniger Empfindung im Ausdruck. Bezaubernd ihr Air „Sweet bird“, dessen einleitende Flötentriller Vogelstimmen imitieren, woraus sich später ein virtuoser Dialog mit der Solostimme entwickelt. Himmlisch schwebende Töne von makelloser Reinheit vernimmt man in „But O! sad virgin“ und „Hide me“. Der Tenorpart, dem die Arien des Allegro und Moderato zufallen, findet in Jeremy Ovenden einen idealen Interpreten. Er lässt eine so charaktervolle wie kultivierte, typisch englische Stimme hören, trägt seine Airs lautmalerisch prägnant vor, demonstriert (so in „There let Hymen oft apppear“) auch eine brillante Koloraturgeläufigkeit. Einer von Händels wunderbaren melodischen Einfällen ist das wiegende „Let me wander“, welches der Sänger mit schmeichelndem Wohlklang vorträgt. Sopran und Tenor vereinen sich am Ende in einem von des Komponisten himmlischen Duetten („As steals the morn“) in sublimer Harmonie.

L’Allegro, il Penseroso ed il Moderato SignumEinen erstaunlichen Auftritt hat der erst fünfzehnjährige Knabensopran Laurence Kilsby, der seine vier Airs mit androgyn-keuschem Ton singt und deren Tessitura mühelos bewältigt. Besonders eindrucksvoll am Ende des ersten Teils das von jauchzenden Orgelklängen begleitete „Or let the merry bells“. Den tieferen männlichen Partien fallen kleinere Aufgaben zu – dem Bass das forsch auftrumpfende, vom Hörnerschall begleitete „Mirth, admit me“, wo Ashley Riches seine resonant-virile Stimme effektvoll einbringt, und dem Bariton das zärtliche „Come, with native lustre shine“, das Peter Harvey mit weichem, noblem Klang ausfüllt. Der lässt in den Chören machtvollen, feierlichen und jubilierenden Gesang hören. Wenn man in dieser Einspielung auch auf einige später nachkomponierte und lieb gewordene Arien verzichten muss, ist sie doch eine Bereicherung der Händel-Diskographie und jedem Barockfreund zu empfehlen. Bernd Hoppe

Schubertiaden und Salon-Kultur

Wortwörtlich von einer Schubertiade berichtete bereits 1826 ein Student in seinem Tagebuch und schrieb u.a. „Nachdem das Musizieren aus ist, wird herrlich schnabelliert und dann gettanzt„. Eine Schubertiade war ein geselliges Beisammensein, Freiheit in kleinem Kreis in Zeiten Metternichs und der restaurativen Kontrolle und Überwachung. Freundschaft und Herzensbildung angesichts öffentlicher Erstarrung und restriktivem Staatsapparat. Eine ungewöhnliche CD mit Liedern Schuberts ist bei myrios classics unter dem Namen Schubertiade erschienen: eine Zeitreise in Schuberts Epoche, das Beiheft beschreibt diese fiktive Konstellation einer Wiener Schubertiade folgendermaßen: „Wien, Mitte des 19. Jahrhunderts – ein spanischer Kaufmann und begabter Gitarrist, ein vor der belgischen Revolution geflohener Adliger und passionierter Cellist, und ein aus Paris stammender Maler und Flötist schließen sich zusammen und musizieren im Salon erstmals Lieder von Schubert, gemeinsam mit einem Sänger aus München… Sie finden Gefallen an den Liedern und beschließen, in Kürze einen größeren Kreis zu einem geselligen Abend einzuladen.“ Der Zuhörer wird Zeuge dieses erfunden nachgestellten Liederabends. Schuberts Lieder erklingen hier nicht mit Klavier, sondern in ungewohnter Besetzung: mit Flöte (gespielt von Marc Hantaï), Gitarre (gespielt vom Spanier Xavier Diaz-Latorre) und Baryton (gespielt vom belgischen Gamben-Spieler Philippe Pierlot). Schubert-Lieder zur Gitarre sind historisch verbürgt, die Gitarre war schon vor 200 Jahren das Lieblingsinstrument des Bildungsbürgertums. Schubert veröffentlichte bspw. zwei Lieder seiner Sammlung Opus 4 zuerst in der Version für Gitarre, in den 1840er Jahren transkribierte der Gitarrenvirtuose Johann Mertz Schubert-Werke für

