Archiv des Autors: Geerd Heinsen

Felix Krieger

 

Mit Spannung erwartet kam die „neue“ Iris Mascagnis von der Berliner Operngruppe bei Oehms heraus – auch angesichts älterer konkurrierender Einspielungen (Tokody/CBS/Sony, Dessi/Ricordi live, Marrocu/ Bongiovanni live, 2 x Olivero/diverse live oder Petrella/dto) langerwartet, weil sie wie die Vorgängerinnen dieser konzertanten Opernversion auf besondere Publikums-Begeisterung im Konzerthaus gestoßen war. Überhaupt hat sich die Berliner Operngruppe fest in Berlin und seinem Umfeld etabliert, wie die ausverkauften Vorstellungen zeigen – angesichts mancher regielicher Verirrungen an den drei (!!!) Berliner Opernhäusern ist wohl der run auf rein konzertante Aufführungen akut gewachsen. Zumal die Operngruppe mit so hervorragenden Besetzungen aufwarten kann. Spiritus rector ist dabei der Dirigent Felix Krieger, mit dem wir im Zusammenhang mit der Rezension zur neuen Aufnahme ein Interview von Ingrid Wanja bringen. G. H.

 

Das Erscheinen der CD Iris ein Jahr nach ihrer Aufführung im ausverkauften Konzerthaus Berlin könnte ein vorläufiger Höhepunkt in der zehnjährigen Geschichte der Berliner Operngruppe sein, ist es aber dennoch nicht, denn eigentlich wäre inzwischen bereits eine neue Ausgabe der alljährlich stattfindenden Aufführungen unbekannter italienischer Opern unter Ihrer Leitung fällig gewesen. Warum sie noch nicht zu erleben war, wissen wir nur allzu gut. Wie geht es der Berliner Operngruppe und ihrem Schöpfer und Dirigenten heute? Wie die allermeisten Kulturschaffenden sind natürlich auch wir massiv von dieser Krise getroffen. Im Orchester der BOG spielen exzellente MusikerInnen der freien professionellen Berliner Szene, die Solistinnen und Solisten sind wie ich fast ausschließlich freischaffende Künstler. Viele stecken derzeit in einer prekären Situation, und wir hoffen daher sehr, dass diese Pandemie bis zum Sommer unter Kontrolle sein wird, um endlich wieder unseren Beruf ausüben zu können.  Iris war ein vorläufiger Höhepunkt in der Entwicklung der BOG, dem aber hoffentlich in Zukunft noch weitere folgen werden.

Wird es die Berliner Operngruppe in der bisherigen Zusammensetzung weiterhin geben? Fürs erste, ja: eine nächste Produktion, wenngleich sie wesentlich kleiner ausfallen wird, ist derzeit für den 1.September 2021 geplant. Wir haben in den letzten Jahren zum Glück gut gehaushaltet, so dass dies noch möglich sein wird. Ob die BOG nach dieser Krise aber mittelfristig eine Zukunft haben wird, hängt stark davon ab, ob wir auch öffentliche Fördergelder zugesagt bekommen oder nicht. Wir haben während der Krise zahlreiche Anträge geschrieben, und wir hoffen noch auf eine positive Rückmeldung.

Pietro Mascagnis „Iris“, Konzerthaus am Gendarmenmarkt, Berlin/ Foto Stefan Maria Rother/Bertelsmann

Werfen wir einen Blick 11 Jahre zurück: Wie kam es zu Gründung der Gruppe, wie hat sie sich entwickelt, wer gehört ihr an und nach welchen Gesichtspunkten gestalten Sie das Repertoire? Ich hatte 2002 erstmals in London die Chelsea Opera Group geleitet, die ebenfalls selten zu hörende Opern aufführt mit hervorragenden Solisten und deren Herz ein Chor aus wunderbaren Amateursängern ist. Auf dem Programm standen zwei sehr interessante Operneinakter von Rachmaninoff, Francesca da Rimini und Der geizige Ritter. Ich war damals sehr beeindruckt von der Qualität dieser 1950 von Sir Colin Davis gegründeten Institution, deren Ehrenpräsident er auch noch war, als ich dort verschiedene Produktionen in der Queen Elisabeth Hall dirigiert habe. Und so gründete ich 2007 den Verein Berliner Operngruppe mit dem Ziel, etwas Ähnliches in Berlin aufzubauen.  Es hat dann noch knapp 3 Jahre gedauert, bis ich genügend Geld eingesammelt hatte, um mit Verdis Opernerstling Oberto und einem hervorragenden Cast starten zu können. Dabei war zielführend, dass die Stiftung Zukunft Berlin uns eine großzügige Anschub-Förderung gewährt hat und ich 2009 bei einem Dinner den Mäzen Nicolaus von Oppenheim kennengelernt habe, der begeistert war von der Idee und der dann selbst tatkräftig mithalf, die noch fehlenden Gelder zu akquirieren.  Als ersten Aufführungsort wählten wir das Radialsystem V, es schien uns der richtige Ort in Berlin für dieses Experiment, und wir haben uns dort sehr wohl gefühlt, wenngleich die Akustik für unser großes Format an ihre Grenzen kam. Nachdem das Publikumsinteresse von Jahr zu Jahr zugenommen hatte, haben wir es 2013 gewagt, ins wesentlich größere Konzerthaus zu wechseln. Die Entscheidung war richtig, denn bereits unsere erste Aufführung dort, Beatrice di Tenda von Bellini, war ausverkauft! Es sprach sich schnell herum, dass wir ein hervorragendes Niveau bieten, nicht nur beim Publikum, sondern auch in Musikerkreisen, so dass in den folgenden Jahren immer mehr exzellente MusikerInnen der freien professionellen Berliner Szene im Orchester mitspielen wollten. In unserem wunderbaren Chor singen hingegen viele begabte Laien und semiprofessionelle SängerInnen mit, die aber alle Chorerfahrung mitbringen und in Vorsingen ausgewählt werden. Einige von ihnen sind bereits von Anfang an dabei, wie auch unser fantastischer Chorleiter Steffen Schubert, und so bildet der Chor auch bei uns das Herz der BOG.

2016 habe ich Helen Müller kennen gelernt, die Leiterin für Cultural Affairs und Colporate History bei Bertelsmann, und so konnte eine fruchtbare Verbindung zu dem zu Bertelsmann gehörenden Archivio Storico Ricordi in Mailand geknüpft werden, wo die Autographe zu all den italienischen Opern lagen, auf die wir mittlerweile spezialisiert waren.  Für mich ist das natürlich eine Fundgrube, und ich empfinde es als ein großes Glück, direkten Zugang zu den Quellen zu haben und die originalen Handschriften einsehen zu können, denn der unmittelbare Einblick in die „Werkstatt“ des Komponisten vertieft ungemein das Verständnis für seine Musik. Die Berliner Erstaufführung von Verdis Stiffelio 2017 war die erste Veranstaltung, die Bertelsmann mit unterstützt hat, und dies bedeutete in verschiedenerlei Hinsicht noch einmal einen großen qualitativen Sprung für die BOG. Auch seitdem haben wir stetig weiter an der Perfektionierung gefeilt und unsere IRIS dokumentiert, wo wir in unserer Entwicklung 2020 nach zehn Jahren kontinuierlicher Aufbauarbeit angelangt waren.

