Archiv des Autors: Geerd Heinsen

Mary, Marianna, Maria

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Am 2. Dezember 2023 wäre Maria Callas hundert Jahre alt geworden. Nicht ihr Geburtsland, die USA, sondern ihr Herkunftsland, in das ihre Familie, allerdings ohne den Vater,  1937 zurück kehrte, Griechenland, hielt aus diesem Anlass beachtliche Ehrungen für sie bereit. So wurde die Zweieuromünze mit ihrem Konterfei versehen, wurde das Zimmer des Dekorateurs George Grandpierre, in dem sie ihre letzten Jahre in Paris verbrachte, in einem eigens für sie eingerichteten Museum in Athen nachgestellt. „Voller Stolz und Liebe“ widmet man sich ihrem Andenken, wozu auch ein Film gehört, der im Rahmen des Festivals griechischer Filme im Berliner Kino Babylon gezeigt wurde. Dieser widmet sich nicht der Diva mit internationaler Karriere, nicht der Geliebten, ebenso wie sie berühmte Männer wie Onassis und Giuseppe Di Stefano, der erstaunlichen Verwandlung vom dicklichen hässlichen Entlein zum strahlenden Schwan mit Hilfe oder doch nicht eines Bandwurms, der von den Medien gepflegten Feindschaft mit Renata Tebaldi, sondern der Jahre 1938 bis 1945 und der späteren Rückkehr nach Griechenland.

Es geht auch nicht um den noch seiner Uraufführung entgegensehenden Film von Pablo Larrain mit Angelina Jolie in der Hauptrolle oder den ebenfalls noch nicht fertigen Film von Niki Caro mit Noomi Rapace als Maria, sondern um ein besonders für die Griechen heikles Kapitel, die Besetzung durch italienische und deutsche Truppen in den Vierzigern. Die französische Sopranistin Germaine Lubin wurde wegen ihrer Auftritte vor deutschen Soldaten in Paris und in Bayreuth nach dem Krieg inhaftiert und musste Frankreich für einige Jahre verlassen, obwohl es viele Zeugen für ihre Hilfe für von den Nazis Verfolgte gab.

Maria Kalegoropoulos: Leronore/“Fidelio“/Athen 1944/Tosi

Kirsten Flagstad sang nicht einmal in Nazideutschland und erlitt trotzdem Verfolgung im Nachkriegsnorwegen. Maria Callas, damals noch Gesangsstudentin und Schülerin von Elvira de Hidalgo, so wie übrigens auch die Mezzosopranistin Arda Mandikan, die gemeinsam mit Maria Callas ihr Debut und das mit nur fünfzehn Jahren im  Athen erlebte. Sie war wie die Callas ein Teenager, als diese vor deutschen und italienischen Offizieren als Tosca, Marta in Tiefland oder Fidelio-Leonore (in Griechisch) auftrat. Mandikan wird im Verlauf des knapp zweistündigen Films immer wieder Zeugnis ablegen vom Schicksal der Callas und mit ihr die Rückkehr nach Griechenland, als Adalgisa 1960 im Freilichttheater von Epidaurus, erleben, wenn die inzwischen zum Weltstar gewordene Callas die öffentliche Meinung von totaler Ablehnung zu ebenso totaler Anbetung umwandeln kann.

Der Film von von Vasilis Louras und Vasilis Louras The Unsung Greek Years of Callas mit englischen Untertiteln zu griechischem Dialog oder umgekehrt geht chronologisch vor und lässt viele Zeitzeugen oder zumindest deren Nachkommen oder Schüler zu Wort kommen, so auch den Sohn des deutschen Dirigenten Hans Hörner, der 1944 den griechisch gesungenen Fidelio in Athen dirigiert hatte, den die Callas nach dem Krieg besuchte, die Freude darüber ausdrückend, dass er trotz der Kriegsereignisse noch am Leben war. Die Übersiedelung der in den USA geborenen (Maria Anna Sophia Cecilia getaufte, Mary oder Maryanne genannte) Callas zurück nach Amerika auf Wunsch des Vaters (der als erfolgreicher Drogeriebesitzer nach der Trennung der Eltern in New York geblieben war) war einmal den instabilen Nachkriegs-Verhältnissen in Griechenland mit kommunistischen Aufständen, der Feindseligkeit von Ensemblemitgliedern und der Zurückstufung in der Sängerhierarchie der Athener Oper geschuldet, die spätere Rückkehr dann wohl noch mehr als dem griechischen Herzen, das sie in ihrer Brust schlagen hörte, der Liebe zu Onassis zu verdanken.

Maria Kalegeropoulos und Evangelos Mangliveras in "Tiefland" April 1944 Athen/Tosi

Maria Kalegoropoulos und Evangelos Mangliveras in „Tiefland“, Athen 1944/ Tosi

Einem sommerlichen Aufenthalt hat der Film eines seiner wertvollsten Zeugnisse zu verdanken, ein improvisiertes „Voi lo sapete, o mamma“ der Santuzza nur mit Klavierbegleitung,  neben den nicht zu bezweifelnden Qualitäten der Stimme auch die Binsenwahrheit bestätigend, dass man sich vor dem Singen einsingen sollte. Noch interessanter und wegen seiner hohen Qualität sehr berührend ist ein bisher unveröffentlichtes „Son giunta“ der Forza-Leonora, das die Callas kurz vor ihrem Tod in ihrer Pariser Wohnung repetierte. Da klingt die Stimme, und das meint auch der Kommentator, besser, d.h. frischer als bei ihren späten Auftritten mit Di Stefano.

Der Film ist faktenreich, seinem Sujet zugeneigt, aber ihm nicht unkritisch gegenüber, und er zeichnet ein farbiges, vielseitiges und Interesse am Sujet wach haltendes oder erweckendes Bild seiner Protagonistin. Er war im Rahmen des Greek Film Festival in Berliner Kino Babylon 2024 zu sehen. Ingrid Wanja/ G. H.

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PS: Absolut nicht zu vergessen ist in diesem Zusammenhang das Buch The Unknown Callas: The Greek Years von Nicholas Petsalis-Diomidis (Hal Leonard Corporation; Illustrated Edition, neu herausgegeben 2001; ISBN-13 – ‎978-3100244130). Dies ist ein besonders spannendes Buch über die Callas, weil die zum Teil beklemmend zu lesenden Details über die italienische und schlimmer noch deutsche Besatzung Athens mehr als deutlich geschildert wird. Hunger-Leichen lagen in den Straßen, und die deutschen Besetzer schossen bei der geringsten Gelegenheit (danach kam der Widerstand und schoss ebenfalls) – kein Ruhmesblatt für uns hier. Die Callas und ihre Mutter Evangelina sowie Schwester Jackie hatten jeweils italienische und dann deutsche Liebhaber, die sie vor dem Schlimmsten schützten. Und sie studierte Tiefland und Leonore mit ihrem Freund ein. Das reich illustrierte Buch, voll mit Zeitzeugen-Aussagen (Mireille Flery, Zoe Vlachopoulou, Constantin Stellakis und auch Arda Mandikian) und hervorragend recherchiert, ist absolut habens- und lesenswert. Und ein Exkurs in deutsch-griechischer Geschichte. Diese und andere Sänger eben dieser Vorkriegszeit sind in der repräsentativen Sammlung beim Hamburger Archiv für Gesangskunst zu hören (dazu unser Artikel bei operalounge.de)..

Aber ganz eigentlich und ungeschlagen ist der bewegende Film Maria über Callas (Regie: Tom Volf, Studiocanal 2021) mit sensationellen und bislang unbekannten Live-Rollen-Aufnahmen, auch aus den griechischen Jahren.

Dazu unser Beitrag zum 100. Geburtstag von Maria Callas mit einer Auswahl an Buchempfehlungen (Foto oben Maria Kalegoropoulos und Stelios Athenaios in „Ho Protomastoras“/Athen 1944/Tosi). G. H.

Thriller bei Pentatone

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Ich hatte mich nie sonderlich für Stephen King interessiert. Weder für die Filme noch für die Bücher. Das Versäumte lässt sich nun leicht nachholen. Der amerikanische Komponist und Pulitzer-Preisträger Paul Moravec (*1957) hat im Auftrag der Minnesota Opera einen der berühmtesten, wenn nicht gar den berühmtesten Roman Kings für die Bühne eingerichtet. „Stephen King’s novel The Shinng ist naturally operatic. The story strikingly dramatizes three oft he most basic elements of opera – love, death, and power“. In diesem Sinn hätte Moravec natürlich aus jedem Plot einer Vorabendserie eine Oper machen können. Allerdings ist The Shining nicht die erste Oper nach Stephen King; bereits 2013 wurde in San Francisco Tobias Pickers Dolores Claiborne nach dem gleichnamigen Roman (1992) uraufgeführt. Moravecs Librettist Mark Campell hat allerdings einen sehr guten Job gemacht, hat verdichtet und den zeitlichen Ablauf der Ereignisse im Overlook-Hotel gestrafft, in dem der trockene Alkoholiker Jack Tarrance eine Hausmeisterstelle antritt, um wieder sein Leben in den Griff zu bekommen und seine schriftstellerische Arbeit aufzunehmen. Anders als dutzende von Opern, für die Campbell ebenfalls Libretti verfasst hat, gelangte The Shining nach seiner Uraufführung im Mai 2016 in Saint-Paul und einer Produktion der Colorado Opera nach Covid-19 bedingter Verspätung auch in Kansas City zur Aufführung, wo nach mehreren ausverkauften Aufführungen im Kauffman Center for the Performing Arts im März 2023 die Produktion unter dem Dirigenten Gerard Schwarz mitgeschnitten wurde (Pentatone 2 CD PTC 5187036).

Vergesst Jack Nicholson, vergesst Stanley Kubrick. Moravec und Campbell bemühten sich tatsächlich, den Film, mit dem King keineswegs zufrieden war, hinter sich zu lassen und zum Roman (1977) zurückzukehren. Campbell hat die handelnden Figuren klar beschrieben, Jack Tarrance, seine Frau Wendy und ihren sechsjährigen Sohn Danny, dazu den Koch, Manager sowie Hausmeister des Hotels. Ebenso die Erscheinungen von Jacks gewalttätigem Vater Mark Terrance und früheren Hotelgästen, -Besitzern- und Mitarbeitern. In zwei Akten von rund 65 und 45 Minuten und sieben bzw. zehn Szenen und Epilog, die sich mit Ausnahme des acht Monate später spielenden Epilogs zwischen September und November 1975 im besagten Hotel in Western Colorado abspielen, hält sich das klaustrophobische Gruseln im bekömmlichen Rahmen. Szenisch mögen die Szenen der Lebenden und Toten, trostlose Gegenwart und festliche Vergangenheit des Hotels eine Herausforderung sein, musikalisch bietet Moravec brav illustrierende Hausmannskost, gesungenes Aufsagetheater sozusagen.

Man muss das wohl sehen – und nicht nur hören. Die einst als „One hell of a ride“ angekündigte Oper ist alles andere als ein Todesritt, sondern eine handwerklich souverän gearbeitete Oper, in der Edward Parks mit seinem sauberen Mozart- und Rossini-Bariton und seinem rührenden Abschied „I love you, Wendy, I love you, Danny“ einen weniger grellen Psychopathen Jack Tarrance zeichnen kann und Kelly Kaduce seiner Ehefrau Wendy mit ihrem Glittersopran hinreichend Kraft und Durchsetzungsvermögen gibt. Schwarz bringt das rund ein Dutzend Sänger schmalerer Partien, den Lyric Opera of Kansas City Chorus und die Kansas City Symphony zum Leuchten.    R. F.

Erstmals nach 185 Jahren

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Seit vielen Jahren nicht mehr aus dem Berliner Opernerleben wegzudenken sind die halbszenischen Aufführungen selten oder nie in der Hauptstadt zu erleben gewesener italienischer Opern durch den und mit dem Dirigenten Felix Krieger, erst im Radialsystem an der Spree, inzwischen längst aber im Konzerthaus am Gendarmenmarkt. Vom Belcanto mit Donizettis Maria di Rohan oder Betly, über Verdi mit Oberto, Masnadieri, Stiffelio und Puccini mit Edgar bis hin in den tiefen Verismo mit Mascagnis Iris oder Zanetto reichen die teilweise inzwischen auf CD erhältlichen Aufführungen, die im vergangenen Jahr von einer Uraufführung gekrönt wurden.

Dalinda nennt sich Gaetano Donizettis Oper, und auf dem Cover der von dem Label Oehms herausgegebenen Doppel-CD finden sich neben lateinischen auch arabische Schriftzeichen für den Namen der Titelheldin. Diese war nämlich eigentlich nicht eine persische Fürstin, sondern die allgemein bekannte Papsttochter und angebliche Giftmischerin, Blutschänderin und Ehebrecherin Lucrezia Borgia, über die, basierend auf einem Drama Victor Hugos, Felice Romano das Libretto verfasst, Donizetti die Musik komponiert hatte und die an der Mailänder Scala mit zunächst bescheidenem, aber wachsendem Erfolg uraufgeführt worden war und die in Paris auch dem Publikum, aber nicht Hugo gefiel. Schlimmere Querelen aber gab es in Neapel, wo die Zensur trotz vieler Änderungen und Verlegungen in alle möglichen Zeiten und Milieus ihr Placet verweigerte, so dass der Komponist und der Librettist der Angelegenheit schließlich müde wurden und Dalinda, der letzte Vorschlag zur Güte, nie aufgeführt wurde. Musikalisch sind die beiden ersten Akte von Lucrezia Borgia und Dalinda fast identisch, der dritte Akt jedoch wurde von Donizetti fast vollkommen neu komponiert, so dass am 14. Mai 2022 tatsächlich vollkommen neue Musik erklingen konnte. Die Handlung wurde in die Zeit des Dritten Kreuzzugs verlegt und von Venedig und Ferrara nach Persien, es bleiben  Mutter und fern von ihr aufgezogener Sohn sowie der eifersüchtige Ehemann Acmet, der eine ehebrecherische Liebe zwischen beiden argwöhnt und ihren Tod beschließt. Wie der ursprüngliche Gennaro hat auch der Ildemaro einen treuen Freund, der Mezzosopran singt, zur Seite, wurden aus den übermütigen italienischen Adligen nun Kreuzritter. Verschärft wird die Handlung durch die Glaubensgegensätze und die Tatsache, dass Gennaro aus einer früheren Ehe stammt, Ildemaro hingegen der Fehltritt mit einem Christen sein muss. Die vielen Rettungsversuche führten letztendlich dazu, dass aus einem zumindest zu großen Teilen historisch beglaubigten Stoff ein wildes Schauermärchen wurde, was jedoch den musikalischen Wert des Werks in keiner Weise mindert, wohl aber die Wahl einer nur akustischen Übermittlung der immer sehr klug gestalteten Aufführungen der Operngruppe nachvollziehbar werden lässt.

