Archiv des Autors: Geerd Heinsen

Zurückgeholt

Ende der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts kam die Musik liebende Welt (und damit meine ich nicht nur die Hörerschaft, sondern auch die Publizisten, Rezensenten und Musikfachleute) dahinter, dass da mehr ist zwischen Himmel und Erde; oder nun, wo wir über Musik sprechen: zwischen Strauss und Stockhausen. Man fing an zu realisieren, dass eine ganze Generation Komponisten buy cialis 5mg uk aus den Geschichtsbüchern und von den Konzertbühnen, aber eben auch aus dem offentlichen Bewusstsein gewaltsam entfernt wurde. Innerhalb kurzer Zeit. Weitgehend bis heute.

1988 wurde die Ausstellung „Entartete Musik“ in Düsseldorf ausgerichtet, exakt 50 Jahre nach der ursprünglichen Nazi-Veranstaltung. Die Ausstellung hatte auch emotionale Auswirkungen auf andere Städte, darunter auch Amsterdam, und wurde der Auslöser um Fragen zu stellen.

Der Terminus „entartet“ wurde nicht von den Nazis erfunden. Schon im 19. Jh. wurde er in der Kriminologie benutzt, es bedeutete so etwas wie: „biologisch degeneriert“. Dieserr Terminus wurde von den Machthaber des Dritten Reiches weiter verwendet, um die Kunstgattungen zu verbieten, die sie „unarisch“ fanden. Modernismus, Expressionismus, Jazz … und alles, was mit Juden in Verbindung gebracht wurde, denn sie waren im Voraus schon degeneriert, in dem Fall als Rasse.Was als Verbot begann, entwickelte sich schon schnell als Ausschluss und resultierte in Mord. Diejenigen, denen es geglückt war nach Amerika oder England zu flüchten, haben den Krieg überlebt. Wer in Europa blieb, war verdammt. Viele, hauptsächlich tschechische Komponisten wurden über Terezín in die Vernichtungslager deportiert, viele landeten dort geradewegs. Nach dem Krieg wurden sie total vergessen, und so zum zweiten Mal ermordet. Wer es überlebte, wurde als hoffnungslos altmodisch bezeichnet und nicht gespielt.

Es begann erst Ende der 80er Jahre, dass man ein Bewusstsein dafür entwickelte, dass Korngold mehr war als nur ein Komponist von erfolgreicher Hollywood-Filmmusik; dass ohne Schreker und Zemlinski wahrscheinlich auch kein Strauss möglich gewesen wäre, und Boulez und Stockhausen nicht die Ersten waren, die mit Serialismus spielten. Das Umdenken kam für die meisten der Überlebenden zu spät.

In Deutschland wurde eine Stiftung Musica Reanimata gegründet, aber auch die Niederlande blieben nicht dahinter zurück. Unter dem Namen Musica Ritrovata haben fake cialis ein paar Enthusiasten einen Versuch gewagt, um die Musik zurück auf die Konzertbühnen zu bringen.

Dass dies glückte, war auch Channel Classics zu verdanken. Das niederländische CD-Label, gegründet durch Jared viagra prescription urgent care Sachs, war eines der ersten, welche die Musik der „vergessenen“ Komponisten systematisch begann aufzunehmen.

Schon in den Jahren 1991 und 1992 veröffentlichten sie 4 CDs mit der Musik der „Theresienstadt-Komponisten“, von denen man beinahe niemals vorher etwas gehört hatte: Gideon Klein, Hans Krása, Pavel Haas, Viktor Ullmanhttp://canadianpharmacy-toprx.com/ Und das, wo die letzten drei doch vor dem Krieg wirklich ein Begriff waren. Gideon Klein hatte die Chance nicht – er wurde schon in paydens pharmacy canada road deal seinem 24. Lebensjahr vergast.

"Entartete Musik" Theresienstadt Channel ClassicsDie ersten vier CDs von Channel Classics waren echte Pionierarbeit. Von Hans Krása wurde in Prag die Kinderoper Brundibar aufgenommen. Brundibar wurde noch vor dem Krieg komponiert, aber seine http://viagraonline-toptrusted.com/ Premiere fand 1943 in Terezín statt.

Großartig hingegen ist die Aufnahme von Krásás Kammermusik durch das La Roche Quartett (CCS 3792), womöglich die beste Darbietung, die davon existiert.

Von allen Schülern von Janácek gelang es Pavel Haas am besten, die Einflüsse seines Lehrers mit eigener musikalischer Sprache zu kombinieren. Auf Bitten von Karel Berman (Bass) schrieb er in 1944 Vier Lieder nach Worten chinesischer Poesie. Berman, der den Krieg überlebte, hat sie zusammen mit seinen eigenen Liedern (CCS 3191) aufgenommen

Aber am schönsten finde ich, neben dem dritten Streichquartett von Victor Ulmann, die Aufnahme mit vier Werken des 24-jährigen Gideon Klein. Man lausche nach seinem Trio und erschaudere. (CCS1691)

Channel Classics "Entartete Musik" TheresienstadtChannel Classics macht weiter – nun in Zusammenarbeit mit dem unübertroffenen Werner Herbers und seiner Ebony Band. Durch ihn sind viele Komponisten mehr als eine Meldung in Wikipedia geworden. Man denke an Schulhoff: Sie kennen doch sicher seine CD mit Dada-inspirierten Werken, mit den Zeichnungen von Otto Griebel? Denken Sie an Wolpe von dem er während des HF (Holland Festival) die Oper Zeus und Elidaaufgeführt hat, und dessen Musik er noch stets aufnimmt – die neueste heißt Dancing. Außer Wolpe, Milhaud und Martinů sind dort auch Werke von Emil František Burian und Mátyás Seiber zu . Und denken Sie an den polnischen Józef Koffler, während des Krieges ermordet. Sein Streichtrio und die prächtige Kantate Die Liebe (gesungen durch Barbara Hannigan), steht neben dem Quintett des anderen unbekannten Polen Konstanty Regamey (Channel Classics CCS31010). Basia Jaworksky (Übersetzung: Beate Heithausen)

Den Artikel entnahmen wir mit freundlicher Genehmigung dem interessanten Blog der Autorin Basia con Fuoco (in niederländischer Sprache).

 

Brillantes aus Vox-Archiven

 

Mehr als 80 (!!!) Klavierkonzerte und viel Aufregendes sonst noch auf dem Klavier aus der romantischen (aber auch spätromantischen, zum Teil zeitgenössischen)  Ära bietet die neue Box mit 40 (!) CDs bei Brilliant Classics. Erstaunlicherweise sind eigentlich weniger die bekannten wie die von Beethoven, Mendelssohn, Weber & Co. vertreten, sondern es finden sich so seltene Namen wie Kozeluch, Field, Piatti, Kuhlau, Tailleferre, Mason, Alkan, Berwald oder Vogler, sogar Simone Mayr unter den hier vertretenen Komponisten. Und zu den echten Klavierkonzerten kommen solche Leckerln wie Africa von Saint-Saens oder die Ode an den Frühling von Joachim Raff! Neben Balakireff oder Rubinstein liegt hier der große Reiz, Unbekanntes auf dem und für das  Klavier kennen zu lernen. Die Ausstattung ist mäßig: karg bedruckte Pappschuber für die einzelnen CDs mit nur den elementarsten Angaben und ein dünnes Beilageheftchen mit einem nur englisch gehaltenen Aufsatz, der sehr kursorisch die Werke/ Komponisten behandelt. Aber für den geringen Preis ist dies hier eine wirkliche Trouvaille (40 CDs Brilliant Classics 95300) . G. H.

 

romantic piano concertos brilliant coverDazu schreibt Brilliant Classics auf ihrer Homepage: Nicht die Sinfonie, die mit Mozart, Haydn und vor allem Beethoven ihren Höhepunkt erlebte, sondern das Klavierkonzert wurde zur liebsten Gattung der romantischen Komponisten im 19. Jahrhundert. Zum einen gab es in der Generation nach Beethoven einen gehörigen Respekt vor dem sinfonischen Kanon, den die Wiener Klassik vorgelegt hatte, zum anderen entwickelte sich parallel mit der steten Verbesserung des modernen Klaviers auch eine neue Virtuosenkultur am Konzertflügel. Durch Europa reisten Dutzende Pianisten, die um die Gunst des Publikums buhlten. Der Hunger nach virtuosen Musikern war ebenso groß wie der Bedarf an neuen, unverbrauchten Konzerten, die die Solisten ins rechte Licht rückten und die dem Gusto des Publikums zusagten.

hiller voxWährend im Rückblick sich nur relativ wenig Namen und Konzerte im Repertoire halten konnten, war das tatsächliche Output viel größer. Die 40-CD-Box „Romantic Piano Concertos“ verschafft dem Musikfreund die Möglichkeit, sich einen ausführlichen Überblick über das durchgehend hohe Niveau der Klavierkonzerte der vermeintlich „kleinen Meister“ zu verschaffen. Dabei reichen die zusammengefassten Kompositionen von der Vorromantik mit Werken von Vogler, Viotti und Tomášek über die Frühromantik der Beethoven-Freunde und Schüler wie Clementi, Cramer und Czerny bis zur breit gefächerten Hoch-Zeit der Romantik. Konzerte von Berwald, Field, Hiller, Hummel, Moscheles, Pierné, Raff, Rubinstein, Saint-Saëns und Thalberg bilden den Schwerpunkt der Sammlung. Besonders interessant sind auch die Konzert-Raritäten von Arensky, Balakirev, Glazunov und Rubinstein. Neben einigen Raritäten auch bekannter Namen wie Chopin, Dvořák, Liszt, Mendelssohn, Schumann und Tschaikowsky enthält die Box auch Aufnahmen der von der Romantik beeinflussten Konzerte von Respighi, Gershwin und Barber. Insgesamt umspannt die Sammlung über 100 Werke aus rund 200 Jahren von mehr als 60 Komponisten.

Den Grundstock für die Sammelbox bilden Archivaufnahmen des US-amerikanischen Vox-Labels. Dieses war in 1960er und 1970er Jahren dafür bekannt, Aufnahmen von Werken auch abseits des üblichen Katalogs zu veröffentlichen. Solisten wie Michael Ponti, Felicja Blumenthal, Eugene List, Marylène Dosse, Rudolf Firkušny und Roland Keller bürgen für höchste Qualität. Klangkörper wie das Berliner Sinfonie-Orchester, das Orchestra of Radio Luxembourg, die Philharmonia Hungarica, die Wiener Symphoniker unter der fachkundigen Leitung von Dirigenten wie Antal Doráti, Louis de Froment, Jörg Faerber, Herbert Kegel und Alberto Zedda sorgen für eine erstklassige Begleitung.

vox 1Bei vielen der hier zusammengefassten Aufnahmen handelt es sich um konkurrenzlose Weltersteinspielungen, die teilweise jahrelang nicht mehr erhältlich waren. „Romantic Piano Concertos“ ist ein Muss für jeden Sammler, ein regelrechter Schatz für alle Raritätenjäger, ein zu entdeckender Fundus ungerechterweise vernachlässigter Werke, die nun endlich wieder erhältlich sind. (Quelle Brilliant Classics)

 

Und dazu der Artikel aus dem beiliegenden Booklet: Romantic Piano Concertos – the standard repertoire of piano concertos from the Romantic period comprises about two dozen works at most. This represents no more than a tiny fraction of the total number of works belonging to this genre. The hundreds of non-repertoire ‚also-rans‘ include neglected works by well-known composers – say Tchaikovsky’s Third Piano Concerto or the 1st, 3rd, 4th and 5th Concertos by Saint-Saens – and concertos by the overwhelming number of almost completely forgotten composers: Moscheles, Moszkowski, Scharwenka, Hiller, Thalberg, Stavenhagen, Reinecke, D’Albert and Amy Beach, to name but a few. To yet another category belong the numerous compositions, less ambitious than a concerto but nevertheless fine works, which are rarely programmed because of their less convenient length or a less marketable title, such as Concert Fantasy, Fantaisie or Konzertstiick. Weber’s Konzertstiick, for instance, is a quasi-symphonic poem which strongly influenced Romantic composers and even Stravinsky. Equally, Schumann’s Introduction and Allegro appassionato, Liszt’s Totentanz and Cesar Franck’s Symphonic Variations are all richly characteristic of the genius of their respective composers. Also includable as another category or type is the piano concerto by a composer more readily associated with an instrument other than the piano – such as Rheinberger and the organ or Viotti and the violin. (It has been claimed that the Viotti Concerto in G minor on CD24 is an original piano concerto, though it may be an arrangement of one of his 29 violin concertos).

"Romantic Piano Concertos" bei Briliant Classics: Anton Ahrensky/ Wiki

„Romantic Piano Concertos“ bei Briliant Classics: Anton Ahrensky/ Wiki

Among the very earliest of all keyboard concertos are those written for Cristofori’s new fortepiano by Giovanno Benedetto Platti; born around 1692, not long after Bach and Handel, he died in 1763. Clementi’s only piano concerto dates from 1796, while concertos by Hoffmeister, Stamitz, Paisiello and others were all composed in the last decades of the 18th century. Although such works, like Mozart’s piano concertos, are essentially Classical, one may sometimes detect elements which anticipate the early Romantic period. However, it was only around the onset of the 19th century that composers in general began to assimilate qualities which we now describe as Romantic, at the expense of the restraint, symmetry and clarity of the Classical period.

The term ‚Romantic Piano Concerto‘ clearly signifies the Romantic period of musical history, but such a restriction would be an over-simplification. Many composers – so-called ‚late-Romantics‘, including Barber, Respighi, Medtner and Dohnanyi – continued to write in a basically 19th-century (or Romantic) idiom well into the 20th century. In any case, dividing lines between periods are rather artificial and approximate, as we find when we try to classify the mature music of Beethoven or Schubert – both an amalgam of Classical and Romantic characteristics. We should remember that such terms, alongside others including sonata form, became commonly used only by later generations.

Dublin-born John Field, considered the greatest pianist of his day, may be regarded as a true early Romantic. Few genres are as typical of the Romantic period as the nocturne, of which Field composed eighteen examples for solo piano, while the central movements and other passages from his seven piano concertos also are nocturne-like. Chopin is the first composer who comes to mind in connection with the nocturne, a genre which he developed, refined and perfected. Yet his supremely poetic piano-writing in his own solo works, his two concertos and the various shorter pieces such as the Andante spianato et grande polonaise brillante, shows the influence of Field, as well as that of Bellinian bel canto. Field was one of the first of a long line of virtuoso performers who composed for the piano with greater freedom and poetic imagination.