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sein Instrument, die auch für diese CD verwendet werden und die Musiker dieser CD zu eigenen Transkriptionen inspirierte. Zu hören sind 16 Lieder, davon einige Goethe-Vertonungen (“ „Wanderers Nachtlied“, „Heidenröslein“, „Schäfers Klagelied“ und die „Harfner-Lieder“) sowie Lyrik von Mayrhofer, Senn und Rellstab, das „Ständchen aus Schuberts Schwanengesang beschließt die CD. Doch nicht nur Schubert-Lieder, sondern auch Musik von Wenzel Matiegka, die bereits Schubert bearbeite, und Literarisches beinhaltet die CD: ein Text von Schubert selber, Improvisationen, Texte an Schubert sowie literarische Zitate von Peter Härtling und Michael Stegemann runden diese ungewöhnliche und interessante Zusammenstellung ab. Als Sänger hört man den jungen Tenor Julian Prégardien, der mit seiner offenen, flexiblen und lyrischen Liedstimme unmittelbar gefällt. Er nimmt sich Freiheiten: spontane Ausdruckssteigerungen durch Vorhalte, rhythmische Varianten und Abwandlungen der Melodieläufe – auch das verbürgte und in Vergessenheit geratene Praxis. Prégardien erklärt: „Es geht eher darum, dieser Musik andere klangliche Reflexe zu entlocken“ – das ist auf sehr schöne, spannende und engagierte Weise gelungen, und zwar musikalisch, sängerisch und konzeptionell. (myrios classics, MYR018)

Thilo Dahlmann CapriccioIn traditioneller Konzertkultur ganz ohne konzeptionelle Überraschungen hat das Wiener Label Capriccio die Debüt Lied-CD mit dem Titel Ausgewählte Lieder des deutschen Bassbaritons Thilo Dahlmann veröffentlicht, auf der er Schubert interpretiert. Er ist bereits als Sänger auf einigen Veröffentlichungen in Erscheinung getreten, u.a. Telemanns Lukaspassion, Johann Heinrichs Rolles Matthäuspassion oder in kleineren Rollen bei Operneinspielungen – Glucks Iphigenie auf Tauris und Wagners Parsifal sowie zwei DVDs des Züricher Opernhauses mit Strauss‘ Arabella und Busonis Doktor Faust. Dahlmann ist vor allem ein gefragter Konzertsänger und tritt überwiegend in barocken und romantischen Messen, Oratorien und Kantaten auf – eine Auswahl, die zu ihm passt: Seine Stimme ist nobel und geschmeidig, sein Vortrag auf dieser CD ist durchdacht und überlegt, manchmal ein wenig zurückhaltend, er modelliert nuanciert und ohne Extreme oder Manieriertheiten. 19 Lieder von Schubert sind zu hören, wie die Auswahl zustande kam, erfährt man aus dem knapp gehaltenen Beiheft nicht, das lediglich biographische Informationen erhält. Bekanntes und weniger Bekanntes erklingt, bspw. „An den Mond“ und „Wie Ulfru fischte“, „Gruppe aus dem Tartarus“ und „Der Tod und das Mädchen„, „Ganymed„, „Prometheus“ und „Dithyrambe“ – die Zusammenstellung ist interessant, beim Zuhören bleibt der Spannungsbogen erhalten. Aufgewertet wird diese Liedsammlung durch den renommierten Pianisten Charles Spencer, u.a. auch Professor für Liedinterpretation für Sänger und Pianisten an der Musikuniversität Wien, der gleichberechtigt neben Dahlmann zum Hinhören verführt. Eine gelungene Visitenkarte (Capriccio, C3001). Marcus Budwitius

Geisterstunde

 

„This is no opera!“ tönt die Dame, die sich statt des Hutes, den sie zu Beginn der Oper trug, nun einen Walkürenhelm übergestülpt hat und behauptet „Wagner is opera!“ Im Finale des ersten Aktes von John Coriglianos The Ghosts of Versailles geht es drunter und drüber. Zuvor hat im Palast des Türkischen Botschafters die arabische Diva Samira den Gästen kräftig eingeheizt und die Mädchen zu einem wilden Tanz verführt. Ein Tohuwabohu wie bei Rossini.