Felix Krieger während der Generalprobe zur Berliner Erstaufführung von Verdis „Stiffelio“ 2017/ Foto Thomas Ecke/Bertelsmann

Das Repertoire der Gruppe reicht vom Belcanto bis zum Verismo. Warum geht es nicht über diesen hinaus? Gab es danach keine aufführungswerten Opern mehr? Natürlich gibt es noch viele aufführungswerte Opern aus allen Epochen, aber man muss doch eine Auswahl treffen.  Als ich mit der BOG begann, hatte ich ein großes persönliches Interesse daran, den frühen Verdi besser kennen zu lernen, auch, um den späteren noch besser zu verstehen und kompositorische Entwicklungen noch besser nachvollziehen zu können.

Ich bin in meiner Kindheit und Jugend als Jungstudent (Klavier) an der Musikhochschule Freiburg hauptsächlich mit der deutschen-österreichischen Musiktradition von Bach bis zur 2ten Wiener Schule groß geworden, diese bildete das Fundament meiner musikalischen Ausbildung, und dieser Tradition fühle ich mich daher naturgemäß immer noch am nächsten. Allerdings wurde ich als angehender Kapellmeister von zwei der bedeutendsten italienischen Dirigenten geprägt, von Claudio Abbado und von Carlo Maria Giulini. Wenngleich ich mit beiden hauptsächlich deutsches symphonisches Repertoire gelernt habe, so habe ich in dieser Lehrzeit dennoch sehr viel über die italienische Kultur und die italienische Art zu denken und zu musizieren verstanden. Für Abbado habe ich dann an der Staatsoper Berlin auch den Falstaff einstudiert und viele Proben geleitet. Dies war meine erste intensive Begegnung mit einer Verdi-Oper und hat mein besonderes Interesse an italienischer Musik geweckt.

Felix Krieger und Choristen der Berliner Operngruppe anläßlich der deutschen Erstaufführung von Donizettis „Betly“ 2015/ Foto Lou Mouw

Wie gelingt es Ihnen immer wieder, hochkarätige Solisten für Ihre Aufführungen zu gewinnen?  Im Laufe der Jahre habe ich mit vielen SängerInnen zusammengearbeitet, und so konnte ich bereits für die allererste BOG-Produktion 2010 mit Francesco Ellero d´Artegna einen bekannten italienischen Bass für OBERTO gewinnen. Und so hing von Anfang an die Messlatte des gesanglichen Niveaus hoch. Grundsätzlich ist Berlin und insbesondere ein Auftritt im Konzerthaus mit der BOG sehr attraktiv, insofern ist es nicht allzu schwer, hochkarätige Solisten für unsere Aufführungen zu gewinnen. Natürlich haben wir nicht die finanziellen Mittel der öffentlichen Institutionen, aber wir versuchen immer, mit dem, was uns an Budget zur Verfügung steht, das Bestmögliche auf die Beine zu stellen.

Die drei großen Opernhäuser in Berlin können mit riesigen finanziellen Mitteln aufwändige, oft aber bei der Premiere in einem Buhgewitter untergehende Produktionen auf die Bühne bringen. Die von Ihrer Gruppe aufgewendeten Mittel hingegen sind äußerst bescheiden, finden jedoch durchweg die Zustimmung des Publikums. Warum entscheiden Sie sich nicht gleich für konzertante Aufführungen? Ich persönlich mag keine rein konzertanten Opernaufführungen, und mir ist es sehr wichtig, dass das Wesentliche einer Handlung durch eine szenische Einrichtung mit geschickter Personenführung verdeutlicht und lebendig wird. Die BOG hat kein Budget für aufwendige Inszenierungen, und so fokussieren wir uns ganz bewusst auf die Musik und auf die wesentlichen szenisch-dramaturgischen Vorgänge. Wir bekommen allerdings tatsächlich sehr oft von Zuschauern zu hören, dass ihnen bei uns gar kein Bühnenbild gefehlt hat und sie gerade von diesem sehr konzentrierten Format mit wenigen Requisiten und angedeuteten Kostümen begeistert waren. Dies spricht allerdings nicht gegen große szenische Produktionen und Regietheater, denn Oper ist grundsätzlich immer für das Theater gedacht und lebt von neuen, auch umstrittenen Deutungen, es spricht vielmehr für die BOG, dass sie mit ihren begrenzten finanziellen Mitteln überzeugende Aufführungen schafft.

Durch Corona fielen für Sie persönlich nicht nur Dirigate in Deutschland, u.a. auch an der Semperoper Dresden, weg, sondern auch international. Wie geht man dort, wo sie auch regelmäßig arbeiten, nämlich in Lateinamerika oder in Italien, mit der Pandemie um, gibt es dort Arbeitsmöglichkeiten für Sie? Momentan ist es leider fast überall gleich, es herrscht weltweit eine extreme Ungewissheit und dadurch ein enormes Planungschaos. Man setzt vielerorts mehr auf nationale/regionale KünstlerInnen, auch weil Reisen zusätzliche Unsicherheiten bringen und für die Veranstalter teurer sind. Ich kann mir leider vorstellen, dass sich diese Entwicklung aufgrund leerer Kassen nach der Pandemie weltweit fortsetzen wird und die Möglichkeiten daher begrenzter werden.  Eine Neuproduktion von Ariadne auf Naxos, die ich im letzten Jahr in Sao Paulo hätte dirigieren sollen, wurde damals verschoben auf den kommenden Herbst. Nun wurde diese Produktion gerade wegen des Infektionsgeschehens schon wieder abgesagt und soll vorsichtshalber nach 2022 verschoben werden. Diese Absagen und ständigen Verschiebungen sind sehr mühsam und belastend.

Sie sind nicht nur Dirigent, sondern auch Komponist. Konnte der Letztere von Corona profitieren?  Wie sind Sie sonst mit Ihrer freien Zeit umgegangen? Tatsächlich habe ich die Zeit so kreativ wie möglich zu nutzen versucht, und so sind drei neue Werke entstanden. Zunächst habe ich ein komplexes Werk für dreizehn-köpfiges Kammerensemble komponiert, Cantus III – Íthymbus.  Außerdem ist ein Duo für Altflöte und Kontrabass entstanden, dieses wurde erfreulicherweise bereits im November 2020 auf dem 53. Festival Musica Nova Gilberto Mendes in virtueller Form uraufgeführt. Und zuletzt habe ich Lieder für Sopran und großes Orchester nach Gedichten von Peter Härtling und Ulla Hahn geschrieben, diese sind gerade fertig geworden. Ich hoffe nach der Krise Möglichkeiten zu finden, diese Werke uraufzuführen. Immerhin ist  die UA des dreiteiligen Cantus-Zyklus bereits anvisiert.

Ansonsten habe ich viel gelesen und mich um die von mir mitbegründete Al-Farabi Musikakademie (www.al-farabi.de) gekümmert, deren Vorstand ich angehöre. Dass es der Musikakademie gelungen ist, trotz Pandemie in den letzten Monaten zu wachsen, darüber freue ich mich in dieser Zeit besonders.