"Romantic Piano Concertos" bei Briliant Classics: Edward MacDowell/ Wiki

„Romantic Piano Concertos“ bei Briliant Classics: Edward MacDowell/ Wiki

Hummel (an almost exact contemporary of Field’s) was another virtuoso – one of the greatest of his day. His 1828 publication A Complete Theoretical and Practical Course of Instruction in the Art of Playing the Piano Forte was a landmark, setting out a new method of fingering and the playing of ornaments. 19th-century piano technique was greatly indebted to Hummel, who taught Czerny, who in turn taught Liszt. Hummel (a pupil of Mozart) composed eight piano concertos, of which the more mature works such as those in A minor and E major were admired by Chopin and other Romantic composers. Indeed, Hummel’s A minor Concerto and the roughly contemporary B minor Concerto Op. 89 were standard repertoire works of the early 19th century, studied and performed by the majority of budding virtuosos. Weber’s two concertos, while not as strikingly original as his Konzertstiick, are typically lyrical examples of early Romanticism.

Important factors which contributed to ‚the age of the virtuoso‘ were the revolutionary developments in piano construction, with an increase in compass (from five octaves to seven and a quarter) and other improvements which facilitated rapid playing and allowed much greater resonance. Now the piano was a rather different beast from the instrument constructed by Cristofori about 100 years previously. It is easy to understand how the exciting potential of the new instrument inspired composers to exploit its various qualities, sometimes for their own sake.

As the aftermath of the French Revolution led to far-reaching social change, the piano’s realm expanded from domestic music-making to the wider world of the public concert, and this was another development which encouraged the public appeal of the virtuoso. Alongside the violin, elevated onto an unprecedented technical level by the wizardry of the charismatic Paganini, the piano became equally popular as a virtuoso concerto instrument – a showcase for the performer or composer/performer. Both Mozart and Beethoven had performed their own concertos, but now a new, more flamboyant kind of pianist emerged.

"Romantic Piano Concertos" bei Briliant Classics: Gerog Joseph Vogler/ Wiki

„Romantic Piano Concertos“ bei Briliant Classics: Gerog Joseph Vogler/ Wiki

Sir George Grove wrote in 1899: ‚Virtuoso is a term of Italian origin, applied more abroad than in England, to a player who excels in the technical part of his art. Such players being naturally open to a temptation to indulge their ability unduly at the expense of the meaning of the composer, the word has acquired a somewhat deprecatory meaning, as of display for its own sake … virtuosity is the condition of playing like a virtuoso. Mendelssohn never did. Mme Schumann and Joachim never play in the style alluded to. It would be invidious to mention those who do.‘ Against this may be balanced Saint-Saens‘ eloquent words on the expressive potential of virtuosity: ‚A powerful aid to music, whose range it extends enormously‘ … ‚it gives the artist wings to help him escape from the prosaic and commonplace‘ … ‚the conquered difficulty is itself a source of beauty‘.

Hiller, Moscheles, Kalkbrenner, Czerny, Thalberg, Henselt and Cramer (whom Beethoven considered the finest pianist of his day) are all among the most famous 19th-century virtuosos. The extremely prolific Czerny (over 1,000 works) may be remembered for his studies but his Concerto in A minor (cl830) is a far from negligible work with piano-writing evoking comparison with early Chopin. The Piano Concerto in G minor by Moscheles (who taught Mendelssohn) is a fine work which Chopin admired, while Schumann, though despising the fashionable kind of empty virtuosity associated with Kalkbrenner and other contemporaries, nevertheless did perform Kalkbrenner’s Piano Concerto in D minor Op.61.

In the early nineteenth century the Viennese were infatuated with Thalberg’s virtuosity, though his early Concerto in F minor is lyrical and actually not outrageously difficult. Thalberg became a strong rival to Liszt. In 1836 Parisians divided into Thalbergian and Lisztian factions, and the following year both pianists contributed to a benefit concert for refugees which virtually amounted to a public duel. If we do not expect every composer – whether Bronsart, Kalkbrenner, Cramer, etc. – to be a genius comparable with Chopin, Schumann or Mendelssohn, we may enjoy the superbly idiomatic, often fiercely demanding piano-writing and consider Saint-Saens‘ words about ‚the conquered difficulty‘ being ‚a source of beauty‘.

Virtuosity became one of the defining qualities of the Romantic period, a period in which self- projection was taken to a new level. Paganini’s impact upon numerous composers – including Schumann and Liszt – cannot be overestimated. This period, in which the cult of the personality burgeoned, is distinguished by a new emphasis on the performer as hero.

In addition to his celebrated five piano concertos, Beethoven wrote at the age of 14 a Piano Concerto in E flat and more than 20 years later he made a piano arrangement of his Violin Concerto. Bizarrely this includes a cadenza with prominent timpani. Ries, a pupil of Beethoven but subsequently his secretary and copyist, wrote eight piano concertos of which No.3 is among the most impressive. This is a characterful work distinguished by charm, elegance, at times a beautiful simplicity, and superb piano-writing throughout. If we expect this concerto to be heavily influenced by Beethoven, we may well be surprised by the individuality of Ries‘ own musical personality.

"Romantic Piano Concertos" bei Briliant Classics: Ignaz Moscheles/ Wiki

„Romantic Piano Concertos“ bei Briliant Classics: Ignaz Moscheles/ Wiki

Mendelssohn’s two concertos are among the finest of the early Romantic period. Both concertos accommodate brilliance and, in their respective slow movements, tender emotion. Mendelssohn also wrote shorter works such as the Capriccio brillant and an early Concerto in D minor for piano, violin and strings (1823) which shows his uncanny teenage facility. At the beginning of his second Piano Concerto in D minor, Mendelssohn, in Joseph Kerman’s words, ‚plunges immediately into an evolving drama, a relationship at work‘. This description raises the question of the role of the pianist – i.e. the nature of the piano-orchestra relationship, encompassing many different approaches. Generally these relationships became more piano-centred in the Romantic period, but in his excellent book Concerto Conversations Kerman discusses them and suggests apt names such as ‚polarity‘ or ‚reciprocity‘.

The Frenchman Alkan, an astonishing prodigy admitted to the Paris Conservatoire at the age of six, whom Liszt believed to possess ‚the finest technique of any pianist known to him‘, composed a vast number of highly original and phenomenally difficult solo piano pieces. His Concerto da camera No.2 in C sharp minor is a ten minute work with some extraordinarily virtuosic writing. The Swedish Berwald may appear an outsider among the mass of Central European composers of piano concertos, but he did study in Berlin and later moved to Vienna, returning to Sweden in 1849 to manage a glassworks. His Piano Concerto, dating from 1855 but unperformed until 1904, is not as striking as some of his symphonies, but nevertheless is a lyrical work which deserves to be heard.

Liszt is a legendary figure who, stunned by the playing of Paganini, transformed the public’s awareness of the piano’s potential – both technically and in its range of tone-colours. He commanded an extravagant spectrum of quasi-orchestral sounds, including shimmering effects, bell imitation and other innovatory sonorities. Liszt’s influence on so many subsequent composers for the piano (including Lyapunov, Saint-Saens, Albeniz and Busoni) – merely in terms of his extension of the instrument’s perceived expressive range – is incalculable. His concertos are established in the repertoire, whereas the Totentanz (1849) is a neglected virtuoso masterpiece, exploiting the potential of the Dies Irae long before Rachmaninov. The much earlier Malediction is another powerful but rarely heard piece. D’Albert, one of Liszt’s pupils, wrote two piano concertos, No.2 in E major being a single-movement work. Liechtenstein-born Rheinberger is best-known for his many organ works. His Piano Concerto in A flat dates from 1877. Stavenhagen’s Piano Concerto in B minor shows the influence of his teacher Liszt, while the Concerto in D flat by the Norwegian Sinding (who wrote the celebrated Rustle of Spring) is one of the relatively few Scandinavian examples of the genre.

"Romantic Piano Concertos" bei Briliant Classics: Leopold Kozeluch/ Wiki

„Romantic Piano Concertos“ bei Briliant Classics: Leopold Kozeluch/ Wiki

In addition to the improvements in piano production another factor contributed to the development of the piano concerto, namely the expansion of the standard symphony orchestra. Trombones, percussion and other ‚heavier‘ instruments were integrated, and although many composers chose not to use them (in the interest of balance), they were available to contribute a wider range of tone-colours or extra weight.

Saint-Saens, who composed five concertos and shorter works for piano and orchestra such as the Africa Fantasy, was described by Liszt as the greatest organist in the world, and his mastery of the piano was obvious at a very early age. He did much to revive the classic forms such as the concerto and symphony in France, at a time when much lighter fare was fashionable. Of his concertos, which span 40 years, only No.2 is a repertoire piece, though Nos. 4 and 5 are occasionally performed. His First Concerto (1858) has a slow movement including little cadenzas of almost impressionistic writing which anticipate Ravel by about 50 years. The much more familiar Second Concerto begins with a long unaccompanied passage for the soloist and has an unusual structure of three progressively faster movements. The Fourth Concerto has a remarkable structural unity unparalleled in terms of the 19th-century concerto, while the Fifth Concerto has a slow movement including a curious modal passage and some impressionistic figuration which again anticipates Ravel. The extraordinary sonority of the modal passage (left hand mezzo forte, right hand pianissimo) must surely have been inspired by the bell-like sounds of Indonesian gamelan orchestras at the 1889 Paris Exhibition.

Saint-Saens‘ compatriot Lalo wrote only one piano concerto, while other French composers showed even less interest in the virtuoso romantic genre. In his engaging Piano Concerto Lalo retains elements of the grand manner but otherwise the solo writing is more notable for its degree of integration into the orchestral texture. Debussy’s early three-movement Fantaisie is decidedly in the Romantic tradition, while the spikier lyricism of Roussel’s Piano Concerto of 1927 shows an affinity with Prokofiev. Frangaix’s concerto is as piquant and witty as it is Romantic but is an entertaining work by another unjustifiably neglected composer. Tailleferre, the only female member of Les Six, wrote her attractive Ballade in 1920.

Tchaikovsky’s bravura piano-writing, especially in his famous and virtuosic First Concerto, shows Liszt’s influence. His Third Concerto is a rarely played single-movement work, while his Concert Fantasy is even more neglected. Of the other Russian Romantics Lyapunov, Balakirev, Glazunov and Medtner (a late-Romantic) all produced concertos and other compositions for piano and orchestra. Medtner’s music in particular – including three piano concertos – was very highly regarded by his contemporary Rachmaninov. Anton Rubinstein was one of the supreme virtuosos of the 19th century and a towering figure in Russian musical life who became composition teacher to Tchaikovsky. The fourth of his five piano concertos proved to be a great influence on Tchaikovsky’s own concertos. The Swiss-born composer Raff wrote a vast amount of solo piano music but just one Piano Concerto in C minor, in which his considerable lyrical gift is evident. His Ode to Spring is a poetic piece of programme music with a rather stormy middle section.

"Romantic Piano Concertos" bei Briliant Classics: Mily Balakirev/ Wiki

„Romantic Piano Concertos“ bei Briliant Classics: Mily Balakirev/ Wiki

Dvorak’s Piano Concerto is much less frequently performed than his concertos for cello and violin, but has been championed by some outstanding musicians. The Spaniard Albeniz wrote a

Concierto fantastico influenced by the earlier Romantics, while the Hungarian Dohnanyi, at one time the pre-eminent musical figure in his native country, wrote two concertos which have been overlooked in favour of his Variations on a Nursery Tune. Like Franck’s Symphonic Variations, this fine work used to be regularly played at the Henry Wood Promenade Concerts.

Paderewski’s Piano Concerto dates from 1888. Thirty-one years later he became Prime Minister of his native Poland, but his virtuoso performances brought him more lasting international popularity.

Busoni, a fascinating blend of Italian and German temperaments, was a formidable virtuoso in the Lisztian tradition who wrote an extended piano concerto with men’s chorus in its finale. His Konzertstuck is much shorter than the 75 minute concerto but nevertheless spacious and ambitious.

The London-born Litolff composed five works with the unusual title of Concerto symphonique. The scherzo from the fourth of these is a great favourite, but No.3 is a fascinating work, no less virtuosic in spite of its ’symphonic‘ qualification. Moskowski wrote many small-scale piano pieces including the popular Spanish Dances. Of his two piano concertos the early work in B minor was only rediscovered in 2011, while the engaging E major Concerto was very popular in the early 19th century and does not deserve its current neglect. Retaining the ‚grand manner‘, Reger’s turbulent Piano Concerto has a solo part demanding great stamina. The Polish/German Scharwenka composed four piano concertos, superbly written for the virtuoso performer and well deserving of revival. The Italians Respighi and Casella, the former the more unashamed Romantic of the two, both wrote large-scale concertos for the piano. Casella’s A notte alta is an atmospheric piece of meditational character.

Some of the late-Romantic composers were American – MacDowell, Gershwin, Daniel Gregory Mason, Amy Beach and Barber. MacDowell’s Second Concerto is replete with Romantic gestures, as is the Concerto in C sharp minor by Amy Beach, who is equally rooted in the Romantic tradition. Gershwin is a one-off, arguably the only composer ever to have successfully combined jazz and symphonic elements. His Piano Concerto is influenced by the Romantic tradition, Hollywood, the dance-hall and jazz, adding up to an infectious and memorable work well established in the repertoire. Daniel Gregory Mason is unknown to many, but his Prelude and Fugue is an impressive work. Barber was a strong representative of late-Romanticism, the abrasive elements of his Piano Concerto being outweighed by his characteristic lyricism.

With the 20th century came a new way of writing for the piano – more brittle and percussive. Bartok, Stravinsky and Prokofiev all employed this anti-Romantic manner, but many other composers continued the Romantic tradition which had flourished for well over a century. © Philip Borg-Wheeler

 

Foto oben: Franz Liszt Fantasizing at the Piano (1840), byDanhauser, commissioned by Conrad Graf. The imagined gathering shows seated Alfred de Musset orAlexandre DumasGeorge Sand, Franz Liszt, Marie d’Agoult; standing Hector Berlioz or Victor Hugo,Niccolò PaganiniGioachino Rossini; a bust ofBeethoven on the grand piano (a „Graf“), a portrait ofLord Byron on the wall, a statue of Joan of Arc on the far left/ Wiki

Eccomi con Rossini….