Dalinda galt lange Zeit als verschollen, bis die italienische Musikologin Eleonora di Cintio Bruchstücke in Archiven entdeckte, zusammenfügte und der Verlag Casa Ricordi, die auch über eine Dependance in Berlin verfügt, die Herstellung einer vollständigen Partitur ermöglichte.

Wer fast alle Aufführungen der Berliner Operngruppe erlebt hat, kann nur über deren Entwicklung staunen, darüber wie sich der unüberhörbare Enthusiasmus von Chor und Orchester erhalten, ja noch verstärkt hat und gleichzeitig eine mit den institutionellen Orchestern der Stadt vergleichbare Professionalität und Virtuosität, im Erreichen von Italianità kaum zu überbietende Qualität erreicht hat. Das zeigt sich bereits bei der Sinfonia voller Brio und Slancio, es zeigt sich beim rücksichtsvollen Begleiten der Solisten und beim Spannen großer Bögen, beim nie Nachlassen an Intensität. Auch der Chor vermag in diesem Sinne mitzuhalten und verdient großes Lob.

Von Anfang an legte die Berliner Operngruppe großen Wert auf angemessene Sängersolisten, arbeitete doch schon im Radialsystem ein Francesco Ellera D’Artegna mit ihr zusammen. Für die Titelpartie von Dalinda braucht es einen echten dramatischen Koloratursopran, den man mit Lidia Fridman gefunden hatte, die über ein melancholisches, in keiner Weise anonymes Timbre verfügt, Intervallsprünge mühelos meistert, kultiviert auch bei rasanten Tempi bleibt und mit einem schmerzlich umflorten „È spento“ die Oper beschließt. Davor kann sie noch einmal, Donizetti hat seine Soprane mit wunderbaren Schlussmonologen versehen, für einen Höhepunkt der Aufnahme sorgen. Lediglich am Schluss des ersten Akts gerät das Vibrato etwas außer Kontrolle. Eigentlich bereits die schweren Verdi-Kaliber wie Radames singt der Tenor Luciano Ganci, der, vergleicht man mit berühmten Gennaros, eher ein Aragall als ein Kraus ist. Er phrasiert gut, kostet Fermaten gekonnt aus und hat eine schöne Nachdenklichkeit für das Gebet des Ildemaro. Er ist leidenschaftlich in der Cabaletta, singt ein zärtliches „mia madre“ und erfreut mit einem beachtlichen Spitzenton. Durch eine gute Diktion und das Timbre eines Brunnenvergifters ist auch der ansonsten im Buffofach tätige Paolo Bordogna mit schöner Phrasierung ein hochachtbarer Acmet. Als Ugo d’Asti erfreut Yajie Zhang mit mildem Mezzo, könnte nur in die Cabaletta ihrer Arie mehr grinta einbringen. Keinerlei Ausfall gibt es in dem umfangreichen Herrenensemble.

Der nächste Auftritt der Berliner Operngruppe findet am 2. Juni 2024 mit Puccinis Jugendwerk Le Villi in beachtlicher Besetzung und natürlich mit Felix Krieger am Dirigentenpult statt. Das ist  ärgerlicherweise auch der Tag der Premiere von Chowanschtschina in der Staatsoper (Oehms Classics 989 2 CDs). Ingrid Wanja        

Winterreise szenisch

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Wohl alle Sängerinnen und Sänger haben sich irgendwann einmal mit Schuberts Winterreise auseinandergesetzt; auch Bearbeitungen gibt es immer wieder. Nun hat sich der Regisseur Christof Loy gemeinsam mit der schwedischen Mezzosopranistin Anne Sofie von Otter dem Liederkreis auf ganz andere Weise genähert: Im Februar 2022 gab es im Theater Basel eine szenische Bearbeitung von Schubert-Liedern, die sich unter dem Titel Eine Winterreise in einer Art Kaleidoskop mit Schuberts Leben und den in seinen Liedern zum Ausdruck gekommenen Gefühlen beschäftigt. Von der Aufführung am 21. Februar 2022 im Theater Basel wurde ein Mitschnitt gefertigt, den NAXOS als DVD herausgebracht hat. Wenn sich der Vorhang öffnet, sieht man in einen dunklen, mit warmen Braunfarben getäfelten Raum, in dessen Mitte ein Hammerflügel steht. Das Bühnenbild von Herbert Murauer soll von den Ballhäusern aus dem Ende des 19. Jahrhunderts inspiriert sein, in dem sich jetzt Stühle stapeln und die Decke baufällig ist. Die Sängerin tritt als Er auf und stellt, wie Loy es ausdrückt, Schuberts Seele dar. Daneben bewegen sich vier Tänzerinnen und Tänzer als Der Doppelgänger Nicolas Franciscus, Kristian Alm als Schuberts Freund Schober sowie als Viola Giulia Tornarolli und Matilda Gustafsson als Die Kurtisane. Neben fünf einzelnen Liedern, einigen aus der Müllerin und dem Schwanengesang werden aus der titelgebenden Wintereise nur sechs Lieder verwendet. Dazu kommen wenige Instrumentalstücke und kurze nicht vertonte Text-Fragmente aus Der Traum von Schubert und aus Wilhelm Müllers Epilog zu Die schöne Müllerin. Im Zentrum des Abends stehen die nachdrücklichen Interpretationen von Schuberts Liedern durch Anne Sofie von Otter und den in Liedbegleitung besonders profilierten Pianisten Kristian Bezuidenhout. Hier erweist sich nun die hohe Gestaltungskunst der Sängerin, die z.B. in Im Abendrot, Nachtstück oder „Einsamkeit“ ihren immer noch schlanken, in allen Lagen abgerundeten Mezzo mit perfektem Legato in wunderbarer Ruhe fließen lässt. Auch führt sie die Stimme bruchlos und ungemein flexibel durch die schnelleren Lieder wie die Taubenpost oder Die Post aus der Winterreise. Ebenso ausdrucksstark gelingen ihr und dem kongenialen Begleiter in dichtem partnerschaftlichem Musizieren die dramatischeren Lieder wie Der Lindenbaum oder Der Doppelgänger. Zu allem sind die Tänzerinnen und Tänzer in Bewegung, um die „zeitlosen Themen wie Erinnerung, Vergänglichkeit und Todesangst“ (Christof Loy) tänzerisch darzustellen. Schubert hat allerdings in seinen Liedern die jeweiligen Stimmungen, zu denen auch depressive Melancholie gehört, kompositorisch so genial gestaltet, dass sie meiner Meinung nach keiner zusätzlichen pantomimischen oder tänzerischen Illustration bedürfen. Am Schluss erhielten alle Mitwirkenden starken, begeisterten Applaus (NAXOS 2.110751).  Gerhard Eckels 

Musik für das Ospedaletto

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Die vier Ospedali Grandi Venedigs boten über Jahrhunderte Bedürftigen ein Heim und sogar eine musikalische Ausbildung – waren es Bettler, Kranke, Findelkinder oder Obdachlose. Der renommierte neapolitanische Komponist Nicola Antonio Porpora zählte neben Antonio Vivaldi zu den musikalischen Berühmtheiten, deren Karrieren mit den Ospedali in Verbindung standen. Er unterrichtete zwischen 1729 und 38 am Incurabili, zwischen 1742 und 43 am Pietà und zwischen 1742 und 47 am Derelitti, auch Ospedaletto genannt. Dort traf er die begabte Altistin Angiola Moro, la „Anzoletta“, für die er anspruchsvolle Solopartien schuf.

GLOSSA/Note 1 hat nun eine CD herausgebracht, die im September 2022 in Brixen entstand (GCD 923537). Solistin ist die italienische Mezzosopranistin/Altistin Josè Maria Lo Monaco, die vom Ensemble Stile Galante unter Leitung von Stefano Aresi begleitet wird. Sie interpretiert zwei virtuose Motetten und ein Salve Regina, von Porpora zwischen 1744 und 45 komponiert.

„Placida surge, Aurora“ besteht aus vier Sätzen wie auch „Qualis avis cui perempta“. Die erste Motette beginnt mit einem munter beschwingtem Thema und verlangt der Interpretin wegen der langen Bögen große Atemreserven und wegen der anspruchsvollen Verzierungen ein virtuoses Vermögen ab. Lo Monaco wird diesen Ansprüchen beeindruckend gerecht. Zudem lässt sie erkennen, dass das historische Vorbild neben der außerordentlichen Begabung einen beachtlichen Stimmumfang gehabt haben muss. Die Komposition endet mit einem jubelnden „Alleluia“, in welchem die Stimme funkeln kann.

Das Salve Regina ist siebensätzig und beginnt mit einem getragenen, ernsten Satz, dessen Titel dem Werk den Namen gab. Lo Monacos Stimme klingt hier recht larmoyant, um nicht zu sagen wimmernd. Einen günstigeren Eindruck hinterlässt sie in dem energisch auftrumpfenden 2. Satz, „Ad te clamamus“, in welchem zudem die virtuosen Koloraturgirlanden imponieren. Krönender Abschluss ist das wiegende „O clemens“, kommt der tiefe Mezzo (oder hohe Alt) in seiner reizvoll herben Struktur hier doch bestens zur Geltung.

Die zweite Motette besteht wie die erste aus einem Rezitativ, zwei Arien (der schmerzlichen „Qualis avis cui perempta“ und der hoffnungsvollen „Da per Te, Virgo Regina“) sowie dem finalen „Alleluia“, welches das Album in heiterer Virtuosität enden lässt.

Das Programm der CD wird ergänzt durch Porporas populäres Cellokonzert in G-Dur mit vier Sätzen, womit eine Tradition aufgegriffen wird, welche am Ospedaletto gepflegt wurde – nämlich die Aufführung von Vokalwerken mit Cellokonzerten zu kombinieren, weil der virtuose Cellist Niccolosa Fanello im Orchester wirkte. In der GLOSSA-Einspielung wurde der Solopart Agnieszka Oszanca übertragen, die ihn gleichermaßen mit Bravour wie Empfindungsreichtum ausfüllt. Bernd Hoppe

Virtuos

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Seine gesamte, zugegebenerweise nur kurze Schaffenszeit hindurch hat Wolfgang Amadeus Mozart neben Opern und Orchesterstücken auch separat existierende Konzertarien komponiert oder Gesangsstücke als Ersatz für Arien in bereits bestehenden Opern anderer Komponisten, oft ausgerichtet auf die vokalen Fähigkeiten mit ihm befreundeter Sängerinnen wie Aloysia Weber, erst Angebetete, später Schwägerin, oder für Josepha Duschek in Prag, wobei die reinen Konzertarien länger sind und ihnen ein Rezitativ vorangestellt ist.

Mit erst dreizehn Jahren komponierte Mozart A Berenice-Sol nascente als Ergänzung zu einer bereits bestehenden Oper, und auf der CD mit dem lyrischen Koloratursopran Lisette Oropesa, begleitet von Il Pomo d’Oro unter Antonello Manacorda überzeugen mit den ersten Takten der festliche Klang des Orchesters wie die glänzende und schillernde Stimme der Solistin. Mit leicht melancholischem Touch bedenkt diese die Arie mit recht dramatischen Koloraturen, variiert fein bei der Wiederholung, lässt die Extremhöhen im günstigsten Fall kristallin, im ungünstigen leicht gläsern erklingen, wobei die Fähigkeit zum Virtuosen stets unangefochten bleibt.

Für Aloysia in einer Kastratenpartie war Non so d’onde viene bestimmt, eine Arie, in der ein Clistene sein Bedauern über die Verurteilung seines Sohnes ausdrückt. Eher wie die eines Jünglings als die eines Vaters klingt die Stimme der Oropesa, bruchlos sicher die Register durchmessend. Für Josepha Duschek komponierte Mozart gleich nach Don Giovanni in Prag Resta, oh cara, für eine Oper Jamellis bestimmt und den Abschied in den Tod eines Titanus, der die geliebte Proserpina nicht ehelichen darf, darstellend, empfindsam im Rezitativ und tragisch umflort in der Arie die Nähe zu einer Donna Anna nicht verleugnend und von Oropesa perfekt ausgeführt.

Der späteren Sängerin der Dorobella, Luisa Villeneuve, war eine Arie, Chi sá, chi sá,  zugedacht, die Oropesa virtuos bewältigt. Für ein privates Konzert in München war Misera, dove son! bestimmt, dessen heroischem Aufbäumen der Sopran perfekt stand hält. Ebenfalls eine Replacement Arie ist Voi avete un cor fedele mit interessantem Stimmungswechsel zwischen Ironie und Übermut und beides vom Sopran unüberhörbar zum Ausdruck gebracht.

Wirkungsvoll herausgearbeitet werden die Kontraste in Ah, lo prevedi, in dem sich Andromeda, ihren Retter Perseus tot glaubend, kontrastreich an ihre unterschiedlichen Partner wendet. Aus dieser Arie stammt das titelgebende Ombra Compagna. Auch in Vado, ma dove? wechseln die Stimmungen, wird einmal Entschlossenheit, einmal inniges Fühlen unverwechselbar zum Ausdruck gebracht.

