Karneval für die Pompadour

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Mit der Weltersteinspielung von Jean-Joseph Cassanéa de  Mondonvilles Ballet héroique Le Carnaval du Parnasse kehrt das Label Château de VERSAILLES nach Ausflügen in italienische Gefilde zu seinem Stammrepertoire – der französischen Barockmusik – zurück. Die Aufnahme entstand im März 2023 in Namur und wurde auf zwei CDs veröffentlicht, wie stets bei dieser Firma in prachtvoller Ausstattung (CVS122). 1749 wurde das Werk an der Pariser Académie royale de musique uraufgeführt – mit großem Erfolg und in Rivalität zu Rameaus Oper Zoroastre, die im selben Jahr Premiere hatte. Das Textbuch von Jean-Louis Fuzelier schlägt einen leichten, tändelnden Ton an. Im Prologue wetteifern Clarice mit pathetischem Melos und Florine mit italienischer Bravour anlässlich der Rückkehr des Frühlings. Momos, der Gott des Spottes (David Witczak mit autoritärem Bass), und Thalie, die Muse der Komödie (Gwendoline Blondeel), garantieren humoristischen Schwung. Der als Schäfer verkleidete Apollon bringt einen pastoralen Ton ein. Die Handlung in drei Akten stellt zwei Paare vor, die der Liebe entfliehen wollen, in Verkleidung ihr aber nachgeben.

Die Partitur des Carnaval ist der Marquise de Pompadour gewidmet, die bei Hofe als die „Ministerin des guten Geschmacks“ galt. Jeder Akt endet mit einem Divertissement, in welchem sich Tänze, Chöre und Arietten abwechseln. Die rhythmische Verve und melodische Anmut  der Musik stellt Alexis Kossenko mit dem Ensemble Les Ambassadeurs – La Grande Écurie effektvoll heraus. Die Musik atmet Brillanz und Vitalität, ist den Sängern inspirierende Folie. Hinreißend in ihrer Spritzigkeit und Rasanz sind die Tänze – Tambourin, Menuet, Marche, Ritournelle, Chaconne und Contredanse. Der Choeur de Chambre de Namur bezaubert in reizenden Nummern, wie „Que ton retour assure“ im Prologue oder „Que votre gloire“ am Ende des 1. Aktes.

Die Besetzung dominiert Blondeel als Florine (neben ihrer energischen Thalie), der die technisch schwierigsten Arien zugeordnet sind. Gleich im Prologue singt sie das zauberhafte „Augelletti voi amate“ mit den imitierten Vogelstimmen und lässt dabei ihren klaren, leuchtenden Sopran mit sicherer Extremhöhe hören. Hélène Guilmettes Sopran gibt der Licoris vitalen Umriss. Mit beeindruckender Präsenz und einem bis zum Heulen ausgereizten Tenor wartet Mathias Vidal als Apollon und Berger auf. In den Nebenrollen überzeugen Hasnaa Bennani mit feinem Sopran als Clarice und Euterpe sowie Adrien Fournaison mit sonorem wie flexiblem Bass als Dorante. CVS sei Dank für diese Wiederentdeckung (27. 07. 24)! Bernd Hoppe