John Corigliano the gosts of versailles dvdVon dessen Freuden- und Singtaumel, für den es keinen logische Anlass gibt, insbesondere von der Italiana, ließ sich auch John Corigliano inspirieren, als er sich für seine erste und einzige Oper, zu der James Levine 1979 auf einer Dinner Party den Anstoß gegeben hatte, auf Spurensuche begab (nachzulesen im Beiheft der wie immer gediegen ausgestatteten Pentatone-Aufnahme). Der Stoff war in La mère coupable, dem letzten der drei „Figaro“-Stücke von Pierre-Augustin Caron de Beaumarchais, rasch gefunden, wodurch sich in der Nachfolge von Mozart und Rossini ebenso rasch die Form als opera buffa ergab, allerdings einer „grand opera buffa“, schließlich sollte die Oper zum hundertjährigen Bestehen der Met uraufgeführt werden: „Once I decided to take on the commission I wanted to write an buffo opera because that forces you to write beautiful ensembles from beginning to end“. Es dauerte allerdings. Erst 1991 gelangten The Ghosts of Versailles zur Uraufführung an der Met. Nicht unwesentlichen Anteil am großen Erfolg hatte das Star-Ensemble, das die Geister alter Aufführungen aus der Goldenen Ära zu beschwören schien, mit Stratas, Fleming, Horne, Gino Quilico, Graham Clark und Hagegård, welches es aber nachfolgenden Bühnen nicht eben leicht machte, Schritt zu halten.Zumal es von der glanzvollen Met-Produktion (Marilyn Horne als monomentale Türkenbaba, getragen von strammen Herren) auch eine DVD gibt/ DG.

Die Höflinge sind wieder angeödet – „bored as a rug”, “bored as an egg”, “bored as a potato” – denn in Marie-Antoinettes Theaterchen im Petit Trianon soll eine Aufführung stattfinden. Die Königin ist vom dritten Teil der „Figaro“-Saga so gerührt, dass der Dichter sein Stück so umlenken will, dass sie nicht aufs Schafott muss. Coriglianos Librettist William M. Hoffmann hat Pirandello gelesen und Beaumarchais‘ Fünfakter La mère coupable nicht einfach für die Oper adaptiert, wie Milhaud, sondern nach dem Motto „was wäre wenn?“ Ludwig XIV, Marie-Antoinette und den in die Königin verliebten Beaumarchais samt den alten Geistern, die sich in der Gegenwart schrecklich langweilen, in einer verkastelten

Rahmenhandlung auf die Bühne geholt und die Halsbandaffäre hineinmontiert.

Dazu hat der 1938 geborene Corigliano, dessen Vater über zwanzig Jahre Konzertmeister der New Yorker Philharmoniker war, eine Musik geschrieben, die sich nach dem gräulichen Gewisper der Geister zu einem animierenden Spiel mit

den Vorbildern einfindet. Corigliano begnügt sich nicht mit Zitat, Collage und Parodie, wenngleich die Kenntnis von Mozart und Rossini das Vergnügen steigert, sondern findet einen eigenen, zeitgemäßen Plapperstil, der die zweihundert Jahre mühelos überwindet und ein bisschen an Menottis Buffa-Rivival The last savage erinnert, in dessen Met-Aufführung 20 Jahre zuvor Stratas ebenfalls mitgewirkt hatte.

Der im Februar und März 2015 entstandene Mitschnitt aus dem Dorothy Chandler Pavillon in Los Angeles wirkt nach der vorausgegangenen drögen Pentatone-Tat mit Cold Montain wie ein erfrischendes Bad (PTC 5186 538). James Conlon leitet eine ausgesprochen inspirierte Aufführung. Corigliano hat wirkungsvolle Arien, Duette, Ensembles geschrieben, darunter der Beginn der „Oper in der Oper“, der dem Lever im Rosenkavalier abgeschaut ist, wodurch das Westküsten-Ensemble, wenn auch etwas sparsamer als seinerzeit an der Met zusammengestellt, in bestem Licht erscheint. Keiner hätte auf sein Bravourstück verzichten wollen: wenngleich hie und da ein kleiner Strich der Wirkungskraft der Nummern vermutlich keinen Abbruch getan hätte.