Den Schluss bildet eine Für Aloysia begonnene und erst zehn Jahre später fertiggestellte Arie ohne Rezitativ auf einen Text Metastasios (L’eroe cinese) in eher heiterer Virtuosität, denn das schlimme Ende, das der Held nimmt, ist noch fern (PTC 5786 885). Ingrid Wanja     

Das Orchester als Protagonist

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Die Oper heißt Katya Kabanova, aber sie müsste eigentlich Die Wolga oder Das Unwetter oder Der aufgehende Mond heißen, so wie die Textvorlage Ostrowskis, nach der Leos Janaček  sein Werk schuf, Das Gewitter heißt. Nicht die Sänger sind die Protagonisten, sondern das Orchester, das alle diese wunderbaren Naturereignisse zaubert und das es nur als konsequent erscheinen lässt, dass die unglückliche Titelheldin sich dem Sog des allgegenwärtigen Gewässers nicht entziehen kann und den Tod in ihm sucht. Die zweite Gesamtaufnahme einer Janaček-Oper nach Das schlaue Füchslein durch Simon Rattle und das London Symphony Orchestra ist ein Wunder an Naturstimmungen und macht einmal mehr deutlich, dass jede Produktion, die die Natur aussperrt wie die Inszenierung von Andrea Breth für die Berliner Staatsoper 2014 im Schillertheater ein Irrtum ist,   so dass man dem Dirigenten seine Mitwirkung an demselben eigentlich nicht verzeihen dürfte. Neben dem üppigen, farbigen Orchesterklang nimmt sich der ariose Sprechgesang zumindest streckenweise weniger ausdrucksstark aus, vermittelt sich die Sehnsucht der Katya nach Liebe im Intermezzo des ersten Akts mindestens ebenso stark wie in ihrem Gesang. Akustische Wunderwerke werden vollbracht im sanften Umspielen der Stimmen im zweiten Akt (schließlich ist der Dirigent mit einer Sängerin verheiratet), im Aufbau der Spannung vor dem Gewitter, im einfühlsamen Begleiten der Schilderung Katyas, wenn sie sich an ihre glücklichere Jugend erinnert.

Das Werk ist eine Huldigung Janačeks an seine 35 Jahre jüngere Liebe Kamila Stösslova, eine verheiratete Frau, die unerreichbar für ihn blieb, und es ermutigt auch nicht gerade zu einem Seitensprung, denn die Männer erweisen sich durch die Bank als schwach, selbst der herrisch auftretende Dikoj, der sich seiner Verantwortung entziehende Boris oder Katias Mann Tichon, der sich als Muttersöhnchen erweist und seine Ehefrau der herrischen Schwiegermutter, die wiederum abhängig vom Urteil der Gesellschaft ist, ausliefert.

Die konzertante Aufnahme stammt vom 11. und 13. Januar 2023, vor Jahren gab es bereits in der Berliner Phiharmonie ein Konzert unter Simon Rattle mit Karita Mattila als Katya und Deborah Polaski als Kabanicha. Letztere wird nun vom ebenfalls einstigen Wagnersopran Katarina Dalayman gesungen, die sowohl matronenhafte wie hysterische Töne vernehmen lässt, zugleich weinerlich und aggressiv klingen kann und zugleich Täterin wie Opfer zu sein scheint. Es gibt drei Tenöre, von denen der Tichon von Andrew Staples das angenehmste Timbre besitzt, eine gute Mittellage und nur in der Höhe etwas enger werdend. Den Liebhaber Boris, der Katia feig im Stich lässt, wird von Simon O’Neill mit heller, lyrischer, auch scharf werdender Stimme gesungen. Emanzipierter gibt sich der Kudrjas von Ladislav Elgr, Muttersprachler mit typisch slawischem Tenor, der das mährische Volkslied wie mit einer Naturstimme singt. Ihm folgt nach Moskau die Warwara von Dirigentengattin Magdalena Kožená mit leuchtendem  Timbre die relativ kleine Partie der Warwara aufwertend. Sein Freund Kulgin ist Lukaš Zeman mit sonorem Bariton. Resignation und Untertänigkeit vermittelt trotz nur kurzen Auftritts der Mezzosopran von Claire Barnett-Jones in der Partie der Glasa. Zunächst polternd und dann zunehmend auch in Weinerlichkeit versinkend zeigt der Bassbariton von Pavlo Hunka für den Dikoj Fassade wie Innerstes einer zwiespältigen Persönlichkeit.

Viele Facetten der unglücklichen Katya kann der Sopran von Amanda Majeski, einer Amerikanerin, die 2019 mit großem Erfolg als Katya an Covent Garden debütierte, vermitteln. An der Met ist sie vor allem als Mozartsängerin bekannt, in Chicago sang sie aber auch die Marschallin und die Meistersinger-Eva. Für Katia besitzt der Sopran einen schönen Glockenton, kann er bruchlos aufblühen in weit gespannten Bögen und lotet er ein weites Spektrum zwischen zarter Klage und stählernem Aufbegehren aus. Bei einer solchen Leistung erscheint dem Hörer das Urteil Simon Rattles, es handle sich bei ihr um die  „Katya der Stunde“ nicht als Publicity, sondern zustimmungsfähige Überzeugung, gerechtfertigt (LSO L500889 25ACD). Ingrid Wanja

In barocker Stilistik

In der Passionszeit häufig aufgeführt werden die Matthäus-Passion und die Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach; von der früher Bach zugeschriebenen Lukas-Passion nimmt man inzwischen an, dass das Werk größtenteils nicht von Bach selbst komponiert wurde. Bleibt noch eine Passion nach dem Evangelisten Markus: Nach Wikipedia wurde die Markus-Passion von J. S. Bach am Karfreitag 1731 in Leipzig uraufgeführt; außerdem erklang diese Passion in von Bach etwas überarbeiteter Fassung am Karfreitag 1744.

Obwohl die Musik verschollen ist, blieb das Libretto von Christian Friedrich Henrici, genannt Picander, mit dem Bach vielfach zusammengearbeitet hat, vollständig erhalten. Zur Komposition nimmt man an, dass es sich – anders als bei den beiden berühmten Passionen – wohl um eine Parodie handelte, also hatte Bach, wie er es nicht selten tat, Teile von bereits zuvor komponierten Werken wiederverwendet. Bis in die jüngste Zeit wurde versucht, andere Arien aus Bachs Kantaten zu identifizieren und ihnen die Texte der Markuspassion zu unterlegen, so z.B. auch aus der ebenfalls von Bach mehrfach aufgeführten und dabei auch bearbeiteten Hamburger Markuspassion Reinhard oder Gottfried Keisers. Wikipedia zählt zehn solcher umfassenden Versuche auf, u.a. von Tom Koopman (1999).

Nun zur Neuvertonung des Picander-Librettos durch den 1981 geborenen Schweizer Musiker Nikolaus Matthes: Die erste Gesamtneuvertonung des Textes von Picander in barocker Stilistik entstand in den Jahren 2019/2020; im März 2023 wurde die neue Markuspassion in vier Schweizer Städten uraufgeführt. Die vorliegende Aufnahme ist aus Mitschnitten der Generalprobe, der Uraufführung in Zürich und der letzten Aufführung der Konzertreihe in Luzern zusammengefügt. Dies kann man dem umfangreichen, substanzreichen Booklet entnehmen; bei Interesse sei auf die informative Website verwiesen.

Beim Hören der ca. 2 ¾ Stunden dauernden Passion ist man gleich von Beginn an erstaunt, wie sehr sich Matthes in die Kompositionsweise Bachs vertieft, ja sie sich geradezu angeeignet hat. Die Komposition enthält aber auch einige Stücke, die klanglich von Bach abweichen, wie z. B. die melancholische Sinfonia vor Jesu Grablegung. Chor und Instrumentenensemble sind extra für dieses Projekt zusammengestellt, vielfach sind es ausgewiesene Spezialisten für historische Aufführungspraxis. Auffallend ist das groß besetzte  Continuo mit Cembalo, Orgel und Laute, Fagott, Kontrafagott, Violoncelli und Violonen sowie zwei Gamben und verschiedenen Bläsern.

Über die Aufnahme gibt es insgesamt viel Positives zu berichten: So sind die Choräle von wunderbarer Ausgewogenheit und Durchhörbarkeit. Das gilt gleichermaßen im Eingangs- und Schlusschor mit den als Cantus firmus unterlegten Choral-Strophen und den teilweise hochdramatischen, kompositorisch noch zugespitzten Turba-Chören, wie z.B. die kunstvolle Fuge „Gegrüssest seyst du, der Jüden König“. Die durchweg sehr versierten Instrumentalisten musizieren unter Leitung des Komponisten selbst mit durchgehender Transparenz und unterstützt dadurch die Gesangssolisten, die alle hohes Niveau aufweisen. Da sind zunächst die beiden Tenöre Daniel Johannsen und Georg Poplutz zu nennen, die aus „aufführungspraktischen“ Gründen (Nikolaus Matthes) die Rezitative und beide Arien unter sich aufgeteilt haben. Leider ist nicht zu erkennen, wer gerade an der Reihe ist, denn die lyrischen Stimmen sind sich sehr ähnlich. Beide verfügen als allgemein anerkannte Evangelisten über prägnante Artikulation und füllen die lyrischen, teilweise tonmalerischen Passagen („fing an zu zittern und zu zagen“, „er hub an zu weinen“) ebenso überzeugend aus, wie sie die notwendige Dramatik des Passionsgeschehens zur Geltung bringen; auch die beiden Tenor-Arien weisen hohe Gesangskultur auf. Die Worte Jesu sind dem Schweizer Sänger und Chorleiter Daniel Pérez anvertraut, der sie mit hellem, markant deklamierendem, in den wenigen Tiefen nicht so sehr ausgeprägtem Bariton singt. Maya Boog gefällt in ihren beiden, gesangstechnisch anspruchsvollen Arien mit schlankem, intonationsreinem Sopran. Mit volltimbriertem Mezzo präsentiert sich Annekathrin Laabs in der dramatisch zupackenden Arie nach Judas‘ Verrat und der viel Ruhe ausstrahlenden nach Jesu Gefangennahme. Auch der ebenfalls helle Bariton von Matthias Helm passt gut zu seinen beiden Arien, die Reflektion über Jesu Schweigen vor Pilatus und wenn Petrus seine Treue zu Jesu versichert.

Insgesamt sind die „Neue Markuspassion“ und ihre gelungene Aufnahme ein hochinteressantes Unternehmen, das dem Libretto Picanders im Sinne von Johann Sebastian Bach zu neuem Leben verhilft (resonando R-10018, 3 CD).      Gerhard Eckels

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Ein Wort zu Picander: Christian Friedrich Henrici  (Abbildung oben/Wikipedia)hat seinen Ruhm nicht Bach zu verdanken, aber Bach hat ihn unsterblich gemacht. Der Gelegenheitsdichter Christian Friedrich Henrici ps. Picander (1700-1764) war Librettist von Johann Sebastian Bach (1685-1750). Heute gilt er als mittelmäßiger Lyriker und Dramatiker, was jedoch außer Acht lässt, dass er in den 1830er und 1840er Jahren in Leipzig mit seinen Gedichten für Aufsehen sorgte und zu den bedeutenden Dichtern seiner Zeit zählte. Sein Name findet sich in Biographien seiner Zeit. Nicht umsonst war er ein Hofdichter. Ob sich neben Bach auch andere Komponisten an seinen Texten bedienten, ist bisher nicht erforscht. Auch eine vollständige Übersicht über seine Gedichte, Kantaten und Passionen fehlt. Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, diese Bestandsaufnahme selbst vorzunehmen und mit den ersten Zeilen der Couplets als Grundlage für weitere Forschungen zu ergänzen. Picander schrieb die Libretti für die Johannes-Passion (BWV 245), die Matthäus-Passion (BWV 244) und die Markus-Passion (BWV 247), deren Musik nicht gefunden wurde. Hier ist der Schluss einer Passion von Picander aus dem Jahr 1725 abgebildet. Es handelt sich um eine frühere Fassung der Johannes-Passion. Die Urheberschaft der Bach zugeschriebenen Lukas-Passion ist umstritten, aber ihr Text könnte ebenfalls von Picander stammen. (Quelle rodinbook)

Ausnahmestimme

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Selbst wer die Canzoni von Francesco Paolo Tosti gar nicht mag und sie als Salonmusik abqualifziert, muss die bei Tactus erschienene CD mit dessen Vertonungen von Texten Gabriele D’Annunzios mögen, denn sie werden von einer der schönsten und technisch versiertesten italienischen Bassstimmen dargeboten, die augenblicklich auf dem Opernmarkt sind. Diese gehört Michele Pertusi, der seinen Bass von einer mit Rossini und dem Belcanto vertrauten zu einer profunden Verdistimme entwickelt hat und der augenblicklich im Zenit seiner Karriere  stehen dürfte. Wem also zu einem vollkommenen Kunstgenuss nicht nur die zugegeben gefällige Musik, sondern vielleicht noch mehr die manchmal schwülstigen Texte des zudem noch wegen seiner politischen Haltung, seines Umgangs mit Frauen und seiner Hinterlassenschaft Vittoriale am westlichen Gardaseeufer hinderlich sind, kann sich davon überzeugen, dass durch die noble Art der Interpretation durch Pertusi die Stücke geradezu geadelt werden.

D’Annunzio und Tosti fühlten einander schon einmal durch die Herkunft aus den italienischen Abruzzen verbunden, auf die auch das Cover mit einer Gebirgsszene mit Hirtinnen und Ziegen hinweist. Allerdings begegneten sie einander nach den gemeinsam in einem Circolo verbrachten Jahren nur noch selten, denn Tosti lebte lange Zeit in England, hatte auch die britische Staatsbürgerschaft, was man ihm in Italien übel nahm, und D’Annunzio stürzte sich in politische und sogar militärische Abenteuer, so dass er 1916 nach langer Zusammenarbeit mit dem Komponisten zu dessen Tod nur ein Telegramm an die Witwe schickte.

Die Zusammenarbeit begann nicht mit einem Text, den D’Annunzio Tosti überließ, sondern umgekehrt mit zwei Melodien zur Auswahl, für deren eine der Komponist um einen Text des jungen Dichters bat.  Es handelt sich um die 1880 entstandene Visione!, die auch den ersten Track auf den beiden CDs ausmacht und die die Möglichkeit bietet, eine Stimme mit einem ohne Registerbruch  einheitlichen, noblen, balsamischen Timbre zu bewundern, ein tragfähiges Piano, dazu eine Maßstäbe setzende Textverständlichkeit.  Auch wird bereits hier deutlich, wie sensibel das Klavier den Intentionen des Sängers nachspürt.

Im auf die erste Zusammenarbeit von Dichter und Komponist folgenden Vierteljahrhundert entstanden 36 Musikstücke, alle bis auf das erste, bei dem auch ein Cello mitwirkte, mit reiner Klavierbegleitung. Allerdings ist die Vaterschaft D’Annunzios nicht durchweg sicher belegt, da er seine Texte nicht zu signieren pflegte.

