Archiv des Autors: Geerd Heinsen

Strauss-Tage in Leipzig

Die Neuinszenierung der Salome markierte das Zentrum eines Strauss-Wochenendes an der Oper Leipzig, an dem noch Aufführungen von Arabella und Die Frau ohne Schatten zu sehen waren.

Oper Leipzig: „Salome“/ Szene/ Foto Kirsten Nijhof

Die umjubelte Salome-Premiere am 17. 6. 2017 widmete das Team der wenige Tage zuvor verstorbenen Künstlerin Rosalie, die mit der Ausstattung zu Strauss’ Musikdrama ihre letzte Arbeit geschaffen hatte. Ihr turmhoher Aufbau ist eine utopische Szenerie, ein faszinierender Kunstraum, inspiriert von der Welt der science fiction, mit milchigen Platten, die wie zu einem Eisgebirge gefügt und von farbigen, treppenförmig aufsteigenden Blitzen durchsetzt sind. An den Wänden kriecht von unten der Moder empor als Zeichen maroder Verkommenheit, auf dem schwarzen Boden sind sperrige Paletten verteilt, aus einem alten Autowrack entspringt eine kümmerliche Fontäne. In einer höheren Ebene befindet sich der Palast des Herodes, wo der Tetrarch mit der Festgesellschaft bei einem Gelage zu sehen ist. Hier spiegelt sich an mehreren Objekten  – einer rätselhaften schwarzen Tonfigur in Rückenansicht, einer Lampe als das Auge eines Chamäleons, einer erstarrten roten Fahne aus lackiertem Plastik – Rosalies bizarre Phantasie wider. Weniger spektakulär sind ihre heutigen Kostüme. Vor allem für die Titelheldin hatte sie keine zündende Idee. Elisabet Strid mit blonden Rasterlocken  – optisch zwischen Lolita-Girlie und Rockerbraut – trägt einen schwarz glänzenden Frack über einem langen weißen Hemd mit Federkrause. Aber die Schwedin macht ihr blasses Erscheinungsbild darstellerisch mehr als wett und lässt zudem einen potenten jugendlichen Sopran hören, welcher die strapaziöse Partie bis zum Schluss ohne Ermüdung durchsteht. In der Auseinandersetzung mit Jochanaan steigert sich die Sängerin zu expressiver Körperlichkeit und in einen vokalen Ausnahmezustand, ist dennoch im Schlussgesang, bei dem der Raum in goldenem Licht magisch aufstrahlt (Michael Röger), noch zu blühenden Bögen fähig und verliert auch nicht in einem Moment ihren jugendlichen Wohlklang. Regisseur Aron Stiehl führt sie – wie auch die anderen Darsteller – klug und schlüssig mit dem Ergebnis spannender Charakterporträts. Und gemeinsam mit dem Choreografen Ramses Sigl findet er für den heiklen „Tanz der sieben Schleier“ eine originelle Lösung. In einem Maskenspiel auf kleinem Podium, das anfangs von einem blutverschmierten Theatervorhang verdeckt ist, wird die Geschichte von Herodes’ Brudermord, seiner Heirat mit Salomes Mutter und die permanente Schändung ihrer Tochter dargestellt. Erst am Ende tanzt Salome selbst und mit Herodes, der sie danach zu oralem Sex zwingt. Der Schwede Michael Weinius in dieser Rolle ist gleichfalls ein Ereignis – fies und fett (was der rosa Seidenanzug noch betont), singt er mit wuchtigem Charaktertenor und schneidender Diktion, führt die lüsterne Gier, die perverse Geilheit des Herrschers mit beklemmender Deutlichkeit zu abstoßender Wirkung. Neben ihm ist Karin Lovelius als blonde Herodias im rosa Hosenanzug mit grün glitzerndem Top ähnlich verkommen, offenbart aber gesanglich eine deutliche Überforderung mit der Partie. Keifende Spitzentöne sollen hier Ausdrucksmittel sein, sind aber Zeichen stimmlicher Nöte.

Grandios der Jochanaan von Tuomas Pursio nach irritierendem Beginn in der Zisterne, aus der die Stimme (offenbar durch technisch mangelhafte Verstärkung) verquollen und tremolierend klang. Aber auf der Szene gewinnt der Finne sofort an Format mit markantem, durchschlagendem Bassbariton von nie versagender Kraft. Sein biederes Erscheinungsbild in Hemd und Weste passt allerdings kaum zu dem fanatischen Eiferer, den er abgibt. Salomes erotische Handgreiflichkeiten registriert er irritiert und verunsichert. Sergei Pisarev ist ein jugendlicher Narraboth mit schmeichelndem Tenor in schwarz/weißer Camouflage-Uniform, wie sie auch die Soldaten tragen, Sandra Maxheimer ein androgyner Page der Herodias was auch in dem charaktervoll-maskulinen Mezzo zum Ausdruck kommt. Sind all diese Figuren von Rosalie nicht sonderlich originell gewandet, kommt im extravaganten, schrillen Designer-Chic der Party-Gäste ihr extremer Gestaltungswille mit oft skurrilen Ergebnissen zu besonderer Wirkung.

Am Pult des Gewandhausorchesters Leipzig sorgt dessen Generalmusikdirektor Ulf Schirmer für eine vielschichtige Deutung der Komposition mit schillernden, flirrenden Passagen, schwelgerischem Rausch, aber auch aufgetürmten Klangblöcken, schneidendem Blech und exzessiv hoch gepeitschter Attacke. Faszinierend geformt ist die Schluss-Szene mit ihren ächzenden Floskeln zu Beginn, mit denen der Dirigent eine schier unerträgliche Spannung aufbaut, die sich dann im großen Ausbruch des gesamten Orchesters entlädt. Mit seinem geballten Klang fordert Schirmer seiner Solistin das Letzte ab – und sie hält diesem Anspruch stand bis zum tragischen Ende. Rot leuchtet der Raum auf bei ihrem Kuss und hinten reißt die Wand auseinander bei den tödlichen Schüssen auf Herodes’ Geheiß.

 

Oper Leipzig: „Arabella“/ Szene/ Foto Kirsten Nijhof

Ulf Schirmer dirigierte auch die beiden anderen Opern im Rahmen des Strauss-Wochenendes. Bei der Arabella am 16. 6. 2017 hielt er allerdings nicht immer die Balance zwischen Graben und Bühne mit dem Ergebnis strapazierter Stimmen. Vor allem die in Leipzig überaus beliebte ukrainische Sopranistin Olena Tokar ließ als Zdenka schmerzend grelle und steife Töne im oberen Bereich hören. Die Stimme der Titelheldin Betsy Horne gefiel in der Mittellage durch das angenehme, feminine Timbre, nur die exponierten Noten gerieten etwas eng. Unterbesetzt waren Graf Waldner (Jan-Hendrik Rootering mit schütterem Bass, der erst im letzten Akt an Präsenz gewann) und Adelaide (Renate Behle mit kurzatmiger, tremolierender Stimme). Ein sympathischer Matteo war Markus Francke mit tenoral-jugendlicher Emphase bei leichten Problemen in der hohen Lage. Die Besetzung dominierte Thomas J. Mayer als Mandryka mit imposanter Erscheinung und blendendem Bariton. Die markige Stimme strömte prachtvoll, erklomm die hohen Töne souverän und vermochte bei der ersten Begegnung mit Arabella auch ungemein zu berühren. Im Duett mit der Angebeteten geriet allerdings auch sie durch Schirmers aufgetürmte Klangfluten in Bedrängnis.

Jan Schmidt-Garre wartet in seiner Inszenierung mit einigen seltsamen Einfällen auf – so wenn Arabella bei ihrem ersten Auftritt im Bett liegt, statt vom Spaziergang heimzukehren, wenn sie auf dem Grafen Elemer reitet oder zu ihrem Monolog am Ende des 1. Aktes mit der Champagnerflasche erscheint. Gewöhnungsbedürftig ist auch die spartanische, stimmungsarme Bühne (Heike Scheele), die sich nach und nach aus einzelnen Art-déco-Segmenten zusammensetzt und erst ganz am Ende an Wirkung gewinnt. Beim Ball werden gar deren nüchterne Rückwände gezeigt, was der Szene jede Atmosphäre nimmt. Im Finale gibt der Regisseur noch ein Rätsel auf, wenn unerwartet die Kartenlegerin und Elemer auftreten und für Arabellas Glas Wasser zuständig sind.

 

Oper Leipzig: „Die Frau ohne Schatten“/ Szene/ Foto Kirsten Nijhof

Den Abschluss dieses Strauss-Festes bildete die 9. Vorstellung der Frau ohne Schatten. (Die Produktion von Balázs Kovalik/Regie, Heike Scheele/Bühne und Sebastian Ellrich/Kostüme wurde anlässlich ihrer Premiere auf diesen Seiten ausführlich besprochen.) Der Abend hatte im Vorfeld besonderes Interesse erweckt durch die Mitwirkung von Franz Grundheber in einer seiner Glanzrollen als Barak. Der Bariton, seit über fünfzig Jahren auf den größten internationalen Bühnen tätig, präsentierte eine völlig intakte, unverbrauchte  Stimme, die lange Bögen hören ließ, ein souveränes Fundament in der Tiefe, eine virile Höhe  und vor allem einen menschlichen Klang. Für Jennifer Wilson war überraschend und sehr kurzfristig als Baraks Frau Elena Pankratova eingesprungen, die die Partie aus den Noten an der Rampe sang. Der dunkel getönte, hochdramatische Sopran besitzt enorme Durchschlagskraft und Fülle, satte Tiefe und machtvollen Aplomb in der Höhe. Sie war Schirmers exzessiven Turbulenzen im Graben mühelos gewachsen – wie auch Simone Schneider als Kaiserin, die ihren glänzenden Eindruck von der Premiere bestätigte. In Volumen und Strahlkraft scheint der Sopran noch weiter gewachsen zu sein. Burkhard Fritz als Kaiser hatte nach solidem Beginn dagegen in seiner Falknerszene keine Chance gegen das hochgepeitschte Gewandhausorchester. Der verzerrte, klirrende Klang von Karin Lovelius’ Mezzo bei den exponierten Tönen der Amme störte einmal mehr empfindlich, zuverlässig dagegen der Geisterbote von Tuomas Pursio mit präsenter, energischer Stimme.

Drei große Werke von Strauss an drei Abenden mit großem Publikumszuspruch  – eine imponierende Serie als Zeugnis der beeindruckenden Leistungsfähigkeit des Hauses (Foto oben: Oper Leipzig: „Salome“/ Szene/ Foto Kirstren Nijhof). Bernd Hoppe

Sensibler Gestalter

 

An der Oper Stuttgart wurde Matthias Klink kürzlich mit Ovationen für seine sensible Gestaltung des Gustav von Aschenbach in einer Neuinszenierung von Benjamin Brittens Death in Venice  gefeiert. Hanns-Horst Bauer hat sich mit dem lyrischen Tenor über sein Künstlerleben zwischen Ensemble und Gastauftritten in aller Welt unterhalten.

 

Matthias Klink als Aschenbach in der Stuttgarter Inszenierung von „Death in Venice“/ Foto: Oper Stuttgart

Nach der Premiere von Benjamin Brittens Death in Venice  wurden Sie als Gustav von Aschenbach mit Ovationen gefeiert, wie man sie in der Stuttgarter Oper noch selten erlebt hat. Was geht in solchen Momenten in Ihnen vor? Vor der Premiere kam einer unserer wunderbaren Assistenten zu mir, wünschte mir toi-toi-toi und meinte vielsagend: Du weißt schon, was dieser Abend für dich bedeuten kann. Darüber hatte ich mir bis dahin noch gar keine Gedanken gemacht, da ich so auf die Arbeit fokussiert war, die ich zu leisten hatte. Natürlich hatte ich mir schon gewünscht, dass sich alles, was ich mir erarbeitet, erfühlt hatte, nach außen hin zusammen kommt, dass der Abend so gelingt, wie wir uns das erhofft hatten. Als ich dann mit Ovationen förmlich überschüttet wurde, war ich einfach überwältigt. Das war ganz wunderbar. Ich bin ja nicht unverwöhnt, habe immer wieder sehr viel Zuspruch für meine Arbeit bekommen. Aber so etwas habe ich noch nie erlebt. Mit einer Rolle wie der des Aschenbach habe ich als Sänger und Darsteller allerdings auch etwas in die Hand bekommen, was eine immense Kraft entwickeln kann. Was man da an Nuancen, an Fallhöhen herausarbeiten kann, ist natürlich enorm. Mit anderen Partien geht das nur bedingt, egal, wie sehr man darin auch aufgeht.

 

Wie haben Sie sich auf diese schwierige Partie vorbereitet? Als mir diese Rolle angeboten wurde, war ich begeistert. Auf die Tenorpartien in Brittens Opern hatte ich schon lange gewartet. Das Britten-Repertoire hatte ich bis dato nur in der Kammermusik gemacht, natürlich auch das fantastische War Requiem. Da ich in der laufenden Spielzeit nur Stücke gemacht habe, die ich schon kannte – etwa Carmen in Stuttgart, Nacht in Venedig in Lyon oder Lulu in Hamburg –  konnte ich mich, Tag für Tag die Britten-Partitur unter´m Arm, ganz auf den Aschenbach konzentrieren. Die Vorbereitung auf eine Rolle ist natürlich grundlegend wichtig, aber mit der ersten szenischen Probe geht für mich die intensive Auseinandersetzung mit einer Partie erst richtig los.

 

Matthias Klink (Gustav von Aschenbach), Georg Nigl (Dionysos) in der Stuttgarter Inszenierung des „Death in Venice“/ Foto Oper Stuttgart

Die Stuttgarter Aufführung ist eine Koproduktion von Oper und Ballett. Regisseur ist Demis Volpi, Hauschoreograph beim Stuttgarter Ballett. Wie sind Sie mit dieser tänzerischen Herausforderung umgegangen? Das war zunächst eine ganz formale, technische Arbeit, weil ich mich in die Schrittfolgen einarbeiten musste. Ich war sozusagen der Spielball des Balletts. Das war für mich eine willkommene Aufgabe, weil ich immer versuche, meine Rollen über eine bestimmte Körperlichkeit zu erfassen, umzusetzen. Deshalb habe ich schon bei den Vorgesprächen Demis Volpi gefragt, ob es auch eine tänzerische Annäherung Aschenbachs an Tadzio geben darf.

 

Dieser Britten-Abend dürfte sicher zu den Highlights Ihrer  Karriere gehören. An welche anderen Glanzpunkte der vergangenen Jahre erinnern Sie sich gerne? Die für meine Karriere Weg bestimmende Rolle war zweifellos der Belmonte in Hans Neuenfels´ Inszenierung von Mozarts Entführung 1998 in Stuttgart. Das war für mich ein richtiges Erweckungserlebnis. Neuenfels hat mir gezeigt, wie man die Musik durch vielschichtige Bebilderung einer Szene auf eine ganz neue, psychologische Ebene von Kraft- und Energiefeldern bringen kann. Mozart ist für Tenöre übrigens eine ganz besondere Herausforderung, weil er eine perfekte Balance zwischen dem Weiblichen und dem Männlichen verlangt. Es ist eine konstante Gratwanderung zwischen schwer und leicht, Körper und Kopf. Am besten ist mir das, vielleicht ein etwas verklärter Rückblick, bei einem Tamino bei den Salzburger Festspielen 1999 gelungen, Regisseur war damals Achim Freyer, am Pult Christoph von Dohnányi. 2009 hatte ich noch einige Taminos an der Met in New York, die mir allerdings nur leidlich Freude bereitet haben. Ich habe gespürt, dass ich da gar nicht hinpasse. Man arbeitet dort natürlich hoch professionell, clean. Alles scheint auswechselbar. Wenn man seine Arbeit mit einem Anspruch an Tiefe und Vielschichtigkeit machen will, ist man dort fehl am Platz. Und diese Zauberflöte war auch noch eine wahnsinnig oberflächliche Inszenierung.

 

Welche weiteren Highlights gab es neben dem Mozart-Repertoire? In Köln hat man mir 2009 den Hoffmann in einer Wiederaufnahme von Offenbachs Hoffmanns Erzählungen angeboten. Das war schon immer eine meiner Wunschpartien. Über diesen Hoffmann kam für mich eine Reihe von vielschichtigen Charakterrollen: Jimmy Mahoney in Kurt Weils Mahagonny, Pierre Besuchow in Prokofjews Krieg und Frieden oder Tom Rakewell in Strawinskys The Rake’s Progress. Das öffnete mir den Weg, meinem Selbstverständnis als singendem Schauspieler immer näher zu kommen.