Mascagnis „Iris“ im Konzerthaus/ Foto Stefan Maria Rother/Bertelsmann

Im Privaten habe ich mich im letzten Herbst ein paar Wochen lang intensiv mit Familiengenealogie beschäftigt und gründlich recherchiert. So habe ich herausgefunden, u.a. anhand alter Dokumente in digitalisierten Berliner Archiven, aber auch in Rahel Levin Varnhagens Familienbriefen, dass mein Ur-Ur-Urgroßvater eigentlich gebürtig Oppenheimer hieß und seinen Nachnamen später in Oppert geändert hat, um antisemitischer Diskriminierung zu entgehen, als er als Arzt 1814/15 in der preußischen Armee an den Befreiungskriegen teilnahm. Und so kam heraus, dass es bei mir nicht nur eine direkte Blutsverwandtschaft zum langjährigen Hauptförderer der BOG, Nicolaus von Oppenheim gibt, sondern auch zu Felix Mendelssohn Bartholdy, Heinrich Heine und Arnold Schönberg.  Ohne die Pandemie und die „freie“ Zeit hätte ich diesen schönen Zusammenhang vermutlich nie herausgefunden, allerdings kann ich auf weitere freie Zeit sehr gut verzichten.

Es bleibt jetzt zu hoffen, dass Corona durch ausreichende Testungen und Impfungen bald unter Kontrolle ist und bald funktionierende Lösungen zur Öffnung der Kultureinrichtungen gefunden werden, damit der Schaden nicht noch größer wird als er bereits ist.

Und was wünschen Sie sich, auch an die Adresse der Politik gerichtet, für „Ihre“ Berliner Operngruppe? Nach dieser Pandemie wird es schwerer denn je sein, Produktionen fast ausschließlich privat zu finanzieren.  Ich bezweifle stark, dass die BOG angesichts der bevorstehenden Wirtschaftskrise ohne eine öffentliche Förderung mittelfristig wird weiterexistieren können. Wir hoffen daher sehr, dass auch die Politik unsere bereits 10-jährige erfolgreiche künstlerische Arbeit in Berlin würdigt und sich für eine institutionelle Förderung der BOG entscheidet. Wie sehr Institutionen wie wir auch als Arbeitgeber für die exzeptionelle professionelle freie Musiker-Szene in Berlin benötigt werden, gerade dies hat diese Krise doch sehr deutlich gemacht. Natürlich ist es mein Wunsch, dass die BOG die nötige finanzielle Unterstützung erhalten wird, um sich auch in den kommenden Jahren weiterentwickeln und ihrem Publikum weiterhin interessante vernachlässigte Werke in Berlin präsentieren zu können (Foto oben Lou Mouw). Ingrid Wanja

Mascagnis Butterfly

 

Eigentlich hätten bereits ihre Vorgänger verdient, was nun der vorerst letzten der Aufführungen der Berliner Operngruppe beschieden ist: die Verewigung auf zwei CDs mit Mascagnis Iris. Gern hätte man die Entwicklung des Orchesters nachverfolgt, das Felix Krieger gegründet und  auf- und ausgebaut hat (dazu auch ein separates Interview in operalounge.de) , und die vom kleinen Orchester mit teilweise Laien-, teilweise Berufsmusikern, von Belcanto- und frühen Verdiopern und damit vor allem auf eine Begleiterfunktion beschränkt, zu einem vollwertigen Klangkörper aus freischaffenden Berufsmusikern reicht, die den hoch anspruchsvollen Orchesterpart des Verismo und Symbolismus beherrschen. Nun liegt also der vorläufige Höhepunkt der künstlerischen Arbeit der Operngruppe in einem Doppelalbum mit informationsreichem Booklet mit einführendem Artikel, zweisprachigem Libretto und Künstlerbiographien vor, dazu reich bebildert mit Fotos von japanischen Figurinen und Landschaften.

Iris war die erste italienische Oper im japanischen Milieu, wie es sich die Europäer um die Jahrhundertwende vorstellten. Butterfly folgte erst später, wird als Figur oft als Nachfolgerin von Iris gesehen, obwohl Welten die beiden voneinander trennen. Es handelt sich bei der Ihren um eine Phantasiewelt, in der die Sonne, die als machtvoller Chor persönlich auftritt, und viele bunte Blumen die Welt der Kindfrau Iris und ihres blinden Vater darstellen, aus der sie brutal durch das Begehren eines Reichen, der sich der Unterstützung eines Bordellbesitzers  bedient, herausgerissen wird. Als sie dem Werben des Kidnappers nicht nachgibt, verliert dieser sein Interesse an ihr, überlässt sie dem Bordellbesitzer als Werbeobjekt. Ihr Vater verflucht Iris, nachdem er sie in dieser Funktion ausfindig gemacht hat, sie stürzt sich in einen Abgrund und wird sterbend von Lumpensammlern ihrer goldenen Kleider beraubt. Ihre geliebten Blumen und der Gesang der Sonne begleiten Iris in den Tod, und auch die  aus der Ferne an ihr Ohr klingenden Bekenntnisse der drei Männer, die für ihr Schicksal verantwortlich sind, führen ins Metaphysische.

Das einst erfolgreiche Werk ist inzwischen ein fast unbekanntes, nur die Serenade „Apri la tua finestra“, wegen der hohen Tessitura so bang gefürchtet wie wegen ihres Effekts von Tenören heiß geliebt, und der Gesang der Sonne als gewaltiger Chor sind ab und zu zu hören.

De Partitur stellt beachtliche Anforderungen an Gesangssolisten wie Orchester, ist von großer chromatischer und harmonischer Raffiniertheit, die von den Instrumentalisten voll ausgekostet wird, eingeschlossen des ihr innewohnenden „tocco di manierismo“. Das Orchester zeichnet den Wechsel von der Nacht zum Tag gleich zu Beginn des Stücks bruchlos  aus dem akustischen Dunkel aufbrechend und in ein immer reicher und raffinierter werdendes Farbspektrum  nach, in nahtloser Steigerung und schönem An- und Abschwellen des Klangs sich entfaltend. Wunderbar werden im Verlauf der Oper die wechselnden Stimmungen erfasst, besonders das Vorspiel zu Iris‘ Arie im zweiten Akt, ihrer Vision vom Himmel, ist von großer atmosphärischer Dichte. Nicht makellos, aber mit überwältigendem Einsatz bringt der von Steffen Schubert einstudierte Chor aus Laien und Berufssängern die Hymne der Sonne, Gänsehaut beim Zuhörer erzeugend, zu Gehör.