Aus den Achtzigern stammen außer Visione! Noch der Zyklus Malinconia und einige Gelegenheitswerke wie Vuoi note o bancanote als Bezahlung für ein Abonnement oder das ironische Buon Capo d’Anno, bei dem in Pertusis Stimme der Schalk aufblitzt, während das folgende Bimbi e neve durch seine Schlichtheit besticht. Vorrei , aber auch Notte bianca erfreuen durch ein perfektes Legato und eine ebensolche Phrasierung. In Dorme la selva aus dem Zyklus Malinconia macht Pertusi  hörbar, wie ein Naturerleben, gefiltert durch Kultur, eine neue Dimension gewinnt. Nicht Sentimentalität, sondern Einfühlsamkeit zeichnet die Interpretation des Italieners aus. Das populäre `A Vucchella besticht durch Schlichtheit und Intimität, die beiden Piccoli Notturni durch sanfte Melancholie.

Es folgen die eigentlich für Mezzosopran geschriebenen Quattro Canzoni d’Amaranta, die einfühlsam dargeboten werden,

Auf der zweiten CD kann man noch einmal bewundern, wie eine an sich große Stimme allen Intentionen bei der Gestaltung der kleinen Form folgt, so bei den beiden Poemette La Sera und Consolazione. Aber sie kann auch hämmernd und stählern klingen wie in E quale casa eguaglia ne la vita.

Der Pianist Raffaele Cortesi bewährt sich nicht nur als sensibler Begleiter, sondern hat im Vorspiel zu La Sera auch die Möglichkeit, als Solist zu glänzen (Tactus TC 842090).  Ingrid Wanja       

Gipfelwerk

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Der Dirigent und Cembalist Christophe Rousset hält Lully für den bedeutendsten französischen Barockkomponisten und widmet sich seinem Oeuvre seit vielen Jahren. Jetzt legt das Label Château de VERSAILLES auf drei CDs (CVS 126) die Einspielung des Atys vor, die mit dem Dirigenten und seinem Ensemble Les Talens Lyriques im Juli 2023 in der Opéra Royal du Château de Versailles entstand. Die Tragédie mise en musique ist des Komponisten viertes von insgesamt elf Werken dieses Genres, uraufgeführt 1676 im Palast Ludwig XIV. in St Germain-en-Laye. Der Text stammt von Philippe Quinault, basierend auf Ovids Metamorphosen. Die Tragödie besteht aus einem Prolog, in dem König Ludwig XIV. als neuer Held gepriesen wird, und fünf Akten, die von der Liebe der Göttin Cybèle zu dem Jüngling Atys erzählen. Dieser verliebt sich zunächst in die Nymphe Sangaride, deren Hochzeit mit Atys´ Freund Celaenus, König von Phrygien, bevorsteht. In einer Traumszene gesteht Cybele Atys ihre Liebe, der sich aber für Sangaride entscheidet. Diese erklärt sich jedoch zur Hochzeit mit Célénus bereit, aber Atys unterbricht die Zeremonie und entschwindet mit der Braut. Aus Rache ruft Cybèle die Furie Alecton herbei, die Atys verhext,  so dass er im Wahn Sangaride für ein Ungeheuer hält und ermordet. Wieder bei Sinnen, tötet er sich selbst und wird von Cybèle in einen Pinienbaum verwandelt. Ein ausgedehntes Divertissement als Trauerklage mit Nymphen, Priestern sowie Wasser- und Waldgöttern bildet den Schluss des Werkes.

Rousset ist für die Musik in ihrer Mischung aus Rezitativen, Airs, Chören und Divertissements der denkbar beste Anwalt. Die lautmalerischen Effekte der Komposition (Echos, Naturschilderungen, Albträume) malt er effektvoll aus, die starken Emotionen des Stückes gibt er mit packender Dramatik wieder. Sein Ensemble Les Talens Lyriques und der Choeur de chambre de Namur (Einstudierung: Thibault Lenaerts) sind exquisite Partner, die seine Vorgaben mit staunenswerter Perfektion umsetzen.

Eine illustre Sängerschar führt der haute-contre Reinoud Van Mechelen in der Titelpartie an, wo er vor allem seine lyrischen Qualitäten demonstrieren kann. Glänzend auch der Bariton Philippe Estèphe als sein Freund und König Célénus. Die Sopranistin Marie Lys als Sangaride singt betörend, Gwendoline Blondeel als ihre Vertraute Doris steht ihr in Idiomatik und vokaler Schönheit nicht nach. Die zentrale Rolle der Cybèle nimmt die Mezzosopranistin Ambroisine Bré wahr und macht ihre Interpretation zum Ereignis. Hier sorgt eine singende Darstellerin für den packenden Entwurf einer Figur – dank ihrer prägnanten Deklamation, der charaktervollen Stimme und der exquisiten Ornamentik.

Die Aufnahme ist ein würdiger Nachfolger von William Christies exemplarischer Aufnahme von 1987 bei harmonia mundi france (30.03.24). Bernd Hoppe

Aus Raum und Zeit

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Dies ist vermutlich der Parsifal des 21. Jahrhunderts. So bald wird es keinen weiteren geben. Die Zeit der bedeutenden Studioaufnahmen ist vorbei. Vorbei auch die Zeiten, in denen eine der großen Firmen einen Mitschnitt mit der Sorgfalt und dem Aufwand herausbringen wird, wie es Sony jetzt nochmals machte, um den Exklusivstar im Spätsommer seiner Karriere in einer seiner besten Partien zu zeigen (Sony 4 CD). Dazu ein luxuriöses Ensemble mit Elina Garanča und Ludovic Tézier bei ihren Kundry- und Amfortas-Debüts und dem bewährten Georg Zeppenfeld als Gurnemanz.

Entstanden ist das dicke, schön bebilderte Hardcover-Buch mit je zwei CDs im vorderen und hinteren Innenteil in Zusammenarbeit mit der Wiener Staatsoper. Überhaupt scheinen, mit Ausnahme von Solti, alle großen Parsifal-Aufnahmen von Knappertsbusch über Karajan, Goodall und Barenboim bis Thielemann im Zusammenhang mit Live-Aufführungen entstanden zu sein. Oder mit einem Film. Wie vor gut 40 Jahren Armin Jordans Aufnahme, die zu den Parsifal-Erfahrungen seines Sohns Philippe gehören, der im Beiheft außerdem einen Parsifal-Bezug zu den Passionen Bachs herstellt.

Die von Philippe Jordan dirigierte Wiener Parsifal- Aufführung war eine aus Raum und Zeit gefallene Besonderheit. Eine während des zweiten Lockdowns während der Pandemie ohne Publikum nur für die ORF-Kameras stattgefundene und im Fernsehen übertragene Aufführung. Die beiden am 8. und 11. April 2021 mitgeschnittenen Aufführungen verzichten leider auf die auf dem CD-Aufkleber gepriesene „iconic production by star director Kirill Serebrennikov“. Die Inhaltsangabe, die von der Haftanstalt Monsalvat erzählt, stammt allerdings vom dem damals unter Moskauer Hausarrest stehenden Regisseur. Dafür erhalten wir eine ausgezeichnete, fast möchte man sagen ideale CD-Aufnahme. Jordans nüchterne und prosaische, möglicherweise auch den Aufführungsbedingungen geschuldete sachlich unprätentiöse Herangehensweise ist sicherlich nicht jedermanns Sache. Ein bisschen business as usual. Und damit gut zu Serebrennikovs Gefängnisalltag passend.

Jordan ist ein achtsamer, unpathetischer Gestalter, der bei ruhig breiten Zeitmaßen – Sony addiert die Zeiten der einzelnen Akte nicht, sie dürften sich aber irgendwo im gewohnten 100-70-75 Minuten-Maß bewegen -, auf Text und Details achtet. Auf diese Weise geraten auch die Gurnemanz-Erzählungen, das lange „Das ist ein andres“ und „Titurel, der fromme Held“ des ersten Aktes, weitgehend spannungsvoll und fast leicht lebendig, was auch an der plastischen Textgenauigkeit von Georg Zeppenfeld liegt, der seinem festruhenden schlanken Bass viele Farben und Nuancen abgewinnt, leise, beschwörend und auffahrend sein kann. Und dessen Gurnemanz im dritten Akt so ungemein resignativ und menschlich mitfühlend ist. Jordan erklärt das Ideal, „Aber im Letzten kann der Dirigent im Parsifal nicht ausschließlich führen, sondern muss vieles geschehen lassen, um dem Werk in seiner gewaltigen Dimension gerecht zu werden“. Die Wiener Philharmoniker genießen die Freiheit und umspielen die Erzählungen so farbenreich wie man es nicht oft hört. Die naseweisen und vorwitzigen Knappen und Ritter sind auffallend gut besetzt, ebenso der Titurel (Stefan Cerny), und die Chöre klingen so machtvoll, wie man es hier erwarten darf. Mit erzener Wucht, jeder Satz ein Manifest, so greift Ludovic Tézier nach Wagner. Sein Amfortas besitzt Autorität, strotzt vor Kraft (Erbarmen! Erbarmen!) und manchmal zu viel Leidensdruck.

Garanča und Kaufmann, die im ersten Akt mehr als nur dienliche Einwürfe geliefert hatten, die lettische Mezzosopranistin dazu noch mit glühender Intensität die „Stimme aus der Höhe“ gesungen hatte, machen den zweiten Akt zum Ereignis. Garanča ist als Kundry vielgesichtig und geheimnisvoll, lyrisch wie dramatisch, sanft wie verführerisch, mit nobler, nie entgleisender Gesangslinie, betörendem Timbre, sinnlicher Mittellage und Höhe. Jonas Kaufmanns baritonal bronzener Tenor, der nur inmitten der stimmig besetzten Blumenmädchen etwas sehr reif klingt, passt ideal dazu. Zwei kostbare Singdarsteller auf der Höhe ihrer Kunst, die mit wissendem Ausdruck die Lockungen des Textes und der Musik vom zartesten Piano bis zu den langen Phrasen aufgeheizter Leidenschaft ausreizen, ohne in vordergründige Exaltiertheit zu verfallen. Das ist ein besonderer Moment. Kaufmann hängt man auch im dritten Akt an den Lippen. Der müde gesungene Klingsor des Wolfgang Koch ist der Schwachpunkt der Aufnahme (alle Fotos von der Wiener und bei Arte gezeigten Produktion/Unitel Trailer/Youtube).  Rolf Fath

Ausgabe oder Aufnahme?

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The Italian Tenor nannte sich die erste CD von Vittorio Grigolo und das zu Recht, denn nach den vielen Tenören aus dem spanischen Sprachraum oder neben einem Jonas Kaufmann mit baritonaler Grundierung und verschatteter Höhe nahm sich die Stimme des Aretino mit ihren strahlenden Spitzentönen und dem durch und durch tenoralen Timbre wie eine Offenbarung aus. Dazu kamen die jünglingshafte Optik und die leidenschaftliche Darstellung, die eine Identifzierung mit vielen Figuren der italienischen Opernliteratur wie selbstverständlich erscheinen ließen.

Mit den Jahren scheint ein zu skrupelloses Ausloten der sängerischen Möglichkeiten nicht ohne Folgen geblieben zu sein, wie jüngste Auftritte zeigen, was um so mehr darüber staunen lässt, dass die kürzlich auf dem Markt erschienene Sony-CD mit dem Titel Verissimo den Tenor in sehr guter Verfassung zeigt. Des Rätsels Lösung ist das Datum der Aufnahmen (!), die – 2016! – vor immerhin acht Jahren, wie das Booklet ehrlicherweise, aber kleinstgedruckt, verkündet, in einem Prager Studio entstanden und offensichtlich 2023 im italienischen Cavarzere überarbeitet wurden. Trotzdem ist der Titel des Albums Verissimo, wohl noch als eine Steigerung zu Verismo, gleich der Wahrheit verpflichtet, aber auch als Anspruch zu verstehen, man habe es mit einer grundehrlichen Aufnahme von 2023 zu tun, wie auf der Rückseite des Albums zu lesen. Oder ist dies nur das Datum der Ausgabe der CD?

Es beginnt mit „Dai campi, dai prati“ aus Boitos Mefistofele, leider viel zu selten auf der Bühne zu erleben und vom Tenor mit allen Stärken und Schwächen seine Singens ausgestattet als da sind: ein wie weich gespült klingendes Timbre, eine sentimentale, wenn nicht gar sentimentalische Interpretation voller Effekthascherei und willkürlicher Agogik, eher ein falsch verstandener Werther als ein Faust. Aber das Timbre ist schön, die Textverständlichkeit gegeben. Das Schmachtende der Darstellung passt eher zu Osakas Ständchen aus Mascagnis Iris, offeriert angedeutete Glottischläge und eine recht offene Höhe. Ein Zuviel an Sentimentalität bringt  Cielo e mar, ein geheimnisvolles Raunen, das vom Extrem Fortissmo recht abrupt abgelöst wird, insgesamt eher Brüche in der Gesangslinie aufzeigend als eine schöne musikalische Linie, mehr Schmachten als Leidenschaft. Es folgen zwei Arien des Maurizio aus Cileas Adriana Lecouvreur, die in hemmungsloser Gefühlsseligkeit den Verdacht, es handle sich um eine tragische Operette, bestärken könnten. Auch in den beiden Arien des Andrea Chénier überwiegt  zuungunsten des Heldischen, das der Figur auch innewohnt, das orgiastisch Sentimentale.

Der Abschied Turiddus von der Mutter liegt dem Tenor sehr gut in der Stimme, für den Luigi aus Il Tabarro hat er mehr Sensibilität und Sentimentalität als üblich, was auch für die Arie des Johnson aus La Fanciulla del West gilt. Sehr innig klingt „Addio, fiorito asil“ und außergewöhnlich kontrastreich, mit dem Charakter des Pinkerton eher wenig vereinbar. Das „Vesti la giubba“, in dem sich der Tenor nichts schenkt, lässt den Hörer um die schöne Stimme fürchten, und auch Calaf schreit leider bereits beim eigentlich intimen „Non piangere, Liu“ ganz Pechino zusammen. Den Abschluss bildet ein Ave Maria mit der Musik des Intermezzo von Cavalleria Rusticana mit schönem Falsettone-Schluss, aber doch recht süßlichem Charakter. Pier Giorgio Morandi entlockt dem Czech National Symphony Orchestra Klänge angemessener Italianità.