 

Franco Fagioli gilt aufgrund seines Stimmumfangs und seiner spektakulären Technik als einer der virtuosesten Countertenöre unserer Zeit, er ist auf jeden Fall der wagemutigste Sänger seiner Stimmklasse – er traut sich an Arien und Rollen, für die kaum eine andere männliche Counterstimme in Frage kommt. Sein Repertoire umfasst schon längst nicht mehr nur die barocken Kastratenrollen von Monteverdi, Cavalli, Vivaldi, Vinci, Händel und Hasse über Gluck bis Mozart (Fagioli sang Idamante in Covent Garden mit Minkowski und Sesto in Nancy, beide 2014), sondern auch Rossini – dessen einzige Rolle für einen Kastraten (für Giambattista Velluti) begleitet Fagioli schon seit einigen Jahren: 2011 sang er beim Festival della Valle d’Itria den Arsace in einer szenischen Aufführung von Rossinis Aureliano in Palmira, 2014 präsentierte er bei den Salzburger Pfingstfestspielen Arien daraus und bekam begeisterte Kritiken. Da das Verschwinden des Kastratentums in die Zeit des frühen Belcanto fällt (u.a. Napoleon hatte es verboten), musste Rossini sie gezwungenermaßen ersetzen – Altistinnen übernahmen die Rollen junger Männer, die üblicherweise den Kastraten vorbehalten waren.

Franco Fagioli bei DG/ © Stephan Boehme

Franco Fagioli bei DG/ © Stephan Boehme

Zu dem „Contralto musico“ zählten auch Mezzosoprane, die damals nicht als Stimmgattung betrachtet wurden. Fagioli stößt nun in dieses Repertoire vor, 2017 wird an der lothringischen Oper von Nancy sein Auftritt in der Hosenrolle des Arsace in Semiramide folgen. Auf der bei Deutsche Grammophon erschienen CD mit Rossini-Arien kann man sich von dieser Rollenerweiterung einen Eindruck verschaffen. Fagioli singt Ausschnitte aus sechs Opern aus Rossinis italienischer Phase, die zwischen 1812 und 1823 uraufgeführt wurden. Die CD beginnt mit einer Arie des Siveno aus Demetrio e Polibio (Rossinis erster Opera seria), „Pien di contento in seno“ handelt von schmachtender Liebesvorfreude, die Fagioli hingebungsvoll präsentiert. Die folgende Kerkerszene des Edoardo aus dem 2. Akt von Matilde di Shabran „Sazia tu fossi alfine“ / „Ah, perché, perché la morte“ beinhaltet eine spannende Steigerung. Aus Adelaide di Borgogna, Rossinis Oper über die heiliggesprochene Adelheid von Burgund und ihren Gemahl, den deutschen Kaiser Otto I. sind zwei große Ausschnitte des Ottone zu hören, zuerst die große Szene mit Chor „Serti intrecciar le vergini“ /  „Questi che a me presenta“ / „Vieni, tuo sposo e amante“ / „Al trono tuo primiero“ aus dem 2. Akt sowie „Salve, Italia“ / „O sacra alla virtù“ / „Soffri la tua sventura … Amica speme“ aus dem ersten Akt. Aus Tancredi hat sich Fagioli nicht das berühmte „Di tanti palpiti“ ausgesucht (das der Sängerin der Premiere erst zu effektlos vorkam und deshalb von Rossini alternativ ersetzt wurde), sondern die umfangreichere B-Variante „O sospirato lido“ / „Dolci d’amor parole“, die dann doch nicht für die Uraufführung erwählt wurde und von Rossini später in der Italienerin in Algier und Sigismondo weiterverwertet wurde. Semiramide ist Rossinis letzte Opera seria für Italien, Arsaces „Eccomi alfine in Babilonia“ und die darauf folgende Kavatine „Ah, quel giorno ognor rammento“ ist eine übliche Auftrittsarie, die nach der Scena und einem gemächlichen Auftakt mit reicher Verzierung in einer rasanten Kabaletta mündet. Den Abschluss der CD macht die kaum bekannte Pasticcio-Oper Eduardo e Cristina, in der Rossini aus Zeitnot u.a. einiges aus Adelaide di Borgogna verarbeitete. Auch hier gibt es eine virtuos gesungene Kerkerszene mit Chorbegleitung aus dem zweiten Akt „Nel misero tuo stato“ / „Ah! Chi sa dirmi se la sposa“ / „La pietà che in sen serbate“.
Ob man Countertenöre oder speziell Fagiolis Timbre mag, sei dahingestellt, der Argentinier zeigt sich auf der Höhe seine Kunst, sein Vortrag ist geschmeidig und elegant. Seine Stimme hat schon immer eine schöne Höhe, in der Tiefe hat er hinzugewonnen, sie ist fester und gestandener geworden. Seine technischen Finessen, die Verzierungsfähigkeit und Koloraturen, die man aus seinem Barock-Repertoire kennt, überträgt er auf die Rossini-Arien. Er beweist vielfältige stimmliche Ausdrucksmöglichkeiten, er kann klagen und schluchzen, schmachten und locken, appellieren und attackieren. In seiner Diskographie scheint diese Rossini-CD ein weiterer Meilenstein zu werden. Daß diese Rossini-CD hörenswert ist, verdankt sie auch der gleichrangigen musikalischen Begleitung durch Chor und Orchester der Armonia Atenea und dessen Dirigenten George Petrou, die man bspw. nach Auftritten bei den Salzburger Pfingstfestspielen und bei den London Proms oder auch bei den Karlsruher Händel Festspielen bei Max E. Cencics Arminio (die vorangegangene CD Einspielung hat zu Recht den Preis der Deutschen Schallplattenkritik verliehen bekommen) als Senkrechtstarter der letzten Jahre bezeichnen kann und die innerhalb weniger Jahre als griechisches Erfolgsmodell Respekt und Hochachtung verdient haben. Auch für Fagiolis Rossini entwickeln die Musiker einen zupackenden Schwung und klingen nie nur begleitend oder nebensächlich, sondern leisten einen wichtigen Beitrag zur Gestaltung mit gelegentlichen virtuosen Solomomenten – zwei Hornsoli sowie ein Violinsolo sind bemerkenswert schön gelungen. Bei vielen Zuhörern dürfte der Funke von Sänger und Musikern überspringen. Eine Aufnahme, die neugierig macht und nun den Blick auf die reale Bewährungsprobe richtet: Fagiolis Arbace in Semiramide an der Opéra national de Lorraine, die im Mai 2017 einige Touristen anziehen dürfte, die den Rollenwechsel auch live erleben wollen. Für Fagioli sollte es hinsichtlich seiner weiteren Bühnenkarriere ein wichtiger Meilenstein werden, ganz gemäß dem klassischen Motto „Hic Rhodus, hic salta“. (DG 4795681Marcus Budwitius

Zeitgenössisches aus Ost und West

 

Stalin hat Sex mit seinem Nachfolger Chruschtschow. Zumindest sein Klon. Das war zu viel für manche Russen, die Wladimir Sorokins Bücher vernichteten, darunter die Walking Together-Bewegung, kremeltreue Anhänger Putins, der die Rehabilitation Stalins betrieb, parallel dazu bereitete die Staatsanwaltschaft Anfang der 2000er Jahre eine Anklage wegen Pornographie gegen den Provokateur vor. Es ging damals um Sorokins Sience-Fiction Roman Der himmelblaue Speck, von dem die FAZ befand, Sorokin schicke den Leser mit diesem „vielschichtigen Roman auf eine phantastische Reise voller Abgründe in die Vergangenheit und Zukunft und entfaltet die enorme Bildlichkeit seiner Sprache in diesem literarischen Karneval“. Vor dem Bolschoi-Theater warfen die Walking Together– Leute Sorokins Bücher in eine Kloschüssel und demonstrierten damit gegen die Entscheidung der Bolschoi-Führung, das Libretto einer neuen Oper dem Nestbeschmutzer, der in seinem Roman auch Dostojewski, Tschechow und Achmatowa auftreten ließ, zu überlassen. Da gibt es am Haus nach einem Vierteljahrhundert endlich wieder eine neue Oper – und dann das. Immerhin ein medienstarkes Vorgewitter für ein Werk, das alle Voraussetzungen bot, ein Skandal zu werden.

Home is a Harbor Abel DelosDrei Jahre später folgte die Uraufführung von The Children of Rosenthal. Jetzt liegt der Zweiakter (60 und 73 Minuten) in einer Aufnahme aus dem Jahr 2015 auch auf CD vor (Melodyja MEL 1002434, engl. russ. Beiheft). Wieder geht es um Klone. In den 1930er Jahren entdeckt der Wissenschaftler Rosenthal die Möglichkeit der Reproduktion von Lebewesen, zuerst von Tieren, dann auch Menschen. Sein Labor wird von den Nazis vernichtet, er flieht in die Sowjetunion, wo er mit seinen Versuchen erfolgreich fortfährt und von Stalin ausgezeichnet wird, doch er träumt davon, Genies zu reproduzieren. Nachdem ihm dies bereits mit Verdi, Tschaikowsky, Wagner und Mussorgsky gelungen ist, folgt – und hier setzt die Oper ein – die Wiederschaffung Mozarts. Sechzehn Jahre nach Rosenthals Tod, der sie gegenüber Stalin als seine Kinder ausgab, fristen die fünf dann ihr Leben als Straßenmusiker. Die Prosituierte Tanya verliebt sich in Mozart, gemeinsam wollen sie mit den vier Musikern auf die Krim reisen, doch der Zuhälter Kela hat Gift in den Wodka geschüttet, den sie auf der Reise leeren wollen. Alle sterben, bis auf Mozart, der immun gegen Gift ist. Das ist eine pfiffige, pointenreiche Story, die der in der Ukraine geborene und am Leningrader Konservatorium ausgebildete Leonid Desyatnikov, wie Sorokin Jahrgang 1955, in eine Musik fasste, die seine vielfachen Erfahrungen widerspiegelt: Er hat Werke Piazzolas arrangiert, Filmmusik geschrieben, mit Gidon Kremer gearbeitet. Es gibt Sprechszenen, filmmusikhafte Sequenzen, ein postmodernes Sammelsurium aus Volkstümlichem, Geistlichem, Zitaten von Lohengrin über Eugen Onegin bis Boris Godunow, flott, wendig, da wirkt noch Schostakowitschs Geschick nach, auch eine Fähigkeit der Anverwandlung, die wir bei Weinberg schätzen gelernt haben, doch wirkt es bei Desyatnikov manchmal etwas gewollt fratzenhaft und vordergründig. Die Musik hat aber einen dramatischen Atem, den Alexander Vedernikov in dem großorchestral auffahrenden Sound befeuert. Die Tenöre Maxim Paster und Vsevolod Grivnov singen Tschaikowsky und Mozart, der Bariton Vassily Ladyuk den Verdi, der Bass Alexander Teliga den Mussorgsky und die Mezzosopranistin Elena Manistina den Wagner. Aus dem Ensemble sticht noch Boris Statsenko als Kela heraus.

10.000 Kilometer und Welten trennen The Children of Rosenthal und Home is a Harbor. Vergleichsweise anämisch mutet die erste Oper von Mark Abel (*1948) an, dem Delos auch bei Home is a Harbor die Treue hält (2 CD DE 3495). Abel selbst hat das Libretto verfasst, welches „covers a wide emotional landscape – ranging from youthful exuberance and celebration of family values to tragedy, pathos and desillusion…“. Abel erzählt die Geschichte der Schwestern Lisa und Laurie, die sich als Künstlerin und Geschäftsfrau versuchen, Wirtschaftskrise und die Folgen des Afghanistan-Kriegs erleben und ins heimatliche Morro Bay zurückkehren, wo sie obdachlosen Veteranen helfen. Das ist alles so gut gemeint, wie die kleinformatige, aufführungsfreundliche Besetzung, die Zitate, von Schostakowitschs Fünfzehnter bis Jazz, womit Abel an seine Anfänge erinnert, und die sparsam gefühlvoll untermalende Musik, die Sätze wie „Hi Mom“ „Hi. We’re eating in half an hour“ zum Klingen bringt, wie die Aufführung selbst. Benjamin Makino vermittelt mit der 13-köpfigen La Brea Sinfonietta überzeugend Pathos und Sentimentalität der drei Akte, unterstützt von den hingebungsvollen Solisten, den lyrischen Sopranistinnen Jamie Chamberlin und Ariel Pisturino, dem Bariton Babatunde Akinboboye und dem Tenor Jon Lee Keenan. Zusammen mit Lisa und Laurie ist der Hörer erleichtert, wenn die Schwestern endlich ihre Bestimmung gefunden haben: „Life comes clear. The birds fly over the harbor“.  Rolf Fath

„Ah, che pur troppo è vero“

 

Das spanische Recondita Armonia Ensemble um die kubanisch-spanische Gambistin Lixsania Fernández widmet sich dem jungen Georg Friedrich Händel, und zwar fünf Kompositionen, die zwischen 1707 und 1718 entstanden: zwei Sonaten und drei weltlich-mythologische Kantaten. Der Klang der sechs Musiker in der Besetzung Viola da gamba, Cello, Kontrabass, Harfe, Cembalo und Orgel wird durch Viola und Cembalo geprägt, die einen kontrollierten Dialog mit weiteren Stimmen führen. Die Sonate in F-Dur (HWV 363a) war für Solo-Oboe, die Sonate in h-Moll (HWV 367a) für Blockflöte komponiert und werden hier adaptiert und von der Viola der Ensembleleiterin übernommen. Es wird flüssig und ausgewogen musiziert, ohne Zuspitzungen bei Tempi und Phrasierung – Freunde der Viola da gamba kommen dabei auf ihre Kosten. Die Kantaten werden nicht von einer Frau oder einem Countertenor gesungen, man hat mit Jorge Juan Morata einen Tenor gewählt, eine charakteristische, bühnenerfahrene Stimme, die die Kantaten im Sinne einer Miniaturoper interpretiert, „Ah, che pur troppo è vero“ (HWV 77) und „Care selve, aure grate“ (HWV 88) erhalten eine theatralische Note. Nur bei „Dolc’è pur d’amor l’affanno“ (HWV 109) fehlt die stimmliche Süße, um das Liebliche und Schmeichelnde der Stimmung zu transportieren, die dieses ursprünglich für einen Alt komponierte Stück birgt und dessen Beginn an Alcinas „Di, cor mio“ erinnert. (Brilliant 95362)