Wie immer und bereits von Anfang an mit Francesco Ellero d‘Artegna auf vorzügliche Besetzungen bedacht und damit erfolgreich, hatte Felix Krieger  für ein angemessenes Sängerensemble gesorgt. Bereits in ihrer Auftrittsarie lässt Karine Babajanyan einen leicht ansprechenden Sopran mit farbenreicher mezza voce hören, der auch im Forte weich bleibt und dessen Vibrato sie auch in der großen Arie im 2. Akt gut unter Kontrolle behält. Die Farben ihres Soprans harmonieren mit denen des Orchesters. In der kleinen Rolle der Geisha / Dhia lässt Nina Clausen eine kristallklare Stimme vernehmen.  Mit viel tenoralem Enthusiasmus geht Samuele Simoncini die Partie des Osaka an, sein Tenor ist weitaus schöner als der Charakter seiner Figur, er weiß echtes Gefühl und hymnischen Elan ebenso zum Ausdruck zu bringen wie die fahle Rechtfertigung seines Egoismus‘ in „Così la vita. Addio!“ Einen durchaus auch für Verdi einsetzbaren Bariton hat Ernesto Petti für den Kyoto, die Stimme kann einfach schön oder auch verschwörerisch –verrucht wie im Duett mit Osaka im 2. Akt oder im „Mi comprendi“ klingen. Tadellos und ausdrucksstark gibt David Oštrek den Cieco, angenehm klingt der Tenor von Andres Moreno Garcia für den Lumpensammler.

Für den September plant die Berliner Operngruppe ihren nächsten Auftritt. Das Werk steht noch nicht fest, unbestreitbar  aber ist die Sehnsucht ihres Publikums nach der Entdeckung weiterer interessanter italienischer Opern und möglichst auch ihrer Aufzeichnung zum nachfolgenden häuslichen Genuss (Oehms classics 991, 2 CDs; weitere Information zu den CDs/DVDs  im Fachhandel, bei allen relevanten Versendern und bei www.naxosdirekt.de.) Ingrid Wanja

Erforschung der Liebe

 

Uli Fussenegger streicht und schlägt und zupft auf seinem Kontrabass, erzeugt tremolierend irrende Klänge. Dann sehen wir auf den Videosequenzen, die während des folgenden Geschehens immer wieder die Bühnenaktion überblenden, zwei Menschen fortgeschritten mittleren Alters durch die Stadt gehen: He, Dietrich Henschel, und She, Patrizia Ciofi. „Pass auf, wenn du etwas aufhebst“, sagt sie auf Englisch und schreitet vorsichtig eine Treppe hinunter, die er hinaufgeht. „Während ich durch das Haus gehe, wächst ein Baum“, sagt er und zeichnet an einem Tisch; er könnte ein Architekt sein, jedenfalls jemand, der es gewohnt ist, einen solchen Tisch zu benutzen, ein schlurfiger Akademiker. Unterstrichen werden seine Worte von seiner inneren Stimme, his internal voice, dem Countertenor Terry Wey, während die im biederen Rock brav wirkende Frau sich in der Küche ein Warmgetränk zubereitet und von der tiefstimmigen Noa Frenkel begleitet wird. Er beschaut ein Modell eines Hauses, sie betrachtet die Ameisen, die über ein Marmeladenglas krabbeln. Jedes Wort, jede Geste scheint in Chaya Czernowins im November 2019 an der Deutschen Oper Berlin uraufgeführten Oper Heart Chamber auf die Goldwaage gelegt zu werden. Jedes Wort und jeder Ton sind abgewogen, bis aufs äußerste konzentriert und gefiltert. Und stoßen in das Innerste einer Beziehung vor, deren Quintessenz dem Zuhörer und Betrachter in 90 Minuten wie unter einem Vergrößerungsglas bloßgelegt wird. Eine lineare Geschichte wird in den 13 Abschnitten nicht erzählt, eher Stationen und Momentaufnahmen zwischen Anziehung und Abstoßung, Freude und Traurigkeit. Heart Chamber, Herzkammer, ist der Obduktionsbericht einer Beziehung, für den Czernowin eine Riesenapparatur benötigt, wobei auf der Bluray (Naxos NBD0120V) mehr Claus Guths ingeniös den beiden Protagonistinnen folgende Inszenierung zu bewundern ist als die mit enormem Kraftaufwand betriebene, Risse und Zerklüftungen aufzeigenden Töne, die von schier unhörbaren Flüstern und Flattern bis zu exaltierten Naturlauten und hämmernden Schlägen reichen. Bewerkstelligt wird das unter der souveränen Leitung von Johannes Kalitzke, der bereits die vorausgegangenen Opern der Czernowin uraufgeführt hatte, u.a mit dem groß besetzten Orchester der Deutschen Oper Berlin, einem 16köpfigen Vokalensemble, dem Ensemble Nikel mit Schlagzeug, E-Gitarre, Klavier und Saxophon sowie Live-Elektronik des SWR Experimentalstudios.

Mit der Akribie einer Wissenschaftlerin – der Untertitel An inquiery about love verweist auf ein medizinisches, naturwissenschaftliches Experiment – nimmt sich Czernowin in dem selbst geschriebenen Libretto, in das ursprünglich auch medizinische Zitate einfließen sollten, der Zweierbeziehung an, „Mich interessiert auch der analytische Blick auf die Gefühle… Was bedeutet ein bestimmtes Gefühl? Was heißt es, wenn zwei Menschen zum ersten Mal in einen echten Dialog treten? Bewundernswert, wie sich der deutsche Bariton und die italienische Koloratursopranistin, wobei letztere mit zeitgenössischer Musik bislang vermutlich eher selten zu tun hatte, auf die sprechflüsternde Singdeklamation einlassen, die sich mittels Mikroports zur Hörerbarkeit erhebt. Und wie durchaus nicht unspannend sich Henschel und Ciofi in der Inszenierung von Guth behaupten, die effektiv und faszinierend zwischen aufwendiger Aktion, den filmisch sehr schön umgesetzten Großaufnahmen der beiden und Intimität, wobei sich Mann und Frau auf zwei Stühlen gegenübersitzen, pendelt und von Uli Aumüller perfekt für die Aufnahme eingefangen wurde. Aumüller steuerte auch den umfangreichen und sehenswerten Hinterbericht I did not rehearse to say I love you bei.  Rolf Fath

Nicht nur ein Wandergesell

 

Opera in German mit Rudolf Schock zweiter Teil: In der zweiten Box bei Profil Edition Günter Hänssler wurden Werke von Jacques Offenbach, Wolfgang Amadeus Mozart, Daniel Francois Esprit Auber und Peter Tschaikowsky zusammengefasst (PH200066). Im Einzelnen sind dies Hoffmanns Erzählungen, Cosi fan tutte, Fra Diavolo, Eugen Onegin und Pique Dame. Vorausgegangen war eine Sammlung von italienischen Opern mit einem der seinerzeit beliebtesten Tenöre Deutschlands. Überraschungen sind auch diesmal nicht dabei. Im Gegensatz zur ersten Box gibt es mit vier Liedern von Tschaikowsky nur einen Appendix auf der letzten, der zehnten CD: In dieser Mondnacht, Herrschet der Tag, Inmitten des Balles und Pimpinella. Sie wurden 1948 produziert. Eine genaue Quelle konnte offenkundig nicht ermittelt werden. Begleitet wird Schock von Erhard Michel, der mit bürgerlichem Namen Hans Rainbach hieß und aus der Gegend um das frühere Aussig stammte. Sammler kennen ihn von einer frühen DDR-Eterna-Platte aus dem Jahr 1951, auf der er gemeinsam mit dem Tenor Gert Lutze vierzehn Lieder aus Schuberts Schöner Müllerin zum Besten gibt. Obwohl Schock als Liedersänger bis in seine späten Jahre sehr aktiv gewesen ist, steht dieses Genre in der Wahrnehmung etwas im Abseits. Er hätte auf diesem Gebiet durchaus mehr Aufmerksamkeit verdient. In seinem Fall kritische Aufmerksamkeit, denn seinen Interpretationen wirken auch dann noch relativ gut gelaunt, wenn ihn Komponist und Textdichter vor Abgründen stellen. Bei den Tchaikowsky-Liedern gerät er nicht in diese Zwickmühle. Sie sind sehr lyrisch, verträumt, überschwänglich, und Schock nimmt diese Stimmung auf.