Man kann sich an einem besonders schönen Stimmmaterial in nicht durchweg geschmackvollem Einsatz erfreuen, wenn auch um den Preis, nicht einwandfrei über das Entstehen der CD informiert zu sein. Mehr noch kann man bedauern,  dass Vittorio Grigolo in den Jahren zwischen Aufnahme und dem heutigen Tage nicht pfleglicher mit seiner Stimme umgegangen ist (Sony 88875100342). Ingrid Wanja

Moniuszko und kein Ende

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Fabio Biondis unermüdlicher Einsatz für den polnischen Komponisten Moniuszko geht weiter. Seit Jahren setzt sich der Alte Musik-Spezialist im Rahmen des jährlichen Warschauer Chopin and his Europe– Festivals für den Vater der polnischen Nationaloper ein. Natürlich hat er bei dem Festival mit Aufführungen von Bellinis Norma und Capuleti e i Montecchi, Verdis Macbeth und Corsaro auch ein bisschen das musikalische Vorläufertum erkundet.

Doch seine vom Fryderyck Chopin Institute mit opulenten CD-Büchlein veröffentlichen Aufnahmen im markant roten Hardcover (1 CD NIFCCD 092) gelten selbstverständlich Moniuszko, wozu die italienische Fassung der Halka in der Übersetzung des Moniuszko-Freundes Giuseppe Achille Bonoldi gehören, der idyllische Einakter Der Flößer von 1858, die Hrabina (Die Gräfin) von 1860 sowie der Einakter Verbum nobile (Das Ehrenwort) von 1861. Im August 2022 kam es im Teatr Wielki zu einer Aufnahme eines Werkes, das selbst an Moniuszkos einstiger Wirkungsstätte eine Rarität darstellt: Widma, was so viel heißt wie Die Geister, eine rund einstündige Kantate für Solostimmen, gemischten Chor und Orchester, die auf einem der wichtigsten Dramen von Adam Mieckiewicz (1798-1855) basiert Dziady, der Totenfeier oder Ahnenfeier, die den „vorchristlichen (baltisch-slawischen), schon zur Zeit Mickiewiczs nicht mehr ausgeübten Brauch der Totenverehrung“ bezeichnet. Die vier Teile des Dramas erschienen in den 1820er und 30er Jahren bzw. der erste und unvollendet gebliebene Teil erst 1860. Moniuszko verwendete den zweiten Teil. In der dörflichen Allerseelen- oder Allerheiligenfeier, die mythische und religiöse Bilder und ein nationales Gefühl beschwört, treten der Priester Guślarz auf, ein Mädchen, ein alter Mann, ein Engel (gesungen von zwei Knaben), Eule und Rabe und verschiedene Stimmen/ Erscheinungen.

Inspiriert und angeregt zu dieser hybriden Mischung aus Gesang und Sprache, dramatischer Erzählung und Monodram wurde Moniuszko während seiner Ausbildung in Berlin zwischen 1837 und 1840 durch Carl Friedrich Rungenhagen, Direktor der Berliner Singakademie, der ihn vertraut machte mit den Oratorien von Bach und Händel. Beeindruckt zeigte sich Moniuszko von Mendelssohn-Bartholdys Paulus. Besonderen Einfluss hatte aber die künstlerisch ambitionierte Form der dramatischen Kante in der Art von La damnation de Faust, doch am stärksten war Moniuszko fasziniert von dem Orient-Reisenden und -Kenner Félicien David und seiner Ode-Symphonie Le désert (1844), die von Paris bis St. Petersburg und bereits im Jahr nach der Uraufführung auch in Warschau gefeiert wurde, wo Moniuszko das Werk schließlich 1870 dirigierte. Die Beschwörung der Geister und Ahnen, die in den heidnisch altslawischen Ritualen und im ländlich dörflichen Umfeld gegenwärtig sind, mischen sich in Widma mit christlichen Riten zu bildkräftigen Feiern, die schwer zu begreifen sind. Doch nach der langen Erklärung des Sprechers (der polnische Schauspiel-Star Andrzej Seweryn) gelingt es Fabio Biondi und den Europa Galante-Musikern in den drei Erscheinungen der Intrada eine sowohl notturne solenne wie ländlich feurige Atmosphäre zu erzeugen, eben den spezifischen sanft leuchtenden Moniuszko-Ton und seine national- und identitätstiftende Emphase.

Leider wird der musikalische Fluss immer wieder durch die erst ein Jahr nach dem Konzert aufgenommenen und in Ton und Lautstärke sich stark von den Sängern abhebenden Sprechern und Sprecherinnen gebremst, die sich dann aber auch teilweise wieder mit Wispern und Geräuschen, Gurren und Zwitschern hörspielmäßig gut ins Geschehen mischen; eindrucksvoll Danuta Stenka als alte Eule. Mit seinem hohen Bass, den er machtvoll in das Geschehen schleudert, gelingt es Krzysztof Baczyk das Geschehen zu bündeln und zu konzentrieren und die starke Figur des Guślarz mit seherischer Intensität auszustatten, auch wenn wir im englisch-polnischen Libretto nicht immer genau begreifen, um was es geht. Der junge polnische Bass ist auf jeden Fall eine Entdeckung.

Die Kantate besteht aus zwölf musikalisch sehr unterschiedlichen Teilen, mal geisterhaft beschwörend, dann wieder tänzerisch heiter und idyllisch, wie im Knaben-Gesang der beiden kleinen gen Himmel aufsteigenden Solo-Engel. Mit einer auftrumpfenden Arie greift Pawel Konik mit einem höhensicher geschärften Bariton als gespenstische Erscheinung ins Geschehen, schwelgend wie in einer italienischen Oper ist das von Natalia Rubis mit innigem Ausdruck gesungene junge Mädchen im Barkarole-Duettino mit Guślarz und Chor, während Paulina Boreczko und Roman Chumakin als Eule und Rabe Randgestalten bleiben. Wucht und Ausdruck prägen alle Einwürfe des Podlasie Opera and Philharmonic Choir, die damit die theatralische Qualität des 1865 uraufgeführten Werkes unterstreichen, das nach seit seiner Aufführung in Lemberg 1878 immer wieder szenisch aufgeführt wird. Rolf Fath

 

Ein Bayerischer Lortzing

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Krempelsetzer? Georg Krempelsetzer? Nie gehört! Naja, kaum gehört. Denn seine Operette Der Vetter auf Besuch (auf ein Libretto von Wilhelm Busch) gab´s zumindest ein paarmal im Rundfunk, so beim Bayerischen und auch in Ö1 in den tiefen Fünfzigern (s. nachstehend), flott gesungen im Lortzing- und Biedermeier–Stil eines Kreutzers oder Nessler und von schöner Erfindung, namentlich die Ouvertüre und das rasante Finale. Und nun gibt’s die Nachricht, dass Krempelsetzers Märchenoper Der Rothmantel von 1886 mit dem Libretto von immerhin Paul Heyse in Rosenheim Ende April aufgeführt wird.

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Der Komponist Georg Krempelsetzer/erlesene oper

Dirigent Georg Hermansdorfer und seine Organisation „erlesene oper“, seit langem für die Restaurierung unbekannter Opern bekannt und mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik geehrt, hat – nach vielen anderen Titeln, eben diese Oper ausgegraben. Spannend – finden wir und lassen den Dirigenten selbst zu Worte kommen.

 Der Rothmantel – Entstehung mit zwei Unbekannten: Georg Kremplsetzer (1827 – 1871) ist wohl ein typisches Beispiel für die Situation der Komponisten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Eine spezielle Ausbildung zum Opernkomponisten gab es nicht. Und Kollegen wie Giuseppe Verdi komponierten zuerst Opern – und bei Erfolg ging es auf diesem Weg weiter. Oder er endete ebenso abrupt. Konservatorien entstanden erst nach und nach (z. B.. Paris 1795, Mailand 1807, Prag 1811, Wien 1819, München 1846). Und selbst da erlernte man vor allem Kontrapunktik und sinfonische Satztechnik. Musiktheater lernte man im Alltag eines Opernhauses. Das war der Alltag. Oft in der Provinz.

Georg Kremplsetzer begann als 30-Jähriger mit dem privaten Kompositionsunterricht bei Franz Lachner. Nach sechs Jahren wurde er Kapellmeister des Gärtnerplatztheaters und erhielt den Auftrag, das Eröffnungsfestspiel zu komponieren! Eine steile Karriere! Warum ist er unbekannt? Zum einen starb er bereits mit 44 Jahren, zum anderen sind seine Werke verschollen. Dass sein Librettist und Dichter Paul Heyse (1826 – 1871) heute selbst den Münchnern unbekannt ist, liegt wohl an den Zeitläufen und am heutigen Geschmack.

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Georg Kremplsetzer – ein vergessener bayrischer Komponist. Johann Georg Kremplsetzer wurde am 20. April 1826 in Vilsbiburg als viertes Kind von zehn des ersten bayrischen Tuchfabrikanten geboren. Nur zwei Schwestern überlebten mit ihm das Kindesalter. Er lernte im Betrieb seines Vaters und ging als Volontär nach Sachsen. Dort finden sich in seinem Tagebuch zwischen technischen Anleitungen und Baumwollrechnungen Gedichte und erste Kompositionsversuche, wobei seine musikalische Ausbildung hinter dem Rücken des Vaters ohne dessen Wissen erfolgte. Er organisierte Konzerte, in denen er auch mit seiner viel gelobten Tenorstimme sang. Das Klavierspielen machte ihm jedoch wegen der schweren Handarbeit zeitlebens Probleme.

1853 gründet er eine Manufaktur in Neuötting und heiratete Luise Barbarino, die aus einer angesehenen Kaufmannsfamilie stammte. Erste Kompositionen schickte er Carl Mozart, dem Sohn Mozarts, mit dem er einen regen Briefwechsel pflegte. Dieser beurteilte die Werke des jungen Autodidakten sehr wohlwollend. 1855 ließ er sich den Anteil an seinen Fabriken auszahlen und zog nach München, um bei Franz Lachner Kompositionsunterricht zu nehmen. Auch dieser attestierte ihm Talent  und Ideenreichtum. Ein Zyklus seiner „Landsknechtlieder“ (gedichtet von Franz Graf Pocci) machte ihn in weiten Kreisen bekannt. Josef Rheinberger wurde ihm ebenfalls zum geschätzten Freund und Berater.

In München wurde er Mitglied der Künstlervereinigung „Die Jungmünchner“, später der „Argonauten“, in denen er bedeutende Künstler wie Wilhelm Busch, Moritz von Schwind und viele andere kennenlernte. Er war wegen seines lebensfrohen, ehrlichen und bescheidenden Wesens sehr beliebt, was zahlreiche Balladen, Karikaturen und Festgelage zu seinen Ehren bezeugen. Wilhelm Busch lieferte ihm  auch die Textbücher zu seinen ersten Bühnenwerken: „Schuster und Schneider in der Herberge“ und „Die Kreizfarer oder Der Schutzgeist um Mitternacht“. Besonderen Erfolg hatte das Singspiel „Hänsel und Gretel“, das im Karneval 1862 für die Bevölkerung inklusive des Königshofes als Märchen-Maskenfest aufgeführt wurde. Kritiker schreiben, dass Kremplsetzers Musik an „die glücklichsten Schöpfungen Haydns“ erinnern, wobei die Werke Lortzings wohl eher sein Vorbild waren. Auch für den „Akademischen Gesangverein“, den er drei Jahre leitete, komponierte er eine Serie köstlicher Burlesken, tragikomischer Ritterstücke und Possen. Von seinen Künstlerkollegen erhielt er liebevoll den Spitznamen „Gnack“. Ganz München liebte und sang seine volkstümlichen Weisen. (Einen Artikel von Georg Hermansdorfer zu eben diesen Münchner Künstververeinigungen gibts es bei uns später./ G. H.)

Sein Einakter „Der Vetter auf Besuch“ mit dem Libretto von Wilhelm Busch wurde mit großem Erfolg am Residenztheater aufgeführt. Dieses (neben dem „Rothmantel“ und „Schuster und Schneider in der Herberge“) einzig erhalten gebliebene Opus wurde sogar in Berlin zum lang gespielten Repertoirestück, obwohl sich Busch eher abfällig über seine eigenen Libretti äußerte („… somit lege ich dann die Schnurre getrost zu den Todten und wasche meine Hände in Unschuld, so viel das überhaupt möglich ist, wann man einmal in die Sünde eines Operntextes verfallen ist.“).

Librettist und Dichter Paul Heyse/Wikipedia

Durch den Erfolg ermutigt, komponierte Kremplsetzer in sechs Wochen die große romantisch-komische Oper „Franzosen in Gotha“, die trotz Zusage des Hoftheaters nie aufgeführt wurde. Immerhin war sein Ruf nun so groß, dass er als Kapellmeister am neu gegründete „Volkstheater auf Actien“, dem heutigen Gärtnerplatztheater, eine feste Anstellung erhielt, was seine finanzielle Not wesentlich linderte.  Das beliebte Volkstheater wurde 1863 mit seinem Festspiel „Was wir wollen“ eröffnet. Bis 1868 leitete er dort Opern und Operetten (Mit Widerwillen dirigierte er Offenbach!), außerdem komponierte er zahlreiche Gesangseinlagen zu den sehr beliebten Münchnerisch-bayrischen Singspielen, nicht ohne weitere große Opern in Angriff zu nehmen: So entstand 1868 nach dem Libretto von Paul Heyse, den er im Künstlerzirkel „Die Krokodile“ kennengelernt hatte, „Der Rothmantel“, wobei ihn sein Freund Rheinberger kräftig unterstützte. Die Märchenoper wurde in München und Berlin mehrmals erfolgreich aufgeführt.

Doch die finanzielle Schieflage des Actientheaters, die 1870 im endgültigen Bankrott endete, und Intrigen zwangen ihn 1868 München und viele liebgewonnene Freunde, wie die Komponisten Josef Rheinberger, Robert von Hornstein und Max Zenger, den Maler Wilhelm von Kaulbach und den Bildhauer und Erzgießer Ferdinand von Miller. zu verlassen. Mit vielen hatte er gesellige Treffen im Haus Heyse verbracht.