Mit sicherem und festem Klang singt Patricia Racette die anrührenden Erinnerungen der Königin, Lucas Meachem hat als Figaro eine Bravourarie ganz im Stil seines Rossini-Ahnen, der Bösewicht Bégearss wird von Robert Brubaker mit galligem Trompetentenor gesungen, den Beaumarchais gibt Christopher Maltman mit steifem Kavliersbariton und die reife Broadway-Diva Patti LuPone macht sich gar nicht schlecht in der 10-Minuten-Bravour-Szene der Samira, die immerhin von Marilyn Horne kreiert wurde. Mit dabei die einst vielversprechende Lucy Schaufer als unauffällige Susanna sowie Brenton Ryan als Léon und Stacey Tappan als Florestine, die unehelichen Kinder der Almavivas, er Rosinas (Guanqun Yu) Sohn aus der Affäre mit Cherubino (Renée Rapier), sie die illegitime Tochter des Grafen (Joshua Guerrero). James Conlon leitet die Geister sehr effektvoll durch die beiden Akte, bis die Königin nach rund 150 Minuten ihr Schicksal annimmt und das Schafott beschreitet. Rolf Fath

Eine Südstaatenliebe

 

Eine in die Zeit des Amerikanischen Bürgerkriegs verlegte Odyssee ist die von Charles Frazier in seinem 1997 mit dem National Book Award ausgezeichneten Roman Cold Mountain erzählte Geschichte des W. P. Inman. Der Handwerker reißt sich von der Pfarrerstochter Ada Monroe los, zieht auf der Seite der Südstaaten in den Krieg, beschließt aufgrund der Erinnerung an Ada zu desertieren und ist dadurch zum Abschuss freigegeben. Durch ein verwüstetes, ausgezehrtes Land, in dem er auf unschuldige Opfer des Kriegs trifft, treibt es Inman zurück zum Cold Mountain, verfolgt von Teague, der mit seinen Leuten die Deserteure aufspürt und hinrichtet. Währenddessen gelingt es Ada mit Hilfe der patenten Ruby dem Hungertod zu entgehen und ihre Farm wieder herzurichten.

2003 kam Anthony Minghellas Verfilmung mit Nicole Kidman und Jude Law in die Kinos (dt. als Unterwegs nach Cold Mountain), 2015 gelangte Jennifer Higdons gleichnamige Oper, für die der durch seine Arbeiten für Tobias Picker (u.a. An American Tragedy, 2005 an der Metropolitan Opera) und Jake Heggie (Moby-Dick, 2010 in Dallas) als derzeit versiertester amerikanischer Librettist ausgewiesene Gene Scheer den Text lieferte, als Koproduktion der Opera Philadelphia und der Minnesota Opera in Santa Fe zur Uraufführung. Eine Fleißarbeit.

Scheer zoomt aus dem Kriegspanorama, welches der 600-Seiten-Roman entwirft, prägnante Einzelaufnahmen heran und verknüpft die Lebenswege der Hauptfiguren auf geschickte Weise. In ihrem Opernerstling lässt die 1962 geborene Jennifer Higdon die Szenen gekonnt ineinanderfließen, ohne im dialogreichen, sparsam durch Arien und Volksliedanklänge aufgeweichten Dauerparlando, das im zweiten der jeweils rund 1 ¼ Stunden dauernden Akte etwas dichter gerät, eine eigene Atmosphäre oder Faszination zu entwickeln. Das ist handwerklich alles solide gemacht, wie es von der vor allem durch ihr Violinkonzert für Hillary Han bekannt gewordenen Higdon zu erwarten war, mit illustrativer Lyrik, einigen dichten Duetten, wie zwischen Ada und Ruby, nostalgischen Rückblicken und dem ostinaten Rumoren für die Kriegsbilder. Das ist vielfach vorhersehbar und für den Hörer, der die lebhafte Aktion nur durch die vielen Bühnengeräusche erahnen kann,

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ziemlich undankbar. Miguel Harth-Bedoya machte das Beste daraus und leitete im August 2015 in Santa Fe (bei Pentatone als PTC 5186 583 in der Reihe American Operas) eine professionelle und gediegene Aufführung, deren Hauptaugenmerk auf dem Liebespaar ruht: der entspannt und mit baritonalem Glanz singende Nathan Gunn als wortkarger Deserteur Inman und die gleichmäßig sanfte Isabel Leonard als Südstaaten-Beautie Ada. Dazu die fidele Emily Fons als Ruby, der kernig

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charaktertenoral vollstimmige Jay Hunter Morris als brutaler Bösewicht Teague, der feine lyrische Tenor Roger Honeywell als Veasy sowie der relativ unauffällige Anthony Michaels-Moore als Adas Vater Monroe und Deborah Nansteel als entflohene Sklavin Lucinda. Rolf Fath