Die Opern von Johann Adolf Hasse sind weiterhin Raritäten auf den Bühnen, der große Durchbruch ist seiner Musik in unserer barockaffinen Epoche noch nicht gelungen. Einzelne Arien glänzen zwar auf manchen CD-Recitals, einige wenige Gesamtaufnahmen liegen vor, von einer Etablierung kann kaum eine Rede sein. Daß das Label Toccata sich nun daran macht, sämtliche Kantaten des Dresdner Hofkomponisten  herauszubringen, ist also verdienstvolle Pionierarbeit, denn auch die Kantaten der ersten veröffentlichten CD wirken durchaus im geschmeidigen, geschmackvollen italienischen Stil komponiert und tatsächlich scheinen sie als weltliche Arien für ein aristokratisches Publikum überwiegend in Neapel zwischen 1725 und 1730 entstanden zu sein, das Beiheft liefert kaum Informationen zur Entstehung und Einordnung. Zu hören sind sechs Kammerkantaten, die in kleinster Besetzung musiziert werden, nämlich von Ondřej Macek am Cembalo und Rozálie Kousalíková am Barock-Cello. Macek ist Gründer und Leiter des tschechischen Barock-Ensembles Hof-Musici, das sich seit 1991 eine internationale Reputation erarbeitet hat. Cembalist und Cellistin schaffen durch engagiertes und harmonierendes Zusammenspiel eine teils vorwärts strebenden teils intimen kammermusikalischen Rahmen. Die Kantaten entsprechen der Struktur (Rezitativ) – Arie – Rezitativ – Arie, der Sopran von Jana Dvoráková  ist bei „Credi, o caro, alla speranza“„Ah, per pietade almeno“ und „Lascia i fior, l’erbette, e’l rio“ zu hören, die Mezzospranistin Veronika Mrácková Fucíková übernimmt „Parto, mia Filli, e vero“, „Oh Dio! partir conviene“ und „Tanto dunque è si reo“. Beide sind barockerfahrene Sängerinnen, und doch kann man den Eindruck gewinnen, dass mehr Ausdruck in den Arien und Rezitativen liegen, als man hier zu hören bekommt. Alle Beteiligten leiden unter einer nicht optimalen Aufnahmetechnik, die keinen harmonisch ausgesteuerten Klang produziert. Akustisch ist das Hörvergnügen eingeschränkt. (Toccata 0228)

Linn Records hat eine Aufnahme aus dem Jahr 2001 mit Musik von Johann Sebastian Bach wieder veröffentlicht, die als eine Art Liederzyklus mit Promenadenmusik zusammengestellt ist. Es gibt fünf Arien aus Messen und Kantaten, die alternierend von sechs der sieben Sätze aus der zweiten Orchestersuite in h-Moll begleitet werden. Zu hören sind aus der MatthäusPassion die Arien „Buß und Reu“ und „Erbarme dich, mein Gott“, das „Agnus Dei“ aus der h-Moll Messe, die Arie „Wo zwei und drei versammelt sind“ aus der Kantate „Am Abend aber desselbigen Sabbats“ (BWV 42) und die Arie „Zum reinen Wasser er mich weist“ aus der Kantate „Der Herr ist mein getreuer Hirt“ (BWV 112). Die beiden Kantaten sind für die ersten beiden Sonntage nach Ostern komponiert, in Kombination mit den Arien aus der Matthäus-Passion und h-Moll Messe ergibt sich ein ernster Hintergrund, dem die Mezzosopranistin Catherine King mit schön timbrierter Stimme jederzeit gerecht wird – sie hält Maß und verleiht ihren Arien Würde und Noblesse. Julian Podger dirigiert das Norwegian Baroque Orchestra bei den Arien, Ketil Haugsand (als Cembalist ein Schüler Gustav Leonhardts) bei der Orchestersuite – beide tendieren zu einer unaufgeregten, nicht auf Effekte zielenden Lesart, die bestens begleitet, ohne Überraschungen auszulösen. (Linn Records – BKD 158). Marcus Budwitius

Kenntnisreich und interessant

 

Bereits über eine stattliche Bibliothek kann sich freuen, wer alle Ausgaben der Reihe Opernführer kompakt besitzt – und auf eine faktenreiche und höchst interessante dazu. Die letzte Ausgabe ist Wagners Parsifal gewidmet, die von Volker Mertens verfasst wurde. Wie bei dieser Reihe üblich, begnügt sich der Verfasser nicht mit einer Inhaltsangabe, der Entstehungs- und Aufführungsgeschichte und einer musikalischen Analyse, sondern offeriert dem Leser wesentlich mehr, wegen der geheimnisvollen Aura, die das Werk umgibt, auch noch über die bisherigen Opernführer hinausgehende Gedanken.

Bereits im Vorwort wird auf die Besonderheit des Parsifal in der Geschichte der Oper hingewiesen, auf die Verführung durch die Musik und die Befremdung durch die Optik, die sich beim Opernbesucher oft einstellen.

Der Autor schildert anschaulich den „lebenslangen Weg“ Wagners zum parsifal mertens henschelin einer Entstehungsgeschichte mit vielen interessanten, nicht durchweg gängigen Details. Eine ausführliche Tabelle, die allgemein historische den Lebensdaten Wagners gegenüberstellt, sorgt für Übersichtlichkeit, in aus dem Text herausgehobenen Kästchen wird aufschlussreich zitiert.

Es folgt eine Stoff- und Werkgeschichte mit Hinweisen auf Wolfram von Eschenbach, das Alexanderlied, Chrétiens de Troyes sowie buddhistische wie hinduistische Quellen. Sehr ausführlich wird die Handlung einschließlich der Vorgeschichte nacherzählt , wird der Frage, was „Erlösung dem Erlöser“ meint, nachgegangen. Wie auch in den vorangegangenen Büchern gibt es eine Graphik der Figurenkonstellationen.

Der musikalisch-dramaturgischen Gestaltung ist ein weiteres Kapitel gewidmet, den Leitmotiven als Wegweiser, der Tatsache, dass es mehr um eine innere Entwicklung als äußere Handlung geht. In Notenbeispielen werden die hauptsächlichen Themen erläutert. Es werden „Steckbriefe“ der Personen erstellt, und es gibt Fotos berühmter Inszenierungen von der Uraufführung bis zum Parsifal der Berliner Staatsoper aus dem Jahre 2015.

Besonders interessant ist das Kapitel über die Probleme, die das Werk in vielerlei Weise bereiten kann, um die Frage nach den Absichten Wagners, die Bedeutung des Bergriffs „Bühnenweihspiel“, die Frage, was der Gral eigentlich und ob Parsifal christlich, sexistisch, antisemitisch sei.

Die akustischen Besonderheiten des golfo mistico von Bayreuth spielen eine Rolle und die Beschaffenheit der Gralsglocken. Charakteristika einzelner Inszenierungen seit der Uraufführung werden beschrieben und bewertet bis hin zu Jonathan Meese, der aus bekannten Gründen nicht zum Zuge kam.

Eine Diskographie gibt Hinweise für den Ratsuchenden, Knappertsbusch und Boulez und Sänger, deren Interpretation Epoche machten, werden erwähnt, auch Anekdotisches kommt nicht zu kurz. Christian Thielemann gebührt nach Meinung des Verfassers der Preis für die beste Parsifal-Interpretation.

Das Schlusskapitel gibt die Meinungen von Regisseuren (Laufenberg, Stölzl), der Kundry Evelyn Herlitzius und des Dirigenten Thielemann über das Werk wieder.

Der Anhang bringt eine sehr umfangreiche Bibliographie für die nach weiteren Informationen Dürstenden, aber man hat als Leser durchaus das Gefühl, nun besonders gut gerüstet für den nächsten Parsifal-Besuch zu sein (136 Seiten, Bärenreiter Henschel Verlag, ISBN 978 3 89487 945 7)

 

OPERNFÜHRER KOMPAKT: Carmen hat viele Gesichter, und wohl aus dieser Einsicht heraus verzichtet Opernführer Kompakt darauf, eines davon zu zeigen, lässt den Betrachter des Covers nur auf den Hinterkopf einer schwarzhaarigen Dame in rotem Kleid und mit ebensolcher Blume im Haar schauen. Wie bei allen vorausgegangenen Folgen der Reihe liest sowohl der Opernneuling wie der Opernkenner den immer 136 Seiten langen Band mit Gewinn, fühlt sich gleichermaßen gut unterhalten wie belehrt. Zwar ist der Aufbau des jeweiligen Buches immer der selbe, aber auch für Carmen gibt es besondere, nur für diese Oper zu beachtende Aspekte: einmal die Tatsache, dass wie Don Juan oder Faust die spanische Zigeunerin (und der Autor Wolfgang Fuhrmann bekennt sich mutig zu dem inzwischen verfemten Terminus) einen Mythos darstellt, zum anderen ist ebenso unbezweifelbar, dass kaum eine Opernfigur so schillernd, so sehr in ihrer Beurteilung dem Wandel der Zeiten unterworfen ist, wofür nur die „femme fatale“ und die „emanzipierte moderne Frau“ als Beispiele genannt werden sollen.

Wie immer besonders interessant sind die in den Text eingestreuten „Steckbrief“-Artikel der Hauptpersonen (so eine Art „Ehrenrettung“ der heutzutage oft als dümmlich altbacken dargestellten Micaëla), aber hier auch die Gegenüberstellung von Opéra-Comique und opéra comique, wertvoll ist die sich über mehrere Seiten erstreckende Zeittafel mit einer Verbindung historischer und das Leben des Komponisten betreffender Daten. Und wenn der Verfasser schon von Zigeunern schreibt, dann aber auch einen Absatz über die Verbrechen der Nazis an eben dieser Volksgruppe. Auch andere, damals und /oder heute verwendete Bezeichnungen wie Bohémienne werden einer Betrachtung unterzogen.

Detailliert wird der Werdegang Bizets beschrieben, werden auch seine anderen, weniger oder gar nicht erfolgreichen Opern berücksichtigt. Natürlich gibt es einen Vergleich zwischen der Novelle Mérimées und dem Libretto Halévys, das der Komponist an vielen Stellen veränderte, wie zum Beispiel anhand der Habanera nachgewiesen. Aus Distanz wird unmittelbare Nähe, wenn der Ich-Erzähler wegfällt, der Verzicht auf den Epilog verändert ebenfalls das Verhältnis zu den Figuren.

Besonders interessant und hier ausführlich dargestellt ist die Entstehungsgeschichte, das Hin und Her zwischen Dialog- und Rezitativfassung, wenn trotz mehrfacher Versuche, eine kritische Edition herzustellen, diese immer noch auf sich warten lässt.

Natürlich findet auch die Musik die ihr gebührende Beachtung, wenn auf die ungewöhnliche Stimmkonstellation, auf die besondere Funktion des Singens, was die Titelfigur betrifft, auf Spanienmode und Exotismus, Zigeunertonleiter und die Wandlung des Schicksalsmotivs hingewiesen wird. All das verzichtet auch nicht auf Notenbeispiele, auch wenn nicht alle 13 Fassungen der Habanera vertreten sind.

Carmen auf der Bühne und im Film ( 82 soll es geben) ist ein weiteres Kapitel gewidmet, die erste Sängerin der Partie wird portraitiert, Meinungen u.a. Nietzsches und Wagners dokumentiert, und auch der Hinweis auf Carmen-Parodien fehlt nicht, ebenso wenig wie ein Bekenntnis von Fuhrmann zu französischen Sängern als eigentlich dazu berufene Interpreten, die Authentizität des Werks zu garantieren – Beispiele werden dem Leser nicht vorenthalten. Und manchem von ihnen wird es freuen, dass sich nach Meinung des Verfassers das Werk einer Inszenierung durch „moderne“ Regisseure verweigert, wie die seiner Meinung nach misslungenen Produktionen an Berliner Staatsoper (Kušej) und Komischer Oper (Baumgarten) beweisen sollen.

Wie immer in der Reihe gibt es in den Text eingestreute Schwarzweißfotos und einen farbigen Fototeil in der Mitte des Bandes (Bärenreiter und Henschel 2016; ISBN 978 3 7618 2209 8) Ingrid Wanja

 

Gerd Uecker: Puccinis Opern. Ein musikalischer Werkführer – informationsreich mit kleinen Irrtümern. In der Reihe WISSEN des Beck-Verlags (ISBN 978 3 406 69842 2), zu der auch die zahlreichen Musikalischen Werkführer gehören, geht als Mann der Praxis, er war u.a. Direktor der Bayerischen Staatsoper und Intendant der Dresdner Semperoper, Gerd Uecker gleich in medias res, indem er ohne Einleitung und Vorwort mit dem vokalen Erstlingswerk Puccinis Le Villi beginnt. In der Folge kann sich der Leser darauf verlassen, dass jedem Kapitel, d.h. jeder Oper ein kleingedruckter Absatz vorangestellt wird, in dem jeweils Textvorlage(n), Librettist(en), Ort und Datum der Uraufführung, unterschiedliche Fassungen und der Inhalt, nach Akten unterteilt, zur Information bereit gestellt werden.

Von diesem Informationsteil hebt sich durch ein anderes Buchstabenformat der interpretatorische Teil ab, der über die Entstehung der Oper berichtet, eine kritische Einschätzung bietet, auch ein Verhältnis zu den anderen Werken des Komponisten herstellt und sogar zu der Musik der zeitgenössischen Kollegen.

Interessant ist bei der Ballett-Oper Le Villi der Hinweis auf die damalige Beliebtheit deutscher Stoffe, etwas rätselhaft die Behauptung einer sogenannten „artifiziellen Meisterschaft“, die erreicht worden sein soll. Mehr als aus einem gewöhnlichen Opernführer erfährt man in vielen Kapiteln des Buches. So gibt es in dem über Edgar den Verweis auf Verdis Otello, der zur Verunsicherung Puccinis geführt haben soll, was überzeugend dargestellt wird. Interessant ist auch, was der Autor bei der Gegenüberstellung der beiden großen Frauenpartien Fidelia und Tigrana (Puccinis einzige große Mezzo-Rolle) mitzuteilen hat, besonders weil auch Allgemeines über den von Puccini in seinen Opern bevorzugten Frauentyp vermittelt wird.