Er ging nach Görlitz, Magdeburg und Königsberg, um dort Kapellmeisterstellen anzunehmen. Dort erkrankte er und kam völlig abgemagert und entkräftet durch eine schwere Lungenkrankheit zu seiner Mutter nach Vilsbiburg zurück, wo er am 8. Juni 1871 starb. In den letzten Tagen hatte er noch eine Festouvertüre für die „Heimkehr der siegreichen Truppen“ (aus dem Deutsch-Französischen Krieg) komponiert.

Er hinterließ nur seine Frau, alle Kinder waren schon früh gestorben. In Daglfing erinnert die „Kremplsetzerstraße“ und in Vilsbiburg der „Kremplsetzerweg“ an ihn. (Georg Hermansdorfer)

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Der Rothmantel – eine heitere romantische Märchenoper von Georg Krempelsetzer, Libretto von Paul Heyse. Mit Andreas Agler, Christina Gerstberg, Kayo Hashimoto, George Vincent, Orchester und Chor der „erlesenen Oper“ und Mitglieder der Ballettschule Bad Aibling; Dirigent Georg Hermansdorfer 

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Wilhelm Busch: Münchner Freunde (2. v. links Krempelsetzer)/Wikipedia

Und als Sohn der Heimatstadt Vilsbiburg  widmet ihm diese per Vilsburger Heimat-Museum auch noch eine Eloge: Georg Kremplsetzers künstlerischer Aufstieg wird von berühmten Leuten begleitet.
„Sehr freue und sehne mich nach dem Augenblick, dieselben unter meiner Clavierbegleitung von Ihnen selbst vorgetragen zu hören. Schon die Wahl des Textes, für sich allein, zeugt und offenbart die Zartheit der Gefühle, welche ich alsogleich in den ersten Augenblicken, die mir in Salzburg das Vergnügen Ihrer persönlichen Bekanntschaft zu Theil ward, in Ihnen erkannte.“ Um eine Auswahl Lieder geht es in diesem Brief, der am 2. Juni 1857 von Carl Thomas Mozart in Italien verfasst und „An Wohlgeb. Herrn G. Kremplsetzer, Fabrikbesitzer, Landshut“ adressiert wird. Der ältere Sohn von Wolfgang Amadeus Mozart schickt das Schreiben wohl deshalb nach Landshut, weil Kremplsetzer geschäftliche Aufenthalte dort immer wieder nutzt, bei der dortigen Liedertafel mitzuwirken. Er bringt sich selber das Notenschreiben bei und komponiert für den Landshuter Wanderverein.

Mozarts Gutbefinden scheint für Georg Kremplsetzer der letzte Anstoß zu sein, aus dem bürgerlichen Leben des kleinen Vilsbiburg auszubrechen. Für den am 20. April 1827 in dem stattlichen Anwesen vor dem Oberen Tor geborenen Sohn eines angesehenen Bürgers ist ursprünglich aber ein anderer Lebensweg bestimmt: Er steigt in die elterliche Tuchmanufaktur ein. Doch ?Frau Musica? veranlasst den Dreißigjährigen, den Webstuhl endgültig mit dem Klavierschemel zu vertauschen. Er lässt sich sein Erbe auszahlen und übersiedelt nach München, wo er bei Franz Lachner Unterricht in Harmonielehre und Kontrapunkt nimmt. Die bayerische Haupt- und Residenzstadt ist zu dieser Zeit ein Eldorado der Maler, Musiker und Literaten. Der offenbar recht kontaktfreudige Kremplsetzer findet schnell Zugang zur legendären Künstlerszene. Sie nennen ihn „Gnack“

Den 1861 gegründeten Akademischen Gesangsverein dient Georg Kremplsetzer drei Jahre als Chormeister. Im selben Jahr vertont er einige Landsknechtslieder aus der Feder von Franz Graf von Pocci. Schon bald findet Kremplsetzer Zugang zur Künstlervereinigung Jung-München. Hier verpassen sie dem jungen Niederbayern den prägnanten Spitznamen Gnack und hier trifft er auf einen aus dem niedersächsischen Wiedensahl stammenden Maler, Zeichner und Gelegenheitsdichter. Mit Wilhelm Busch als Librettisten produziert Kremplsetzer mehrere Singspiele. Als bekanntestes Werk hat sich die Operette „Der Vetter auf Besuch“ bis in die Gegenwart herübergerettet. Bei der Premiere am 24. Oktober 1863 im Münchner Residenztheater fehlt allerdings der Textdichter. Busch ahnt wohl, dass sein Beitrag von den Theaterkritikern eher zurückhaltend aufgenommen, Kremplsetzers Komposition dagegen in den höchsten Tönen gelobt werden. Wilhelm Busch entdeckt in dem Tondichter aber auch ein Modell; 14 Karikaturen sind bekannt. Ein Teil davon zeigt Kremplsetzer als solchen („Der Compositeur am Morgen“). Daneben verwendet Busch den Typus des kleinen, dicklichen Mannes, dessen kahler Schädel ein einzelnes Haar ziert, in verschiedenen Bildergeschichten.

Gedenktafel in Kempelsetzers Heimatstadt Vilsbiburg/BNA

Kapellmeister am Actien-Volks-Theater: Als am 4. November 1865 am Münchner Gärtnerplatz eine neue Bühne eröffnet wird, überträgt man Georg Kremplsetzer die Stelle eines Kapellmeisters und Haus-Compositeurs. Natürlich stammt auch die Musik zu dem an diesem Tag aufgeführten Festspiels „Was ihr wollt“ aus seiner Feder. Kremplsetzer stürzt sich mit Elan in die neue Aufgabe und erlebt drei produktive Jahre. Dann ist das Haus finanziell ruiniert und mit ihm auch der Kapellmeister. Kremplsetzer muss sein geliebtes Künstlerbiotop verlassen und erlebt freudlose Wanderjahre in Görlitz, Magdeburg und Königsberg. Zudem macht sich eine Lungenkrankheit bemerkbar. Im Jahr 1870 kehrt er ein letztes Mal nach München zurück, um eine Festouvertüre für die siegreichen bayerischen Truppen zu komponieren. Der Tondichter darf sich zwar noch über eine Ehrengabe von König Ludwig II. freuen, erlebt aber die Aufführung der patriotischen Vertonung nicht mehr. Ganz still zieht er sich in sein Geburtshaus in Vilsbiburg zurück, wo er am 6. Juni 1871 im Alter von nur 44 Jahren stirbt.

Info: Georg Kremplsetzer gehört zu den Persönlichkeiten, die in der Sonderausstellung „Vilsbiburger im Porträt“ im Heimatmuseum gewürdigt werden. Im Ausstellungskatalog ist ein umfangreicher Beitrag zu Leben und Werk des Tondichters enthalten.   Mit Dank an das Heimatmuseum Vilsbiburg   

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Georg Hermansdorfer: Der Rothmantel – Inhalt. Eine kleine Stadt am Rhein im 17. Jahrhundert . 1. Akt  Später Abend in einer Schenke. Wie jeden Abend treffen sich die Nachbarn zum fröhlichen Umtrunk in der Schenke. Konrad steigert die Stimmung mit einem Trinklied, als Dr. Melchior, ein vermeintlicher Doktor, den Gastraum betritt. Drei gesprächige Frauen berichten Konrad, dass Meta, die Tochter von Martha Sträubler, bald verheiratet werden soll – allerdings hat jede der Tratschenden eine andere Information. Franz kommt, nachdem er von Martha vom Fenster Metas, die der verarmte Witwer liebt, vertrieben worden ist. Er ist verzweifelt. Dr. Melchior will ein Haus kaufen, allerdings gibt es außer dem Schloss, in dem es spuken soll, kein freies Gebäude. Er glaubt nicht an Gespenster und bietet demjenigen, der das „Gespenst״ vertreibt, eine hohe Belohnung. Jörg berichtet von seinen schrecklichen Erfahrungen mit dem Spuk – er geht in keinem Fall! Franz, der das Geld gut brauchen könnte und nichts zu verlieren hat, unterschreibt einen Vertrag, dass er noch in dieser Nacht den Spuk zu beenden versucht. Alle rüsten sich, um Franz zu seinem schweren Gang zu begleiten. Als er einen Abschiedsbrief an Meta schreibt, kommt diese, um verzweifelt Rat bei ihm zu suchen. Da betritt Martha, die Mutter, mit Dr. Melchior den Raum: Er ist der Auserwählte für Meta. Daraufhin weigert sich Franz, aufs Schloss zu gehen, aber der Vertrag zwingt ihn.

Georg Krempelsetzer: „Der Rothmantel“/Textbuch MDZ

2. Akt Eine Stunde vor Mitternacht im verfallenen Schloss. Die Nachbarn bringen Franz, ausgerüstet mit viel Essen und Trinken, zum Schloss. Nach einem Trinklied lassen sie ihn allein. Um Mitternacht erscheint tatsächlich das Gespenst, der Rothmantel, und rasiert Franz sowohl den Bart als auch die Haare. Durch dessen Verhalten errät Franz, dass auch das Gespenst rasiert werden will. Das ist für den Rothmantel die Erlösung: Nun findet auch er Ruhe. Franz wickelt sich in eine Decke und träumt von einer glücklichen Zukunft. Am Morgen kommen die Nachbarn, um Franz hoffentlich noch am Leben zu finden. Dr. Melchior zahlt die verabredete Summe und die Nachbarn schwören, die Bedingungen des Rothmantels (die Franz erfunden hat!) zu erfüllen. Er will ein Jahr auf Wanderschaft gehen und die Treue Metas prüfen.

3. Akt Ein Jahr später. 1. Szene: In einem Stall. Jörg arbeitet im Stall, als der Wirt ihm Aufträge für die Hochzeit erteilt, die heute Abend im Schloss stattfinden soll: Dr. Melchior heiratet Meta. Als der nun wohlhabende Franz, der just in dem Moment zurückkehrt, das erfährt, ist er erzürnt über die Untreue Metas. Diese erscheint in Männerkleidern, um in letzter Minute zu fliehen, wie es ihr Konrad geraten hatte. Als der unerkannte Franz ihr berichtet, Franz sei tot, bricht sie ohnmächtig zusammen. Beim Erwachen fallen sich beide glücklich in die Arme. Franz droht, die Hochzeit Dr. Melchiors platzen zu lassen. 2. Szene. Kurz vor Mitternacht im Schloss. Dr. Melchior gibt dem Wirt noch Anweisungen für die Hochzeitsfeier, bevor er stolz besingt, dass er nun am Ziel seiner Pläne sei. Die Freundinnen der Braut geleiten die Braut zu ihrem Bräutigam, als plötzlich Franz als Rothmantel verkleidet die Feier stört. Als Dr. Melchior ihn für diesen üblen Scherz vom Bürgermeister entfernen lassen will, berichtet Franz, dass er in Mainz einen Steckbrief des Betrügers und Heiratsschwindlers Dr. Melchior erhalten habe. Dieser wird verhaftet und die beiden Liebenden bekommen nun auch den Segen von Mutter Martha.

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Auswahl von Kompositionen für das Gärtnerplatztheater  München (UA = Uraufführung, WA = Wiederaufnahme): Was wir wollen Festspiel in einem Akt zur Eröffnung des „Volkstheaters auf Actien“          Text: Hermann Schmid ; Der Tatzlwurm oder das Glöckl vom Birkenstein  UA 06.02.1866  Volksstück mit Gesang und Tanz in 3 Aufzügen (WA 1881 + 1882 + 1894); Nur Fidel! Oder Eine Reise nach München UA 16.01.1867   Posse mit Gesang und Tanz in 6 Bildern  Text: L[udwig] Held; Almenrausch und Edelweiß UA 31.03.1867  Volksstück in 6 Bildern und Vorspiel Text: Hermann T. von Schmid;  (WA 1886/ 1891 50. Vorstellung); Die Geister des Weins UA 06.04.1867    Operette mit Tanz in einem Aufzug  Text: Aimé Wouwermans; Ein alter Praktikus UA 04.06.1867  Liederspiel in einem Aufzug [??]  Text: Otto Mylius; Das Oktoberfest unterm Dach  UA 13.10.1867 ; Komische Szene mit Gesang Text: [??] Erdmann; Das Orakel von Delphi UA 30.11.1867  Parodistische Operette in 4 Bildern [1865]    Text: Franz von Ziegler; Such! Verloren oder Die Reise nach Abenteuern UA 15.03.1868 Große Posse mit Gesang in 5 Bildern  Text: Friedrich Droll

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Dokumente: Den Vetter auf Besuch von Georg Kremplsetzer (mit dem Text von Wilhelm Busch) gab es in einer Fernsehsendung (25. 9. 1953), die live von der ‚Funk- und Fernseh-Ausstellung 1953‚ aus Hannover im NWDR Hamburg gesendet wurde. Die Mitwirkenden waren: Wilhelm, der Müller – Adolf Meyer-Bremen / Margaret, die Müllerin – Ursula Zollenkopf / Nanette, die Base – Christine Görner / Fridolin, der Vetter – Willy Langel / Ein Chor der Bauern / Das Hamburger Kammerorchester / Dirigent: Gerhard Maasz / Szenenbild: Karl-Hermann Joksch / Regie: Herbert Junkers. Das kurze Singspiel (Dauer: 40 Minuten) wurde für das Fernsehen musikalisch bearbeitet von Walter Girnatis und trug den Titel „Vetter sein dagegen sehr…“.