 

„Fausts Verdammnis“ an der Oper Stuttgart: Auf dem Bild: Matthias Klink (Faust), Simon Bailey (Méphistophélès)/ Foto: A.T. Schaefer

In Köln wurden Sie 1995 zunächst für ein Jahr Mitglied des Opernstudios und waren danach im Ensemble engagiert, das allerdings nur für zwei Spielzeiten. Danach waren Sie bis zu Ihrem Eintritt ins Ensemble der Stuttgarter Oper (2006 – 2010) freischaffend tätig. In der Spielzeit 2013/14 kehrten Sie dann wieder fest nach Stuttgart zurück. Welche Erfahrungen haben Sie freischaffend und in den Ensembles gemacht? In Köln hatte ich damals im ersten Jahr im Ensemble gut 80 Abende, und im zweiten Jahr waren es plötzlich nur noch zwölf. Das war natürlich völlig indiskutabel. Ich musste doch, um mich konstant weiterzuentwickeln, gefordert sein.

Im Jahr darauf hatte ich dann wieder mehr Auftritte, wurde aber kaum für Gastspiele (vor allem in Stuttgart) freigestellt. Die Folge: Ich habe meinen Vertrag unter sehr unerfreulichen Umständen aufgelöst und war plötzlich bereits am Beginn meiner Karriere freischaffend tätig. Dabei wäre ich sehr gerne fest in Köln geblieben. Im Laufe der Jahre habe ich eine Form gefunden, die mir beide Möglichkeiten bietet, freischaffend und fest im Ensemble zu arbeiten. Bei meinem aktuellen Vertrag in Stuttgart, wo optimal geplant wird, habe ich genügend Freiraum für Gastspiele.  Ich habe eigentlich immer eine Form gesucht, wo ich einerseits im geschützteren Raum eines Ensembles arbeiten, andererseits aber auch an anderen Häusern wichtige Erfahrungen sammeln kann.

 

Matthias Klink als Adam im „Vogelhändler“ bei den Staufer Festspielen/ Foto Staufer Festspiele

Dabei spielen Dirigenten und Regisseure eine wichtige Rolle. Mit welchen haben Sie denn besonders gern zusammen gearbeitet? Wichtig beim Dirigenten ist, dass man sich gegenseitig zuhört. Wenn ich in der Probenatmosphäre den Eindruck habe, wir hier oben auf der Bühne machen etwas, und unten im Orchestergraben rührt jemand in der Musik herum, stört mich das immer wahnsinnig. Wir haben doch nur diese eine Lebenszeit, und Arbeitszeit ist Lebenszeit. Deshalb sollten wir uns bemühen, diese Zeit sinnvoll zu nutzen, sinnfällig zu machen. Und die Magie entsteht erst, wenn wir uns gegenseitig wirklich zuhören.    Dabei muss der Dirigent  vom Pult aus in der Szene mit agieren. Nahezu perfekt verwirklicht das für mich  Kirill Petrenko, aber natürlich auch Sylvain Cambreling hier in Stuttgart. Leuchttürme im Regiebereich waren für mich natürlich Hans Neuenfels, aber auch Nicolas Brieger oder Jossi Wieler & Sergio Morabito. Nicht zu vergessen die wunderbare Arbeit mit Kirill Serebrennikov in der Stuttgarter Salome.

 

Sie singen auch gerne Operette, haben sogar im vergangenen Jahr bei den lokalen Stauferfestspielen im baden-württembergischen Göppingen den Adam im Vogelhändler gesungen, bei dem nicht nur Ihre Frau, sondern auch Ihr jüngster Sohn Julius (7) mitgewirkt haben. Was reizt Sie an diesem Genre? Operette ist einfach faszinierend und bietet lyrischen Tenören ganz tolle, aber auch immens schwierige Traumpartien. Man muss hier eine gute Mischung finden zwischen der relativ tiefen Tessitura, die ein gewisses Gewicht verlangt, und der Kraft, die Stimme wieder nach oben zu führen. In dieser Musik stecken außerdem so viele Nuancen wie in einer Mozart-Arie oder in einem Schubert-Lied. Dazu kommt bei der Operette noch ein fast Dada-hafter Wortwitz. Damit kann man ungeheuer spielen. Bei meiner Abschlussprüfung an der Stuttgarter Musikhochschule habe ich „Schatz, ich bitt´ dich, komm heut´ Nacht“ aus Lehárs Frasquita gesungen. Operette war schon immer ein Teil meiner stimmlichen Entwicklung.

 

Simone Schneider (Salome) und Matthias Klink (Herodes) in der Stuttgarter „Salome“/ Foto: A.T. Schaefer

Und das auch mit Ihrer Frau, der Sopranistin Natalie Karl, zusammen? Auf der Bühne stehen wir ja nur noch selten zusammen. Aber wir haben  eine Operetten-CD aufgenommen, Die ganze Welt ist himmelblau. Im vergangenen Jahr haben wir beim Bayerischen Rundfunk Tonfilmschlager gemacht. Und die gibt´s noch mal mit dem WDR zum nächsten Jahreswechsel. Wie gehen Sie denn als Sänger-Ehepaar mit gegenseitiger Kritik um? Wir können uns ganz gut kritisieren. Das haben wir gewissermaßen „von klein auf“ gelernt, denn wir kennen unsere Stimmen in- und auswendig schon seit Studienzeiten. Das ist etwas sehr Wertvolles.

 

„Die ganze Welt ist himmelblau“ mit Nathalie Karl und Matthias Klink/ http://www.neuerkunstverlag.de/musik/

Wie haben Sie denn Ihre Begeisterung fürs Singen entdeckt? Ich komme aus einer hausmusikalischen Familie. Meine Eltern waren passionierte Chorsänger, unter anderem auch in Wolfgang Gönnenweins Süddeutschem Madrigalchor. So ist meine früheste Opern-Erinnerung, da war ich zwei oder drei Jahre alt, die Generalprobe  einer  Zauberflöte im Ludwigsburger Schloss. In meiner Familie wurde eigentlich immer gesungen. Daneben habe ich Geige gelernt, die ich allerdings in der Pubertät durch eine E-Gitarre ersetzt habe, die ich heute noch im Keller spiele. Dort finden jetzt Sessions mit meinem älteren Sohn Linus (12) am Schlagzeug statt, der, glaube ich, einmal richtig gut wird.  Die Rockmusik hatte einen sehr großen Einfluss auf mich. Die Musik der Beatles war die erste, mit der ich mich analytisch beschäftigt habe, die mich auf einer intellektuelleren Ebene berührt und gefesselt hat. Daneben habe ich auch immer im Schulchor gesungen. Dann hatte ich das Glück einer großartigen Theater-AG an unserem Gymnasium. Bei einer Produktion von Jesus Christ Superstar habe ich in der Band gespielt und durfte den Superstar-Song aus dem Off singen. Damit war klar: So will ich mich ausdrücken. Ich will auf die Bühne.

 

In welchen neuen Rollen wollen Sie sich in den kommenden Jahren noch weiter ganz persönlich ausdrücken? Das französische Fach reizt mich sehr. Ganz konkret mache ich in der nächsten Spielzeit  Mime im Siegfried in Düsseldorf und in der Folge in Chicago. Und ich finde, dass ich mich irgendwann mal einem Lohengrin aussetzen sollte. Ob das andere auch finden, weiß ich natürlich nicht… (Und ein Blick zu Amazon zeigt, was es alles auf CD und DVD von Matthias Klink gib – von Lèhar über Strauss bis zu Rihm! Foto oben: Matthias Klink als Golozin in der Stuttgarter „Chowanschtschina“/ Szene/ Foto: A.T. Schaefer)

 

 

Matthias Klink im Stuttgarter Opernhaus/ Foto Hanns-Horst Bauer

Zur Person: Matthias Klink wird 1969 in Waiblingen geboren. Gesangsstudium an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart und an der Indiana University Jacobs School of Music in Bloomington. 1995 Mitglied des Opernstudios, ein Jahr darauf Ensemblemitglied der Städtischen Bühnen Köln. Ab 1998 freischaffend tätig, 2006-2010 festes Ensemblemitglied der Oper Stuttgart. Er gastierte u.a. in Hamburg, Dresden, Frankfurt, an den drei großen Berliner Opernhäusern und an der Mailänder Scala. Auftritte führten ihn zu den Festspielen in Baden-Baden, Aix-en-Provence und der Ruhrtriennale. Seit seinem Salzburger Debüt 1999 bei der Uraufführung von Berios Cronaca del luogo ist Matthias Klink dort regelmäßig zu Gast. Er war als Tamino (Die Zauberflöte) und Matteo (Arabella) an der Wiener Staatsoper sowie im September 2009 ebenfalls als Tamino an der Metropolitan Opera zu erleben. 2010 wirkte Klink als Ein Gast/Apollon in der Uraufführung von Wolfgang Rihms Dionysos bei den Salzburger Festspielen mit. In den vergangenen Jahren hat er sein Repertoire um Partien wie Don José, Erik, Alfredo, Tom Rakewell, Hoffmann und Herodes erweitert. 2015 sang er Alwa (Lulu) unter Kirill Petrenko an der Staatsoper München und Der Kavalier (Cardillac) unter Franz Welser-Möst an der Staatsoper Wien. 2016/17 gastiert Klink u.a. als Alwa in der Regie von Christoph Marthaler an der Staatsoper Hamburg unter der Leitung von Kent Nagano. Als Ensemblemitglied der Oper Stuttgart seit 2014/15 ist Matthias Klink in der laufenden Spielzeit als Don José in Carmen und als Gustav von Aschenbach in der Neuinszenierung von Der Tod in Venedig zu erleben.Quelle Oper Stuttgart

 

http://www.matthiasklink.de

Telemann kompakt

 

In einer schmucken Konfektschachtel hat Warner Classics unter dem Titel  auf 13 CDs (0190295860134) wichtige Werke des Magdeburger Komponisten wieder veröffentlicht und dabei auch auf die im Übernahme- Archiv befindlichen Teldec-Aufnahmen aus den 1960er Jahren zurückgegriffen. Die Auswahl umfasst Orchesterwerke, Kammermusik und Vokalkompositionen. Letztere befinden sich auf den  CDs 11 bis 13 und bieten das „Singgedicht in vier Betrachtungen“ Der Tag des Gerichts sowie die Cantata TWV 20:41 Ino und das Intermezzo giocoso Pimpinone oder Die ungleiche Heyrath. Das Oratorium und die Kantate sind Alterswerke des Meisters, während sich in Pimpinone sein Sinn für humoristische Wirkungen verwirklicht. Siegmund Nimsgern singt die Titelrolle eloquent, mit gebührend harscher und polternder Stimme. Gekonnt ist der Wechsel zwischen seiner normalen Bassbaritonlage und dem Falsett. Uta Spreckelsen ist die munter plappernde und virtuos singende  Vespetta. Mir ist ihr Ton zu lieblich – ein paar biestige Töne würden dem Charakter der Figur nicht schaden. Die Aufnahme wurde 1974 in Wien mit dem Ensemble Florilegium Musicum unter Hans Ludwig Hirsch eingespielt. Heute würde ein Dirigent der Alte-Musik-Szene dem Stück ein mehr federndes, swingendes Klangbild geben. Das auf der Aufnahme ist weich und rund, mutet aber etwas romantisch und patinös an.

Beim Tag des Gerichts verhält sich das anders, denn Nikolaus Harnoncourt steht am Pult des Concentus Musicus Wien und sorgt für ein energisches, plastisch artikuliertes Musizieren. Er sichert dem Werk aber auch Feierlichkeit und grandeur, wie sogleich in der Einleitung zur Ersten Betrachtung zu vernehmen ist.  Großen Anteil am starken  Eindruck der Einspielung hat der Monteverdi-Chor Hamburg (Jürgen Jürgens), der seine vielfältigen Aufgaben prononciert und klangvoll absolviert. Pompös breitet er den ersten Gesang „Der Herr kommt“ aus und verströmt festlichen Glanz in „Schallt, ihr hohen Jubellieder“ zu Beginn der Vierten Betrachtung. Während der Tenor Kurt Equiluz und der Bass Max van Egmond zur Stammbesetzung des österreichischen Dirigenten zählen, sind die Sopranistin Gertraud Landwehr-Herrman und die Altistin Cora Canne-Meijer weniger bekannt. Doch sie alle vier bilden ein stilistisch vorbildliches Quartett und weisen zudem auf das Alter der Aufnahmen hin.

Ergänzt wird die CD durch die Ino-Kantate mit Roberta Alexander als Solistin – auch sie ist auf Harnoncourts Besetzungslisten mehrfach anzutreffen und überzeugt durch die Verbindung von expressiver Gestaltung und der charaktervollen Schönheit ihres Soprans.

Die Anthologie wird eröffnet mit den Sechs Darmstädter Ouvertüren TWV 55 auf CD 1 und 2, wiederum unter der Leitung von Nikolaus Harnoncourt, der ein Pionier der Originalklangbewegung war. Sie basieren auf Telemanns engen Kontakten zu Musikern des großherzoglich hessischen Hofes. Während seiner Frankfurter Zeit von 1712 bis 21 nutzte der Komponist die räumliche Nähe zu Darmstadt, um von dort Musiker der renommierten Hofkapelle für seine Aufführungen zu verpflichten. In Darmstadt selbst war Telemanns Musik ein Hauptpfeiler des Repertoires – auch als der Komponist bereits nach Hamburg gegangen war.

Bei den auf drei CDs (3 bis 5) angeordneten Concerti teilen sich Harnoncourt mit dem CM sowie die Berliner Barock Solisten unter Rainer Kussmaul, die Alma Musica Amsterdam unter Lucy van Dael und The Saint Paul Chamber Orchestra unter Hugh Wolff in die Ausführung.

Ein Concerto bietet das Zusammenwirken von Instrumentalisten mit einem Ensemble aus Streichern und dem Generalbass. Telemann hat hinsichtlich der Fülle seiner Kompositionen (etwa 120 Konzerte sind überliefert) und der Vielfalt der eingesetzten Instrumente Bedeutendes für dieses Genre geschaffen. So vereint CD 3 vier Konzerte in verschiedener Besetzung – das erste für Flöte, Fagott, zwei Violinen und Viola, das zweite für vier Violinen, das dritte für zwei Hörner und Violinen, das vierte für drei Oboen, drei Violinen und Kontrabass. Telemann gelangen in diesen Kompositionen reizvolle Klangwirkungen, auch spannungsvolle Dissonanzen, die von Harnoncourt und seinem Ensemble dynamisch gut abgestuft und artikuliert ausgereizt werden. Bei den weiteren Concerti wirken als Solisten u. a. Emmanuel Pahud, Albrecht Mayer, Bernhard Forck und Rainer Kussmaul mit, so dass die Ausgabe den Bogen spannt bis in die gegenwärtige Konzertszene mit heutigen Interpreten.

CD 6 und 7 sind Auszügen aus der Tafelmusik vorbehalten, hier sind das Concerto Amsterdam und Frans Brüggen die Ausführenden. Damit wird verdienstvoller Weise ein weiterer renommierter Barockinterpret in die Anthologie eingegliedert. Der holländische Musiker hat nach seiner internationalen Karriere als bedeutender Blockflötist auch als Dirigent gewirkt, 1981 das Orchestra of the Eighteenth Century gegründet und eine Reihe von bedeutenden Einspielungen verantwortet. Dazu zählt auch diese der Tafelmusik mit ihren tänzerischen Effekten und dem rhythmischen Drive.

Die CDs 8 bis 10 sind kammermusikalischen Werken gewidmet und bringen Sechs Pariser Quartette TWV 43 mit dem Flötisten Wilbert Hazelzet und dem Ensemble Sonnerie sowie Trio-Sonaten & Quartette mit diversen Solisten.