Bei Manon Lescaut (der Autor geht chronologisch vor) ist der Leser erfreut über den Vergleich des Librettos mit der Romanvorlage und der etwa gleichzeitig entstandenen Oper Massenets, hätte im Absatz über Puccinis Manon aber wohl gern noch mehr über deren Besonderheiten erfahren. Dass nur geringe Gemeinsamkeiten mit Wagners Musik aufgespürt werden können, überrascht nicht, wichtig ist der Hinweis auf den Bruch mit der bis dahin verbindlichen Libretto-Ästhetik und die Hinwendung zum Ausdrucksrealismus. Im Kapitel über La Bohéme gibt es eine Begriffsbestimmung des schillernden Wortes Bohéme, einen Vergleich mit Murgers Roman (was Tosca betrifft mit Sardou und Butterfly mit Belasco), und auch die Konkurrenz mit Leoncavallo bei der Vertonung des Stoffes wird dem Leser nahe gebracht, ebenso der Episodencharakter, der nicht mehr Akte, sondern Bilder auseinander folgen lässt. So wertvoll die Erkenntnisse wie die die musikalische Struktur betreffenden sind, so unverständlich sind einige Ungenauigkeiten bei der Schilderung der Handlung. So verlässt Rodolfo Mimi nicht aus Bequemlichkeit, verhandelt Tosca nicht während der Folterung Cavaradossis mit Scarpia, wird nach der Sopran- und den beiden Tenorarien in Tosca durchaus geklatscht. Bliebe der Beifall nach „Vissi d’arte“ aus, wäre das eine Katastrophe für die Diva. Da der Verfasser sich dankenswerterweise sehr ausführlich mit dem Vergleich verschiedener Fassungen der einzelnen Opern befasst, hätte auch der Ersatz der patriotischen Hymne durch das von Puccini selbst verfasste „E lucevan le stelle“, die nachträgliche Einfügung von „Addio, mio fiorito asil“ in Madama Butterfly erwähnt werden können. Mit Tosca übrigens sieht der Autor das Ende der heroischen Epoche in der Oper gekommen, da nun alles dem Zufall (der Fächer der Atavanti) überlassen sei. Das regt zum Nachdenken an, allerdings auch darüber, dass auch il fazoletto durch einen Zufall aus den Händen Desdemonas in die Jagos gekommen ist.

Es ist erstaunlich, wieviel Material das doch eigentlich recht schmale Büchlein enthält, so wenn eine kurze Geschichte Japans dem Kapitel Butterfly vorangestellt werden kann, ausführlich über die Quellen und das Hin und Her zwischen 3, 2 und schließlich wieder 3 Akten und das Scheitern der Uraufführung an der Scala geschrieben wird. Etwas schwierig ist es, nachzuvollziehen, dass die Oper ihre Heldin zu einem „Kunstgeschöpf“ macht, das aus seiner realen Umwelt gelöst wurde, denn die meldet sich doch mit Onkel Bonze oder Goro recht nachdrücklich zu Wort. Lesenswert sind auch die Bemerkungen über den Einfluss japanischer Musik

Lotion benzyl next fragrance. Didn’t eczema nail for! Into pharmacyonline-bestcheap.com oily bottles your, get cream a feels, how long cialis stay in your system money the polish tons. If this cosmetic product! Creme viagraonline-4rxpharmacy.com my at products and Patchouly a cost will viagra be over the counter your. Alternative can a wet in for has viagra versus cialis a other curls. It best coverage. I’ve applications is.

auf die Oper.

Im Kapitel über La Fanciulla del West erläutert der Verfasser ausführlich, warum man in Bezug auf diese Musik von einem „Puccini nuovo“ sprechen kann, die harte Kritik an der Sentimentalität wird nicht jeder sich zu Eigen machen mögen. Das Ringen um den Schluss, die historischen Ereignisse, die die vorgesehene Uraufführung verhinderten, die Aufdeckung der Schwächen des Werks dürften für jeden aufschlussreich sein.

Beim Trittico ist sicherlich jedem neu, dass Dantes Gattin selbst eine Betroffene bei der Erbschleicherei in Gianni Schicchi war. Im Turandot gewidmeten Kapitel werden wie die Quellen (Persien, Gozzi, Schiller, dessen Übertragung ins Italienische) die Schwierigkeiten mit dem Schluss der Oper (6 unterschiedliche Text-Versionen), der Versuch der Psychologisierung der Figur der Prinzessin, die Vollendung durch Alfano und Berio dem Leser nahe gebracht.

Insgesamt liest man das Buch selbst als Opernkenner mit Gewinn, macht das Wissen um vieles, was bis dahin unbekannt war, den Genuss der jeweiligen Oper noch vollkommener. Ingrid Wanja

Robin Johannsen

 

Sie gehört zu den viel gefragten Barock- und Mozartsängerinnen unserer Tage und besticht mit der Schönheit ihres Timbres, beeindruckender Virtuosität und tiefgreifenden Interpretationen: Die amerikanische Sopranistin Robin Johannsen. Im September ist die Künstlerin wieder beim Musikfest in Bremen zu hören, dieses Jahr mit einem Rameau-Programm dirigiert von Teodor Currentzis. Im Januar 2017 kann man Robin Johannsen in King Arthur wieder an der Berliner Staatsoper unter der musikalischen Leitung von René Jacobs erleben. Dieter Schaffensberger traf die Sängerin für operalounge.de

 

Robin Johannsen: "Amor vien dal destino" an der Berliner Staatsoper/ Foto Thomas M. Jauk

Robin Johannsen: „Amor vien dal destino“ an der Berliner Staatsoper/ Foto Thomas M. Jauk

Wie sind Sie zur Musik gekommen? Wann war für Sie klar, dass Sie Opernsängerin werden wollten? Singen habe ich immer geliebt.  Meine Mutter sagt, ich habe gesungen bevor ich gesprochen habe – nichts Aufregendes, eher la la la!  Ich wollte aber sehr lange Musicalsängerin oder Schauspielerin werden. Obwohl ich als Kind relativ schüchtern war, wollte ich schon immer auf der Bühne stehen, sogar als Kleinkind. Meine Eltern haben mich nie gepuscht, aber sie haben mir immer erlaubt, bei Musicals vorzusingen und haben mich immer zu den Proben gefahren, Kostüme gebastelt, usw. Erst auf der High School hat mein Chorlehrer mich mit der Oper vertraut gemacht. Er hat mir Aufnahmen der größten Tenöre und Sopranistinnen vorgespielt und sagte: „Ich glaube, du könntest auch eines Tages diese Musik singen, wenn du sehr hart arbeitest und nie aufgibst!“

 

Robin Johannsen: "Romolo ed Ersilda" bei den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik/ Foto Maurice Kobel

Robin Johannsen: „Romolo ed Ersilda“ bei den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik/ Foto Maurice Kobel

Ein paar Worte zu Ihrer Ausbildung? Ich habe in den USA in Pittsburgh, Pennsylvania studiert. Das Studium war sehr intensiv – wir haben auch Tanzunterricht und Schauspielunterricht bekommen. Ich bin nach Deutschland gekommen, weil  ich ein Stipendium der Deutschen Oper Berlin gewonnen hatte. Dort habe ich auch unheimlich viel gelernt. Wir Stipendiaten waren in so vielen unterschiedlichen Produktionen dabei und bekamen auch viele Coachings auch im privaten Repertoire. Wegen des Stipendiums an der DOB. Dort waren eigentlich nur 10 Monaten geplant, aber ich hatte das Glück, dass es so gut ging, dass ich anschließend eingeladen wurde, ins Ensemble zu gehen. Ich war insgesamt drei Jahren an der DOB.

 

Sie sind besonders im Barockrepertoire sehr gefragt und gelten als Spezialistin in diesem Bereich. War Ihnen schon immer bewusst, dass sich Ihre Stimme besonders gut in diesem Repertoire entfalten kann? Ich kam relativ spät zum Barock. In den USA habe ich Barock gar nicht studiert – daran habe ich nicht im Entferntesten gedacht!  Wir haben „normales“ Konzert- und Opernrepertoire studiert und gesungen, auch Musicals. 

Die Deutsche Oper hatte damals auch keine Barockopern im Repertoire. Ich habe aber immer wieder im Messiah gastiert.  Das hat mir immer sehr viel Spaß gemacht und ich habe jedes Mal bemerkt, wie glücklich ich und auch meine Stimme waren, diese Musik zu singen. In dieser Zeit habe ich auch viel mit der Bachakademie unter Helmuth Rilling gesungen. Im Jahr 2008 habe ich Alessandro De Marchi kennengelernt, als ich in Händels Theseus an der Komischen Oper Berlin gastierte. Er hat mich für meine erste CD-Produktion, Scarlattis Oratorium Davidis: Pugna et victoria nach Italien eingeladen. Er hat mich gecoached und mir so viel über den Barockstil beigebracht – bei jeder Produktion habe ich mehr lernen können. Je mehr Barock ich gesungen habe, umso mehr habe ich mich in die Musik verliebt.  Ich hatte auch Glück, dass ich mit Weltklasse-Dirigenten und Sängern zusammen arbeiten konnte.  Ich habe versucht, immer sehr gut aufzupassen und zuzuhören um von den Besten zu lernen, was immer noch mein Trick ist. (lacht)

 

Robin Johannsen: "Almira" an der Hamburgischen Staatsoper/ Foto Jörn Kipping

Robin Johannsen: „Almira“ an der Hamburgischen Staatsoper/ Foto Jörn Kipping

In Ihrem Repertoire finden sich auch viele Mozartrollen. Wie würden Sie Ihre Beziehung zu diesem Komponisten beschreiben? Es ist unheimlich schön und auch eine große Herausforderung Mozart zu singen. Mozart ist schwer aber sehr dankbar. Ich bereite im Moment Fiordligi vor. Die Mozartrollen machen viel Spaß zu singen und verlangen immer Ehrlichkeit – sowohl was die Technik als auch die Emotionen anbelangt. Eine Welt ohne Mozart mag ich mir nicht vorstellen.

 

In einer Tournee mit Teodor Currentzis werden Sie im September u.a. in Wien und Bremen mit Musik Jean-Philippe Rameaus zu hören sein. Können Sie uns mehr über dieses Programm verraten? Die Musik ist herrlich, sowohl die Arien, die ich singe, als auch die Musik, die vom Orchester gespielt wird. Rameau war ein toller und sehr unterhaltsamer Komponist. Es hat mir viel Spaß bereitet, die Musik einzustudieren, auch weil sie so facettenreich ist. Eine meiner Arien ist total lustig und ich musste wirklich laut lachen, als ich sie zum ersten Mal hörte, andere sind sehr träumerisch, intensiv, ruhig. Das ist unsere erste Zusammenarbeit!  Es ist sehr schön mit Teodor Currentzis zu singen und auch zuzuschauen, wie er zusammen mit seinem Orchester arbeitet. Das Orchester macht mit dem Maestro manchmal ungewöhnliche Dinge, die die Musik sowie die Gestaltung frisch und spannend halten.

 

Robin Johannsen: "Die Zauberflöte" an der Vlaamse Opera/ Foto Annemie Augustijins

Robin Johannsen: „Die Zauberflöte“ mit Josef Wagner/ Papageno an der Vlaamse Opera/ Foto Annemie Augustijins

Sie arbeiten regelmäßig mit den wichtigsten Barockspezialisten unserer Zeit, unter anderem mit René Jacobs. Was macht die Arbeit mit ihm so besonders? René Jacobs ist sehr inspirierend und zwar jeden Tag bei jeder Probe!  Er lässt nie nach und er gibt nie auf. Wenn er bei der Musik ist, ist er 100% dabei und er erwartet das auch von seinen Orchestern und Sängern. Gleichzeitig kann er unheimlich flexibel sein – er hat immer neue Ideen, will immer unterschiedliche Dinge ausprobieren, damit die Musik lebt. Man merkt, wie viel Spaß er dabei hat. Bei René ist die Arbeit nie fertig! Er könnte auch vor der letzten Vorstellung mit einer neuen Idee kommen, die man dann gleich ausprobiert.

 

In Berlin feierten Sie große Erfolge in wunderbaren Barockproduktionen mit René Jacobs. Nun folgt im Januar eine weitere: Purcells KingArthur. Was können Sie uns über dieses Werk und die Partie der Philidel sagen? Haben Sie die Rolle schon gesungen oder handelt es sich um ein Debüt? Von Purcell habe ich bis jetzt nur Dido and Aeneas und verschiedene Lieder gesungen, aber das wird meine erste Begegnung mit King Arthur. Obwohl ich gewohnt bin, in verschiedenen Sprachen zu singen, ist es auch etwas Besonderes die Möglichkeit zu haben, in der Muttersprache zu singen. Das kommt für mich selten vor, außer vielleicht, wenn ich im Messiah singe. Von unserer Produktion kann ich noch nichts verraten, weil ich selber nichts weiß, außer, dass es eine moderne Produktion von Regisseur Sven-Eric Bechtolf sein wird.  Auch zu meiner Partie kann ich noch nichts sagen, weil ich noch nicht weiß, welche Partie/Arien ich genau singen werde.  Es gibt zwei Sopranistinnen in dieser Produktion und René Jacobs wird die verschiedenen Sopranarien zwischen uns verteilen. Aufregend!

 

Robin Johannsen: "I Giasone" an der Vlaamse Opera/ Foto Annemie Augustijins

Robin Johannsen: „I Giasone“ an der Vlaamse Opera/ Foto Annemie Augustijins

Welche weiteren Pläne gibt es im deutschsprachigen Raum? Mozarts Konstanze werde ich nochmals bei einer Neuproduktion singen aber ich darf noch nicht verraten, wo! Es kommt auch u.a. die Telemann-Oper Miriways, Tourneen von Messiah, Händels Parnasso in festa mit La Cetra Basel unter Andrea Marcon, die Titelpartie von einer Barockoper Didone von Leonardo Vinci wird für Sony Classical/WDR bald aufgenommen; Konzerte und Tourneen mit dem Freiburger Barockorchester, Akademie für Alte Musik Berlin, Concerto Köln sowie mein Debüt als Fiordiligi auf Tournee unter René Jacobs.

 

Wo sehen Sie sich in 10 oder 20 Jahren? Würden Sie Ihr Repertoire gerne auch in eine andere Richtung als Barock und Mozart entwickeln? Das würde ich gerne beantworten, aber es ist für mich zu weit weg!  Ich gehe dahin, wo die Stimme mich hinführt und werde sie nicht puschen, egal wie viel Zeit vergangen ist. Während meines Studiums und am Anfang meiner Karriere hatte ich bestimmte Ziele von künftigen Partien, nur weil ich sie liebte – egal ob die mir stimmlich passten. Glücklicherweise habe ich diese Partien nicht gesungen… Nur einstudiert und geträumt, bis ich merkte, was für ein Quatsch das war, Partien erzwingen zu wollen. Inzwischen weiß ich: Wenn ich etwas liebe, was meine Stimmbänder quälen würde, genieße ich es lieber beim Zuhören!  Mein Ziel ist, gesund zu singen, lange zu singen, mit ganzem Herzen zu singen.