Boni entfalten vor allem dann ihren ganz besonderen Reiz, wenn es sich – wie hier – um Ausgrabungen und Wiederentdeckungen handelt. Hingegen sind alle Opern der Editionen im Laufe der Jahre teils mehrfach von Nischenlabels – darunter Walhall – verbreitet worden. Ganz besondere Wertschätzung wurde dem Sänger beim schweizerischen Label Relief zuteil. Der Mehrwert der Neuerscheinung besteht darin, die Aufnahmen beisammen zu haben. Sammler lieben das. Ausschließlich handelt es sich um Rundfunkproduktionen, die zwischen 1947 und 1954 beim NWDR, später NDR, WDR und beim Berliner Rundfunk, als der noch nicht nach Ostberlin umgezogen war, entstanden sind. Das war Schocks beste Zeit als Sänger. Die Stimme klang noch nicht so eng in der Höhe, das unverwechselbare Timbre, dieses Alleinstellungsmerkmal, das ihn von allen seinen Kollegen unterschied, war voll ausgeprägt. Es bestand nicht der geringste Zweifel, dass ihm eine glänzende Karriere beschieden war. Die Aufnahmen sind wie ein Wechsel auf diese Zukunft. Und sie sind musikhistorisch interessant, weil sie vom Gründergeist des noch jungen öffentlich-rechtlichen Rundfunks getragen sind. In den Studios wurde wie am Fließband produziert, um aus diesem Vorrat die im Anwachsen begriffenen Sendezeiten bestücken zu können. Nicht alles gelang in Perfektion. Es wurden oft alte Fassungen und Übersetzungen verwendet, die heutzutage den Verfechtern historischer Aufführungspraxis die Haare zu Berge stehen lassen.

Sena Jurinac setzte sich mit der Tatjana in Tschaikowskys „Eugen Onegin“ selbst ein musikalisches Denkmal. Foto: OBA

Ein besonders krasser Fall ist Offenbachs Hoffmann (WDR 1950) mit drei Akten, Vor- und Nachspiel. Giulietta (Martha Mödl) tritt noch vor Antonia (Elfride Trötschel) auf, während Olympia (Wilma Lipp) der Akt zuvor vorbehalten bleibt. Dirigent ist Eugen Szenker. Nach dem Hessischen Rundfunk nahm 1954 auch der NDR seine vom Hans Schmidt-Isserstedt geleitete Cosi fan tutte mit Schock als Ferrando und Horst Günter als Guglielmo auf. Die Damen waren Suzanne Danco (Fiordiligi) und Ira Malaniuk (Dorabella). Ebenfalls beim NDR wurde Schock im selben Jahr als Fra Diavolo besetzt mit der Lipp als Zerline. Es dirigierte der im Nachkriegsdeutschland ungemein tüchtige Wilhelm Schüchter, der zwei Jahre zuvor bei dem Sender Eugen Onegin eingespielt hatte. Der Grund, warum diese Produktion über sich selbst hinaus gewachsen schien, ist allerdings nicht der Lenski von Schock oder schon gar nicht der Schwede Hugo Hasslo in der Titelpartie und auch nicht Gottlob Frick als Gremin: Der knapp dreißigjährigen Sena Jurinac ist mir Tatjana ein Porträt gelungen, das seinesgleichen sucht. Es gipfelt in der nächtlichen Briefszene. Indem sie sich zu ihren Gefühlen für Onegin bekennt überschreitet sie alle konventionellen Grenzen, die ihr als Frau ihrer Zeit gesetzt sind. Sie will ausbrechen wie der Vulkan, der in ihr lodert. Sie fürchtet den Untergang nicht. Schon bevor sie auf Onegin traf, spürte sie das „Zaubergift Verlangen“. Ihn ihm hat es seinen lebendigen Ausdruck gefunden. „Wie sonderbar, es schaudert mich.“ Deutsch hin, Originalsprache her. In der Dichte ihrer künstlerischen Mitteilsamkeit wird diese Erwägung genauso zur Nebensache wie der enge Radiosound der frühen fünfziger Jahre, der sich in der zwischen 1946 und 1947 eingespielten Pique Dame noch etwas deutlicher bemerkbar macht. Auch diese Aufnahme mit Schocks Hermann bezieht ihre Bedeutung durch Sängerinnen – Elisabeth Grümmer als Lisa und Margarete Klose als Gräfin. Das Berliner Rundfunk-Sinfonieorchester spielt unter der Leitung von Artur Rother.

 

Mit Verdis Rigoletto unter Ferenc Fricsay von 1950  war die erste Box – Fünf italienische Opern – eröffnet worden (PH20012). Diese Aufnahme hat auf dem Musikmarkt ein enormes Beharrungsvermögen entwickelt. Myto brachte ihn heraus, später konnte Audite mit dem verbesserten Klang der originalen Rundfunkbänder punkten. Zwischendurch gab es einen Querschnitt bei Membran. Jetzt also Hänssler. Verdient ist diese Fürsorge allemal. Für die RIAS-Aufnahme wurde das Symphonie-Orchester dieses Senders herangezogen. Fricsay war dessen Chef und stand damals am Beginn einer großen Karriere, die mit seinem Tod 1963 ein allzu frühes Ende fand. Für mich ist der Rigoletto eine seiner besten Leistungen. Was für ein Drive! Takte ticken wie Zeitzünder. Wenn Monterone (Wilhelm Lang) seinen Fluch gegen den Herzog (Rudolf Schock) und Rigoletto (Josef Metternich) schleudert, entlädt sich ein gewaltiges Gewitter, das sich bei der unheimlichen Begegnung des Hofnarren mit dem Mörder Sprafucile (Fritz Hoppe) grummelnd verzieht, um sich mit dem Erscheinen von Gilda (Rita Streich) ganz aufzulösen. Fricsay beherrscht derlei dramatische Situationen aus dem Effeff. Seine Sänger folgen ihm bedingungslos. Schock, damals fünfunddreißig, hat für den Herzog genau das richtige Alter. Er singt die Partie verschwenderisch. Allein mit dem Wohlklang seines Tenors versieht er die Figur auch mit positiven Zügen und macht sie dadurch vielschichtiger. Ich nehme ihm sogar ab, dass er in Gilda tatsächlich verliebt ist – wenn auch nur für die Momente, in denen er sich zu ihr bekennt. Metternich lässt keinen Zweifel daran, dass er die Titeltrolle verkörpert – und zwar immer mit hundert Prozent. Er versenkt sich in die letzten Winkel der widersprüchlichen Seele des Narren. Singend befördert er letzte Dinge ans Licht als läge er auf der Couch eines Psychoanalytikers. Ich kann es nachvollziehen, dass Metternich mit Verdi selbst an der Met, wo die internationale Konkurrenz lauerte, reüssieren konnte. Seine Antrittspartie im November 1953 war übrigens der Don Carlo in La forza del destino.