Die Pariser Quartette für Traversflöte, Violine, Viola da gamba und Bc. waren zunächst vom Komponisten in Hamburg im Eigenverlag veröffentlicht, wurden 1736/37 von einem Verleger in Paris nachgedruckt, woraufhin Telemann in die französische Metropole reiste, um solche Raubkopien zu verhindern. Er veröffentlichte dort sechs Nouveaux Quators, was später zur Eingliederung dieser insgesamt zwölf Stücke in den Werkkanon als Pariser Quartette führte. In ihnen vermischen sich französische und italienische Stilelemente. Die häufig vorkommende Satzfolge schnell-langsam-schnell entspricht dem Vorbild Vivaldis in seinen Konzerten. Telemanns Liebe zur französischen Musik spiegelt sich in den Tanzelementen und Suitensätzen (Menuet, Gigue, Courante, Air) wider. Die 1978 und 81 eingespielten Werke mit renommierten Barock-Spezialisten wie Alice Harnoncourt und Bob van Asperen sind in ihrer stilistischen Kompetenz wichtige Zeugnisse zeitlos gültiger Interpretationen. Die Warner-Ausgabe verschafft einen umfassenden Überblick von bedeutenden Telemann-Dokumenten der vergangenen fünf Jahrzehnte und bietet dem Musikfreund die Gelegenheit, sich mit dem riesigen Werk des Magdeburger Meisters in diversen Genres und Interpretationen zu befassen. Bernd Hoppe

 

Leider ohne jede Produktions-Jahre-Angaben und in der Auswahl doch recht willkührlich gibt es bei Hänssler Profil eine 8-CD-Wiederaufbereitung geistlicher Werke Telemanns, weitgehend Aufnahmen unter Ulrich Stölzel mit dem Collegium Vocale Siegen und dem Trompeten Consort Friedemann Immer (Kantaten und Oden) und den Solisten Mechthild Georg, Andreas Post, Albrecht Pohl, Dagmar Linde, Max Ciolek, Achim Ruck, Raimund Nolte, Miriam Feuersinger, Franz Vitzthum, Klaus Mertens, Stefanie Wüst, Angela Froemer, Georg Poplutz, Jens Hamann, Monika Mauch, Ralf Popken, Andreas Post, Konstanze Maxsein, und andere mehr, diese in Einspielungen von 2010 bis 2014 und bereits mehrfach veröffentlicht, auch bei Brilliant. Die Matthäus-Passion von 1746 ist die von 1995 mit Barbara Schlick, Claudia Schubert, Wilfried Jochens, Stefan Dörr, Hans-Georg Wimmer und Achim Rück, erneut unter Ulrich Stölzel. Den Abschluss macht René Jacobs, auch singend, am Pult der Akademie für Alte Musik Berlin in weiteren Kantaten (u. a. Die Einsamkeit, Tirsis am Scheidewege sowie Nach Finsternis und Todesschatten) (8 CD PH 17014). S. L.

 

Zeitgenössisches

 

Man trennt nicht einfach das seit 1893 wie siamesische Zwillinge zusammengewachsene Opern-Doppel Cavalleria Rusticana und Pagliacci. An Versuchen hat es freilich nicht gefehlt – zuletzt hat man der Cavalleria in Dessau Pierantonio Tascas A Santa Lucia zur Seite gestellt; Besseres kam aber selten nach. Im Juni 2015 kombinierte die Oper Leipzig Leoncavallos Pagliacci mit der Uraufführung von The Canterville Ghost von Gordon Getty. Der Mitschnitt kam bei Pentatone heraus (PIC 5186 541), wo auch schon die vom Leipziger Intendanten Ulf Schirmer dirigierte Aufführung von Plump Jack  sowie die Andersen-Oper vom Mädchen mit den Schwefelhölzern erschienen war. Um ihm die Uraufführung dieser Nichtigkeit an einem ersten deutschen Haus zu servieren, muss Schirmer schon ungemein angetan gewesen sein von den musikdramatischen Qualitäten des 83jährigen Amerikaners. Getty, den wikipedia als Businessman, Investor und Philanthrop beschreibt, hat ein umfangreiches kompositorisches Oeuvre vorgelegt, das an prominenten Orten zur Uraufführung gelangte, wobei ihm möglicherweise zu Hilfe kam, dass er ein Sohn des Öl-Tycoons Paul Getty ist.

An dem 60minütigen Einakter The Canterville Ghost, zu dem Getty selbst das Libretto verfasste, ist nicht viel auszusetzen. Man muss dieses altmodisch-banale, spätromantisch-illustrative Idiom schon sehr mögen, dazu die plätschernde Lieblichkeit und abrufbare Gruselromantik, mit der Oscar Wildes Erzählung 1887 und die Geschichte der Virgina Otis auf Canterville-Castle ummantelt wird, um von dieser musicalhaften Instant-Dramatik überzeugt zu sein. Die in Wildes Erzählung eingeschriebenen Brüche zwischen Satire, romantischer Liebesgeschichte und Burleske werden nicht angekratzt, die Figuren erfahren keine Vertiefung. Virginia ist die lyrische Naive (Alexandra Hutton mit klarer Pamina-Stimme), Canterville der wütende Bariton in der Verdi-Tradition (Anooshah Golesorkhi macht das allerbeste daraus) – beider Begegnung bildet die umfangreichste der aus 20 Szenen bestehenden Oper -, der Geist ein bellender Bass (Matthew Trevino); dazu kommen Timonthy Oliver als Oris, Jean Broekhuizen als Mrs. Otis sowie Danise Wernly und Rachel Marie Hauge.  Matthias Foremny und das Gewandhausorchester geben viel für das banale Stück, das mit Streichern und Xylophon, Blechbläserkaskaden und Cembalo durchaus Momente schafft, denen man sich wie gut konstruierter Filmmusik nicht entziehen kann (siehe auch die Version von Alexander Knaifel).

 

Etwas völlig Unbekanntes kommt aus Stockholm. Der Mitschnitt einer am Neujahrstag 1965 an der Kungliga Operan uraufgeführten Oper, vor der ich nie hörte. Auch nicht von dem Komponisten: Laci Boldemann. Sterling holt das Versäumnis auf zwei CD nach (Sterling CDO 1111/1112-2). Es mag daran liegen, dass es sich bei Black is White – said the Emperor/ Schwarz ist weiß, sagte der Kaiser um eine Kinder- oder Familienoper handelt, ein Genre, das damals noch nicht die derzeitige Hausse erlebte und irgendwie in die Ritze fiel. Ich habe die Aufnahme gerne gehört und das sehr hübsche Libretto und das Beiheft (schwed.., engl. und dt.) mit den Skizzen zur Uraufführung gerne gelesen.

Boldemann wurde 1921 in Helsinki geboren. Sein Großvater „war der Schriftsteller Arvid Järnefelt, dessen Bruder Armas Järnefelt erster Hofkapellmeister an der Königlichen Oper Stockholm war. Deren Schwester Aino heiratete Jean Sibelius“. Durch seinen Vater war er deutscher Staatsbürger und besuchte in Berlin die Schule. Er studierte an der Royal Academy of Music in London (u.a. bei Henry Wood) sowie Klavier in Schweden bei Gunnar de Frumerie. 1942 musste er in die deutsche Armee eintreten, diente in Russland, Polen und Italien, von wo aus er desertierte und zwei Jahre in einem amerikanischen Gefangenenlager verbrachte. Nach dem Krieg lernte er in Lübeck seine Frau Karin kennen, eine Enkelin des Bassisten Paul Bender. 1947 zogen beide nach Schweden, wo seine Großeltern lebten und Boldemann als Komponist und Musiklehrer arbeitete. Den Auftrag zu der Märchenoper erhielt er vom Set Svanholm, der ab 1956 als Chef der Königlichen Oper fungierte. Chefdirigent war damals Michael Gielen, der durch seine Kinder auf Boldemanns Kinderlieder aufmerksam gemacht worden war. Der Entwurf zur Oper stammt von Boldemanns Frau Karin, die durch die Frage eines Sechsjährige, ob Hitler wirklich so böse war und warum die Leute taten was er sagte, angeregt wurde, die Antwort darauf als Märchen zu behandeln. Im Zentrum ihrer im Orient zur Zeit von Jesu Geburt spielenden Handlung steht ein Junge, dem es gelingt die Diktatur des Kaisers zu stürzen. Außerdem gibt es die Liebesgeschichte zwischen der Prinzessin und dem Prinzen sowie Episoden mit dessen lustigen Begleitern. Den Text verfasste der Kinderbuchautor Lennart Hellsing. Boldemann komponierte eine richtige Oper, keine sparsame Kinderoper. Modern war Schwarz ist weiß, sagte der Kaiser schon zur Entstehung nicht – im Gegensatz zu Blomdahls Aniara und Werles Drömmen om Thérèse, hinter deren Entstehung auch Svanholm stand; übrigens erhielt Boldemann einen Auftrag Rolf Liebermanns, für die Hamburgische Staatsoper Lindgrens Mio, mein Mio zu schreiben. Dazu kam es nicht mehr. Boldemann starb 1969 in München nach einer Gallenoperation. Aber die Oper ist farbig, lebhaft, abwechslungsreich, mit kräftigen Akzenten, Gongs, Trompeten, volkstümlich, beispielsweise in Chören, die zeigen, weshalb seine kurz vor seinem Tod entstanden Liedersammlung bis heute zum Bestand des schwedischen Chor-Repertoires gehört, mit tänzerischem, musikdramatischem Drive im Zuge der russischen Modernen, mit liedhaften Solostellen, veritablen Arien, einem Duett, Terzett, Quartett und Quintett und kauzigen Pantomimen; als der Kaiser seine Macht verliert, kommt eine elektronische Orgel zum Einsatz, die bei der Uraufführung von dem Avantgardisten Karl-Erik Welin gespielt wurde. Der Titel bezieht sich auf zwei große Vasen, eine schwarze und weiße. Der Kaiser befiehlt dem Prinzen, die weiße zu holen, worauf dieser die weiße bringt, der Kaiser behauptet aber, dass dies die schwarze sei. Die Höflinge bestätigen die Aussage des Kaisers. Der Doktor holt die schwarze Vase und sagt, „hier ist die weiße“. Der Prinz protestiert und wird in einem Käfig eingesperrt. Der Junge kommt frei und gerät abermals in die Nähe des Kaisers, der wieder das Offensichtliche leugnet und den am Himmel leuchtenden Stern nicht sehen will. Wieder stimmen ihm alle zu. Einzig der Junge bleibt standhaft, „ich kann ihn sehen“. Als der Kaiser zum Schlag gegen den Jungen ausholt, nimmt das Leuchten an Intensität zu. “Es ist da, ob wir wollen oder nicht“, sagt der Junge. Endlich erkennt auch der Kaiser, dass es eine höhere Macht gibt. Er lässt die Gefangenen frei, überlässt die Herrschaft den Prinzen und der Prinzessin und reitet in die Wüste, wobei die Geschichte offen lässt, ob er einer der drei Heiligen Könige sein könnte. Der Junge sucht neue Abenteuer.

Die Stockholmer Oper hatte unter Per-Ake Andersson erste Kräfte (und eine engagierte Souffleuse) aufgeboten: in seiner letzten neuen Partie gibt der Sven Nilsson, der in den 1930er Jahren in Dresden gesungen und u. a in den UA von Arabella und Daphne mitgewirkt hatte, den Kaiser – nicht nur durch diese Besetzung des Kaisers mit einem dunkelschweren Bass fühlte ich mich an György Ránkis Des Kaisers neue Kleider erinnert, in dem Mihály Székely 1953 den Kaiser kreiert hatte. Als Junge debütierte Gunilla Slattegard an der Königlichen Oper, der sie bis 1989 angehörte, Laila Andersson, die frisch, anrührend und jugendlich unverstellt klingende Prinzessin, entwickelte sich zu einer dramatischen Sängerin, die als Salome oder Brünnhilde auch hierzulande gastierte. Ein Dokument.

Schwächer ist es um eine 50 Jahre jüngere Einspielung bestellt: Kurt Weill: „A Portrait from Berlin to New York“. Toll die Auswahl auf den beiden CDs (CDA 1820/1821-2), die von der Dreigroschenoper bis zu dem unfertigen Huckleberry Finn reicht und auch so Raritäten wie Love Life streift, deren deutschsprachige Erstaufführung das Theater Freiburg für die kommende Saison avisiert. Das ist alles in Ordnung. Freundlicheres lässt sich über die Box nicht sagen. Doch wer ließ diese Aufnahme passieren? Kein Wort zuviel über eine Interpretation, die in dieser Form bei einem Privatkonzert schön gewesen wäre, aber so…? Der erste Eindruck ist erschreckend. Nicht nur, weil Torsten Mossberg über eine allenfalls halb studierte Chorsängerstimme verfügt und so singt, dass man es als zusätzlichen Verfremdungseffekt auffassen könnte und auch die weiteren Beteiligten über ein engagiertes Amateurniveau (nur Karin Hultenberger ist eine deftige Mrs. Peachum) kaum hinausreichen, sondern weil die Aufnahme auch technisch seltsam antiquiert anmutet.

 

So oft werde ich die Canticles of the Holy Wind des Komponisten und Umweltaktivisten John Luther Adams (*1953) vielleicht nicht hören, obwohl die 14 rund eine Stunde währenden wortlosen Chorgesänge mit bimmelnden, kristallinen Klanggestalten subtile Landschaftsbilder beschwören. Vornehmlich den Himmel und die Wolken („Sky With Four Suns“, „Sky With Four Moons“, „Sky With Nameless Colors“, „Sky With Endless Stars“) beschreiben und daneben – sozusagen als Markenzeichen von Adams – auf vielfältigste Weise Vogelgesänge und eine unverdorbene, ursprüngliche Welt evozieren („The Hour Of The Doves“, „Cadenza Of The Mockingbird“, „The Hour oft he Owl“). Gerade mit den ätherisch gezirpten, ganz niedlichen Birdsongs erzielt Adams eine oft hypnotische Wirkung, die der ausgezeichnet instruierte Kammerchor The Crossing, der das Stück 2013 in Auftrag gegeben hatte, in dieser im August 2016 unter Donald Nally entstandenen Einspielung zu feinsinniger, oft auch komischer Wirkung bringt (cantaloupe music CA21131).  R. F.

Rolf Fath

Vergessenes vom Dresdner Hof

 

Der italienische Komponist Giovanni Alberto Ristori (1692 – 1753) gehörte  zum Umkreis von Hasse, Heinichen, Pisendel und Quantz am Dresdner Hof von August II. und seinem Sohn August III. Allerdings stand er im Schatten dieser Komponisten, trotz seiner vielen Funktionen als Mitglied der Dresdner Hofkapelle, Organist in der Katholischen Hofkirche, Cembalist in der Semperoper und Komponist von Opern, Serenaden, Kantaten und Kirchenmusik. Er war zudem Musiklehrer der königlichen Familie und unterrichtete die älteste der sächsischen Prinzessinnen, Maria Amalia. 1738 wurde ihre Hochzeit mit dem König von Neapel gefeiert und Ristori mit ihr nach Italien entsandt. Für den neapolitanischen Hof komponierte er Temistocle und Ariano in Siria. Nach dem Aufenthalt in Neapel, der seinen Kompositionsstil beeinflusste, wirkte er ab 1740 wieder in Dresden und wurde dort nach Zelenkas Tod zum Kirchenkomponisten ernannt.

Auf einer neuen CD von Audax stellt die argentinische Sopranistin María Savastano drei Kantaten des Komponisten vor (ADX 13711), deren früheste, Didone abbandonata, 1748 für eine Aufführung in Schloss Pillnitz geschaffen wurde. Ein Jahr zuvor hatte Maria Amalias Bruder, Kronprinz Friedrich Christian, die bayerische Prinzessin Maria Antonia geheiratet, die eine ausgebildete Sängerin und begabte Dichterin war. Die Texte zu den drei Kantaten stammen von ihr und Ristori, der inzwischen in das Taschenbergpalais eingezogen war, um einen ständigen Zugang für den Unterricht mit der Kronprinzessin zu haben, vertonte sie in schneller Folge.

Die berühmte und unzählige Male in Musik gesetzte Geschichte der von Aeneas verlassenen Dido beginnt bei Ristori mit einer Marcia, gefolgt von Didones erster Szene mit Rezitativ und schmerzlicher Arie. Die Stimme der Argentinierin besitzt eine schöne Fülle, ist kultiviert und farbig. Der letzte Teil der Komposition ist erfüllt von Didones Racheschwüren, dem Heraufbeschwören von Himmel, Hölle und Meer. Hier vermag die Solistin mit vehementem Einsatz ihres Soprans, der gleichwohl stets maßvoll gezügelt ist und der Virtuosität nichts schuldig bleibt, starke Akzente zu setzen.