Zusätzlich zur TV-Sendung aus dem Jahre 1953 von Georg Kremplsetzers „Der Vetter auf Besuch“ – weitere Fernseh-Inszenierungen und  Rundfunksendungen Singspiels:  Den Rundfunksendungen liegt eine Bearbeitung von Bernd Alois Zimmermann (!) zugrunde und beide stammen aus dem Jahr 1960.; sodann „Der Vetter auf Besuch“ (Georg Kremplsetzer): Der Müller – Wilhelm Schirp / Die Müllerin – Ursula Zollenkopf / Die Base – Clementine Mayer / Der Vetter – Willi Brokmeier / Das Kleine Unterhaltungsorchester des Südwestfunks Baden-Baden / Dirigent: NN / Bearbeitung: Ludwig Kusche / TV-Regie: Karlheinz Hundorf (Sendung am 15. 11. 1961); dto.: Der Müller – Robert Titze / Die Müllerin – Elisabeth Pack / Die Base – Ruth-Margret Pütz / Der Vetter – Willy Langel / Das Rundfunkorchester Hannover des Norddeutschen Rundfunks / Dirigent: Willy Steiner / Der Erzähler ist Klaus Schwarzkopf. Eine Rundfunk-Aufnahme des NDR (Niedersächsisches Landesstudio Hannover).; dto.: Der Müller – Andreas Camillo Agrelli / Die Müllerin – Hetty Plümacher / Die Base – Edith Mathis / Der Vetter – Karl Wolters / Das Berner Stadtorchester / Dirigent Luc Balmer. Eine Aufnahme von Radio Beromünster. (Dank an unseren Leser Carl Meffert).

Die österreichische Radio-Aufnahme von 1959 stammt aus Innsbruck und wurde in diesem Jahrhundert wiederholt ausgestrahlt. Es wirkte das Innsbrucker Städtische Orchester, Dirigent war Walter Hindelang, dazu  Mitglieder des Chores des Tiroler Landestheaters sowie als Solisten Dagmar Hartel (Die Müllerin) Edith Boewer (Prosa), Eva Ortbauer (Nanette) Christl Lorenz (Prosa), Richard Itzinger (Der Müller) Axel, Corti Prosa u.a.; aufgefunden und für den Funk eingerichtet von Hans Hömberg. Sendedaten: 26. Dezember 1959 (Dank an Tina Tengel ). G. H.

 

Donizettis „Esule di Roma“

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Wieder einmal ist Opera Rara, der Motor für Donizetti-Aufnahmen und -Pflege in neuerer Zeit, zu der eigenen Basis zurückgekehrt, für die sie gegründet wurde. Diesmal ist es Donizettis Frühwerk L´Esule di Roma, bislang nur durch die immer noch sehr respektable Bongiovanni-Live-Aufnahme aus Savona aus den Achtzigern (1986, davon später mehr) und eine Mitschnitt aus London 1982 dokumentiert. Die neue nun in der kritischen Ausgabe von Roger Parker und Ian Schofield.

Der englische Neuaufnahme aus dem letzten Jahr (2023) folgte eine konzertante Aufführung in London, die mit warmem Beifall bedacht wurde. Carlo Rizzi stand und steht nun am Pult der Britten Sinfonia und des Opera Rara Chorus, und in den Hauptrollen hört man außer Nicola Alaimo (lustigerweise mit gleichem Nachnamen wie sein Rollenvorgänger Simone und zudem der einzige Italiener im Ensemble, als Murena) eine Völkervielfalt von Kollegen, darunter die inzwischen hochgehandelte Albina Shagimuratova als Argelia, Sergey Romanovsky als Settimo, Luiz Calvert i Pey/ Publio, Kezia Bienek/Leontina sowie André Henriques/Lucio & Fulvio. 

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Donizettis „Esule di Roma“, London 2023/Nicola Alaima und Albina Shagimuratova/ Foto Russel Duncan/Opera Rara

Unser italienischer Rezensent Jacopo Orlandi schrieb damals über das Konzert: „(…) Die Figur des Murena steht im Mittelpunkt von Donizettis Experiment aus seiner Frühzeit. Stimmlich liegt es an Nicola Alaimo, der Figur des Senators auf seinem Weg von der Schuld zur Reue, durch Angst und Qualen, dramatische Kraft zu verleihen. Der italienische Bariton gibt der Rolle mit einer für eine konzertante Aufführung wirklich bemerkenswerten Ausdrucksintensität und einem Einsatz der stimmlichen Mittel eine große Glaubwürdigkeit. Die Ausstrahlung ist weich, der Gesang musikalisch, die Diktion sorgfältig, das Volumen ausgezeichnet. Schon in der Arie des ersten Aktes („Per lui..nel mentre..avea…“) erscheint Alaimo von Gewissensbissen geplagt, und im Delirium des zweiten Aktes („Entra nel circo“) wirkt er regelrecht halluziniert, unterstreicht die deklamierten Phrasen nachdrücklich und mündet dann in eine Cabaletta, in der er mit einer Beweglichkeit, die die wirbelnden Seelenqualen in Musik umsetzt, einen wirkungsvollen dramatischen Höhepunkt schafft. Am Ende brach das Publikum in lautes Gebrüll aus.

Sergey Romanovsky sang die Rolle des Septimius mit großer Klasse, achtete auf Nuancen und blieb stilistisch relevant. Am besten ist er in der Gefängnisszene mit einer Doppelarie, in der er bei „S’io finor, bell’idol mio“ exzellentes Cantabile zeigt, und er ist stimmlich fest in den hohen Lagen und entschlossen in der Phrasierung von „Si scenda alla tomba“.

Albina Shagimuratova, die 2021 von der Times als „neue Königin des Belcanto“ betitelt wurde, bewies zweifellos einige Belcanto-Qualitäten, wie z. B. die Fähigkeit, hohe Töne und Obertöne zu dämpfen und zu verstärken, Phrasen gut zu verbinden und die anmutige Beweglichkeit des Schlussrondos („Ogni tormento“) leicht zu dehnen, obwohl ihre Diktion in den virtuosen Passagen nicht immer deutlich ist.

Lluís Calvet singt die Rolle des Publio mit guter Homogenität und einer ordentlichen Portion Autorität in der Akzentuierung. In „Se della patria“ wirkte er selbstbewusst und gelassen. Vielleicht leidet er unter dem Vergleich mit Alaimo, was das stimmliche Gewicht angeht. Bemerkenswert waren auch die Beiträge von Kezia Bienek als Leontina und André Henriques in der Doppelrolle des Lucio/Fulvio in den Nebenrollen.

Carlo Rizzi ist derjenige, der diese Wiederaufnahme musikalisch interessant und möglich gemacht hat, vierzig Jahre nach den ersten Wiederaufnahmen in der Neuzeit. Er sorgte für einen sauberen, kompakten, suggestiven und niemals lauten Klang; triumphale Momente und Chöre (ein Lob an die Herren des Opera Rara Chors) wurden elegant wiedergegeben; die erzählerische Handlung und das Drama wurden angemessen hervorgehoben und die Sänger wurden in die Lage versetzt, ihr Bestes in Bezug auf Ausdruck und Phrasierung zu geben. (…)“

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Es sind diese Bemerkungen die Diktion sorgfältig (Alaimo) im Gegensatz zu  „obwohl ihre Diktion in den virtuosen Passagen nicht immer klar ist“ (Shagimuratova), die mich die Aufnahme noch einmal genau auch und vor allem auf Italianità, eben italienisches Flair,  Diktion und Spannung durchhören ließ, wenngleich ich den Bewertungen der rein gesanglichen Leistungen wenig hinzufügen habe. Aber die Neueinspielung bringt mich doch zu grundsätzlichen Erkenntnissen, dass das Spezifische, in diesem Fall das  Italienische, die Verankerung des Ausdruck in der Sprache des Gesangs, mir seit einiger Zeit zu schwinden scheint. 

Simone Alaimo/Spotify

Was auch in dieser verdienstvollen Opera-Rara-Aufnahme durchschlägt. Bei aller Wertschätzung der mehr als lobenswerten Bemühungen der Firma: Der alte Live-Mitschnitt aus Savona bringt viel mehr an Drama, an Identität, an Empathie, an Teilhabe am Geschehen herüber, trotz etwas muffiger Technik (und so toll ist die neue nun auch nicht). Im Hause war das für mich eine der spannendsten Opernaufführungen jener Jahre. Leider sah man den netten Löwen nicht am Ende …

Simone Alaimo kann mit Nicola S.  allemal und überragend mithalten, klingt jünger, beweglicher, saftiger, gesunder, und eben auch jeden Meter Belcanto-erfahren. Zudem hat er das Gewisse Etwas in der Stimme (mehr tenorgefärbter Bariton als Bass, ein schöner basso-cantante eben), das ihn einzigartig, nachhaltig erinnerbar macht. Er schafft mit Worten, gibt Worten eine Bedeutung, nuanciert und modelliert einen fiesen, gefährlichen, greifbaren, lebendigen Bühnen-Charakter. Nicola Alaimo ist ganz sicher mehr als kompetent und in diesem Fach viel unterwegs, wortdeutlich absolut. Dennoch, seine Höhe ist mir zu streng und die dunkle Stimme selbst mir eher zu allgemein, zu unmemorabel – seine tollen Schluss-Szene des Wahnsinns (in der Folge der Rossini-Bad-Guys eines Assurs) bleibt bei allem Einsatz der von Simone S. drastisch hinterher. Der hat einfach mehr Persönlichkeit, macht mehr aus der Partie. 

Donizettis „Esule di Roma“ in Savona/BG

Cecilia Gasdia ist ihrer neuen Kollegin in meinen Ohren durch ihren dunklen, erregenden, leuchtendem Sopran und mit vor allem – und darauf kommt es mir hier an – wortdeutlicher Empathie mit der Rolle drastisch überlegen. Die eine ist die Argelia und die andere singt sie „nur“ (fairerweise muss man auf die Bühnenkondition in Savona hinweisen, was gegenüber dem Studio ein Vorteil an Interpretation ist). Und letztere singt  wie ihre Kollegin Jessica Pratt oder andere der internationalen Szene. Technisch sicher lobenswert, stilistisch diskutabel und empathisch eher blande, routiniert. Und zudem mit ihrem russisch orientierten, unruhig-weißen Sopran für mich wirklich keine Freude. Und sie fängt jetzt schon an zu „kullern“. Ich find sie, wie oft bei den Sopranen von Opera Rara, eine riskante Wahl.

Bei den Tenören ist Romanovsks Settimio seinem Kollege rein stimmlich wirklich an Glanz überlegen und eine wirkliche Wucht. Ich war ganz hingerissen von seinem attraktiv-erregendem Gesang, der Farbe, des Ausdrucks, das hat man lange nicht mehr gehört. Ernesto Palacio war dagegen immer recht trocken a l´espagnolo, aber doch auch er ausdrucksmäßig sehr eingebunden in die szenische Aufführung. Die übrigen in Londons Neu-Aufnahme sind mehr als zufriedenstellend.

Aber ich war  nie ein Fan von Carlo Rizzi, der natürlich das bessere Orchester dirigiert, aber der zum Teil quälend langsam die Spannung killt und die Rezitative streckt, dann wieder sich mit viel Gerumse durch die lauten Passagen arbeitet. Massimo de Bernart bleibt dagegen federnder, rasanter, das Drama vorantreibender. Und so schlecht ist die Combo in Savona nun nicht.

Und – wie einer unserer Leser hinweist – vermisst man bei dieser Einspielung als Appendix die nachkomponierte Tenorarie für Rubini – es wäre sehr interessant, sie hören zu können.

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Der Tenor Bruce Brewer singt den Settimio 1982 auf der Londoner Aufnahme von Donizettis „Esule di Roma“.

Auch an die echte Pionierarbeit von Dirigent Leslie Head (L´Esule di Roma London 1982) soll erinnert werden, wo Katia Ricciarelli (obwohl als Italienerin nicht die Wortdeutlichste, aber eben rollen-empathisch eine Gewinnende) neben einem sensationellen Bruce Brewer und einem wirklich erstaunlich resonanten, wortdeutlichen und engagierten John Paul Bogart damals die Londoner Belcanto-Fans rasen ließen. Insofern bringt Opera Rara mal wieder eine Doublette (bzw. Triplette) auf den Markt…

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Was also möchte ich sagen? Das altmodische Wort Italianità fällt mir erneut ein. Diese neue Esule di Roma ist mir persönlich zu international, wenngleich weitgehend gut gesungen, wirklich! Nur reißt sie mich nicht vom Hocker (aber ich galt schon immer als schwierig). Denn eigentlich sollte ich als Belcanto-Liebhaber mich freuen, diese wirklich spannende Oper neu zu hören. Wenngleich das dicke Booklet zur Neuaufnahme mal wieder keinen deutschen Artikel-Text enthält (nur eine deutsche Inhaltsangabe, bei den drei deutschsprachigen, finanzstarken EU-Ländern doch ein Versäumnis). Ich freue mich über das italienisch-englische Libretto (das auch Bongiovanni bereits vorweisen konnte), dazu über einen  hochinformativen Artikel von Eleonora Di Cintio über das Alte Rom auf der neapolitanischen Bühne des 19. Jahrhunderts sowie den wie stets profunden Text von Roger Parker, den er uns sehr liebenswürdiger Weise nachstehend überlassen hat. Danke Roger! G. H.

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Das Joch des Finales – Donizettis experimentelle Visitenkarte. Eine gängige Erzählung über Gaetano Donizetti (1797-1848) stellt seine ernsten Opern aus den 1820er Jahre, die meist für die neapolitanischen Theater geschrieben wurden, als – um es kurz zu machen – das Werk eines Gesellen, der notwendigerweise ein Nachfolger von Rossini. Der Durchbruch soll dann mit Anna Bolena kommen, geschrieben 1830 für Mailand geschrieben wurde und sich von dort aus über die gesamte italienische Halbinsel und in die großen europäischen Hauptstädten und ebnete damit den Weg für die großen Erfolge der nächsten zehn Jahre, darunter Lucrezia Borgia und Lucia di Lammermoor. Eine solche Geschichte, die sicher nicht zufällig ist, passt genau mit unserem heutigen Donizetti-Repertoire, in dem die erste ernstzunehmende Oper, die regelmäßig Anna Bolena die erste ernsthafte Oper ist, die regelmäßig wiederaufgenommen wird. Mit   anderen Worten, sie ist ein Kompliment an die zeitgenössischen Operngewohnheiten.