Peter Moores

 

Vor allem Sammlern und Freunden der englischen CD-Firme Opera Rara ist dieser Name ein Begriff: Peter Moores. Er war einer der erfolgreichsten britischen Geschäftsleute der Nachkriegszeit und vor allem ein begeisterter Musikfan und Kunstmäzen, der viele, viele Projekte der Opera Rara finanzierte und möglich machte. Aber auch bei Chandos war er bei der Serie Opera in English hilfreich tätig. Mit ihm verliert Großbritannien und die Welt einen der ganz wichtigen, leidenschaftlich an der Kunst Interessierte, der mit seiner Peter Moores Foundation nicht nur die obigen Projekte unterstützte sondern auch zahlreichen jungen Künstlern den Start ermöglichte. Zudem kümmerte sich die Foundation auch und in erster Linie um HIV-Opfer. Nachstehend der Nachruf von Opera Rara, dem wir uns mit großem Bedauern über den Tod dieses großen Mannes anschließen. G. H.

Sir Peter Moores CBD DL 9 April 1932 – 23 March 2016. It was with great sadness that we heard the news of Sir Peter Moores’ passing. Opera Rara’s long and close association with Sir Peter goes back to the early 1970’s when we took our very first steps as a company drawing attention to lesser known 19th-century Italian operas. He remained a loyal and generous supporter for the subsequent 40 years, enabling us to bring to light operatic masterpieces and enlist the best possible operatic talent to help us bring these works back to life. Thanks to his unwavering support, Opera Rara has been able to create and build an invaluable catalogue, which includes more than 60 recordings. Sir Mark Elder, Artistic Director of Opera Rara, paid tribute: “He was undoubtedly one of the most significant musical philanthropists of our time. Throughout his long life, he showed unstinting generosity in support of several crucial musical visions. In particular, his long support of Opera Rara allowed the company to develop and flourish when without his annual investment, it would have disappeared. He showed great faith in Opera Rara’s vision and we will do all we can canadianpharmacy-toprx.com to ensure that his outstanding legacy is built upon for future generations to enjoy.” Opera Rara

 

 

Peter Moores/ Foto wie oben Opera Rara

Peter Moores/ Foto wie oben Opera Rara

Dazu auch ein Eintrag bei der britischen Wikipedia: Sir Peter Moores CBE DL (9 April 1932 – 23 March 2016) was a British businessman, art collector and philanthropist who was chairman of the Liverpool-based Littlewoods football pools and retailing business in the United Kingdom between 1977 and 1980..His father, Sir John Moores, was the founder of the Littlewoods company, though the family no longer owns it. In the Sunday Times Rich List 2006 the Moores‘ family wealth was estimated at £1,160m. Peter Moores was educated at Eton College and Christ Church, Oxford. His elder sister Lady Grantchester (née Betty Moores), is the widow of Kenneth Bent Suenson-Taylor, 2nd Baron Grantchester (1921–1995). At the age of 32 in 1964, Moores set up the charity Peter Moores Foundation supporting music and the visual arts, but also education, health, social and environmental projects. The Foundation continued in existence until 5 April 2014, when viagra cialis or levitra its funds were exhausted. During its fifty years, it donated over ₤231 million to the causes it supported. The Peter Moores biennial contemporary art exhibitions were held at the Walker Art Gallery in Liverpool from 1971 to 1986. In 1994 the foundation enabled a permanent Transatlantic Slave Trade Gallery at the Liverpool Merseyside Maritime Museum. The Foundation began a variety of charitable support initiatives in Barbados in 1973 – these activities became a separately constituted organization in 2011. In 1993 the Foundation bought Compton Verney House in Warwickshire, which was then categorized as a building ‚at risk‘, and transferred the ownership to a Trust supported by the Foundation. In March 2004 the Compton Verney Gallery at the House was opened by Prince Charles. The Gallery has a permanent collection, and varied art collections and temporary exhibitions are also presented. From 1970 to 2010 the Foundation supported the Opera Rara classical music label. It awarded scholarships to young British singers, including Amanda Roocroft and Simon Keenlyside. It has also supported the Opera in English project. The Foundation provided funding for farmacia online cialis health projects in the UK and overseas, particularly in the field of HIV/Aids. It also supported a range of youth and education projects. To mark its final phase the Foundation’s Swansong Project made donations to enable eight new productions in 2014/5 by British opera companies, including the British premiere of George Benjamin’s Written on Skin at the Royal Opera House, Terry Gilliam’s production of Berlioz’s Benvenuto Cellini, and three production of operas by cialis once a day not working Donizetti at the Welsh National Opera.