Lavinia a Turno, welche das Programm der CD eröffnet, wurde gleichfalls 1748 erstmals aufgeführt, wiederum mit Maria Antonia als Solistin. Sie hatte diese Episode über die Tochter des Königs Lavinus, die mit Aeneas vermählt werden soll, jedoch Turnus versprochen war, ebenfalls aus Vergils Epos ausgewählt. Die Interpretin findet hier den gebührend klagenden Tonfall und weiß Ristoris ausgedehnte Accompagnato-Rezitative mit Leben zu erfüllen sowie die extremen Wechsel in der Dynamik plastisch auszureizen.

Die abschließende Kantate Nice a Tirsi ist eine arkadische Pastorale, welche Nicis Gefühle während der Abwesenheit ihres geliebten Schäfers Tirsi beschreibt. Auch dies geschieht in der bekannten Abfolge Rezitativ – Arie und mit den entsprechenden Stimmungswechseln. „Non v’è duolo uguale al mio“ ist eine reizvolle Arie mit melancholisch wiegendem Rhythmus, „È d’Amore dolce l’impero“ eine freudige Äußerung, die zum imaginären Liebesduett wird, weil die Oboe den abwesenden Geliebten ersetzt. Den heiteren Charakter dieser Musik verdeutlicht María Savastano mit munterem Duktus und eloquentem  Vortrag.

Vom Ensemble Diderot auf historischen Instrumenten unter Leitung von Johannes Pramsohler wird die Solistin sehr aufmerksam und feinsinnig begleitet. Das Kammerorchester ergänzt das Programm der Platte noch mit Ristoris Konzert für Oboe und Streicher Es-Dur – auch dies eine Weltersteinspielung wie zuvor die beiden Kantaten Didone und Nice. Ristori schrieb es für den Virtuosen Antonio Besozzi, der 1739 in die Dresdner Hofkapelle verpflichtet worden war. Hier ist eine brillante Technik gefordert, über welche der baskische Musiker Jon Olaberria in hohem Maße verfügt. Bernd Hoppe

Aus dem Deutschen Rundfunk-Archiv

 

 Albert Lortzing war einst sehr populär in Deutschland; kaum ein Stadttheater, das seine Opern nicht im Repertoire hatte. Doch allmählich ist es still geworden um ihn, Hits wie Zar und Zimmermann oder Der Wildschütz werden kaum noch aufgeführt. Jetzt hat das Schweizer Label Relief eine Oper von ihm neu herausgebracht, Die beiden Schützen.  Es scheint, dass jetzt, wo in Deutschland die Lortzing-Begeisterung abgeflaut ist, Interesse in der deutschsprachigen Schweiz aufflammt. Relief, spezialisiert auf Deutsche Spieloper mit guten Kontakten zur Lortzing-Gesellschaft, ist es gelungen, einen Schatz zu heben, der in Brandenburg lag, und zwar im Potsdamer Rundfunkarchiv, eine historische ostdeutsche Aufnahme aus dem Jahr 1951 mit Spitzenkräften der damaligen Zeit. Aufgezeichnet wurde in Leipzig unter dem Dirigenten Herbert Haarth. Das Ganze wurde sehr akzeptabel restauriert, die Musik erklingt in kristallklarem breiten Mono. (Und es ist eine kleine Sensation, dass das sonst für private Sammler so spröde Deutsche Rundfunk-Archiv in Potsdam sich  nach der Hänssler-Dresden-Initiative zu einer weiteren Veröffentlichungs-Kooperation mit einer CD-Firma entschlossen hat…/ G. H.)

Die beiden Schützen waren Lortzings großer Einstand an seinem Hauptwirkungsort Leipzig, die erste abendfüllende Oper, sofort ein großer Erfolg. Das ganze eine total albern-harmlose, fast operettige Verwechslungskomödie, in der man auch nach dem sechsten Hören noch nicht ganz versteht wer mit wem und warum. Es geht – soviel ist klar – um zwei Soldaten, deren Taschen bei einer Wirtshausrauferei vertauscht werden, so dass sie in der Kleinstadt für einst ausgewanderte Söhne des Bürgermeisters gehalten werden.

Lortzing, am Anfang seiner großen Karriere, schreibt mit Enthusiasmus und einem Charme, der heute noch wirkt, mag das Verwirrspiel selbst recht abgeschmackt sein, musikalisch finde ich das Werk überhaupt nicht angestaubt; im Gegenteil, die Musik wirkt zum Teil frischer als in späteren tümelnden Werken wie Waffenschmied oder Hans Sachs, weil eben der Komponist noch ganz unverbraucht und fast naiv sein Talent verströmt.

Naivität, wohlgemerkt, im Erfinden volksliedhafter Melodien, nicht im strukturellen Sinne – es ist bewundernswert, wie er sich hier mutig in Ensembles stürzt, und schon im ersten großen Werk keinen Zweifel daran läßt, dass er das deutsche Singspiel mit seinen ewigen Trällerliedern komplett entrümpeln will und wird; die Oper hat 16 Gesangsnummern, davon sind 10 Ensemble, mehr als die Hälfte, das ist schon beeindruckend, und viele Nummern haben einen fast schon operettenhaften Schwung.

Aufgeführt wird die Oper nicht mehr, weil der Stoff einfach zu banal ist, trotz der schönen Musik.   Es gibt aber noch zwei andere historische Aufnahmen, fast zur selben Zeit entstanden, was kein Wunder ist, denn 1951 war der 100. Todestag von Lortzing. Eine kommt von Bayerischen, eine vom Hessischen Rundfunk – beide sind viel prominenter besetzt.  Die andern warten mit größeren Namen auf: Richard Holm, Benno Kusche, Karl Schmitt-Walter etc., Trotzdem hat diese Leipziger Aufnahme für mich die beiden anderen sofort ausgestochen, denn es scheint die authentischste zu sein: kaum Striche, alle 16 Nummern plus der 3 Orchesterstücke sind da, auch die meisten Reprisen, eine stilistisch ganz erstaunlich seriöse Aufnahme, mit einem wirklich fantastischen Lortzing-Dirigenten, der den Witz der Lortzing-Musik duch feine und spitzbübische Tempowechsel lebendig macht. Das ist auch nicht schlechter als Heger oder Schüchter.

Grade weil man das Werk vermutlich nicht wiederbeleben kann und es hier in dieser Aufnahme glänzend konserviert ist, sollte der Opernfan hier zuschlagen. Denn man muss dran glauben, um diese Musik perfekt hinzukriegen, und dafür muss man wohl, wenn nicht im Jahr 1837, so doch wenigstens im Jahr 1951 leben. So stilistisch brillant und distanzlos jedenfalls wird man´s nicht wieder hinbekommen im 21. Jahrhundert. Das sind exzellente Sänger  am Start: Gert Lutze etwa, ein sehr akzeptabler Tenor, oder Ursula Richter, einer der großen Stars der Komischen Oper. Auch die kleineren Rollen sind durchaus gut besetzt. Das ist Musik für singende Schauspieler, und schauspielern konnten damals fast  alle Opernsänger in den 50er Jahren. Mir jedenfalls haben die Schützen knappe 2 Stunden lang größtes Vergnügen bereitet, auch weil die Produzenten vor 66 Jahren so gnädig waren, den kruden Text auf ein Minimum zu kürzen. Matthias Käther

 

Albert Lortzing – Die beiden Schützen; mit Gert Lutze, Ursula Richter, Theodor Horand u. a.; Chor des MDR; Mitteldeutsches Rundfunkorchester; Herbert Haarth; Historische Aufnahme aus dem Jahr 1951; RELIEF CR 1925 

 

Rosalie

 

Die Bühnenkünstlerin Rosalie ( (* 24. Februar 1953 in Gemmrigheim als Gudrun Müller) starb am 12. Juni 2017 in Stuttgart. Von 1974 bis 1978 studierte Rosalie Germanistik und Kunstgeschichte an der Universität Stuttgart und von 1975 bis 1982 Malerei, Grafik und Plastisches Arbeiten an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, davon von 1977 bis 1982 Bühnenbild bei Jürgen Rose. Seit 1979 war sie freischaffende Künstlerin. Sie entwarf experimentelle Raum- und Figurenkonzepte und war als Malerin, Installationskünstlerin und Bildhauerin tätig. Daneben übernahm sie Aufträge als Bühnen- und Kostümbildnerin für Oper, Schauspiel, Ballett, experimentelle Musik und Film. Seit 1995 war Rosalie an der Hochschule für Gestaltung Offenbach am Main Professorin mit eigenem Lehrstuhl für Bühnen- und Kostümbild. 2003 leitete sie eine Meisterklasse bei der Internationalen Sommerakademie für Bühnenbild in Salzburg. Von 2002 bis 2004 war sie Jurymitglied des Bayerischen Theaterpreises und 2002 Gründungsmitglied der Hessischen Theaterakademie Frankfurt am Main. 1982 erhielt Rosalie das Stipendium der Kunststiftung Baden-Württemberg, 1988 den Ersten Preis für das beste Bühnenbild der 1. Münchener Biennale und einen Preis für das beste Kulturplakat der Stadt München. 2008 wurde ihr der Europäische Kulturpreis für das künstlerische Gesamtwerk durch die Europäische Kulturstiftung „Pro Europa“ verliehen. 2009 erhielt sie den Walter-Fink-Preis des ZKM | Karlsruhe für intermediale Disziplinen. Am 20. April 2013 verlieh ihr Ministerpräsident Wilfried Kretschmann den Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg (Quelle Wikipedia) .Nachstehend ein Nachruf der Oper Leipzig.

 

Die Oper Leipzig trauert um ROSALIE. Die 1953 geborene Bildende Künstlerin, Bühnenbildnerin und Kostümbildnerin verstarb am Montag, 12. Juni 2017. Seit Ende der 1970er Jahre war ROSALIE mit Ausstellungsprojekten in der zeitgenössischen Kunst sowie mit Theater- und Bühnenbildprojekten international präsent. In den letzten Jahren rückte vor allem die Lichtkunst ins Zentrum ihres Schaffens, darunter waren Ausstellungen ihrer Werke im  Museum der bildenden Künste Leipzig oder auf der Internationalen Biennale für zeitgenössische Kunst in Sevilla. Als Bühnen- und Kostümbildnerin von Opernproduktionen war sie für die Bayreuther Festspiele (»Der Ring des Nibelungen« 1994-1998), für die Semperoper Dresden und das New National Theatre Tokyo/Japan tätig. Mit dem Choreografen Uwe Scholz pflegte sie seit 1982 eine persönliche Freundschaft und war seine künstlerische Wegbegleiterin am Stuttgarter Ballett,  der Staatsoper Berlin, am Opernhaus Zürich, der Mailänder Scala, dem Bayerischen Staatsballett und der Oper Leipzig mit dem Leipziger Ballett für »Bruckner 8« (2001) und »Scholz Notizen« (2004). Zudem realisierte ROSALIE eine Vielzahl von Projekten mit zeitgenössischer Musik – zuletzt Mahlers »Sinfonie der Tausend« mit dem philharmonischen Staatsorchester Hamburg in der Elbphilharmonie im April 2017. Im Jahr 2008 wurde sie mit dem Europäischen Kulturpreis für ihr künstlerisches Gesamtwerk ausgezeichnet und 2013 mit dem Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg. Seit 1995 war ROSALIE Professorin für Bühnen- und Kostümbild an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach am Main. Ihre letzte Arbeit ist nun das Bühnen- und Kostümbild für die Neuproduktion von Richard Strauss‘ »Salome« an der Oper Leipzig, deren Premiere am kommenden Samstag, 17. Juni stattfindet. Unser Mitgefühl gilt der Familie, den Freunden und Mitarbeitern von ROSALIE. (Quelle Oper Leipzig/ Foto oben: Rosalie/ Foto 2015 Daniel Mayer/ Oper Leipzig/ Ausschnitt)

Tempi passati

 

Beinahe noch nachträglich traurig stimmt die Erinnerung an das Galakonzert zum fünfzigjährigen Berliner Bühnenjubiläum von Plácido Domingo kürzlich in der Staatsoper/Schiller Theater, vergleicht man seine angestrengte Leistung mit der des unbeschwert aus dem Vollen schöpfenden jungen Tenors, der 1975 an Covent Garden einen in jeder Hinsicht strahlenden Riccardo in Verdis Ballo in Maschera an der Seite von Katia Ricciarelli und Piero Cappuccilli gab.  Wie nun auf Opus Arte DVD zu sehen ist.

Jürgen Rose schuf die recht provinziell wirkende Bühne, das schwedische Schloss ohne Glanz und einen Galgenberg ohne Grauen, ist wohl auch für die im letzten Bild allzu knallbunten Kostüme verantwortlich, Otto Schenk inszenierte den Chor für die damalige Zeit erstaunlich differenzierend, die Solisten scheinen sich eher auf Opernstandardgesten zu verlassen.

Domingo glänzt durch sein leidenschaftliches Spiel, ist als Silvano charmant frech und sein Tenor ist so strahlend am Schluss des ersten Bildes wie elegant geführt in der Canzone oder rauschhaft mit kräftigen Farben prunkend im Invan tu celi Amelia. Im Liebesduett übertrifft er seine Partnerin bei weitem an leidenschaftlichem Ausdruck, und nur die Intervallsprünge in die Tiefe fallen etwas aus dem kostbaren Rahmen. Katia Ricciarelli hatte durch falsche Rollenwahl zu dieser Zeit bereits etwas von ihrem wunderschönen elegischen Timbre eingebüßt, aber ihre Piani sind noch immer bewundernswert, die zweite Arie Morrò ma prima liegt ihr weitaus besser als die erste, aber im Vergleich zu Domingo klingt sie oft zu geschmäcklerisch, zu sehr säuselnd. Zwar  räumt Piero Cappuccilli nicht wie in Wien neben Pavarotti bereits mit seiner ersten Arie ab, aber sein reiches Material, seine Superfermaten (patria), seine auftrumpfende Vendetta, nicht zuletzt sein Piano am Schluss der ersten Arie verfehlen ihre Wirkung nicht – das Wunderbare ist, dass man bei ihm nie zittern muss, einfach nur genießen kann. Putzig zwitschert Reri Grist ihren Oscar, kann das Ensemble am Schluss des zweiten Bildes überstrahlen. Eine beeindruckende Haltung hat Elizabeth Bainbridge für die Ulrica, leider klingt sie oben schrill und unten grummelnd. Wie erstickt hört sich die Stimme von William Elvin als Cristiano an, bereits damals imposant klingt Gwynne Howell als Ribbing.

Ein ganz großes Plus ist der junge Claudio Abbado am Dirigentenpult, Rauschhaftes ist aus dem Orchestergraben beim Liebesduett zu hören, er ist der Garant für das Hörbarmachen der Eleganz der Partitur und  ihres elegischen Grundcharakters. Leider kann man die englischen Untertitel nicht ausschalten, solche in anderen Sprachen gibt es nicht (Opus Arte 1236D).

 

Eine wahre Kostümorgie (Michael Stennett) feierte Covent Garden mit Donizettis Lucrezia Borgia in der Regie von John Copley, und welche Diva könnte diese Wunderwerke der Theaterschneiderei  besser oder überhaupt zur Geltung bringen als Joan Sutherland?! Dazu trägt sie einander sich an Üppigkeit überbietende Frisuren und den jeweils dazu passenden Kopfputz, hat eine wahrhaft königliche Haltung und eine fast unbewegliche Miene. Das alles scheint sie nicht zum Ideal einer liebenden und leidenden Mutter zu machen, doch alles, was die Optik nicht hergeben will, wird im Gesang in Überfülle geboten: eine Superhöhe, eine unerhörte Breite von Variationsmöglichkeiten in der Farbgebung, des chiaro-scuro, der morbidezza, kurzum, eine Lektion in Belcanto. Ähnlich verhält es sich mit Alfredo Kraus als Gennaro, der über wenige Gesten, aber über unendlich viele Ausdrucksmöglichkeiten der Stimme verfügt, die elegant und stilsicher geführt wird,  auch wenn manch ein Zuhörer den Tenor als zu grell und trocken empfinden mag. Eher wie Boris Godunov als wie Alfonso d’Este wirkt  Stafford Dean dunkel dräuend und auch optisch ein rechter Finsterling. Sehr charmant, aber eher weiblich gibt Anne Howells einen Orsini geschmeidigsten Mezzosoprans, einen meckernden Charaktertenor setzt  Francis Egerton für den Alfonso-Getreuen Rustighello ein, so wie das Gefolge des Gennaro zwar optisch ideale Bilder von Renaissance-Jünglingen bietet, aber vokal eher schwächelt. Natürlich waltet am Dirigentenpult Richard Bonynge seines balcantokundigen Amtes mit einer dramatischen Sinfonia und einem hochsensiblen Vorspiel zur zweiten Szene des zweiten Akts.