In deutscher Übersetzung ist die Oper genau ein Jahr zuvor, beim Norddeutschen Rundfunk (NDR) in Hamburg als Die Macht des Schicksals produziert worden. Auch diese Aufnahme drehte bereits die große Runde auf dem Markt, wobei darauf zu achten ist, dass es mit Schock als Alvaro – wie übrigens als Herzog in Rigoletto – noch einen Querschnitt gibt. Der stammt von 1965 als er zunehmend in die Unterhaltungsbranche wechselte und – wie ich finde – auch stimmlich unverbindlicher und beliebiger wurde. Der Hamburger Alvaro lässt diese Entwicklung bereits erahnen. Diesmal dirigiert Hans Schmidt-Isserstedt das NDR-Sinfonieorchester ohne den rasanten Schmiss von Fricsay, den wohl auch das Werk so nicht hergibt. Carla Martinis ist die Leonora. Sie stammte aus Kroatien und hatte erfolgreiche Debüts in Salzburg, Wien und Mailand hinter sich. Offenbar sollte ihre Mitwirkung der regionalen Rundfunkproduktion besonderen Glanz verleihen. Doch die große Arie „Gnade, Gnade, mein Heiland“ klingt unstet und überzeugt mich nicht. Auch Martha Mödl enttäuscht in der kleinen aber wichtigen Rolle der Preziosilla. Nach ihren furiosen Auftritten als Kundry und Isolde bei den Bayreuther Festspielen, ist so viel Stadttheater-Routine nicht zu erwarten gewesen. Sie konnte mit diesem Engagement nicht viel anfangen. Gottlob Frick ist als Pater Guardian die Güte selbst. Müsste ich einen der Mitwirkenden herausheben, es würde Gustav Neidlinger als Franziskanermönch Melitone sein. Er holt aus seiner Rolle am meisten heraus und macht aus seiner Predigt im Feldlager ein brillantes Kabinettstück.

Hänssler geizt in dieser ersten Box nicht mit Zutaten und lässt im Anschluss an die Radioeinspielung gleich noch den bereits erwähnten Eurodisc-Querschnitt springen. Was bereits bei den diversen Plattenauflagen auffiel, bliebt auch hier ein Rätsel: Warum dirigiert Wilhelm Schüchter nur den ersten Track mit der von der Orgel begleiteten Szene „Der ew’ge Name des Vaters im Himmel“, in der Guardian (wiederum Frick) die Mönche beschwört, der Klause von Leonora (Hildegard Hillebrecht), deren Identität nur er kennt, fern zu bleiben, der Rest aber von Heinrich Hollreiser? Und weil es so schön ist, folgt noch die so genannte Klosterszene der Deutschen Grammophon von 1954/1955 mit Annelies Kupper (Leonora), Josef Greindl (Guardian) und abermals Neidlinger als Melitone. Endlich kann ich die alte Platte ausrangieren, die ich auf einen Flohmarkt entdeckt hatte und der man ihr Alter ansah und anhörte.

Dieser Eurodisc-Opernquerschnitt ist eine der vielen Zutaten der Edition: Hildegard Hillebrecht, Brigitte Fassbaender, Rudolf Schock, Thomas Tipton und Gottlob Frick in Verdi „Macht des Schicksals“.

Auf Verdi folgt Puccini. Um Tosca im NDR-Studio gemeinsam mit dem Dirigenten Wilhelm Schüchter aufzunehmen, sind die Martinis für die Titelrolle, Schock für den Cavaradossi und Metternich für den Scarpia ein Jahr nach der Macht des Schicksals wieder nach Hamburg gereist. Sie waren nun – so sollte man meinen – ein eingespieltes Team, zu dem sich noch Benno Kusche als Messner, Horst Günter als Angelotti und Kurt Marschner als Spoletta gesellten. In diesem Fall aber muss Teamgeist kein Vorteil gewesen sein. Alle Solisten bleiben unter ihrem eigenen Niveau. Sie finden nicht zusammen, jeder agiert irgendwie für sich und interessiert sich zu wenig für sein Gegenüber. Es knistert nicht, es kommt keine Spannung auf, was bei diesem Selbstläufer von Oper wundert. Die Aufnahme gleicht ehr einer akustischen Stellprobe. Als würden alles nochmal schnell durchgesungen, um sicher zu gehen, dass alles sitzt und gut genug memoriert ist. Selbst Metternich mit seinem ausgeprägten Instinkt für dramatische Situationen, verharrt müde in Routine. Wenn nun noch in Betracht gezogen wird, dass sich fast gleichzeitig in Mailand Maria CallasGiuseppe di Stefano und Tito Gobbi mit dem Dirigenten Victor de Sabata anschickten, dasselbe Werk in der Originalsprache wirkungsmächtig einzuspielen, bedarf es keines Kommentars: Deutscher Puccini war keine Option mehr. Während in Hamburg die Asche verglomm, wurde in Mailand ein Feuer entfacht, das bis heute lodert.

Die Arienplatte mit Carla Martinis von der Electrola ist komplett als Bonus in die Edition aufgenommen worden und erscheint damit erstmals auf CD.