Gaetano Donizetti/ Opera Rara Archive

Ein genauerer Blick (und ein genaueres Hinhören) auf einige dieser ernsten Opern aus den „vergessenen Neapolitanischen 1820er Jahre, in denen L’esule di Roma zufälligerweise ein Paradebeispiel ist, zeigt ein anderes Bild. Wie zu dieser Zeit üblich, wissen wir nur wenig über die Entstehung der Oper. Der Librettist war Domenico Gilardoni, Donizettis wichtigster Mitarbeiter in dieser Zeit. Das Thema, das sie wählten, basierte auf Luigi Marchionnis Theaterstück Il proscritto romano (Venedig, 1820), das seinerseits auf einem früheren französischen französischen Stück über Androkles und den Löwen (eine Geschichte, die in Italien bereits in vielen Formen bekannt war). Umbenannt in L’esule di Roma (ein anderes Wort für „Exil“, denn proscritto hatte im Neapel der 1820er Jahre unangenehme politischen Implikationen im Neapel der 1820er Jahre), wurde die Oper am Neujahrstag im Teatro San Carlo in Neapel uraufgeführt. Neapel am Neujahrstag 1828 uraufgeführt. Sie wurde sofort zu einem Publikumserfolg erklärt, und dass, obwohl die obwohl die erste Aufführung von einem großen Kontingent des neapolitanischen Hofes besucht wurde: königliche Persönlichkeiten, deren Anwesenheit oft die Reaktionen ihrer treuen Untertanen zu dämpfen vermochte.

Bühnenbild für Donizettis „Esule di Roma“ von Sanquirico/Wikipedia

In der darauffolgenden Spielzeit wurde das Stück noch etwa 20 Mal aufgeführt und blieb dann bis ins neapolitanischen Repertoire bis in die 1840er Jahre hinein – eine einzigartige Leistung in dieser sich schnell verändernden Opernzeit. Zeiten. Ein Teil dieses anfänglichen Erfolges muss natürlich den Hauptsängern zu verdanken gewesen sein, die alle Tenor Berardo Winter als Settimio, der Verbannte des Titels, die Sopranistin Adelaide Tosi als seine geliebte Argelia und, als bester von allen, Bassbariton Luigi Lablache als Argelias Vater Murena, der von der Tatsache gequält wird, dass seine Machenschaften für Settimios Verbannung verantwortlich sind.

Das Außergewöhnlichste an der Rezeption ist jedoch, dass – obwohl die Oper vor einem Publikum gespielt wurde vor einem Publikum gespielt wurde, das im Allgemeinen als konservativ und traditionsbewusst gilt, das sich gerne an die Zeiten zurückerinnert, als die „neapolitanische Schule“ eindeutig an der Spitze der italienischen Musik stand die „neapolitanische Schule“ eindeutig an der Spitze der italienischen Musik stand – es waren gerade die innovativsten, gewagtesten Aspekte von Donizettis neuen Oper, die das Publikum und die Kritiker begeisterten.

Adelaide Tosi war die erste Argelia In Donizettis „Esule di Roma“/ Wikipedia

Im Mittelpunkt dieser Innovation steht die Figur der Murena. Anders als der übliche, unbeugsame Patriarch des Melodramas, wie er in Gilardonis Libretto dargestellt wird, ist von Anfang an eine schwankende, instabile Figur, voller Reue und Reue und Angst vor seiner vergangenen Schuld. In Anlehnung an diesen neuen Aspekt des Librettos hat Donizetti die Instabilität Murenas mit Begeisterung in seine Musik für die Figur einfließen. Selbst in Murenas konventionellsten Momenten, wie etwa in seiner zweisätzigen Arie, die in die eröffnende Introduzione, neigt er immer wieder zu unvorhersehbaren Ausbrüchen und ungewöhnlichen vokalen Effekten. Sowohl der langsame Satz und die Cabaletta dieser Eröffnungsarie („Per lui… nel mentre“ und „M’appare mai sempre“) weisen praktisch keine Spur einer durchgehenden lyrischen Linie auf, da die einleitenden Sätze in beiden in beiden Fällen kaum mehr als eine Anhäufung deklamatorischer Ausrufe, deren aufgeregte Orchestrierung das Gefühl der Unruhe nur noch verstärkt. Die Arie von Murena im zweiten Akt („Entra nel Circo… Ahi misero“) treibt diesen unkonventionellen Stil noch weiter auf die Spitze: Die Anhäufung von Schuldgefühlen hat Murena in dieser Phase des Dramas in den Wahnsinn getrieben: in einer bemerkenswerten Vorwegnahme Vorgriff auf Donizettis berühmte Wahnsinnsszenen aus den 1830er Jahren ist der stimmliche Diskurs der Figur aus unzusammenhängenden Erinnerungsfragmenten und entsetzten Antizipationen der Zukunft, die seine Bosheit in Gang gesetzt hat.

Im Vergleich zu Murena sind die beiden jungen Liebenden eher konventionelle Charaktere. Argelia ist vom Gesangsstil her am deutlichsten Rossinisch, besonders im Finale der Oper, in dem das Happy End der Handlung durch ein so genanntes Rondo finale („Ogni tormento, qual Ogni tormento, qual nebbia al vento“) zelebriert wird, wobei die Soprankoloraturen die Wiederherstellung der Ordnung in einem gefährlich instabilen Zustand. (Man stellt sich vor, dass der König von Neapel, der über das revolutionäre Königreich der beiden Sizilien‘ herrschte, bei dieser Auflösung wohl zufrieden geseufzt hätte.)

Berardo Winter war der Settimio in der Uraufführung/Litho von Josef Kriehuber – eigenes Foto einer Originallithographie aus der eigenen Sammlung von Peter Geymayer, gemeinfrei/Wikipedia

Es überrascht vielleicht nicht, dass Argelia in ihrem Duett mit ihrem Vater im zweiten Akt am berührendsten ist, in dem ihre sanfte melodische Sprache eine eminent dramatische Funktion bei der Beruhigung ihres aufgewühlten Elternteils zu beruhigen. Ihr verbannter Geliebter Settimio ist ein komplexerer Fall. Seine Arie und sein Duett mit Argelia im ersten Akt zeigen ebenfalls einen Charakter, der an die Rossinische Gesangskunst erinnert, wenn auch mit weit weniger weniger ornamentalem Überschwang. Aber, zumindest in der Form, in der die Oper uraufgeführt wurde, verschwindet er verschwindet er in der zweiten Hälfte praktisch aus dem Geschehen und kehrt erst ganz zum Schluss zurück, um seine unwahrscheinliche, von einem Löwen unterstützte Flucht aus dem römischen Kolosseum. Es ist also keine Überraschung, dass bei der Donizetti bei der allerersten Wiederaufnahme der Oper an der Mailänder Scala im Juli 1828 die Figur ausbalancierte, ja bereicherte, indem er Settimio (wiederum gesungen von Winter) mit einer „Gefängnisszene“ versah, einer Nummer, die wir in dieser eine Nummer, die wir in diese Aufnahme aufnehmen. Ein komplexes orchestrales Bild des „oscuro sotterraneo“ in dem Settimio auf seine Verurteilung wartet, geht eine weitere zweisätzige Arie voraus, in der er seine Liebe zu Argelia bekräftigt seine Liebe zu Argelia bekräftigt und am Ende dem Schicksal im Angesicht des Todes trotzt.

Doch trotz all dieser fesselnden Arien und Duette gab es eine weitere Nummer, die in vielerlei Hinsicht die gewagteste Nummer der Oper war, die die Aufmerksamkeit des Publikums besonders auf sich zog. Mehrere Rezensenten wiesen darauf hin, dass in der Mitte der Oper, am Ende des ersten Akts, wo die Konvention ein sogenanntes concertato-Finale, bei dem Chor, Solisten und Orchester zu einem grandiosen Schluss.

Donizetti brach mit der Tradition und schloss den Akt ab mit einem langen Terzetto für die drei Hauptpersonen („Ei stesso… La mia vittima“), in dem – wieder einmal – Murenas Instabilität die stimmlichen Gesten in bemerkenswertem Maße dominiert. Komponisten in dieser Zeit in Italien widersprachen oft auf eigene Gefahr den Erwartungen des Publikums, aber die dramatische Wirkung des Terzetto war beispiellos. Hier ist eine Rezension der ersten Aufführungsserie, typisch in der Extravaganz des Lobes für das Terzetto: „Jeder der drei Hauptdarsteller, mit der Kraft des canto declamato und der Energie der Handlung im Schlusstrio des ersten Aktes, das zu Recht als Donizett’sches Meisterwerk bezeichnet wurde, zu Tränen. Der Senator [Murena] konfrontiert sein Opfer; Settimio macht seinem Verfolger Vorwürfe Argelia ist hin- und hergerissen zwischen kindlicher und romantischer Liebe. Aber am Ende des ersten Aktes rief das Publikum, um seine volle Zustimmung zum Ausdruck zu bringen, die beiden rief das Publikum am Ende des ersten Aktes sowohl die Sänger als auch den Komponisten heraus, um seine volle Zustimmung zu bekunden.“

Der berühmte Bass Luigi Lablache sang den Murena in der Premiere/Portrait von Francois Buchot 1831/Wikipedia

In dieser und den folgenden Kritiken wird deutlich, dass das Publikum nicht nur das ungewöhnliche formale Experiment des Terzetto bewundert des Terzetto (der Verzicht auf das concertato) bewunderten, sondern auch über die Art und Weise die Art und Weise, wie es Donizetti gelang, die sehr unterschiedlichen stimmlichen Charaktere der drei Hauptdarsteller zu bewahren und gleichzeitig das Gefühl der melodischen Ausdehnung des Belcanto zu vermitteln, für das die italienische für die die italienische Oper berühmt war. In einem halb scherzhaften Brief an seinen verehrten Lehrer Simone Mayr berichtete Donizetti über die außerordentliche Resonanz auf das Stück und erwähnte, dass sein Erfolg ihn ermutigte ihn ermutigte, weiter zu experimentieren und sich dem zu entziehen, was er „das Joch des Finales“ nannte.

Die Fortführung dieser Erkundung würde ein Projekt für die Zukunft sein, insbesondere während der bemerkenswerten Reihe weiterer experimenteller Opern, die Donizetti in den späten Jahren für Neapel schrieb 1820er Jahre, Werke wie Il Paria, Il diluvio universale und Imelda de‘ Lambertazzi. Aber es besteht kaum ein Zweifel dass L’esule di Roma den Weg wies. Mehr noch, sie erwies sich als die bei weitem populärste der Oper des Komponisten in den 1820er Jahren: Innerhalb von sechs Jahren wurde sie in mehr als 30 italienischen Städten aufgeführt, und wurde zusätzlich in London, Wien und Madrid uraufgeführt.

Die Verfolgung der Rezeption von L’esule durch Libretti und anderem Material zu verfolgen, ist ein faszinierendes Unterfangen. Wir haben bereits gesehen, dass Donizetti im Sommer 1828 eine neue Tenorarie für Settimio im zweiten Akt lieferte. Als die Oper Ende desselben Jahres mit dem großen Tenor Giovanni Battista Rubini in der Rolle des Settimio nach Neapel zurückgebracht wurde mit dem großen Tenor Giovanni Battista Rubini, verpflichtete ihn der Komponist mit einer alternativen Arie im zweiten Akt, die seinem außergewöhnlichen Können besser entsprach. seine außergewöhnlichen Fähigkeiten. Und dann, für eine Wiederaufnahme von L’esule 1840 in seiner Heimatstadt Bergamo, lieferte Donizetti dem damaligen Settimio, Domenico Donzelli, eine weitere Version der Arie. (Bedauerlicherweise sind diese beiden zusätzlichen Arien für Settimio nur als Vokalpartitur überliefert und können und können daher nicht als Anhänge zu unserer Aufnahme hinzugefügt werden). Es ist typisch für diese Zeit, dass viele andere Wiederaufnahmen den relativ bescheidenen Umfang der Oper ausnutzten, um weitere Lieblingsarien und Arien und Duette einfügten, entweder aus früheren Werken Donizettis oder aus solchen anderer Komponisten. Auf diese Weise wurden in den Aufführungen von L’esule in den 1830er Jahren Werke von Balducci, Bellini, Celli, Conti, Costa, Mercadante, Pacini, Rossini und zweifellos zahlreichen anderen: ein glorreiches Fest der Tatsache, dass das zeitgenössische Publikum in Italien und anderswo das „Ereignis“ mehr schätzte als das „Werk“, und sich nur selten von der Sorge um die Integrität des Werks von seinem Opernvergnügen abhalten ließ.

Dieser stetige Strom von Wiederaufführungen endete in den frühen 1840er Jahren. Neue Formen des Operndramas, nicht zuletzt von Donizetti selbst, hatten sich allmählich entwickelt. Zum Zeitpunkt der letzten Aufführung Jahrhundert, 1869 in Neapel, war L’esule di Roma nicht mehr als eine historische Kuriosität.

Aber die Zeit, die seither vergangen ist, und die zusätzliche Perspektive, die wir jetzt auf Donizettis Donizettis gesamten kompositorischen Werdegang haben, kann der Oper neue Bedeutung verleihen. Wenn sie sympathisch präsentiert wird, ist sie wird sie zu einem Schlüsselwerk in der Entwicklung des Komponisten: eine Oper, die ihm ein neues Publikum ein neues Publikum sowohl in Italien als auch darüber hinaus gewann, aber auch neue Formen Formen der vokalen Expressivität, die die Grenzen des Genres erweitern und Donizetti zu einer in seiner unendlichen Reise der kompositorischen Erneuerung. c 2024 Roger Parker/DeepL

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Der Autor und Musikwissenschaftler Roger Parker/ Foto OR/ Russell Duncan

Roger Parker ist der Repertoireberater von Opera Rara. Er ist emeritierter Professor für Musik am King’s College London, nachdem er zuvor in Cornell, Oxford und Cambridge unterrichtet hatte. Er ist General Editor (mit Gabriele Dotto) der kritischen Donizetti-Ausgabe, die von Ricordi herausgegeben wird. Seine jüngsten Bücher sind Remaking the Song: Operatic Visions and Revisions from Handel to Berio (University of California Press, 2006) und A History of Opera: The Last Four Hundred Years (Penguin, UK/Norton, US, 2012), die er gemeinsam mit Carolyn Abbate geschrieben hat. Derzeit arbeitet er an einem Buch über Musik in London in den 1830er Jahren. Von 2013 bis 2018 war er am King’s Direktor des ERC-finanzierten Projekts „Music in London, 1800-1851″/ Opera Rara

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Abbildung oben: Innenraum der Basilika in Pompeji, Design von Alessandro Sanquirico für Pacinis  Oper L´Ultimo Giorno di Pompeii, 1827/ Wikipedia