Ohne diese beiden DVDs hat man für die junge Generation kaum Maßstäbe für das, was Verdigesang  (Cappuccilli) oder Belcanto (Sutherland, Kraus) sein können. Der ältere Opernfan ist zur Miesepetrigkeit beim Vergleich mit den meisten heutigen Sängern verdammt (Opus Arte 1237 D). Ingrid Wanja

Innerlichkeit und Gedenken

 

Die Übersetzungen von Homers Ilias und Odyssee durch den Altphilologen Johann Heinrich Voß (1751-1826) sind heute immer noch erhältlich. Dass Voß als Zeitgenosse Goethes auch ein beliebter Lyriker war, ist hingegen kaum im Bewusstsein. Zu Lebzeiten und später fanden sich Komponisten, die ihn vertonten, die CD Seid menschlich, froh und gut bringt einen Querschnitt von 36 Liedern des in Mecklenburg geborenen Voß, der seine Lyrik stets auch mit Blick auf eine Vertonung als Lieder dachte, Voß‘ heute wenig präsenter Freund Johann Abraham Peter Schulz (1747-1800) ist mit sechs Kompositionen vertreten. Die Zusammenarbeit von Voß und Schulz wird im Beiheft als „Komponisten-Dichter-Werkstatt“ bezeichnet und zeigt, wie Voß selber seine Lyrik musikalisch empfand. Weiterhin in die Auswahl dieser CD aufgenommen sind als ältester  Komponist C.P.E. Bach, Voß‘ Altersgefährten Johann Friedrich Reichardt, Friedrich Ludwig Kunzen, Franz Xaver Sterkel, Carl Friedrich Zelter, Johann Rudolf Zumsteeg und Hans Georg Nägeli sowie als späte Zeitgenossen Carl Maria von Weber, Fanny Hensel und Felix Mendelssohn. Weiterhin sind Franz Schubert und Johannes Brahms mit Liedern auf Lyrik von Ludwig Christoph Hölty vertreten, die Voß als Herausgeber überarbeitete. Manche Gedichte sind mehrfach dabei, bspw. das Minnelied, deren zweite Strophe als Beispiel für Voß‘ Tonfall herangezogen werden kann: „Ach! bin inniglich / Minnewund! / Gar zu minniglich / Dankt ihr Mund; / Lacht so küßlich, / Daß mir’s bebt in des Herzens Grund!“ Die Vertonungen von Carl Maria von Weber, Carl Loewe und Johann Rudolph Zumsteeg laden zum Vergleich ein.  (Auch Johannes Brahms vertonte das Minnelied in den „12 Lieder und Romanzen“ op. 44, allerdings für vierstimmigen Frauenchor). Voß bewunderte Klopstock und Pindar, zwischen Aufklärung, Naturschwärmerei und  antiken Versmaße bewegt sich auch die Spannbreite seines Schaffens. Innerlich, heiter, erhaben, unmittelbar und anti-höfisch – seine Lyrik strebte einen volksnahen und volksbildenden Ton an, Musik und Lyrik sollten sich zur Herzensbildung vereinen, sein Freund Schulz wollte „moralische Menschenlieder“ komponieren und als „Liedermann des Volkes“ gelten. Nicht alle Komponisten interessierten sich für diese Intention, die Romantiker betonten das Empfindsame. Eine spannende Zusammenstellung und auch die Interpretation ist in den richtigen Händen und Stimmbändern: der vielseitige Bass-Bariton Ulf Bästlein ist selber promovierter Philologe und Germanist und als Professor an diversen Musikhochschulen prädestiniert für dieses Projekt. Seine Stimme mag manchmal etwas Frische und Beweglichkeit vermissen lassen, Ausdruck und Engagement überzeugen umso mehr. Weiterhin aufgewertet wird die Einspielung durch Pianist Sascha el Mouissi, der auch den Vertonungen der weniger bekannten Komponisten viel abgewinnen kann. Ein ausführliches Beiheft wertet diese für Liederfreunde sehr gelungen zusammengestellte und interpretierte Raritätensammlung weiter auf. (Gramola 99118)

Der Komponist  Friedrich Kiel (1821-1885) hat sein Requiem in f-Moll op. 20 1862, sieben Jahre vor Johannes Brahms‘ innovativen  „Ein deutsches Requiem“, uraufgeführt. Es war sein Durchbruch als Komponist und brachte ihm eine Professorenstelle ein, als angesehener Kompositionslehrer war er an verschiedenen Hochschulen tätig. Das ca. einstündige, in Latein gesungene Requiem ist explizit als Konzertwerk und nicht für den sakralen Raum gedacht. Als Protestant konnte er auf keine Vertonungstradition zurückgreifen, sein Vorbild findet sich bei Mozart, vielleicht auch bei Cherubini. Musikalisch kombiniert sich „kontrapunktische Linienführung mit romantischer Harmonik und einprägsamer Melodik“, erläutert der Dirigent. Ein düsteres Introitus, ein angstvolles Kyrie, ein tonmalerisches Dies irae (dass noch weit von der Drastik Verdis entfernt ist), Verzweiflung im Lacrimosa und Hoffnung im Offertorium, Sanctus und Agnus Dei – was das spezifisch Protestantische an diesem Requiem sein soll, erschließt sich heute nur Experten und auch das zu wenig ausführliche Beiheft bietet kaum Aufklärung zur kirchengeschichtlichen Einordnung und Grundidee des Werks. Kiel mag sein Requiem mit Orchester für den Konzertsaal konzipiert haben, die vorliegende Live-Aufnahme hingegen entstand 2016 in Berlin der Heilig-Kreuz-Kirche mit Klavierbegleitung – so richtig will hier also nichts zusammenpassen. Zu hören ist eine vom Komponisten erstellte zweite Ausgabe des Werks von 1878, die vom Dirigenten dieser Aufnahme in eine nicht vom Komponisten erstellte Klavierfassung der Fassung von 1962 rückeingearbeitet wurde. Diese erste Klavierfassung erstellte Julius Stern, dessen Gesangsverein das Requiem uraufführte und bei sogenannten „stillen Aufführungen“ neue Werke einem kleinen Kreis vorstellte. Auch diese Aufnahme ist eine „stille Aufführung“ mit Klavierbegleitung und ohne Orchester – eine Entscheidung, die dem Zuhörer also nur einen reduzierten musikalischen Einblick gewährt, die südkoreanische Pianistin Sue Baek begleitet mit viel Einsatz und Leidenschaft, um diesen Mangel etwas zu kompensieren. Reduziert wird der Einblick zusätzlich durch die ordentlich agierenden, aber nie Aufmerksamkeit erregenden Sänger: weder Christina Bischoff (Sopran), Anja Schumacher (Alt), David Ameln (Tenor) und Matthias Jahrmärker (Bass) noch das ensemberlino vocale unter seinem Leiter Matthias Stoffels gelingt es, diese Rarität nachhaltig zu beleben. (Rondeau, ROP 6141Marcus Budwitius

Der Müllerbursche in der Oper

 

Daniel Behle ist ein renommierter Mozart-Interpret und auch im Liedgesang erfahren. Schuberts Zyklen Die schöne Müllerin und Winterreise gehören zu den Kernstücken seines Repertoires. Jetzt hat er bei der deutschen harmonia mundi eine CD mit Schubert-Arien herausgebracht, welche das begleitende L’Orfeo Barockorchester unter Michi Gaigg mit Ouvertüren des Komponisten ergänzt (89854 07212). Der Sänger bewegt sich mit diesem Programm auf vertrautem Terrain, hat er doch in Opern der deutschen Hoch- und Spätromantik (Wagner, Humperdinck und Strauss) bereits bedeutende Erfolge errungen. Dass er sich nun Werken des als Opernkomponisten noch immer unterschätzten Franz Schubert widmet, ist verdienstvoll und hoffentlich ein Beitrag zur dessen Rehabilitierung.

All diese Arien, in denen es um jungmännliche Gefühle geht – Schwärmerei, Liebesverlangen, Sehnsucht, Hoffnung –, verlangen eine schlanke, flexible Stimme, die dennoch leidenschaftliche Empfindungen auszudrücken vermag. Verzierungen sind dagegen weniger gefragt, ging es in Schuberts Werken doch um die Hinwendung zum Drama im Sinne der griechischen Tragödie, weg von der gesanglichen Virtuosität des Belcanto-Stils.

Die erste Romanze aus dem Zauberspiel von 1820 Die Zauberharfe mit dem Wortlaut „Was belebt die schöne Welt? – Liebe nur verschafft ihr Leben“ steht als Motto über der Arienauswahl. Behle stellt sie in der Konzertfassung als Weltersteinspielung vor und lässt in diesem emphatischen Gesang seinen wohllautenden, kultivierten Tenor hören. Aus dem Jahre 1815 stammt das Fragment des Singspiels Claudine von Villa Bella, aus welchem die Arie des Pedro „Es erhebt sich eine Stimme“ erklingt. Sie behandelt die Entscheidung zwischen aristokratischer Karriere und einem glücklichen Leben auf dem Lande,  verweist schon auf das tenorale Zwischenfach. Im selben Jahr entstand das Singspiel Die Freunde von Salamanka, aus dem der Tenor zwei Szenen ausgewählt hat. Die galante Arie des Tormes „Aus Blumen deuten die Damen gern“ ist eine weitere Premiere auf CD, Diegos Romanze „Es murmeln die Quellen“ ein lieblich wiegendes Stück mit lyrischer Substanz.

Eine veritable Rarität ist das Singspielfragment Adrast von 1819/20, aus dem zwei Arien des Titelhelden zu hören sind. Schubert verlangte von den Interpreten seiner Werke, dass deren Stimme ans Herz dringen müsse. Genau das gelingt Behle mit seinem liedhaft-schlichten Vortrag.

Gelegentlich aufgeführt wird das szenische Oratorium Lazarus (1820), aus dem die Arie des Nathanael „Wenn ich ihm nachgerungen habe“ vorgestellt wird.

Auch Alfonso und Estrella (1821/22) steht zuweilen auf den Spielplänen, ebenso wie Fierrabras von 1823. In Alfonsos Arie „Schon, wenn es beginnt zu tagen“ hat der Tenor exponierte Töne zu meistern, was Behle mühelos gelingt. Sehr gelungen ist die Gegenüberstellung von zwei verschiedenen Tenorrollen in Fierrabras – Eginhards sanfte Romanze „Der Abend sinkt“ und die aufgewühlte Arie des Titelhelden „In tief bewegter Brust“ mit ihren Ausflügen in dramatische Gefilde. Der letzte Titel der Auswahl, die Arie „Der Tag entflieht“ aus der Opéra comique Das Zauberglöckchen, offeriert eine weitere Seltenheit und Ersteinspielung. Gesungen wird sie von Azolin, der, um die Prinzessin Palmira zu erobern, die eigene Mutter in Gefahr bringt. Dieser Konflikt gestaltet sich musikalisch in einer turbulenten Szene mit heldischem Anflug, mündend in eine bravouröse Stretta mit exponiertem Schlusston. Der Tenor Franz Rosner, für den sie komponiert wurde, war danach der Interpret des Max in Webers Freischütz, was für den Anspruch dieser Musik spricht.

Mit drei Ouvertüren trägt das von Michi Gaigg 1996 gegründete und auf historischen Instrumenten musizierende L’Orfeo Barockorchester zur Vielfalt des Programms bei. Aus der Zauberharfe erklingen die zum 1. Akt mit ihren gewichtigen Einleitungsakkorden, denen ein Weber nahes, lebhaftes Allegro vivace folgt, sowie die zum 3. als stürmisches Allegro ma non troppo mit heftiger dramatischer Steigerung. Davon ist auch die Ouvertüre zu Alfonso und Estrella bestimmt, deren energischen Gestus die Dirigentin plastisch formt, wie sie überhaupt Schuberts musikalischem Sturm und Drang jederzeit gerecht wird. Bernd Hoppe

Hilde spült Gläser

 

Es hat sehr lange gedauert, bis dieser Film auf DVD gelangte: Die Dreigroschenoper – nicht ganz von sondern eher nach Bertolt Brecht und Kurt Weill. Als er um 1963 in die westdeutschen und Berliner Kinos kam, erregte er viel Aufsehen. Selbst in der DDR wurde diese deutsch-französische Co-Produktion in der Regie keines Geringeren als Wolfgang Staudte gezeigt. Ich erinnere mich noch ganz genau an den ersten Auftritt von Hildegard Knef als Spelunken-Jenny. Ihr Gesicht, von feuerroten Haaren umhüllt, schob sich im Profil auf die riesige Breitwandleinwand: „Das war Mackie Messer“, sagte sie mit ihrer unverwechselbaren heiseren Stimme. Dann erst ging es richtig los. Nach mehr als fünfzig Jahren hat dieser Moment nichts von seiner Wirkung eingebüßt – mit einem Unterschied. Der Film läuft jetzt nicht mehr im Kino, sondern auf dem heimischen Fernsehbildschirm ab. Nichts zu wünschen übrig lässt die Bildqualität. Die Firma Filmjuwelen, bei der die DVD-Ausgabe erschien, bürgt schon mit ihrer Namenswahl für hohen Standard (6416965).

„Die Dreigroschenoper“/ Cover der „Illustrierten Filmbühne“ 1963/ OBA

Die Story um den berüchtigten Gangster ist bekannt. Sie fußt auf der Beggar’s Opera von John Gay (mit der Musik von Johann Christoph Pepusch, einem Rivalen Händels, dem beide mit diesem Werk schwer zu schaffen machten). Schon wenige Jahre nach der Uraufführung der Dreigroschenoper am 31. August 1928 im Theater am Schiffbauerdamm, wo heute das Berliner Ensemble residiert, gab es die erste Verfilmung (von Georg Wilhelm Pabst 1931), die näher am Original ist als die Staudte-Version. Noch heute wird das Stück, das zu den erfolgreichsten seiner Art gehört, gespielt. Es wurden Plattenaufnahmen gemacht – gute und weniger gelungene. Helge Rosvaenge, Milva, Harald Juhnke und sogar Lale Andersen haben sich daran versucht. Einzelne Titel wurden Hits wie die Moritat von Mackie Messer, wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Einst von Ernst Busch mit messerscharfer Zunge kreiert, übernahm nun in Staudtes Film der amerikanische Entertainer, Schauspieler, Sänger und Tänzer Sammy Davis jr. diesen Part und rückte ihn, zudem englisch dargeboten, in die Nähe einer Musicalnummer. Ein Eindruck, der sich auf die gesamte Verfilmung überträgt. Der Sound ist ein anderer. In seiner Bearbeitung der Partitur hat der im Filmgeschäft sehr erfahrene Komponist Peter Sandloff eine Gruppe von Streichern hinzugefügt, die es im Original nicht gibt. Unterhalten will dieser Film seine Zuschauer und nicht sozialkritisch auf die Barrikaden bringen. Staudte, der gemeinsam mit dem Schriftsteller Günther Weißenborn auch das Drehbuch geschrieben hatte, unterliegt nicht der Versuchung, die Geschichte an originalen Schauplätzen, nämlich im Londoner Stadtteil Soho, spielen zu lassen, wo auch schon Stevensons Dr. Jekyll als sein eigener Doppelgänger Mr. Hyde Angst und Schrecken verbreitete. Die Handlung vollzieht sich wie auf einer Bühne in gemalten Kulissen. Auf diese Weise bleibt diese Dreigroschenoper ein Theaterstück.