Und die damals hochgerühmte Martinis? Es wird erzählt, dass Herbert von Karajan dem Met-Chef Rudolf Bing telegrafierte: „Brauche schönste Stimme der Welt. Wo ist sie?“ Bing soll geantwortet haben: „Carla Martinis. Hier.“ Mir „hier“ meinte er aber nicht sein Haus, sondern die Stadt. Die Martinis war an der City Opera engagiert. Met-Auftritte sind nicht dokumentiert. Die Anekdote ist auf der Rückseite einer Schallplatte nachzulesen, die bei der Electrola in Berlin mit dem Orchester der Staatsoper unter Schüchter produziert wurde. Im Booklet der Edition wird sie etwas verkürzt wiedergegeben. Auch wenn es so dasteht, ist für mich die Fragen angebracht, wie der führende Ostberliner Klangkörper im Mai 1956 zu dieser Mugge im Neuköllner Wintergarten kam? Dort wurde aufgenommen. Weil bisher nicht auf CD gelangt, gewann diese Platte Seltenheitswert. Bis jetzt. Als Bonus wurde sie in die Edition integriert und dürfte die Neuerscheinung für Sammler begehrlicher machen. Und hören wir nun die schönste Stimme der Welt? Darüber ließe sich trefflich streiten. Gesungen werden Arien von Verdi, Puccini und Mascagni. Oben drauf gibt es das Lied von der Weide und das Ave Maria aus Otello, die klanglich abfallen, weil es sich um den Salzburger Mitschnitt unter Wilhelm Furtwängler von 1951 handelt. Dafür schneiden die Liveszenen künstlerisch deutlicher besser ab, was die Vermutung nahelegt, dass sich die Martinis im Studio nicht so entfalten konnten wie auf der Bühne. Ihre Desdemona befindet sich in einem Schwebezustand. Als würde sie ihren Tod ganz bewusst durchleben. Sie stirbt singend und nicht durch Otellos Hände. Das ist sehr bewegend und überzeugend und kommt nach meinem Empfinden dem Ideal dieser Rolle sehr nahe. Hingegen sind bei den Plattenatrien derlei individuelle Auslegungen und Anpassungen an die Figuren ehr die Ausnahme. Mit „Ritorno vincitor!“ fällt der Auftakt der Bonus-CD robust und entschlossen aus. Mit der sich anschließenden Arie der Mimi aus dem ersten Akt der Boheme, in der sie von versklavter äthiopischer Königstochter auf kleines Mädchen umschaltet, fühlte ich mich in ein Wechselbad getaucht. „Pace, pace, mio Dio“: Den Beginn der Arie der Leonore aus La forza del destino lässt die Martinis mit langem Atem wunderbar aufblühen, um nach gut fünf Minuten mit einer fulminanten Steigerung zu schließen. So gehört sich Verdi gesungen. Dagegen fällt die Arie der Elisabetta „Tu che le vanità conoscesti del mondo“ aus dem Don Carlo ab. Veristisches Beiwerk stört die Stringenz dieser großdimensionierten Szene. Als Santuzza agiert die Martinis zu übertrieben, als Butterfly zunächst zu niedlich. Erst in der Todesszene findet sie in ein angemessenes Format. Neben dieser Platte, den Rundfunkaufnahmen und Mitschnitten ist lediglich ein Maskenball-Querschnitt bei der Decca mit Helge Rosvaenge als Alvaro überliefert. Hat Carla Martinis mit „der schönsten Stimme“ am Ende die die Erwartungen der Plattenindustrie nicht erfüllt? Die Fakten sprechen dafür. Bereits 1962 zog sie sich nach dem Unfalltod ihres Sohnes erst neununddreißigjährig ins Privatleben zurück. Sie habe durch das tragische Geschehen „buchstäblich ihre Stimme verloren“, heißt es im Booklet.

„Heimlich aus ihrem Auge“: Rudolf Schock als Nemorino in der Fernsehproduktion von Donizettis „Liebestrank“ (Screenshot). Tonspur und Eurodisc-Einspielung der Edition sind identisch. 

Als heiteres Intermezzo der Edition kommt Gaetano Donizettis Liebestrank daher. In breitem Stereo entstand die Aufnahme 1962 mit dem Berliner Kammerchor und den Berliner Symphonikern, die von Ernst Märzendorf für meinen Geschmack etwas zu deftig dirigiert werden. Für ungetrübtes Hörvergnügen muss das keinen Abbruch bedeuten. Schock singt den Nemorino. Mit seinen damals siebenundvierzig Jahren ist er der Rolle des einfältigen Bauernburschen entwachsen. Doch Schock wäre nicht Schock, würde er dieses Defizit nicht durch Professionalität wenn nicht völlig ausgleichen, so doch wenigstens mindern. Die Schwedin Stina-Britta Melander, nicht eben überrepräsentiert auf dem aktuellen Musikmarkt, ist als spielfreudige Adina besetzt, Ludwig Welter als Quacksalber Dulcamara und Lothar Ostenburg als Belcore. Die Fassung trägt zwar zum besseren Verständnis der Handlung beim hiesigen Publikum bei, verstärkt aber zusätzlich den Eindruck, als würde eine deutsche Spieloper gegeben. Die Übertragung aus dem wesentlichen flüssigeren italienischen Original wirkt wie eine kulturelle Vereinnahmung. Während sich Nemorino den Liebestrank, mit dem er seine angebetete Adina für sich gewinnen will, erhandelt, klingt im Cembalo des Dialogs so spielerisch wie überflüssig der berühmte Tristan-Akkord an. Donizettis Oper wurde 1832 in Mailand uraufgeführt, Wagner Musikdrama mehr als dreißig Jahre später. Gewiss, es gibt im Stück einen Hinweis auf die mittelalterliche Legende von Tristan und Isolde und deren Liebestrank. Mit Wagner hat das aber nichts zu tun. Der Gag geht ins Leere. Ältere Jahrgänge werden sich an die westdeutsche Fernsehproduktion erinnern, die erstmals Anfang 1963 ausgestrahlt wurde. Sammler hielten sie für verschollen oder gelöscht, bis sie kürzlich unverhofft bei YouTube in ansprechender Bild- und Tonqualität auftauchte. Ein Vergleich offenbart, dass deren Tonspur und die Produktion in der Edition identisch sind. Einen Hinweis im Booklet gibt es allerdings nicht.

Verwegen gewandet wie für ein Kostümfest: Rudolf Schock, Hildegard Hillebrecht und Eberhard Waechter auf dem Plattencover der Eurodisc-Produktion, die nun bei Hänssler erstmals auf CD erscheint.

Mit einer CD-Premiere geht Vol. 1 der Edition ins Finale: Cavalleria rusticana von Pietro Mascagni. Gleich dem Liebestrank handelt es sich um eine Eurodisc-Produktion, die 1963 mit Chor und Orchester der Deutschen Oper Berlin entstand. Heinrich Hollreiser hat die Leitung. Wieder wird die bekannte Übersetzung, in der die Orangen „duftig erglänzen“, bemüht. Die Interpreten aber geizen mit Duft und Glanz. Schlicht und ergreifend liefern sie eine Aufnahme für den Hausgebrauch ab. So war das offensichtlich auch gewollt. Puristen und Freunde der italienischen Oper sind ganz bestimmt nicht die Zielgruppe gewesen. Es wurde ein Publikum angesprochen, das seinen Rudi Schock liebte und hören wollte. Egal wie und womit. Der süße Wein, den er als gutgelaunter Turrido besingt, stammt von der Mosel und nicht aus Sizilien. In heutiger Wahrnehmung kann diese Interpretation nicht mehr punkten, geschweige denn überzeugen. Kein Wunder, dass die Einspielung bisher nicht den Weg auf CD fand. Dabei ist die übrige Besetzung nicht ganz uninteressant. Hildegard Hillebrecht singt die Santuzza, Alice Oelke die Lucia. Eberhard Waechter ist der Alfio und Bella Jasper die Lola. Achtlos und hochmütig sollte diese Cavalleria nicht beiseite geschoben werden. Aufnahmen sind auch zeitgeschichtliche Dokumente. Oper sollte einem breit gefächerten Publikum nahegebracht werden, das einfach nur entspannt zuhören und nicht fachsimpeln will. Das ist doch auch schon mal was. Auf die Fortsetzung der Rudolf-Schock-Edition darf man also gespannt sein. Dem Vernehmen nach soll die nächste Box Eugen Onegin und Pique Dame von Tschaikowski, Hoffmanns Erzählungen von Offenbach, Cosi fan tutte von Mozart und Frau Diavolo von Auber enthalten. Rüdiger Winter 

Osteuropa holt auf

 

Aufnahmen mit dem ungarischen Orfeo Orchestra unter seinem Leiter György Vashegyi und dem Purcell Choir wurden auf diesen Seiten schon mehrfach besprochen. Zumeist handelte es sich um Raritäten auf dem Musikmarkt, wie Gregor Joseph Werners Oratorium Der Gute Hirt oder Joseph Bodin de Boismortiers Ballett Les Voyages de l’Amour. Nun gibt das Label GLOSSA auf drei CDs eine weitere Einspielung heraus, welche ein nicht ganz so unbekanntes Werk in den Fokus stellt – Rameaus Tragédie lyrique Dardanus von 1744  (GCD 924010/ Note 1). Die Aufnahmen fanden im März 2020 in Budapest als Koproduktion der Orfeo Music Foundation und dem Centre de musique baroque de Versailles mit Unterstützung des Institut français de Budapest statt. Nach der alten Erato- und neueren DG-Auifnahme also die dritte des Werkes, ob das der Markt trägt?