Zum Hundertsten

 

In diesem Jahr 2016 hätte der argentinische Komponist Alberto Ginastera seinen hundertsten Geburtstag feiern können, ein Anlass für Warner Classics, drei Aufnahmen aus verschiedenen Jahren und mit unterschiedlichen Solisten, aber stets dem Santa Barbara Symphony unter Gisèle Ben-Dor auf den Markt zu bringen. Sie zeichnen die Entwicklung seines musikalischen Stils vom Volksliedhaften zum Neo-Expressionismus nach  und erfüllten dem damals (2011 und 2014) Noch-Tenor  und Schon-Bariton Plácido Domingo den Wunsch, eine Partie, die des Don Rodrigo aus  der gleichnamigen Oper zumindest in Ausschnitten noch einmal zu singen; sie war eine seiner ersten 1966 in der New York City Opera gewesen. Der dritte Teil der einstündigen CD ist die Vertonung von Briefen Kafkas an seine ebenso wie er später an Tuberkulose verstorbene, verheiratete Freundin Milena, deren Antworten verloren gegangen sind, die aber, obwohl aus männlicher Feder stammend, von einem Sopran interpretiert werden. Sie werden in Spanisch gesungen, das Libretto enthält aber eine Zurückübersetzung in die ursprüngliche deutsche Sprache.

Die eigentlich für Solostimme und Klavier komponierten Cincos Canciones Populares Argentinas wurden in der Orchestrierung von Shimon Cohen 2002 mit Ana Maria Martinez aufgenommen. Der Sopran klingt frisch und fein flirrend in Chacarera, weiß sich in Triste in schöner Ausgewogenheit zwischen Volks- und Kunstliedhaftem auszudrücken und mit Schwelltönen zu imponieren. In Zamba beweist die Martinez viel Sinn für Rhythmus, schlicht und innig wird das Wiegenlied Arroró gesungen, während der Sopran in Gato zunächst etwas in dem harten Stampfen der Orchesterklänge unterzugehen droht, sich aber zunehmend zu behaupten weiß.

Kompliziert ist die Aufnahmegeschichte der beiden Rodrigo-Szenen, die Domingo nicht nur in unterschiedlichen Jahren und auf verschiedenen Kontinenten sang, sondern deren Sopranpart bereits Jahre vorher (2008) aufgenommen wurde. So stammt der von Virginia Tola herrührende Anteil an den Duetten vielleicht von der Aufnahme mit einem anderen Tenor, aber darüber schweigt sich das Booklet aus. Die beiden Szenen mit den Titeln Die Schandtat und Das Wunder schildern die Vergewaltigung der Florinda durch Rodrigo und dessen Todesszene, die ihm die Vergebung seines Opfers bringt. Die Szene wechselt zwischen Sprechgesang und Gesang, von ihrer Seite schmal und sanft vorgetragen, von der seinen mit knapper Höhe und zum Höhe- und Schlusspunkt der Schandtat eher ein friedliches Vergehen als lustvolles Triumphieren. Die zweite Szene lässt ein durchaus noch eindeutiges Tenortimbre hören, aber auch eine gefährdete Höhe nicht überhören. Das selige Verlöschen allerdings kann den Hörer von den interpretatorischen Fähigkeiten des Sängers durchaus überzeugen.

Auch die einzelnen Briefe Kafkas sind mit Titeln versehen, die ihren Inhalt vorwegnehmen. Virginia Tola singt De los fantasmas  verinnerlicht bis zur Unhörbarkeit, nach dem dräuenden Orchestervorspiel zu Del amor findet sie zu wärmeren, runderen Tönen, um in De los suenos  in wildem Sprechgesang  singend eher leidenschaftlich spanisch als melancholisch böhmisch zu klingen, was natürlich der Komponist zu verantworten hat. Wieder gesungen wird De las cartas, teilweise die Stimme im Orchesterklang aufgehen lassend, teils sich ihm entgegen stellend und alles mit einer Endlosfermate krönend. Sparsam untermalt das Orchester De celos y desesperanzas, letzte Dinge schließlich führen zu einem sanften Ausklang in Del infinito (CD Warner classics 0825646868308). Ingrid Wanja