Von Anfang an scheint kein guter Stern über der Produktion gestanden zu haben. Im Booklet wird die Geschichte von Roland Mörchen präzise und spannend erzählt. Demnach hätte der Produzent Kurt Ulrich am liebsten Yves Montand als Mackie, Pascale Petit als Polly und die Weill-Witwe Lotte Lenya als Jenny, die sie schon in der Uraufführung und in der ersten Verfilmung gespielt hatte, engagiert. Für die Verfilmungsrechte habe er laut einem Bericht des „Spiegel“ vom 7. November 1962 „an die Rechtsinhaber Helene Weigel und Lotte Lenya 80 000 Dollar, umgerechnet 320 000 Mark“ bezahlt. Zudem seien 300 000 Mark für Giulietta Masina, die Ehefrau von Federico Fellini fällig gewesen, mit der Ulrich 1959 „Das kunstseidene Mädchen“ produzierte und zeitgleich für die Dreigroschenoper unter Vertrag genommen habe, „ohne zu ahnen, dass sich die Dreharbeiten immer wieder verzögern würden“. Dann kam der Mauerbau in Berlin, in dessen Folge das Interesse an Brecht, der zuletzt in Ostberlin lebte, in Ächtung umschlug. Es dauerte, bis schließlich Staudte als Regisseur gesetzt war, der zunächst „ebenfalls keinen Dreh findet, um Brechts Stück für die Gegenwart fruchtbar zu machen“, so Mörchen. Dann habe er eine Idee gehabt. „Er will der Brecht-Handlung einen aktuellen Bezug geben, in dem das Unterwelt- und Rotlicht-Milieu angesichts wachsenden Werteverlustes der Gegenwartsgesellschaft gehörig in die Krise geraten ist.“ Daraus wurde dann doch nichts. Weil die Option auf die Verfilmung Ende 1962 ausgelaufen wäre und Einsprüche der Brecht-Witwe Weigel zu befürchten gewesen seien, arrangiert sich der Regisseur „schließlich mit der Ablehnung seines ursprünglichen Konzepts und beginnt am 22. Oktober 1962 in den Ufa-Studios von Berlin-Tempelhof zu drehen“, schreibt Mörchen. Sieben Wochen später, am 11. Dezember, sei fristgerecht die letzte Klappe gefallen. Staudte „dreht die vier Million Mark teure Produktion als großen Ausstattungsfilm (Bühne und Kostüme: Hein Heckroth) und zugleich als großen Schauspielerfilm“, fasst der Booklet-Autor zusammen.

„Die Dreigroschenoper“/ Reklamefoto für die Kinoschaukästen/ Gloria Filmverleih 1963/ OBA

Curd Jürgens, seinerzeit ein allseits gefeierter Star, bleibt dem Mackie Messer viel schuldig. Er wirkt gestelzt. Ein großer Namen allein reicht nicht. Im Booklet werden zeitgenössische Kritiken zitiert. Der schon erwähnte „Spiegel“ sprach von einem „alternden Gasparone mit Zwicker“. Nach Auffassung der „Welt“ wirkte Jürgens „innerhalb des Berufszweigs der Ganoven eher wie ein Heiratsschwindler“. Und die „Filmblätter“ urteilten: „Kein gefährlich-schillernder Gangster, sondern ein ältlicher Ver-Lebemann – unterspielt, unterkühlt.“ Von anderem Kaliber sind da schon der ewig sächselnde Gert Fröbe als glaubwürdiger Peachum, Inhaber der Firma „Bettlers Freund“, und Hilde Hildebrand als seine Frau Celia.

Gert Fröbe und Hilde Hildebrand/ Still aus der „Dreigroschenoper“-DVD bei Filmjuwelen

Sie hatte ich viel verwüsteter in Erinnerung mit ihrer „Ballade von der sexuellen Hörigkeit“ und finde sie nun eher als deutlich gealterte Anita aus dem Film „Große Freiheit Nr. 7“ wieder, dem sie mit ihrem Lied „Beim ersten Mal da tut‘s noch weh“ ein Gütesiegel erster Klasse aufgedrückt hatte. Aus England kam die Polly in Gestalt von June Ritchie, die auch keinen rechten Zugang zu ihrer Rolle fand. Lino Ventura glänzte am Ende mehr durch seinen berühmten Namen denn durch Eignung für die Figur des Tiger Brown. Großen Eindruck hinterlässt auch heute noch Walter Giller, der damals mit seiner Frau Nadja Tiller als Traumpaar des Films galt, hier als einfältiger Bettler Filch. Und Hilde? Die ist wie sie immer war und wirkt mit mehr als einem halben Jahrhundert Abstand ein wenig wie ihr eigenes Klischee. Ein schönes und bewegendes Klischee. Deshalb ist dieser Film immer noch sehr sehenswert – Filmgeschichte eben (Foto oben: „Die Dreigroschenoper“/ Reklamefoto der Gloria Filmverleih 1963 / Ausschnitt/ OBA). Rüdiger Winter

Jeffrey Tate

 

Die Hamburger Symphoniker schreiben: Die einzigartige Stimme Jeffrey Tates ist verstummt und wird doch in den Herzen, in den Gedanken und in der Erinnerung zahlloser Bewunderer und Freunde in der ganzen Welt ewig weiter klingen. Die Symphoniker Hamburg sind vom völlig überraschenden Ableben ihres geliebten und verehrten Chefdirigenten zutiefst erschüttert. Seine Musik hat die Welt zu einer besseren gemacht, und wir sind für die Stunden, Tage und Jahre, die wir mit Sir Jeffrey verbringen durften, unendlich und unsagbar dankbar. Sir Jeffrey hat unser Orchester wie kein anderer geformt. Unsere Gedanken sind bei seinem Mann Klaus Kuhlemann und bei der Familie. Möge seine Seele eingebunden sein in das Bündel des ewigen Lebens. (Quelle: Hamburger Symphoniker

 

Jeffrey Tate/ Hamburger Symphoniker/ youtube

Sir Jeffrey Tate (* 28. April 1943 in SalisburyEngland; † 2. Juni 2017 in BergamoItalien): Er studierte trotz angeborener Behinderungen wie Spina bifida und Kyphose von 1961 bis 1964 Medizin an der Universität von Cambridge und wurde Facharzt für Augenheilkunde. Tate arbeitete danach als Augenchirurg am St Thomas’ Hospital in London. Später gab er seine klinische Karriere auf und studierte Musik am London Opera Centre. Seine musikalische Laufbahn begann er als Assistent von Herbert von Karajan in Salzburg und James Levine an der Metropolitan Opera in New York. 1976 war er Assistent von Pierre Boulez beim Bayreuther ‚Jahrhundertring‘.

Jeffrey Tate dirigierte an Opernhäusern und Festivals ein breites Repertoire mit Schwerpunkten auf den Werken von Strauss, Mozart, Wagner und französischen Opern. Jeffrey Tate war Chefdirigent der Symphoniker Hamburg. Er hat außerdem mit dem London Symphony Orchestra, Berliner Philharmoniker, Cleveland Orchestra, Orchestre de la Suisse Romande, English Chamber Orchestra, Philharmonisches Orchester Rotterdam und Orchestre National de France zusammengearbeitet.

Tate wurde im Rahmen der traditionellen britischen Neujahrsehrungen (New Year’s Honours) 2017 für seine Verdienste um die britische Musik im Ausland (for services to British music overseas) zum Knight Bachelor nobilitiert.

In seinen letzten Konzerten dirigierte er die Neunte Sinfonie von Gustav Mahler mit dem Haydn Orchester von Bozen und Trient und den Studenten der beiden Städte (Fotos: Hamburger Symphoniker Trailer/ youtube). (Quelle Wikipedia

Jiří Bělohlávek

 

Mit Bestürzung hörten wir von dem Tode des tschechischen Dirigenten Jiří Bělohlávek, ein Gigant in seiner Zeit und ein Garant einer eigenen, eigenständigen nationalen Orchestersprache nicht nur in seiner Heimat. Viele Plattenaufnahmen zeugen von seiner Genius. Sein Tod ist ein schwerer Verlust nicht nur für seine tschechischen Zuhörer und die Tschechische Philharmonie, sondern für Musikliebhaber weltweit. Im Folgenden bringen wir eine Würdigung von der website seiner Stammorchesters, der Tschechischen Philharmonie, der wir unsere Anteilnahme versichern.

 

Jiří Bělohlávek/ Foto Tschechische Philharmonie

It is with deep sorrow that the Czech Philharmonic announces that last night, May 31st, the principal conductor and music director of the Czech Philharmonic Jiří Bělohlávek died after a courageous struggle with a serious illness. It is primarily to his credit that during the past five years, the Czech Philharmonic has enjoyed many extraordinary successes and has regained a place of honor in its home country and abroad – it has truly become a national orchestra, finding its way back to the stages the world’s most prestigious concert halls, and it has made a number of highly acclaimed recordings. Not only for the Czech Philharmonic, but for the entire Czech nation, the passing of Jiří Bělohlávek means the loss of both a great artist and an extraordinary human beingJiří Bělohlávek was born in Prague in 1946. His love of music became apparent at an early age, encouraged by his father, a judge, who introduced his son to an array of classical music. At the age of four, Jiří joined a children’s choir, and was soon taking piano lessons. Jiří Bělohlávek went on to learn the cello with Professor Karel Pravoslav Sádlo before continuing his studies at the Prague Conservatory and at the Academy of Performing Arts in Prague. It was during these years that Jiří Bělohlávek began conducting in earnest, receiving instruction from Robert Brock, Alois Klíma, Bohumír Liška and Josef Veselka.

In 1968, the legendary Rumanian conductor Sergiu Celibidache invited Jiří Bělohlávek to become his assistant, a collaboration which culminated in Bělohlávek winning the Czech Young Conductors’ Competition in 1970, as well as reaching the final of the prestigious Herbert von Karajan Conducting Competition in 1971. It was in 1970 that Bělohlávek began conducting the Czech Philharmonic to great acclaim; the start of his long relationship with the orchestra.

Jiří Bělohlávek was appointed Conductor of the Brno State Philharmonic Orchestra in 1972, a position he held until 1978. He then became Chief Conductor of the Prague Symphony Orchestra, a partnership which lasted until 1989, and Permanent Conductor of the Czech Philharmonic. Václav Neumann, the latter orchestra’s Chief Conductor (between 1968 and 1990) brought him to Berlin’s Komische Oper in 1979, where he debuted with Smetana’s The Secret. Bělohlávek went on to conduct Stravinsky’s The Rake’s Progress there in 1980.

A decade later, Jiří Bělohlávek succeeded Václav Neumann as Chief Conductor of the Czech Philharmonic. He built upon the orchestra’s already established reputation for excellence, particularly in its interpretations of Czech music, and became part of a long line of esteemed Czech conductors to direct the orchestra: Václav Talich, Rafael Kubelík, Karel Ančerl, and his immediate predecessor Václav Neumann.

Jiří Bělohlávek mit der Mezzosopranistin Dagmar Peckova/ Foto Tschechische Philharmonie

In 1994, Jiří Bělohlávek founded the Prague Philharmonia, whom he directed until 2005, when he became its Conductor Laureate. Alongside his work with this ensemble, Jiří Bělohlávek has conducted the world’s major orchestras, including the Berlin Philharmonic, Boston Symphony Orchestra, Cleveland Orchestra, Gewandhausorchester Leipzig, New York Philharmonic, NHK Symphony Orchestra, Philadephia Orchestra, Sächsische Staatskapelle Dresden and the San Francisco Symphony Orchestra, appearing at festivals including Berlin, Edinburgh, Lucerne, Montreaux, Perth, Prague, Salzburg and Tanglewood.

In 1994 Jiří Bělohlávek was named Principal Guest Conductor of the Prague National Theatre; then in 1995 he became the BBC Symphony Orchestra’s Guest Conductor, later becoming its Chief Conductor in 2006. Alongside these positions, Jiří Bělohlávek has continued his prestigious work in the world of opera, with acclaimed productions at Berlin, Covent Garden, Glyndebourne, the Metropolitan Opera in New York and many more.

In parallel with these roles, Jiří Bělohlávek has become a respected teacher of conducting. He was appointed Professor at the Prague Academy in 1997, and until 2009 was Director of the Department of Conducting. His protégés include the young Czech conductors Tomáš Hanus, Jakub Hrůša and Tomáš Netopil.

As Chairman of the Prague Spring International Music Festival, Jiří Bělohlávek consistently championed the music of Czech composers. His special affinity with the music of Bohuslav Martinů has been instrumental in bringing that master to the world’s attention, and Bělohlávek has also taken the more rarely-performed works of Dvořák, Janáček, Smetana and Suk and to new audiences. Furthermore, he has programmed pieces by Czech composers deserving of greater attention, including Foerster, Ostrčil, Slavický and Sommer.

Jiří Bělohlávek has an extensive discography, and, as the Naxos label noted: „His most outstanding recordings are those in which he leads the Czech Philharmonic Orchestra, where the high calibre of orchestral execution and Bělohlávek’s deep musicianship result in performances of exceptional quality.“

In May 2012 Jiří Bělohlávek was awarded the title CBE (Commander of the Most Excellent Order of the British Empire) ‘for services to music’ by the Queen Elizabeth II. In the Czech Republic he was awarded the First Grade Medal of Merit for service to the Republic.

In a much-anticipated reunion, Jiří Bělohlávek returned as Chief Conductor of the Czech Philharmonic in 2012. The outstanding musicianship of the Czech Philharmonic under Bělohlávek’s inspiring direction has made this a truly exciting collaboration. As an internationally-acclaimed conductor, Jiří Bělohlávek directed the Czech Philharmonic on the international stage, taking the orchestra forwards in music-making which has already won great acclaim, and which is sure to do so in the future. (Quelle und Fotos: Tschechische Philharmonie/ Dank an Březina Luděk)

 

Vorliebe an Männertreffen

 

Heute mehr als früher scheint Siegfried Wagners Homosexualität ein brennendes Thema, wann immer man von Siegfried Wagner spricht – vielleicht zu sehr seine Verdienste als Komponist, Organisator und Dirigent überdeckend?  Heute, wo Personen des öffentlichen Lebens schon beim geringsten Anzeichen sogar im Staats-Fernsehen geoutet werden und das Privatleben eines Donald Trump grelle Schlagzeilen produziert, ist Intimes von öffentlichem Interesse, oft überproportional und auf Kosten der Betroffenen, so auch hier.

Das Foto ist ein Screenshot auf dem ZDF-Film „Der Wagner Clan – eine Familiengeschichte“, der in Kooperation mit dem ORF 2014 im deutschen ZDF lief und als DVD zu beziehen ist (Mona-Film).

Dennoch – das Leben und die Lebensumstände dieses so im immer wieder publizierten Bannkreis der Bayreuther Familie Stehenden nun mit einer eigenen Ausstellung (zudem erstmals in Berlin) nachzuvollziehen, ist ein reizvolles Projekt, dem sich das Schwule Museum in Berlin bis zum Ende Juni 2017 mit einer umfangreichen Ausstellung widmet. Wir berichteten darüber.

Noch bevor die Pläne zur Berliner Ausstellung bekannt wurden baten wir den Autor und Professor für vergleichende Literaturwissenschaften Nikolai Endres um die Genehmingung zum „Nachdruck“ seines Artikels zur Homosexualität Siegfried Wagners, den er bereits in den Mitteilungen der Internationalen Siegfried Wagner Gesellschaft veröffentlicht hatte. Wir danken ihm und der Gesellschaft (Achim Bahr) für die Erlaubnis, fügen doch Nikolai Endres´ Ausführungen eine wichtige Facette dem Gesamtbaild dieses in seiner Zeit gefangenen Mannes, Siegfried Wagner, hinzu.

 

Siegfried Wagner (nebenstehend in einer für die Zeit bemerkenswert knappen Badehose/ Foto Flyer Schwules Museum Berlin/ Internationale Siegfried Wagner Gesellschaft) wurde am 6. Juni 1869 als Sohn von Richard Wagner und Cosima von Bülow geboren. (Cosima war noch offiziell mit Hans von Bülow verheiratet.) Nietzsche war bei der Geburt präsent und Ludwig war Siegfrieds Taufpate. Mit einem berühmten Vater und ebenso illustren Großvater (Franz Liszt) schien alles auf eine großartige Karriere hinauszulaufen. Erstes Interesse an Architektur wich dem Studium der Musik. Insgesamt 18 Opern hat Siegfried komponiert und ab 1896 dirigierte er in Bayreuth, dessen künstlerischer Direktor er von 1908 – 1930 war. Siegfried lebte seine Homosexualität mehr oder weniger offen aus. Er nahm mit Vorliebe an Männertreffen teil, wo zum Beispiel Platons Gastmahl auf griechisch rezitiert wurde. Kleinere Skandale wurden immer wieder entschärft und Erpresser wurden mit Geld zum Schweigen gebracht. Im Jahr 1914 kam es dann anders. Maximilian Harden, der schon 1906 – 1909 durch die berüchtigte Eulenburg-Affäre einige von Kaiser Wilhelm II engsten Freunden und Beratern zum Fall gebracht hatte (siehe dazu mein Artikel The Eulenburg Affair Scandalizes Germany’s Leadership), drohte Siegfried bloßzustellen.