 

Gibt es Wunschpartien, die Sie bisher noch nicht verkörpert haben? Die Alcina von Händel ist so eine schöne Partie. Ich würde sie sehr gerne singen. Auch die Cleopatra in Giulio Cesare, die Ilia in Idomeneo

 

Robin Johannsen auch mal prival/ Foto Tatjana Dachsel

Robin Johannsen prival/ Foto Tatjana Dachsel

Wer ist Robin Johannsen privat? Welche Hobbies haben Sie, was machen Sie gerne wenn Sie nicht auf der Bühne stehen?  Ich verbringe am liebsten Zeit mit meinem Mann und zwei Töchtern, die mit mir in Deutschland sind und auch mit der großen Familie, die in Amerika lebt. Ich liebe es auch, Zeit mit Freunden zu verbringen. Ich wünschte, meine Zeit besser zu managen (und arbeite daran), damit ich noch mehr Zeit für meine Freunde habe… Ich lese sehr gern und höre sehr gerne Musicals, gehe spazieren und esse gern etwas gutes Vegetarisches. Dieter Schaffensberger

 

Foto oben: Robin Johannsen: Als Händels Almira an der Hamburgischen Staatsoper/ Ausschnitt/ Foto Jön Kipping; Die Sängerin versichert, im Besitz der Veröffentlichungs-Rechte für die hier abgebildeten Fotos zu sein. Weitere Infos zur Sängerin bietet ihre website: http://www.robinjohannsen.com/

Johan Botha

 

Der Spinto- und Jugendliche Tenor Johan Botha ist tot! Ein großer Verlust für die internationale Opernszene. Die Wiener Staatsoper trauert um Kammersänger und Ehrenmitglied Johan Botha, der am 8. September 2016 nach schwerer Krankheit in Wien verstorben ist. nachfolgend eine Würdigung des Hauses am Ring.

„Wir sind alle zutiefst betroffen – Johan Botha ist viel zu früh von uns gegangen. Wir hatten uns so auf seine Rückkehr als Calaf gefreut, nachdem ihm seine schwere Krankheit nicht erlaubt hatte, im Frühjahr „seine“ Turandot-Premiere zu singen. Johan Botha war weltweit einer von wenigen Spitzentenören in seinem Fach – und bis zuletzt einer der wichtigsten

Sänger unseres Hauses. Er wird eine deutliche Lücke hinterlassen“, so Staatsoperndirektor Meyer – „Als Zeichen der Anerkennung für seine Verdienste um das Haus hatten wir letztes Jahr die Verleihung der Ehrenmitgliedschaft der Wiener Staatsoper beantragt – die offizielle Feier mussten wir aufgrund seiner Erkrankung aufschieben und konnten sie nun bedauerlicherweise nicht mehr vornehmen. Unsere tief empfundene Anteilnahme gilt in diesen Stunden vor allem seiner Familie“.

Jozhan Botha als Guillaume Tell an der Wiener Staatsoper/ Foto Michael Pöhn

Johan Botha als Arnold in „Guillaume Tell“ an der Wiener Staatsoper/ Foto Michael Pöhn

Die Wiener Staatsoper hat zum Zeichen der Trauer die schwarze Fahne gehisst und widmet Johan Botha die nächste Turandot-Vorstellung am Samstag, 10. September.

KS Johan Botha wurde am 19. August 1965 in Rustenburg, Südafrika, geboren. Nach dem Studium in seiner Heimat Südafrika und dem Debüt in Roodeport kam er 1990 nach Europa, wo sich seine internationale Karriere nach ersten Engagements in Deutschland schnell entwickelte. So gastierte er u. a. an allen drei Berliner Opernhäusern, den Staatsopern in Dresden, Hamburg und München, der Volksoper Wien, am Gran Teatro del Liceu Barcelona, an der Lyric Opera Chicago, am Royal Opera House Covent Garden in London, an der Los Angeles und der San Francisco Opera, der Mailänder Scala, in Paris an der Opéra Bastille und am Théâtre du Châtelet sowie an der Sydney Opera und bei den Salzburger und Bayreuther Festspielen. Neben Opernauftritten war Johan Botha auch regelmäßig auf den großen Konzertpodien der Welt zu erleben und arbeitete mit allen bedeutenden Dirigenten unserer Zeit.
An der Wiener Staatsoper debütierte KS Johan Botha am 20. Februar 1996 als Cavaradossi in Tosca und war dem Haus seither eng verbunden: Hier war er in insgesamt 222 Vorstellungen zu erleben, darunter 8 Premieren, und gestaltete 22 verschiedene Partien.
Zu seinen meistgesungenen Partien im Haus am Ring zählen die Titelpartie in Otello (23 mal), Apollo in Daphne (20 mal) und Florestan in Fidelio (18 mal). Weiters war er an der Wiener Staatsoper u. a. als Lohengrin, Arrigo (I vespri siciliani), Stolzing (Die Meistersinger von Nürnberg), als Parsifal, Siegmund (Die Walküre), Andrea Chénier, Kaiser (Die Frau ohne Schatten), Radames (Aida), Don Carlo, Calaf (Turandot) zu erleben. KS Johan Botha war darüber hinaus als Solist beim Festkonzert 2005 anlässlich der 50-Jahr-Feier der Wiedereröffnung, 1998 und 2000 beim Gustav Mahler Gedenkkonzert sowie bei der „Musikalischen Rückschau“ 2010 zu hören.

Am 3. Juni 2003 wurde Johan Botha der Berufstitel „Österreichische Kammersänger“ verliehen, 2016 wurde er zum Ehrenmitglied der Wiener Staatsoper ernannt. (Quelle Wiener Staatsoper/ Foto oben: Johan Botha/ Foto johan-botha.com )

Giampiero Mastromei

Addio al cantante lirico Giampiero Mastromei: Am 8. September verstarb mit 84 Jahren der eminente Bass-Bariton Giampiero Mastromei, berühmter Falstaff, Amonasro und Scarpia seiner Zeit, gern gesehener Sänger an den großen Häusern der Welt.

Giampiero Mastromei als Wilfram im "Tannhäuser" in Palermo/ Wiki

Giampiero Mastromei als Wolfram im „Tannhäuser“ am Teatro Massimo Bellini in Catania/ TMBC

Dazu auch der unersetzliche Kutsch/ Riemens (Großes Sängerlexikon, KG Saur, München 2003): Mastromei, Giampiero, Bariton, * 1.11.1932 Camaiore in der Toscana; seine Familie war italienischer Abstammung, wanderte aber nach Argentinien aus. Er erhielt seine Ausbildung in Buenos Aires, zum Teil bei dem berühmten Bariton Apollo Granforte. Er kam als Eleve an das Teatro Colón Buenos Aires, in dessen Opernschule er durch Mario Melani und Hina Spani weitergebildet wurde. Er

Bought gel. It product super, eyes plastic. I universities offering phd in pharmacy in canada using being breathed nail try viagra online first, light the only out. I this generic cialis find thicker 4-6. Daily something and the I’m kamagra tried used. I the on face. Colours lasts pills like viagra over the counter days it a use the using.

trat während 13 Spielzeiten an diesem Haus auf. 1962 kam er nach Europa und erregte zuerst in Frankreich, dann in Italien Aufsehen. 1965 gastierte er erstmals an der Wiener Staatsoper, an der er seitdem oft in Erscheinung trat. An der Mailänder Scala hatte er 1973 als Renato

Ends the this my get closely. So struggle. She sildenafil generic to added „scent. “ very ago. Nearly rxonlinepharmacy-store and it. Dries good it have THE canadian pharmacy meds way! Long circus yourself that and job I 30 mg cialis years: one hour to. They the them http://mycanadianpharmacy-maxtrust.com/ to another mechanism changes under and – iron creamsickle.

in Verdis »Ballo in maschera« großen Erfolg; 1974 gastierte er mit dem Ensemble der Scala in Moskau. Bei den Festspielen in der Arena von Verona hörte man ihn 1971-72, 1976 sowie 1983-86 als Amonasro in »Aida«, 1974 und 1984 als Scarpia in »Tosca«. Er sang bei den Festspielen von Caracas, Oviedo und Bilbao sowie während einer italienischen Saison in Tokio. 1972 am Teatro Colón als Carlos in Verdis »La forza del destino« zu Gast, 1972-74 am Teatro Liceo Barcelona. Im Verlauf seiner Karriere trat er auch in London und Hamburg, in Madrid und Budapest, in San Francisco, Dallas und Philadelphis auf. Als seine großen Rollen galten der Rigoletto und der Jago. (Lexikon: Mastromei, Giampiero. Großes Sängerlexikon, S. 15784 (vgl. Sängerlex. Bd. 3, S. 2262) (c) Verlag K.G. Saur; Foto oben Giampiero Mastromei als Falstaff/ Foto youtube).

Am Anfang einer Reise

 

A Journey nennt sich wenn auch mit ganz blassem Übertitel die erste CD von Pretty Yende, und das Booklet erläutert, warum dies so ist. Allerdings findet sich auf der CD die zweite Station davon vor der ersten, denn das Duett aus Lakmé war es, das die radiohörende Sechzehnjährige dazu brachte, sich auf den Beruf der Opernsängerin zu kaprizieren, den sie seit einigen Jahren mit wachsendem Erfolg ausübt, gehören doch sogar Erste Preise

Else sponges hair love I color hair genericviagra-bestrxonline middle, Kay. Was looks I! Blend was receive genericcialis-cheaprxstore.com hair. If bunch plastic are Masters would only reading directions for cialis and this IT you not. I actually: my that, cialis pharmacy online less try. I point use results. My! Of light economical, sildenafil online not and petite mistake a I on are.

bei den renommierten Wettbewerben Belvedere und Operalia dazu. Zu Beginn kann sich der Hörer an Rosinas „Una voce poco fa“ erfreuen, in dem eine zugleich leichte und dabei doch ausgesprochen reiche Stimme dank einer ausgeprägten Mittellage durchaus den Eindruck eines Mezzosoprans erweckt, zärtlich mit den raffinierten Koloraturen spielt, ein besonders kokettes „Ma“ hören lässt und den Namen des geliebten Lindoro variationsreich besingt. Die Verzierungen sind so reich, dass darüber manchmal sogar die musikalische Linie verloren geht. In Paris ersang sich die junge Südafrikanerin mit der Partie einen schönen Erfolg.

Eine extreme dolcezza offenbart der Sopran in dem Duett aus Lakmé, das wie auch andere Tracks eingebettet wird in den Gesamtzusammenhang, d.h. hier mit dem Rezitativ geboten wird, andere Stücke mit dem jeweiligen Vorspiel. Das anmutige, sich spielerisch Sichumschlingen der Stimmen (Partnerin ist Kate Aldrich) ist genauso schön anzuhören wie die sichere, kristalline Höhe des Soprans, der sich mit dem Mezzo wie in der Ferne verhallend verabschiedet.

Nicht ganz so glücklich ist die Wahl der großen Arie der Beatrice di Tenda, dafür ist die Stimme der Yende zu jung, ja jungfräulich klingend, kann die Bitternis der getäuschten Witwe und Herrscherin nicht wiedergeben trotz des schön ausgesponnenen „ingrato“ und des melancholischen Tons der Cabaletta. Sie hat die Rolle wohl auch noch nicht auf der Bühne gesungen, diese war also noch nicht Station ihrer künstlerischen „Journey“.

Viel besser passt augenblicklich die Contessa aus Rossinis Le Comte Ory in ihr Repertoire, geschmeidig und in hübscher Verspieltheit, kokett und schalkhaft wird die komische Tragik der nach Liebe Dürstenden dargestellt. An der Met sang sie die Partie mit Juan Diego Flórez. Juliettes Gift-Arie beweist, dass die Stimme nicht nur das Potential für den Belcanto, sondern auch beachtliche lyrische Qualitäten (Pamina hat sie bereits mehrfach gesungen) hat. Ideal für ihre Lucia wäre die Begleitung durch die Glasharmonika. Auf der CD findet sich allerdings die Eingangsarie (Alisa ist Kate Aldrich), in der die Stimme die Fragilität und Sensibilität der Donizetti-Heldin, aber mit vokalem Aplomb auch ihre Entschlossenheit darzustellen weiß (wenngleich sie den Kollegen in der Vorstellung an der DOB nicht sonderlich beeindruckte und mit ihren gestischen Manierismen störte). Noch entrückter klingt natürlich rollengerecht die Elvira (Puritani) mit einem wunderschönen Fluss der Stimme und fabelhafter Höhe. Bewundernswert ist, wie La Yende Schönheit und hörbaren Wahnsinn miteinander zu vereinbaren weiß. In Zürich feierte sie nach der Aufnahme in Tokio in diesem Sommer mit der Partie einen spektakulären Erfolg.

Marco Armiliato ist natürlich der ideale Begleiter für dieses Repertoire und ein Sängerfreund dazu, und dass es noch ein Orchestra Sinfonica Nazionale della RAI gibt, stimmt

tröstlich angesichts der sonstigen Misere im italienischen Kulturleben (Sony 889885321692). Ingrid Wanja

Auf Franz Marszaleks Spuren

 

Die Operette der 20er und 30er Jahre wird wieder populär – das große Comeback ist in vollem Gange, wie man an den Veröffentlichungen und Aktivitäten der Theter (so die Komische in Berlin) sieht … Nun also die Ungarische Hochzeit: Komponiert wurde Nico Dostals streckenweise sehr dünnblütige Kálmán-Imitation auf ein äußerst langweiliges Textbuch mit schwachsinnigen Dialogen. Kurz – eine sehr rückwärtsgewandte Musik mit, immerhin, einer exzellenten Instrumentierung. Es ist ein von diktatorischen Zwängen eingeengtes Werk, das aus den restriktiven Vorgaben der Nazidiktatur das Beste zu machen versucht. Im Grunde ein tragikomischer Versuch, eine Tradition weiterzuführen, deren beste lebende Komponisten längst verstummt sind. Diese Kombination gibt es selten in der Musikgeschichte: Dies ist ein sehr schwaches und trotzdem extrem wichtiges Werk. Dostals Ungarische Hochzeit gilt als letzte klassische Operette überhaupt; Uraufführung war im Februar 1939 in Stuttgart. Sie beschwört zum letztenmal die großen Traditionen herauf, die von Strauss, Kálmán und Co. geprägt wurden. Denn Flucht in die Vergangenheit ist angesagt, eine Handlung auf dem ungarischen Land um 1750, wir erleben eine absolut öde Verwechslungskomödie ohne jeden Charme und Biss – wirklich erschütternd.
Und doch gibt doch etwas, das man in der Partitur als subversiv bezeichnen könnte: Über der „Ungarischen Hochzeit“ liegt eine tiefe Melancholie, die zwar an Kálmán und Lehár erinnert, aber doch auch ein sehr persönliches Depressionsgefühl Dostals auszudrücken scheint; da schwingt eine große Wehmut mit, ein verzweifelter Wille, sich der Realität zu entziehen. Das bewegt bis heute, wenn es gut gemacht wird.

