Ruth Hesse

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Mit Bedauern hörten wir vom Tode der Mezzosopranistin Ruth Hesse, Berliner und Wiener Operngängern immer noch ein Begriff. Nachstehend eine Würdigung unserer Kollegen von Isoldes Liebestod.

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Hesse, Ruth, Alt,  (18 September 1936 Wuppertal – 13 Juli 2024 Hallstatt/Österreich); sie erhielt ihre Ausbildung zuerst bei Peter Offermanns in Wuppertal, dann bei Hildegard Scharf in Hamburg, schließlich studierte sie in Mailand. sie debütierte 1958 am Stadttheater von Lübeck als Orpheus von Gluck und blieb an diesem Haus bis 1960. Seit 1960 gab sie regelmäßig Gastspiele an der Hamburger Staatsoper. 1960-62 war sie am Staatstheater Hannover engagiert. 1962 wurde sie an das Deutsche Opernhaus Berlin berufen, an dem sie eine große Karriere hatte, die sich bei vielen Gastspielen im In- und Ausland auch dort als erfolgreich erwies. Als hervorragende Wagner-Altistin sang sie viele Jahre hindurch bei den Bayreuther Festspielen, und zwar 1960-61 ein Blumenmädchen, 1960-61 und 1963-66 einen der Knappen, 1961 und 1963-64 das Altsolo im »Parsifal«, 1961 und 1966 die Roßweiße, 1963 die Schwertleite in der »Walküre«, 1963-64 die Magdalene in den »Meistersingern«, 1966 die Floßhilde im Nibelungenring, 1965 die Mary im »Fiegenden Holländer«, schließlich 1979 die Ortrud im »Lohengrin«. 1966 sehr erfolgreiche Gastspiele an der Wiener Staatsoper als Ortrud im »Lohengrin«, als Brangäne im »Tristan« und als Eboli in Verdis »Don Carlos«. 1966 hörte man sie in Paris als Carmen, 1967 an der Oper von Bordeaux, 1972 sang sie an der Pariser Grand Opéra in »Figaros Hochzeit« und in »Die Frau ohne Schatten« von R. Strauss, jedesmal mit großem Erfolg. Bei den Salzburger Festspielen hatte sie 1974-75 große Erfolge als Amme in der »Frau ohne Schatten«. Auch als Interpretin zeitgenössischer Musik wurde sie bekannt; so sang sie am 7.4.1965 in der Uraufführung der Oper »Der junge Lord« von Henze am Deutschen Opernhaus Berlin (und Judith in »Blaubart«, Gräfin von Helfenstein in »Mathis der Mahler«).

Ihr Engagement an der Deutschen Oper Berlin bestand bis 1995. 1965-88 trat sie regelmäßig an der Wiener Staatsoper (seit 1982 österreichische Kammersängerin) auf, wo sie 19 große Rollen zum Vortrag brachte, darunter die Ortrud im »Lohengrin«, die Herodias in »Salome« und die Amme in der »Frau ohne Schatten« von R. Strauss, die Fricka wie die Waltraute im Ring-Zyklus, die Kundry im »Parsifal«, die Preziosilla in Verdis »Macht des Schicksals«, die Azucena in »Trovatore«, die Amneris »Aida«, Carmen, Giulietta in »Hoffmanns Erzählungen« von Jacques Offenbach und die Küsterin in »Jenufa«. Sie gastierte an der Covent Garden Oper London (1969 als Amme in der »Frau ohne Schatten«, 1971 als Fricka, 1975-76 wieder als Amme), an der Oper von Lyon (1966 als Brangäne im »Tristan«, 1967 als Ortrud im »Lohengrin« und als Fricka), beim Holland Festival (1968 als Herodias in »Salome«, 1972 als Quickly im »Falstaff« von Verdi), am Teatro Colón Buenos Aires (1979 als Amme und Ortrud) und sang die Herodias 1975 in einer konzertanten »Salome«-Aufführung in der New Yorker Carnegie Hall. Weitere Gastspiele an der Königlichen Oper Stockholm, an den Opernhäusern von Marseille, Toulouse und Rio de Janeiro, am Théâtre de la Monnaie Brüssel, in Amsterdam, an der Oper von Rom (1971 als Fricka), in Turin, am Teatro Fenice Venedig (1971 als Jocasta in »Oedipus Rex« von Strawinsky), am Teatro alla Scala (9. Beethoven), in Mexico City (1970 als Fricka), Barcelona ( u.a. Klytaemnestra, Kundry, 1977 als Herodias), am Grand Théâtre Genf, am Bolshoi Theater (als Brangäne), in Washington (Herodias) und an der Chicago Opera. Beim Festival von Orange hörte man sie 1973 als Brangäne, 1974 als Herodias. In der Deutschen Oper Berlin hatte sie 1988 einen besonderen Erfolg als Klytämnestra in »Elektra« von R. Strauss. Die Berliner Kammersängerin war nicht zuletzt eine der bedeutendsten Konzert- und Oratorienaltistinnen innerhalb ihrer Generation in Deutschland, war aber auch im pädagogischen Bereich tätig. Prof. Ruth Hesse lebt mit ihrem Gatten, dem Regisseur und Ausstatter Prof. Siegwulf Turek seit Beendigung ihrer Karriere in Hallstatt (Österreich).

Die dunkel timbrierte, groß dimensionierte, zu intensiver Dramatik des Ausdrucks befähigte Stimme der Sängerin erscheint auf den Marken Electrola (»Meistersinger«, Querschnitt »Verkaufte Braut«), DGG (»Die Frau ohne Schatten« von R. Strauss, »Der junge Lord« von Henze), Concert Hall (Mozart-Requiem), Westminster (Fricka und Waltraute in vollständigem »Ring des Nibelungen«, Ortrud im »Lohengrin«), CBS (»Violanta« von Korngold), HRE (»Frau ohne Schatten« von R. Strauss).- Schallplatten auch auf Eurodisc und auf Philips (Floßhilde im »Rheingold«) sowie auf Rodolphe

Records (Mitschnitt »Tristan«). Golden Melodram (»Parsifal« von Richard Wagner – Bayreuther Festspiele unter Knappersbusch 1961, 1963 und 1964), Archiv Salzburger Festspiele (»Frau Ohne Schatten « von Richard Strauss) (Fotos im Text und oben: Ruth Hesse Portrait und als Amme/Strauss). Quelle Isoldes Liebetod