Prinz Philipp zu Eulenburg spielt übrigens eine interessante Rolle in der Wagner-Saga. Am Morgen des 14. Juni 1886 war er einer der ersten, der Ludwigs Leiche sah, nachdem der tote König ans Ufer des Starnberger Sees geschwemmt wurde. Er hat diesen Tag in Das Ende König Ludwigs II und andere Erlebnisse festgehalten. (Unerwähnt bleibt, dass Eulenburg damals mit einem Fischer gerudert war, der später vor Gericht zugab, mit Eulenburg Sex gehabt zu haben.) 1901 hat Eulenburg Houston Stewart Chamberlain, der Gatte von Siegfrieds Schwester Eva, Kaiser Wilhelm II vorgestellt, der tief beeindruckt war von Chamberlains rassistischem Weltbild.

Siegfried Wagner/ Zeichnung von Clement Harris/ Foto entnommen aus dem Standardwerk zu Siegfried Wagner von Peter P. Pachl: Siegfried Wagner – Genie im Schatten“, Nymphenburg 1988

Hardens Artikel »Tutte le corde: Siegfried und Isolde« in der Wochenzeitschrift Die Zukunft (27. Juni 1914) wurde durch Isoldes Vaterschaftsklage ausgelöst. Obwohl die Geburtsurkunde Hans von Bülow als ihren Vater aufweist, ist sich die Wagner-Forschung ziemlich einig, dass Richard Isolde gezeugt hat. Außerdem hatte Isolde, im Gegensatz zu Cosimas anderen Kindern, einen Sohn geboren: Franz Wilhelm Beidler (1901 – 1981). Als Isolde ihren Prozess aufgrund eines Meineids Cosimas verlor (in den Zeiten vor DNA war die Geburtsurkunde bindend), begann Harden mit seinen Ermittlungen.

Der 44-jährige Siegfried – immer noch Junggeselle – war das perfekte Opfer. Harden macht keine direkten Vorwürfe, aber er wundert sich, warum so viele Gerüchte herumschwirren, und spielt dann auf einen Heiland aus andersfarbiger Kiste an (mit Kiste ist wohl das Hinterteil der Männer gemeint und andersfarbig bezieht sich anscheinend auf den Euphemismus für Schwule als vom anderen Ufer). Als Siegfried von Isolde mit seiner Sexualität konfrontiert wurde, antwortete er: »Dem größten Könige aller Zeiten, Friedrich dem Großen, wurde auch Übles nachgesagt, und Preußen wurde groß und stark durch ihn! Also sorgt nicht! Ich entweihe das Festspielhaus nicht!« Jetzt gab es nur noch einen Ausweg: Eheschließung.

Bei den Bayreuther Festspielen im Jahr 1914 wurde die 17-jährige Winifred Klindworth Siegfried vorgestellt. Nach der Hochzeit 1915 kamen vier Kinder auf die Welt: Wieland (1917 – 1966), Friedelind (1918 – 1991), Wolfgang (1919 – 2010) und Verena (1920). Mit zwei Söhnen und zwei Töchtern in schönem Jahresabstand hatte Siegfried wohl seine Schuldigkeit getan. Als Winifred sich in den Schriftsteller Hugh Walpole verliebte, war Siegfried wenig beunruhigt, denn Hughs sexuelle Wünsche stimmten mit seinen eigenen überein.

Die große Liebe? Clement Harris/ Foto entnommen aus dem Standardwerk zu Siegfried Wagner von Peter P. Pachl: Siegfried Wagner – Genie im Schatten“, Nymphenburg 1988

Siegfried starb am 4. August 1930. Winifred übernahm die Leitung der Festspiele bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Schon 1923 hatte sie Adolf Hitler getroffen, als er Villa Wahnfried besucht hatte. Als Hitler für seine Beteiligung am Münchner Putsch im Gefängnis saß, schickte Winifred ihm – so will es auf jeden Fall die Legende – Papier, worauf er dann Mein Kampf verfasst hat. Nach der Machtergreifung gab es sogar Gerüchte über eine bevorstehende Heirat zwischen den beiden. Hitler war oft zu Gast bei der Familie Wagner und unterstützte finanziell die Festspiele. Winifreds Rolle im Dritten Reich bleibt kontrovers. Siegfried fand den radikalen  Antisemitismus seiner Frau abstoßend und Friedelind erinnerte sich an ihren Vater als einen »Verfechter für Toleranz und Mitgefühl.« Allerdings muss man zugeben, dass Winifred für einige von Siegfrieds schwulen Freunden eingetreten ist und sie vor dem Konzentrationslager gerettet hat. Die Zeugenaussagen von zwei Sängern, Max Lorenz und Herbert Janssen, wirkten sich in Winifreds Entnazifizierungsverfahren nach dem Krieg strafmindernd aus. Später kümmerte sie sich um den verarmten früheren Intendanten des Deutschen Nationaltheaters in Weimar, Hans Severus Ziegler, was ihr den Spitznamen Gluckhenne aller Schwulen einbrachte. Sie starb 1980 im Alter von 82 Jahren.

Siegfried wurde von einer Anzahl von dominanten Frauen aufgezogen: seine Mutter, seine Halbschwestern Daniela und Blandine, und seine Schwestern Isolde und Eva. Als Student in Frankfurt verkleidete er sich manchmal als prima ballerina. Selbst 1926 (als Siegfried fast sechzig war) machte der 28-jährige Joseph Goebbels, Hitlers späterer Propagandaminister, folgende Eintragung in sein Tagebuch: »Siegfried ist so schlapp. Pfui! Soll sich vor dem Meister schämen … Feminin. Gutmütig. Etwas dekadent. So etwas wie ein feiger Künstler.«

Mehr als nur gute Freunde? Siggi & Henry: Siegfried Wagner und Freund Henry Thode/ Foto entnommen aus dem Standardwerk zu Siegfried Wagner von Peter P. Pachl: Siegfried Wagner – Genie im Schatten“, Nymphenburg 1988

In Siegfrieds zwanziger Jahren war Clement Harris (1871 – 1897) sein engster Freund. Unter anderem hat Harris den jungen Siegfried im Portrait gemalt und war ein literarischer Jünger von Oscar Wilde (Harris unterhielt und belehrte Wilde, indem er ihm Wagner auf dem Klavier vorspielte). Als sie via London zu einer  Weltreise aufbrachen, wurde Siegfried Wilde vorgestellt. Siegfried nahm zur Kenntnis, dass Wilde zwar sehr berühmt sei und mit seinen Paradoxien alle zum Lachen bringe, aber obwohl er sich in Vielem gut auskenne, sei er doch eher ein Poseur. Trotzdem lud Siegfried bei dieser Gelegenheit Wilde und Pierre Louÿs nach Bayreuth ein, doch aus diesem Vorhaben wurde nichts. (Zufällig kam dann Siegfried 1895 nach London zurück, als Tage zuvor der letzte Wilde Prozess zu Ende ging und Wilde wegen »gross indecency« für zwei Jahre ins Gefängnis musste.)

In seiner Autobiographie (1923) erinnert sich Siegfried gerne an sein »Clementchen« und gibt sogar einige Aufschlüsse über die Tiefe ihrer Beziehung. Zum Beispiel teilten sie sich ein Bett wie Orestes und Pylades, ein gleichgeschlechtliches Liebespaar aus der griechischen Mythologie. In Singapur fanden sie ein Stück Paradies, aber eben nur für Männer, denn sie fühlten sich wie zwei Adame und badeten dort nackt. In einer Stelle in dem privat gedruckten Reisetagebuch, die in der offiziellen Fassung gestrichen wurde, beschreibt Siegfried ihren Abschied: »äußerlich möglichst englisch … innerlich aber so herzlich und innig, wie wir uns jetzt lieben gelernt haben!« Tragischerweise starb Harris ganz jung einen byronischen Tod, als er für die Unabhängigkeit Griechenlands kämpfte. Als Andenken an die Liebe seines Lebens stellte Siegfried bis an sein Lebensende ein Portrait von Harris auf seinem Schreibtisch auf.

Szenen einer Ehe: Winifred und Siegfried Wagner/ Foto aus Peter P. Pachls Buch „Siegfried Wagner“/ Nymphenburger Verlag 1988

Es sind noch weitere Liebschaften zu berichten. Zu Cosimas großem Unbehagen, verliebte sich der jugendliche Siegfried auf den ersten Blick in den älteren famosen Bariton Theodor Reichmann (1849 – 1903), der Amfortas bei der Welt-Uraufführung von »Parsifal« sang. Als Student hatte Siegfried eine Affäre mit einem Graf von Goetzen (sonst ist fast nichts von ihm bekannt), was einige Querelen mit Harris zur Folge hatte. Außerdem widmet Siegfried in seinen Memoiren noch einem anderen Homosexuellen einen wichtigen Platz: Paul von Joukowsky (auch Zhukovski geschrieben, 1845 – 1912), Maler und spezieller Freund von Schriftsteller Henry James, der eine »besonders zarte Liebschaft« für ihn hegte und weiterhin sagte: »Er ist ganz nach meinem Geschmack und wir haben uns ewige Freundschaft geschworen.«

In reiferen Jahren entstand eine enge Freundschaft mit dem gleichaltrigen Jugendstilmaler Franz Stassen (1869 – 1949), der Siegfried als Trauzeuge diente und dem Siegfried eine Oper widmete. Stassen ist bekannt für seine Illustrationen von Richard Wagners Werken, hat aber auch homoerotische Skizzen im Stil von Paul Cadmus‘ What I Believe veröffentlicht. Stassen, der wie Siegfried verheiratet war, bekannte sich 1941 zu seiner Sexualität.

Eng befreundet: Franz Stassen, Bühnenbildner, Maler, Künstler/ Foto Wiki

Schließlich bittet Siegfried in seinen Opern um Verständnis für verbotene Liebe und prangert die Justiz an, die Hexen am Scheiterhaufen verbrennt, die Selbstmördern das Begräbnis verweigert oder die Ausgestoßene verschmäht. Außerdem verbergen viele seiner Figuren schreckliche Geheimnisse, fürchten sich vor Aufdeckung und schließen einen Bund mit dem Teufel. Hier kann man dann noch ein interessantes Detail hinzufügen. Bei seiner allerletzten Inszenierung, dem »Tannhäuser« seines Vaters, lehnte Siegfried sich an eine Idee von Aubrey Beardsleys homoerotisch geprägten Die Geschichte von Venus und Tannhäuser (1895) an; wenn nach seiner Pilgerreise nach Rom Tannhäuser zum Venusberg zurückkehrt, strecken auch halbnackte Jünglinge in suggestivem Rotlicht ihre Arme nach dem Ritter aus. Jonathan Carr betont die Schwierigkeit, Siegfrieds Charakter einzuschätzen: »Auf deutsch sind ein paar Biographien von ihm erschienen, aber seine Memoiren sind dünn, seine Briefe immer noch nicht vollständig veröffentlicht und seine wahren Gefühle oft von Ironie und Jovialität maskiert.« Warum blieb Siegfrieds Sexualität so lange ein Geheimnis? Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es doch eine relativ aufgeklärte Einstellung zur Homosexualität, besonders in einem recht liberalen Land wie Deutschland, wo schon 1897 Magnus Hirschfeld das Wissenschaftlich-Humanitäre Komitee gegründet hat. Wie dem auch sei, selbst wenn Siegfrieds Sexualität zu seiner Lebenszeit verheimlicht wurde, warum hat dann später fast niemand das Rätsel gelöst?

Siegfried Wagners Travestieren als Ballerina ist leider nicht dokumentiert; hier doubelt Thomas Hailer in Edmund Gleedes 1986 uraufgeführtem Musiktheater „Cosima Notte oder Notre Dame de Bayreuth“/ Foto entnommen aus dem Standardwerk zu Siegfried Wagner von Peter P. Pachl: „Siegfried Wagner – Genie im Schatten“, Nymphenburg 1988

Das erste Problem ist Zugang zu und Einsicht in die relevanten Dokumente. Siegfrieds Privatpapiere befinden sich im Gegensatz zu seinen Partituren nicht im Bayreuther Archiv. Als 1973 die Familienunterlagen der Richard-Wagner-Stiftung vermacht wurden, hielt Winifred Wagner Siegfrieds Privatkorrespondenz zurück. Nach ihrem Tod kamen die Manuskripte in den Besitz von Verena Lafferentz-Wagners ältester Tochter Amélie. Strikteste Geheimhaltung (Peter Pachl nennt es »Fafnerisierung«) wurde vereinbart! Das ist kaum verwunderlich, denn die Familie ist ja bekannt für ihre Geheimniskrämerei und Hinhaltungstaktiken.

Die nächste Schwierigkeit ergibt sich aus akademischer Feigheit, sogar in der deutschen Forschung, die ansonsten recht aufgeschlossen gegenüber der Homosexualität ist. Zdenko von Krafts Biographie Der Sohn (1969), ein Werk von besonders unkritischer Hagiographie, verliert kein Wort über Siegfrieds sexuelle Männerfreundschaften. Auch das überrascht wenig, denn schließlich hat Winifred das Vorwort verfasst, und wer im Index nach Maximilian Harden sucht, tut dies vergeblich.

Und dann gibt es noch eine hochbrisante Kontroverse. Anscheinend hatte Siegfried mit der Gattin eines Bayreuther Pfarrers eine Affäre, woraus ein Sohn, Walter Aign (1901 – 1977), geboren wurde. Walter, der bei seinem Vater als musikalischer Assistent arbeitete, blieb unverheiratet und war wohl selbst schwul. Trotz außerehelicher Geburt (Siegfried selbst wurde ja so geboren, wie auch Cosima und vielleicht sogar Richard) war Walter der erstgeborene Wagner Erbe (geboren am 9. Juni), noch vor Franz Wilhelm Beidler (geboren am 16. Oktober). Aber für den Scheinapostel Cosima war ein außerehelicher Sohn als Wagnererbe (ebenso wie ein Sohn von einer ihrer Töchter) natürlich völlig inakzeptabel. Siegfrieds Vaterschaft ist in der Wagner Forschung heftig umstritten, aber Fotografien zeigen eine verblüffende Ähnlichkeit zwischen Walter und Siegfried.