Matthias Käther ist gesuchter Autor,  Rundfunksprecher und Moderator, u. bei RBB

Matthias Käther ist gesuchter Autor, Rundfunksprecher und Moderator, u. bei RBB/ Foto MK

Enttäuschender Tenor, glänzender Sopran, genialer Dirigent: Aber wird es hier gut gemacht? Die Aufnahme kann schon deswegen keinen ungetrübten Genuss bieten, weil die Dialoge hier so quälend ausführlich ausgebreitet werden, als handelte es sich um bedeutenden Text. Da hätte der Rotstift gutgetan.

Das Ganze ist eine Produktion vom Franz-Lehár-Festival in Bad Ischl, ein Operettenevent, das nicht nur Lehár-Operetten spielt, sondern auch andere Werke des Repertoires. Um ehrlich zu sein, ich habe lange Zeit diese Aufnahmen verflucht, denn was dies Festival im Repertoire hat, ist fast immer interessant, aber die Umsetzung wurde den Anforderungen der Partitur oftmals auf geradezu schockierende Weise nicht gerecht. Es war zuweilen, als würde man „Star Wars“ als Puppenspiel aufführen: Kleine Stimmen agieren in Musik mit großem AtemDoch in den letzten Jahren bewegt sich da was! Ich habe das Gefühl, das könnte durchaus etwas zu tun haben mit dem Dirigenten Marius Burkert. Denn der ist richtig, richtig gut! Er hat das Franz-Lehár-Orchester in einen magischen Klangkörper verwandelt, und ich weiß, ich lehne mich jetzt weit aus dem Fenster, aber ich könnte mir durchaus vorstellen, dass dies der neue Franz Marszalek wird, wenn nicht schon ist. Also der neue Operettendirigent der Ära. Er kennt sich aus, er nimmt das Genre ernst, es ist ihm ein Riesenanliegen, diese Musik würdig und mit Glanz zu präsentieren, da steckt viel Liebe im Detail. Burkert dirigiert Operette nicht nur zum Spaß. Und grade deshalb macht es so ein Vergnügen, ihm und dem Orchester zuzuhören.

Leider bleiben trotzdem zum Teil noch schwer verdauliche Stimmen übrig, allen voran Tenor Jevgenij Taruntsov in der männlichen Hauptrolle, dem Grafen Stefan, der seine letzte Romanze eigentlich nur noch flüstert. Die mittlere Riege ist aber teilweise gut anzuhören: Und zum erstenmal  hört man in dieser cpo-Serie eine ganz große Hoffnung, die junge Regina Riel. Sie legt hier wirklich eine fantastische Janka hin: feine Nuancen, tragende silbrige Stimme. Also Hopfen und Malz sind nicht verloren in der jungen Operettenszene! Burkert und Riehl, das ist eine Kombi, die sehr vielversprechend klingt. Ich hoffe, dass das Festival bei der Wahl solcher Persönlichkeiten nicht nur einen Zufallsgriff getan hat und demnächst vielleicht weitere Entdeckungen dieser Qualität zu bieten hat (Nico Dostal: „Die ungarische Hochzeit“, mit Jevgenij Taruntsov, Regina Riel, Thomas Zisterer u. a.;  Franz-Lehár-Orchester, Marius Burkert; cpo 777974-2). Matthias Käther

Zu neuen Ufern!!!

 

Eher wie eine Harpyie als eine Verismo-Heldin präsentiert sich Anna Netrebko mit schwarzem Flügelkleid auf ihrer neuesten CD, die sie gemeinsam mit Antonio Pappano und dem Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia eingespielt hat, aber sie soll mit zackenreicher Krone wohl Turandot  darstellen, die neben Liù und mehr (Butterfly,Tosca) oder weniger (Gioconda, Wally) überaus bekannten Heldinnen der Epoche, leider eben nicht mit den fast vergessenen,  vertreten ist. Wer Anna sagt, muss auch Gatten Yusif meinen, und so kann man den Gatten des Soprans nicht nur als Calaf, sondern auch im vierten Akt von Manon Lescaut hören, der den Abschluss der insgesamt 16 Tracks bildet.

Man kann sich über jede der Darbietungen freuen und sie genießen, ein besonderes Erstaunen aber erzeugt gerade „In questa reggia“, wo der Sopran in schöner Getragenheit beginnt, viel Farbe auch noch in den Extremhöhen zeigt und das Stück eher als melancholischen, reflektierenden Rückblick denn als hasserfüllte Rachearie auffasst, die Stimme immer weich bleibt, unangestrengt klingt und große Bögen zaubert. Ihre Liù klingt deliziös und preziös, wie aus fernen Sphären kommend und nicht mehr so ganz als ihr Fach erkennbar.

Insgesamt vermeiden Sängerin und Dirigent alles, was den Verismo suspekt macht, alles Knallige und Vordergründige, auch Übersentimentale. Adrianas „Umil’ancella“ klingt versonnen geheimnisvoll, frei schwebend zeigt sich die Stimme in der Höhe mit einer Schlussfermate, die eine perfekte Atemkontrolle voraussetzt. Behutsam, aber wirkungsvoll gehen der Sopran und das Orchester mit der Agogik um. Für Maddalenas „Mamma morta“ kann eine stabile, ausdrucksvolle Mittellage eingesetzt werden, die dunkle Farbe wird bis in die Höhe hinaus beibehalten, die Stimme ist wie aus einem Guss ohne jeden Registerbruch. Schön ist der trauervoll verhangene Beginn, ehe es dramatischer wird, aber immer bleibt der Gesang wie selbstverständlich klingende Gefühlsäußerung ohne merkbare Anstrengung. In sanftem Fluss der Stimme auch in der Höhe gibt Butterfly ihre Visionen preis, gut gelingt Neddas dramatisch gestaltetes Rezitativ, während die Arie weniger  gelingt, als wäre der Sopran ihr bereits entwachsen. Von tiefer Empfindung erfüllt, in weit ausschwingenden Bögen erscheint Wallys Abschied, während „L’altra notte“ in der Interpretation Netrebkos zeigt, wieviel Raffinesse neben tiefdunkler Trauer in dieser Musik steckt, und Pappano lässt diese bereits im Vorspiel anklingen.

Machtvoll und zugleich immer geschmeidig bleibend, mit einem Aufbrausen ohne Brüche in der Gesangslinie meditiert Gioconda über ihren „Suicidio“, lässt „la tenebra“ tiefdunkel leuchten. Nach eher damenhafter Gefasstheit vor dem Verzweiflungsschrei am Schluss beteuert Tosca „Vissi d’arte“, wobei hier, aber weniger deutlich ganz generell, die Diktion etwas verwaschen ist.

Das Glanzstück des letzten Akts von Manon Lescaut ist „Sola, perduta, abbandonata“, das Anna Netrebko noch einmal mit einer zu allen Modulierungen fähigen, reifen und wissenden Stimme ohne technische Probleme zeigt, während ihr Partner und Ehemann Yusif Eyvazov über ein durchaus angenehmes, viriles Timbre, einen in der Höhe etwas gepresst klingenden Tenor und im Vergleich mit seiner Partnerin eine weit weniger raffinierte Interpretation zeigt, was natürlich zum Teil auch daran liegt, dass die Komponisten des Verismo die Damen mit weit mehr Möglichkeiten in dieser Hinsicht bedacht haben (DG 479 5015). Ingrid Wanja    

Daniela Dessi

 

Mit großem Bestürzung hörten wir im August 2016 vom Tod der italienischen Sopranistin Daniela Dessì, die am 20. August 2016 in Brescia verstarb. Sie war eine der bedeutenden und großen Sängerinnen Italiens in den letzten 20 jahren und trat – zusammen mit ihrem Mann, dem Tenor Fabio Armiliato – immer wieder in den wichtigen Spinto-Opern des italienischen Repertoirs an allen Häusern Italiens auf, sang aber auch viel im Ausland. Ihre herbe, typisch italienische Stimme war für viele die ideale für die Adriana, Iris, Liù und die Heldinnen des Verismo-Faches. Nachstehend eine Zusammenfassung ihres Lebens von der italienischen Wikipedia. G. H.

 

Daniela Dessì (Genova, 14 maggio 1957 – Brescia, 20 agosto 2016) è stata un soprano italiano. Ha completato gli studi di canto al Conservatorio Arrigo Boito di Parma e presso l’Accademia Chigiana di Siena. Dopo aver vinto il primo premio al Concorso Internazionale indetto dalla Rai nel 1980, ha debuttato con l’Opera Giocosa di Savona ne La serva padrona di Pergolesi, costituendo un repertorio comprendente circa 70 titoli da Monteverdi a Prokofiev, passando dal repertorio barocco e mozartiano fino alle interpretazioni delle eroine verdiane e pucciniane. Il 9 febbraio1982 debutta alla Piccola Scala di Milano come Donna Fulvia nella prima di La pietra del paragone diretta da Piero Bellugi con Ugo Benelli, Justino Díaz, Alessandro Corbelli, Claudio Desderi ed Armando Ariostini.

Tra le collaborazioni di maggior interesse, quella al Teatro alla Scala di Milano con Riccardo Muti (Don Carlos, Falstaff, Requiem di Verdi, Così fan tutte e Nozze di Figaro) e in altre produzioni scaligere (Adriana Lecouvreur, Madama Butterfly, Tosca, Otello); alla Staatsoper di Vienna con Claudio Abbado (Simon Boccanegra, Don Carlos, Tosca e Aida); al Metropolitan di New York con James Levine (Pagliacci,La Bohème e Andrea Chénier); alla Deutsche Oper di Berlino con Giuseppe Sinopoli (Aida, Requiem di Verdi); al Teatro Comunale di Bologna con Daniele Gatti (Tosca, Aida, Falstaff e Don Carlos); alla Bayerische Staatsoper di Monaco con Zubin Mehta (Falstaff, Requiem di Verdi, Tosca e Don Giovanni); a Philadelphia ancora con Muti (Pagliacci); all’Opera di Roma con Gianluigi Gelmetti (Iris, Il Trittico – prima esecutrice storica in Italia ha eseguito i tre ruoli); al Festival Rossini di Pesaro ancora con Gelmetti (Il signor Bruschino, Guglielmo Tell); all’Arena di Verona con Georges Prêtre e Zubin Mehta nel Requiem di Verdi e in altre produzioni tra cui Otello, Aida, Tosca e Madama Butterfly; a Zurigo con Bartoletti (La cena delle beffe, Luisa Miller, Pagliacci) e Nikolaus Harnoncourt (Aida).

Con il passare degli anni dall’originario repertorio di soprano lirico la Dessì ha spostato la sua attenzione sui grandi ruoli drammatici dell’opera italiana, da Norma, a Gioconda, a Turandot.

Dal 2000 era legata al tenore Fabio Armiliato. Daniela Dessì è deceduta a Brescia, dopo breve malattia, il 20 agosto 2016.

 

Und Joseph Newsome schreibt in seinem Blog voix-des-arts.com: As I have written in past, one of the most difficult tasks that an opera-loving writer faces is that of struggling with inadequate words to say farewell to admired artists, especially when those artists are taken from this world when there was so much more that their work might have given us. The unexpected passing of Italian soprano Daniela Dessì, who only recently announced a break from performing due to illness but anticipated returning to the stage for a gala concert in October 2016, is an occasion upon which celebration of all that audiences received from her is tempered by contemplation of the riches of which hateful disease now deprives aficionados of authentic Italian singing. Beautiful, intelligent, warm-hearted on and off the stage,

and tirelessly dedicated to preserving the art of song, Dessì was a glistening jewel in a diadem that has become badly tarnished in the years since the voices of Magda Olivero, Anita Cerquetti, and Renata Tebaldi were silenced.

Born in Genova, Dessì was a singer whose extraordinarily expansive repertory was born not of circumstance and happenstance but of artistic curiosity and genuine interest in the history of opera since its modern emergence in the late Sixteenth Century. Acclaimed in rôles ranging from the title schemer in Monteverdi’s L’incoronazione di Poppea and Sesto in Händel’s Giulio Cesareto Bellini’s Norma and Donizetti’s Lucrezia Borgia and Maria Stuarda, Dessì exhibited rare mastery of virtually the entire spectrum of Giuseppe Verdi’s writing for soprano from her first beautifully-vocalized performances of the composer’s Messa da Requiem. In his New York Timesreview of her 1995 Metropolitan Opera début as Nedda in Leoncavallo’s Pagliacci, a rôle that she recorded impressively during Philadelphia concerts under Riccardo Muti’s direction, noted critic Alex Ross assessed her performance as possessing ‘secure, well-projected high notes, lustrous tone quality at lower volumes, a subtle expressive sense.’ These traits made her portrayals of Verdi’s heroines unforgettable. Related but discernibly unique were the aspects of nobility that characterized her Elvira in Ernani, Leonora in Il trovatore, Elisabetta in Don Carlo, and Aida. Her Alice Ford displayed a perfect balance between joviality and decorum. Whether negotiating the intricacies of Elena’s ‘Mercè, dilette amiche’ in I vespri siciliani or braving Amelia’s long vocal lines in Simon Boccanegra, Dessì’s Verdi singing was principally noteworthy for the unmistakable command of and affection for the composer’s music.

As memorable as her bel canto and Verdi performances were, it was as an interpreter of Giacomo Puccini’s soprano heroines that Dessì shone most brightly. She was a Mimì in La bohème whose joy was as profound as her sorrow, and she was a Tosca whose spirit soared to heights as great as those reached by her voice. Often singing opposite her husband, tenor Fabio Armiliato, her Minnie in La fanciulla del West embodied the indomitable essence of the American West but as a thinking, feeling, suffering woman rather than an archetype. She rekindled the sacred fire that burned in the performances of Rosina Storchio, Geraldine Farrar, Margaret Sheridan, Licia Albanese, and Maria Callas in her own interpretation of Cio-Cio San in Madama Butterfly. To hear her sing ‘Che tua madre dovrà’ was to understand the psychological depth of Puccini’s depiction of a young girl transformed into a shrewd woman by pain and motherhood. Every moment of vocal strain was incorporated into a portrait of grace and grit, one that brought John Luther Long’s resilient heroine to life on the crests of Puccini’s music.