In schwuler Gesellschaft: Viscount Drumlanrig and Lord Alfred Douglas, lover of Oscar Wilde/ Foto Wiki

Glücklicherweise hat sich in den letzten Jahren das Dunkel etwas gelichtet. Peter Pachls Siegfried Wagner: Genie im Schatten (1988) scheut nicht davor zurück, Siegfrieds Sexualität zu erwähnen; seine erstaunliche Widmung – »Wolfgang Wagner, der mich durch seine ablehnende Haltung erst auf den rechten Weg brachte« – beschreibt unverblümt und trefflich die Resistenz der Familie. Edmund Gleedes Musical Cosima Notte oder Notre Dame de Bayreuth (1986) zeigt Siegfried in Frauenkleidern. Ein Puppenspiel von Uwe Hoppe (2006) nimmt König Ludwigs Vernarrtheit in Richard Wagner zum Anlass, Siegfrieds Liebesleben zu rechtfertigen. Jonathan Carrs The Wagner Clan (2007) bietet die erste Möglichkeit für englische Leser, sich über Siegfrieds Bisexualität zu informieren, aber wegen der Fülle des Materials muss das Kapitel über Siegfried kurz bleiben. Zu guter Letzt widmet sich die Internationale Siegfried Wagner Gesellschaft dem Erbe des Sohns von Richard Wagner (Foto oben ein Ausschnitt aus dem auch für die Ausstellung des Schwulen Museums Berlin verwendeten Fotos von Siegfried Wagner und Henry Thode/ ISWG mit Dank).. Nikolai Endres

 

Der Autor Nikolai Endres/ OBA

Dazu eine kurze Biographie von der Seite der Western Kentucky University, an der Nikolai Endres als Professor lehrt. Nikolai Endres received his Ph.D. in Comparative Literature from the University of North Carolina-Chapel Hill in 2000. As professor at Western Kentucky University, he teaches Great Books, British literature, classics, mythology, critical theory, film, and gay and lesbian studies. He has published on Plato, Ovid, Petronius, Gustave Flaubert, Walter Pater, Oscar Wilde, E. M. Forster, F. Scott Fitzgerald, Mary Renault, Gore Vidal, and others. He is currently on sabbatical and writing a literary biography of American novelist Patricia Nell Warren, author of the famous gay novel The Front Runner. His next projects are pornographic representations of canonical gay texts and a queer reading of the myth and music of Richard Wagner. (Foto oben: Siegfried Wagner/ aus Peter P. Pachl „Siegfried Wagner“/ Nymphenburg 1988)

 

Kein Wunder bei der starken Mutter: Cosima Wagner und Siegfried Wagner/ Foto aus Peter P. Pachls „Siegfried Wagner“/ Nymphenburger Verlag 1988

Bibliographie: Bock, Claus Victor. Pente Pigadia und die Tagebücher des Clement Harris. Amsterdam: Castrum Peregrini, 1962./ Carr, Jonathan. Der Wagner-Clan: Geschichte einer deutschen Familie. Übersetzer Hermann Kusterer. Hamburg: Hoffmann und Campe, 2008./ Endres, Nikolai. The Eulenburg Affair Scandalizes Germany’s Leadership. Great Events from History: Gay, Lesbian, Bisexual, Transgender Events. Herausgeber Lillian Faderman et al. Pasadena, CA and Hackensack, NJ: Salem Press, 2007. 2 Bände: 52-55./ Hamann, Brigitte. Winifred Wagner oder Hitlers Bayreuth. München: Piper, 2002./ Karbaum, Michael. Studien zur Geschichte der Bayreuther Festspiele (1876 – 1976). Regensburg: Gustav Bosse, 1976./ Kraft, Zdenko von. Der Sohn: Siegfried Wagners Leben und Umwelt. Graz und Stuttgart: Stocker, 1969./ Merk, Anton. Franz Stassen, 1869 – 1949. Maler, Zeichner, Illustrator: Leben und Werk. Hanau: Museum Hanau Schloß Philippsruhe, 1999./ Pachl, Peter P. Siegfried Wagner: Genie im Schatten, mit Opernführer, Werkverzeichnis, Diskographie und 154 Abbildungen. München: Nymphenburger, 1988./ Pachl, Peter P. (Herausgeber). Siegfried Wagner-Kompendium 1: Bericht über das erste internationale Symposion Siegfried Wagner, Köln 2001. Herbolzheim: Centaurus, 2003./ Söhnlein, Kurt. Erinnerungen an Siegfried Wagner und Bayreuth. Mit einem Anhang: Siegfried Wagners Briefe an Kurt Söhnlein. Herausgeber Peter P. Pachl. Bayreuth: Internationale Siegfried Wagner Gesellschaft, 1980./ Speyer, Edward. My Life and Friends. London: Cobden-Sanderson, [1937]. / Spotts, Frederic. Bayreuth: A History of the Wagner Festival. New Haven: Yale University Press, 1994./ Stassen, Franz. Erinnerungen an Siegfried Wagner. Bayreuth und Detmold: Bayreuther Bund, 1940./ Wagner, Friedelind. Siegfried Wagner: A Daughter Remembers Her Father. Opera Quarterly 7.1 (Spring 1990): 43-51./ Wagner, Siegfried. Erinnerungen. Herausgeber Bernd Zegowitz. Frankfurt am Main: Peter Lang, 2005./ Wessling, Berndt W. Wieland Wagner, der Enkel: Eine Biographie. Köln-Rodenkirchen: P. J. Tonger, 1997. Nikolai Endres

Oh beaux Pays…

 

Diana Damrau schreibt im Booklet der Erato-Ausgabe: Meyerbeer – ein wahrhaftiger Europäer. Warum ein reines Meyerbeer-Album? Während meines Studiums in Würzburg wurde ich vom dortigen Universitätsorchester eingeladen, Meyerbeers Kantate Gli amori di Teolinda für Sopran, Klarinette und Orchester zu singen. Bis dato kannte ich nur Dinorahs Arie „Ombre légère“, ein Muss für jeden Koloratursopran. Dieses hochvirtuose Duo mit der Klarinette, noch dazu auf Italienisch und im italienischen Stil geschrieben, hat mich auf den Komponisten Meyerbeer neugierig gemacht. So tauchte ich ein in die Welt Meyerbeers und war begeistert von der Vielfältigkeit seines Könnens, was die Behandlung der Stimme angeht, seine Orchesterfarben, seinen theatralischen Instinkt, den kraftvollen und facettenreichen Ausdruck der Gefühle, seine herrlichen Melodien und nicht zuletzt seine Fähigkeit, genau den „Nationalton und -stil“ seiner Kompositionen zu treffen. Vergleicht man seine italienischen, deutschen und französischen Werke, meint man nicht nur einen, sondern drei unterschiedliche Komponisten zu hören. Daraus entstand die Idee, diese verschiedenen Stile erstmalig in einem Album gegenüberzustellen und diesen einzigartigen „europäischen“ Künstler mit all seinen Facetten zu zeigen, abgesehen von seinen unumgänglichen französischen Werken, deren Leichtigkeit, Sinnlichkeit, Schönheit und Eleganz ihresgleichen suchen.  

Nachstehend die Rezension zu ihrem Konzert an der Deutschen Oper Berlin – nach Paris und andernorts in Deutschland – mit eben diesem Meyerbeer-Programm und die Kritik zur neuen CD bei Erato.

 

Meyerbeer-Konzert mit Diana Damrau an der Deutschen Oper Berlin/ Foto Bettina Stoess

Diana Damrau in der DOB: Das Programm ihrer neuen Meyerbeer-CD stellt Diana Damrau (Foto Jürgen Frank/ Erato)auch in Live-Konzerten im Rahmen einer Deutschland-Tournee vor, für deren Start am 19. 5. 2017 die Sängerin die Deutsche Oper Berlin gewählt hatte. Stars treten seit einiger Zeit in den für sie kreierten Designerroben auf (welche auch die Cover der CDs schmücken) – Renée Fleming in Gianfranco Ferré oder Joyce DiDonato in den spektakulären Entwürfen von Vivienne Westwood –, doch die deutsche Sopranistin wählte erst im zweiten Teil des Abends das elegante, schwarz-glitzernde Escada-Kleid von ihrer Platte und verzichtete auf den Pelzmantel gänzlich, was bei den hochsommerlichen Temperaturen dieses Tages durchaus verständlich war. Stimmliche Schonung legte sich die Solistin allerdings nicht auf, sang insgesamt sieben große Arien, welche die stilistische Vielfalt des Komponisten eindrucksvoll widerspiegelten. Als Einstieg wählte sie überraschend eine fachfremde Partie – die Kavatine des Pagen Urbain aus den Huguenots –, welche auch nicht im Programm ihrer CD enthalten ist. Hier konnte sie mit kokettem Vortrag punkten und auf die nachgedunkelte Mittellage ihrer Stimme aufmerksam machen. Schon beim nächsten Titel, der berühmten Schattenarie aus Dinorah, musste sie in höhere Regionen aufsteigen und damit in ihr angestammtes Repertoire zurückkehren. Plastisch und suggestiv gestaltete sie das Frage- und Antwortspiel mit dem Schatten, fand dabei zarte, delikate Töne und illustrierte ihren Gesang mit gekonnten tänzerischen Einlagen, was diese Nummer besonders wirkungsvoll machte. Große lyrische Substanz erfordert die Kavatine der Isabelle, „Robert, toi que j’aime“, aus Robert le diable, welche die Sopranistin mit schmerzlicher Inbrunst begann, am Ende gewaltig steigerte und noch mit einem deliziösen Triller schmückte.

Zur französischen Sprache kamen im zweiten Teil des Abends noch die italienische und deutsche hinzu, und mit der Arie der Emma „Sulla rupe triste“ aus Emma di Resburgo und der Kavatine der Therese, „Lebe wohl, geliebte Schwester“, aus Ein Feldlager in Schlesien hörte man zudem zwei gänzlich unbekannte Stücke. In ersterem überraschte die Damrau mit einer träumerischen, raffiniert verschleierten Stimme in der Einleitung, um danach mit reichlich Zierwerk zu glänzen. Im deutschen Beitrag gab es durch die Beklommenheit im Ausdruck eine kontrastierende Stimmung. Den Schlusspunkt setzte die ausgedehnte Szene der Marguerite de Valois, „O beau pays“ aus den Huguenots, welche die Interpretin an die Grenze der stimmlichen Möglichkeiten führte, die aber dennoch das reiche Farbspektrum, die Süße und den Duft ihres Soprans ins schönste Licht rückte. Mit der Zugabe, der Arie der Inès „Adieu mon breau rivage“ aus der Africaine, krönte die Sängerin ihren Berliner Auftritt mit traumhaft gesponnenen Tönen bis in höchste Sphären.

Großen Anteil am Erfolg des Konzertes hatte der Dirigent Francesco Ivan Ciampa, der mit dem Orchester der Deutschen Oper Berlin Werke von Meyerbeer und dessen Zeitgenossen servierte, darunter mit Louis Joseph Ferdinand Hérolds Zampa auch eine veritable Rarität. Der straffe Zugriff des Italieners, sein Temperament und das Gespür für spannungsreich entwickelte accelerando-Effekte machten große Wirkung bei den Ouvertüren zu Rossinis Semiramide und Meyerbeers Dinorah, deren flirrende, zauberische Atmosphäre in der Einleitung er sehr stimmungsvoll formte und die Turbulenzen am Schluss spannend herausarbeitete. Nur bei der Ouvertüre zu Wagners Rienzi geriet der Schluss etwas lärmend, doch Ciampas Sinn für Pathos und Grandeur waren auch hier zu spüren. Der Abend weckte große Vorfreude auf Diana Damraus Auftritte an der Deutschen Oper in der nächsten Saison. Bernd Hoppe

 

Ihre erste Begegnung mit Meyerbeer hatte Diana Damrau noch als Studentin in Würzburg, als sie vom Universitätsorchester der Stadt eingeladen wurde, in einem Konzert die szenische Kantate für Sopran, Klarinette und Orchester „Gli amori di Teolinda“ zu singen. 2002 trat sie im Rahmen ihres Engagements an der Oper Frankfurt in einer szenischen Aufführung der Huguenots als Marguerite de Valois auf – einer anspruchsvollen Koloraturpartie, welcher Sopranlegenden dieses Fachs wie Sutherland oder Sills ihren Stempel aufgedrückt und damit die Messlatte für heutige Interpretinnen hoch gesetzt haben. Diese Arie findet sich natürlich auch auf Diana Damraus neuester CD bei Erato mit dem Titel Grand Opéra, welche die Sopranistin ganz dem deutsch-französischen Komponisten gewidmet hat (0190295848996). Sie entstand in Zusammenarbeit mit dem Palazzo Bru Zane in Rom, wo die Sängerin 2014 anlässlich des 150. Todestages des Komponisten bereits ein Konzert mit diesem Programm gegeben hatte. Die Ausgabe ist prachtvoll ausgestattet mit glamourösen Fotos der Interpretin in spektakulärer Robe, zeitgenössischen Abbildungen des Komponisten und Szenen seiner Opern sowie den Texten der Arien in drei Sprachen.

Die Kontrahentin der Rosina Stoltz an der Pariser Oper: Julie Dorus-Gras, hier als Meyerbeers Marguerite in den „Huguénots“, setzte das Beispiel für die hohen, koloraturfreudigen Meyerbeer-Soprane/HeiB

Das Programm beginnt mit der Szene der Berthe, „Mon coeur s’élance“ aus Le prophète, deren lebhaft-beschwingte Einleitung das Orchestre de l’Opéra de Lyon unter Emmanuel Villaune mit Esprit serviert und der Solistin ein idealer Partner ist. Der Sopran klingt deliziös und duftig, perlend in den Koloraturen, Der Vortrag ist so charmant wie kokett. In der folgenden Romanze  der Isabelle „Robert, toi que j’aime“ aus Robert le diable (mit Charles Workman) eine Partie, welche die Sängerin vor einigen Jahren wegen ihrer Schwangerschaft an der Royal Opera London absagen musste – kommen ihre lyrischen Qualitäten in schwärmerisch-sehnsuchtsvollem Klang zur Geltung. Allerdings hört man am Ende der Szene in der exponierten Lage Verhärtungen des Tones, was auch bei weiteren Titeln gelegentlich zu bemerken ist.

Zwei Weltersteinspielungen finden sich unter den elf Nummern – Irenes „Nun in der Dämm’rung Stille“ aus Alimelik, oder die beiden Kalifen und Thereses „Oh Schwester, find’ ich dich!/Lebe wohl, geliebte Schwester“ aus Ein Feldlager in Schlesien. Erstere stammt aus dem Frühwerk von 1814 und ist im Charakter ganz dem deutschen Singspiel verpflichtet. Entsprechend munter und beherzt klingt die Sängerin in dieser Szene. Vom Feldlager, das dann zu Vielka umgearbeitet wurde, existiert die Rundfunkaufnahme einer konzertanten Aufführung aus Berlin von 1984, die eben vom Hamburger Archiv für Gesangskunst als CD herausgegeben wurde. Aber hier ist mit der emotional aufgewühlten Szene  „Lebe wohl, geliebte Schwester“, bei der die Mezzosopranistin Kate Aldrich mitwirkt, ein Ausschnitt aus der Originalfassung zu hören – insofern ist die Bezeichnung Ersteinspielung gerechtfertigt.

Zu Meyerbeers „Feldlager in Schlesien“: Jenny Lind als Vielka/ Wiki

Die CD bietet eine gelungene Mischung aus bekannten Schlagern, wie Dinorahs „Ombre légère“ aus Le pardon de Ploërmel, und beinahe unbekannten Nummern wie Emmas „Ah questo bacio“ aus Emma die Resburgo oder Palmides „Con qual gioia“ aus Il crociato in Egitto. Letzteres Beispiel steht für  eine mehrteilige italienische Szene, eine grande scena in Rossini-Manier, in der die Interpretin ihr Gestaltungsvermögen und ihre Verzierungskunst demonstrieren kann, assistiert vom Bassisten Laurent Naouri und dem präsenten Choeur de l’Opéra de Lyon. In Dinorahs berühmter Schattenarie, bei der es mit der Einspielung von Maria Callas eine Referenzaufnahme gibt,  besticht einmal mehr Damraus Virtuosität, welche die Koloraturen tänzeln und den Dialog der Figur mit ihrem Schatten als Wechselspiel zwischen der Stimme und ihrem  piano-Echo effektvoll aufscheinen lässt. Die große Szene der Marguerite profitiert vom raffinierten Farbenspiel der Stimme in der elegischen Einleitung, dem kapriziösen Mittelteil und dem bravourösen Schluss mit seinem anspruchsvollen Zierwerk von Trillern, Ornamenten und stratosphärischen Ausflügen. Zirzensische Gesangsakrobatik erfordert Catherines Solo aus dem Ètoile du Nord, denn nach der melancholischen Einleitung zwitschert der Sopran im Wettstreit mit zwei Flöten in brillanten staccati und Vokalisen, Lucias Wahnsinnsszene vergleichbar. An Donizettis Oper erinnert auch das Harfen-Vorspiel zu Emmas gefühlvoller Kavatine aus dem Frühwerk (1819) Emma di Resburgo.

In Meyerbeers „Dinorah“: Marie Cabel war die erste Titelrollensängerin/Opera Rara

Letzter Titel des Programms ist eine weitere Szene der Inès aus der Africaine („Adieu mon doux rivage“ aus dem 1. Akt), nachdem es vorher bereits einen Ausschnitt aus dem 5. Akt der Oper („Fleurs novelles“) gegeben hatte. Beide sind Zeugnisse für Meyerbeers reiche lyrische Eingebungen – man hört sie wehmütig und sehnsuchtsvoll vorgetragen, mit sublimen Nuancen und Valeurs.

Dass die Damrau hier in drei Sprachen singt, entspricht der Vielseitigkeit des Komponisten, den sie im Booklet als „wahrhaftigen Europäer“ betitelt. In seinem Oeuvre vereinen sich die Traditionen des deutschen Singspiels und des italienischen Belcanto sowie die beiden Stilrichtungen der französischen opéra comique und grand opéra. Die deutsche Sopranistin erweist sich als versiert in all diesen Genres und balanciert gekonnt zwischen forte chanteuse und chanteuse légère à roulade. Mit ihrer verdienstvollen Initiative trägt sie hoffentlich dazu bei, dem Komponisten auch auf unseren Bühnen endlich den ihm gebührenden Platz einzuräumen (Foto oben: Diana Damrau/ Foto Jürgen Frank/ Erato). Bernd Hoppe