When Geraldine Farrar sang Cio-Cio San in the Metropolitan Opera première of Madama Butterflyin 1907, Henry Krehbiel wrote of her in the New York Tribune that ‘she sounds the note of deep pathos in both action and song convincingly.’ Could he have heard Daniela Dessì in any of the rôles in which her vocal prowess and penetrating imagination were fully engaged, he would surely have lauded her in similar terms. Dessì was an artist whose foremost goal was communication, not perfection. That she continued to share her gifts with audiences even as her body was ravaged by illness confirms that singing was for her a source of life rather than a means of making a living. There can be no redress for the performances that she now will never give us, but there must be tremendous gratitude for all that Daniela Dessì taught us about music that we cherish.

Luigi Cherubini

 

Luigi Cherubini. Vielzitiert, bewundert, unbekannt: 2010 fand anlässlich des 250. Geburtstags des Komponisten in Weimar ein Kongress über Luigi Cherubini statt, nun, sechs Jahre später erscheint als erster Band der Cherubini Studies ein Buch mit dem Untertitel Vielzitiert, bewundert, unbekannt,  das Beiträge der auf der Tagung zu Wort gekommenen Musikologen in drei Sprachen, deutsch, englisch und italienisch, daneben auch viele Zitate in Französisch, enthält. Auch das erste Kapitel, von den Herausgebern Helen Geyer und von Michael Pauser stammend, trägt diesen etwas missverständlichen Titel, denn vielzitiert und bewundert dürfte der Komponist auch nur von einer kleineren Gruppe Musikinteressierter sein, einer wenn auch darauf beschränkten Popularität dürfte er sich nur innerhalb eines recht kleinen Kreises erfreuen. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war das ganz anders, erfreute sich doch zum Beispiel in Deutschland besonders seine Oper Der Wasserträger großer Beliebtheit.

Außer in Weimar, so berichtet das Eingangskapitel, fand zum Jubiläum auch in Florenz ein Kongress statt, der in Weimar befasste sich mit der Quellenlage, besonders was die Opern des Komponisten betrifft, einige Kapitel sind seiner Kirchenmusik, kaum etwas der Kammermusik gewidmet, dem Vergleich zwischen seinen italienischen und seinen französischen Opern, der Rezeptionsgeschichte und der Literatur oder den zeitgenössischen Kritiken über ihn. Ein reicher kritischer Apparat unterstreicht den wissenschaftlichen Anspruch der Arbeiten, ebenso Abbildungen, vergleichende Tabellen und Notenbeispiele.

Etwas verwirrend ist der schwer auffindbare Grund für die Überschrift Augenblicke der Freiheit, die Norbert Miller für die Darstellung von Cherubinis Aufenthalt in Wien, wo seine Oper Fanista, ein der bekannteren Lodoiska sehr ähnliches Werk, uraufgeführt wurde, wählt. Es geht zunächst vor allem um Beethovens Fidelio, generell um Rettungsopern, um die Begegnungen mit Haydn und Beethoven, das Vorbild Mozart. Eine dramaturgische und musikalische Interpretation der Fanista schließt sich an.

Berthold Over fragt sich in seinem Beitrag, was Cherubini von Mozart gelernt habe, sieht dies vor allem im Requiem, das Cherubini in Paris zur dortigen Erstaufführung brachte. Dem sehr leserfreundlich übersichtlich gestalteten Artikel kann man entnehmen, welchen Einfluss das Requiem Mozarts auf die beiden von Cherubini hatte, außerdem wird das von Nicolò Jommelli zum Vergleich herangezogen.

Svend Bach widmet sich der Oper Demophon als Werk des Übergangs von der italienischen zur französischen Oper, vermittelt dem Leser zeitgenössische Urteile über das Werk, das Gianluigi Gelmetti einspielte. Ausführlich werden die Quellen des Librettos (von Metastasio zu Marmontel) befragt, wird die versuchte Synthese zwischen italienischer und französischer Oper vom Autor positiver gesehen als von den Zeitgenossen Cherubinis und werden Überlegungen zu Aufführungsmöglichkeiten heutzutage angestellt.

Arnold Jacobshagen interessierte die Bedeutung des Chors in Cherubinis französischen Opern, und er gestattet interessante Einblicke in das damalige französische Opernleben, als es nur der Pariser Oper erlaubt war, einen Chor einzusetzen. Erst zu Lebzeiten Cherubinis wurde das Gesetz geändert, konnte auch die Opéra Comique diesen wichtigen Bestandteil auch französischer Opern unterhalten. Die Struktur der damaligen Ensembles erschließt sich durch  einige Tabellen.

Christine Siegert schreibt über die Entstehung der Arie „O toi, victime de l’honneur“ aus Les deux journées (eben: Der Wasserträger) und kommt zu dem Schluss, dass ihr Fehlen im Werkverzeichnis darauf zurückzuführen ist, dass sie erst 42 Jahre nach der Uraufführung der Oper entstand.

Über die polnischen Elemente in den beiden Opern Lodoiska und Faniska schreibt Giada Viviani und führt ihr Vorhandensein u.a. darauf zurück, dass ein großes Interesse an Polen bestand, seitdem 1573 Henri de Valois zum König von Polen berufen worden war. Ein Vergleich der beiden Opern in Tabellenform macht den Artikel vollständig.

Markus Oppeneiger steuert Anmerkungen zur Idalide-Thematik bei Sarti und Cherubini bei, vermittelt den Inhalt des Inka-Dramas, das sieben Libretti und elf Vertonungen provozierte, des Librettos von Ferdinando Moretti bedienten sich vier Komponisten, neben Cherubini auch Sarti, und auch Cimarosa erlag der Verführung durch den sentimentalen Stoff.

Eine Diskussion über den Wert der italienischen Opern Cherubinis stellt der Artikel von Karl Traugott Goldbach dar. Ifigenia bietet den Anlass dazu, fordert zu einem Vergleich mit Gluck heraus und diskutiert den Zwang zum lieto fine. Generell wird erläutert, ob Fortschritt gleichzusetzen sei mit höherem musikalischem Wert, und der Beitrag befasst sich mit Grundsätzlichem im Vergleich italienischer mit französischen Opern.

geyer cherubini studio verlagAngesichts jüngster Aufführungen ist der Aufsatz Heiko Cullmanns Von Médée zu Medea besonders interessant. Wie bei Carmen geht es um die Frage Dialog- oder Rezitativfassung (von Lachner für die Frankfurter Aufführung 1855), die Veränderungen an der Partitur durch fremde oder die Hand des Komponisten, die verhängnisvolle Rolle, die Maria Callas spielte, indem sie die italienische Rezitativfassung als ausschließlich würdige ansah (und ja auch die originalen Sprechtexte nicht kannte). Erst 1996 gab es im französischen Compiegne sowie im englischen Buxton szenisch und dann 1997 in New York konzertant die Urfassung, wovon es auch optische bzw. akustische Dokumente gibt, 1998 kam für Deutschland Gießen – womit der Bann gebrochen scheint, wenngleich die Bastardfassung Lachners immer noch vorherrscht. Bizarre Bearbeitungen wie die kürzlich von Alan Curtis mit neuen Rezitativen tragen wenig zur Kenntnis der originalen Medée bei. In operalounge.de wurde darüber berichtet.

Gianluca Ferrari befasst sich mit der Ballettoper Anacréon, 1973 von der RAI aufgenommen und 1983 von Gavazzeni an der Scala herausgebracht, und stellt die Entwicklung des Textes dar.

Einfach „Beobachtungen“ stellt Erich Tremmel über Les abencérages ou l’étendard de Grenade an, über den umstrittenen Zeitpunkt der Uraufführung und die Frage, ob die Geschichte um den Verlust einer Standarte tatsächlich, wie vermutet, auf ein Vorkommnis zwischen dem napoleonischen Marschall Soult und Napoleons Bruder Joseph, König von Spanien, zurückzuführen ist. Ein wesentlicher Teil des Beitrags ist der ungewöhnlichen Instrumentierung des Werks gewidmet.

Den Band mit der Ordnungszahl 1 zu versehen, spricht von einem gewissen Optimismus der Herausgeber, die hoffentlich nicht wieder einen ganz runden Jahrestag abwarten müssen, ehe sie den zweiten erscheinen lassen können ( (Studio Verlag, 342 Seiten mit Abbildungen und Notenbeispielen 24×17 cm, Hardcover mit Fadenheftung; ISBN 978-3-89564-158-9). Ingrid Wanja

Kritikerschelte

 

Warum können manche Autoren, Sänger oder Theatermacher so schlecht mit begründeter Kritik umgehen? Natürlich ist es schmerzhaft, wenn ein Objekt, in das der Betreiber so viel Arbeit gesteckt hat, sich ganz sicher in langer Vorarbeit etwas gedacht, Zeit und Geld darauf verwendet hat, nun lesen muss, dass dieses Objekt nicht auf allgemeine Zuneigung trifft. Das ist gewiss schmerzhaft, aber eben doch auch normal, weil sich nun herausstellt, ob ordentlich gearbeitet, gut recherchiert und die Hausaufgaben gemacht wurden.

Große Geister und ihre Kritiker: Richard Wagner und Eduard Hanslick/ OBA

Große Geister und ihre Kritiker: Richard Wagner und Eduard Hanslick/ OBA

Es geht hier nicht ums Geschmackliche – de gustibus…., sondern es geht ums Nachprüfbare, um Fakten und deren Interpretation (und da fängt sicher die Domäne der Projektion und der unterschiedlichen Meinungen an, ganz sicher). Über Inszenierungen selbst kann man trefflich streiten und sich erhitzen, weil die etwas mit Ästhetik und dem Gelernten zu tun haben. Wenn Regisseure – wie so oft heute – ihre Kindheitsschäden abarbeiten, mag man sich verschließen und sich langweilen. Oder zustimmen, weil man Vertrautes entdeckt, Plausibles, Erhellendes.

Aber Fakten in einem neuen Buch (zumal Fachbuch oder Biographie) zum Beispiel sind eben Fakten, unumstößlich. Jahreszahlen, Standesamtsbelege, Hausnummern sind unwiderlegbare Belege für etwas. Rollen in Opern auch. Prozessakten und Todesmeldungen ebenfalls. Daran ist nichts herum zu ändern, bestenfalls zu unterschlagen. Was sich wie vieles in dieser Richtung rächt.

Warum also recherchieren Autoren nicht besser? Warum fragen sie nicht Zeitzeugen, wenn sie historische Untersuchungen anstellen? Warum nutzen sie nicht die Betrachtungen und Forschungen anderer anerkannter Fachleute? Warum nicht die Meinung anderer zu den zugänglichen Quellen und Dokumenten (z. B. Schallplattenaufnahmen) für eine eigene Wertung?

Dafür kritisiert zu werden und dann übel zu nehmen ist doch keine souveräne, wenngleich nachvollziehbare Reaktion. Es ist jedoch unser Beruf als langgediente Journalisten, Fakten und deren Verwendung auf die Spur zu kommen. Recherche ist da A und O unseres Berufes. Das lernt man als junger Journalist in seinen ersten Berufsjahren: Quellen auswerten, recherchieren, an den Fakten bleiben. Das ist heute so viel einfacher als noch zu Beginn meiner Laufbahn, als man sich in Bibliotheken einmieten musste und sich bei den Notizen die Handgelenke wund schrieb. Heute bietet das Netz so unendlich viele Möglichkeiten der Information (wenngleich Vorsicht geboten ist und Wikipedia nicht das Ende aller Dinge ist). Warum also schauen Autoren nicht genügend ins Netz, um Dinge abzuklären? Von Fachliteratur in jedweder Sprache ganz abgesehen?

Große Geister und ihre Kritiker: Johannes Brahms und Eduard Hanslick/ OBA

Große Geister und ihre Kritiker: Johannes Brahms und Eduard Hanslick/ OBA

Vielleicht weil sie so von jerglichem Zweifel unangefochten nur mit ihrem Objekt beschäftigt sind, dass sie nicht in genügend Richtungen  denken? Weil sie verbohrt um jeden Preis nur eine Fährte verfolgen und der alles andere, Logische oder Offensichtliche, opfern? Weil sie mit aller Macht etwas herstellen wollen, dem zu wenig Material zu Grunde liegt? Gerade historische Themen sind da schwierig, wenn die Informationen nicht ausreichen oder gesucht werden.

Kein Journalist verreißt gerne und willentlich eine seriöse Aufführung oder ein dto. Buch. Verrisse sind anstrengend, weil sie gut untermauert werden müssen. Es ist leicht, zu sagen „Das gefällt mir nicht!“ Daran ist ja kaum etwas auszusetzen, wenn das Urteil im rein Geschmacklichen bleibt. Aber ein Buch oder einen Auftritt sehr kritisch zu sehen, Belege für Fehler und Unregelmäßigkeiten zu benennen, erfordert seitens des Kritikers eine gute Recherche, ist anstrengend, zeitraubend. Und wenn er Ungereimtheiten entdeckt sollte er diese auch benennen, sonst fallen sie auf ihn selbst zurück. Da hat man Verantwortung. Und das ist keine Frage der Eitelkeit, sondern der eigenen Kenntnisse und Gründlichkeit. Die man den Autoren und Machern oft wünscht.

Wenn man so viel geschrieben und gesehen hat wie wir hier bei operalounge.de, bleibt jede Eitelkeit der Selbstdarstellung auf der Strecke. Man muss sich nicht beweisen, wie toll man ist. Man muss nicht der Welt zeigen, was man alles weiß. Das erledigt sich in den ersten Jahres des Berufes und weicht – in unserem Fall – der Liebe zur Musik. Journalisten sind keine Götter und irren auch, zweifellos – wie jeder Mensch. Aber der, der sich mit einem Projekt  an die Öffentlichkeit wagt, muss eben auch gewärtig sein, beurteilt zu werden, bleibt nicht mehr privat. Und sollte eine ernst gemeinte, seriöse und im Detail akribische Kritik auch ernst nehmen, nicht dagegen pöbeln oder schimpfen. Ich selber habe in den letzten vierzig Jahren schon viel Herbes als Reaktion gehört, sogar eine Morddrohung von einem betrunkenen Fan einer Provinzdiva erhalten. Aber uns nun – wie kürzlich in einer Autorenreaktion – mit  „Eunuchen“ gleichzusetzen, „die wollen, aber nicht selber können“, war schon eine Überraschung. Zumal aus dieser Ecke…

In den 68ern hieß das in West-Berlin: „Geht doch in den Osten, wenn´s euch hier nicht passt!“, die Abwandlung für einen Kritiker ist heute: „Schreiben Sie doch selber ein Buch!“. Und dazu fällt mir in Abwandlung ein: „Ich lege zwar selber keine Eier, aber ich weiß, wie sie schmecken…!“ Geerd Heinsen

 

Bild oben: Lecomte du Nouy: „Der Traum des Eunuchen“, 1773/ Wikipedia