Dardanus war – nach Hippolyte et Aricie und Castor et Pollux – die dritte von Rameaus Tragédies lyriques, die in Paris uraufgeführt wurden. Das Libretto von Leclerc de La Bruère schildert eine Liebesgeschichte zwischen Dardanus, der gegen den König der Phryger, Teucer, kämpft und dessen Tochter Iphise. Nach ihrer Verlobung mit Anténor, einem Verbündeten von Teucer, heiratet sie schließlich – mit Hilfe der Vénus – den Titelhelden.

Im Prologue loben Vénus (Chantal Santon Jeffery) und Amour (Judith van Wanroij) die Freuden der Liebe. Beide Soprane lassen im Charakter typisch französische Stimmen mit dem bekannt larmoyanten, gelegentlich säuerlichen  Klang hören, was beider Duos anzuhören nicht eben leicht macht. Der Chor nimmt ihre Gesänge auf oder wiederholt sie, was dem Purcell Choir Gelegenheit gibt für einen kultivierten und akzentuierten Vortrag. Der 1. Akt schildert Iphises Konflikt zwischen ihrer Pflicht (der Heirat mit Anténor) und ihrer Liebe zu Dardanus. Judith van Wanroij formt das Air „Cesse cruel Amour“ als eindringliches Lamento mit Momenten von energischem Nachdruck. Als ihr Vater Teucer ist Thomas Dolié mit autoritärem Bariton zu hören. Ähnlich viril klingt der Bariton von Tassis Christoyannis als Anténor – in beider Duo „Mânes plaintifs“ sind sie stimmlich kaum zu unterscheiden.

Der Titelheld wird erst im 2. Akt eingeführt, wenn er den Magier Ismenor (Thomas Dolié) aufsucht, um von ihm Beistand zu empfangen, Iphise zu gewinnen. Mit Cyrille Dubois ist die Titelrolle prominent besetzt. Mit weichem, klangvollem Tenor profiliert er die Figur eindrücklich, so in seinem klagenden  Air zu Beginn des 4. Aktes, „Lieux funestes“ oder dem jubelnden „Triomphe, Amour“ im letzten Akt.

Einmal mehr sorgt das Orfeo Orchestra unter seinem Dirigenten für die Höhepunkte der Aufnahme. Das inspirierte, dynamisch akzentuierte Spiel ist bereits in der munteren Ouverture oder dem stürmischen Prélude zum 2. Akt zu vernehmen. Im Prologue imponiert die Marche pour les Peuples de différentes nations mit ihrer pompösen Festlichkeit, wenn Amour Völker verschiedener Nationen einlädt, ihm zu huldigen. Besonderen Effekt macht der aufgewühlte Bruit de guerre am Ende des 4. Aktes. Wie stets bei Rameau sorgen die Tänze für hinreißende Effekte – graziöse Menuets, spritzige, rhythmisch rasante Tambourins, vitale Rigaudons pour les Guerriers, gravitätische Loures, beschwingte Contredanses und eine ausgedehnte Chaconne, mit der das Werk in gemessener Feierlichkeit endet. Für alle Stimmungen findet der Klangkörper die passenden Farben und einen spannenden agogischen Zugriff. Bernd Hoppe

Geniales aufgefrischt

 

Walter Felsenstein (1901-1975) gründete 1947 die Komische Oper in Berlin und war bis zu seinem Tod ihr Intendant. Seine Bedeutung für die Wiederbelebung der Oper als theatralische Kunstform ist immens: Felsenstein setzte neue Maßstäbe im Bereich der Opernregie und prägte den Begriff des „Musiktheaters“. Zeit seines Schaffens lag sein Fokus auf dem Ensemble – vom künstlerischen Personal bis hin zum Bühnentechniker. Das Œuvre dieses genialen Regisseurs umfasste über 190 Inszenierungen und war den Werken, ihren Schöpfern, dem Ensemble und dem Publikum gleichermaßen verpflichtet. Die konsequente Arbeit Walter Felsensteins an einer musikalisch-szenischen Bildsprache des Opernfilmes ist auch heute noch wegweisend.

Vor allem sein Ritter Blaubart (109437) gehört für mich zu den genialsten Umsetzungen von Oper(ette) auf die Bühne und in den Film (wenngleich Einblicke in die Originalproduktion von 1963 auch die Unterschiede sowohl des zeitlichen wie des konzeptionellen Abstands zeigt). Gerade wieder bei Arthaus als erstaunlich aufgefrischter Bluray-Streifen erschienen belegt eben diese Operette (nun 10 Jahre später verfilmt) den ungemeinen Witz und die Genialität Felsensteins. Sein irrwitziges deutsches Libretto ist mir noch heute eines der Besten seiner Zunft. Sein Sinn für komisch-groteske und bissige Details bleibt mir unerreicht gegen andere Neuschöpfungen. Sicher, die wunderbare Pappe der alten Inszenierung von 1963, ins Defa-Studio 1973 geholt und dort abgefilmt, ist wirklich historisch, und man sieht die Limitierungen der damaligen ökonomischen Bedingungen. Aber auch das hat seinen Reiz: Hier gibt es unverstelltes Entertainment, das allen Spaß macht. Denn in den ganz sicher vom Zahn der Zeit benagten Kostümen und Kulissen tummelt sich eine absolut grandiose Sachar an Darstellern, wie man sie heute nicht mehr finden würde.

Wie oft habe ich – bei obligatem 12.- Mark Zwangsumtausch – Anny Schlemm als dralle und freche Boulotte auf eben dieser Bühne erlebt, und weder stimmlich noch darstellerisch konnte und kann ihr irgendwer das Wasser reichen. Für mich IST sie einfach die Boulotte Offenbachs, eine Idealbesetzung mit Stimme und derbem Charme. Werner Enders als fieser König Bobêche war immer ein toller Charakterdarsteller, dass er auch Stimme hatte, erfuhr man hier, genial auch er. Meine besondere Liebe gilt Ruth Schob-Lipka als busenmächtige Königin der ganz großen Attitüde und der geübten Opernstimme. Und auch Rudolf Asmus als dusseliger Popolani, der die restlichen Frauen Blaubarts im luxuriösen Verließ versteckt und sie von ihrem Schicksal bewahrt ist eine Wucht. Altes Komische-Oper-Eisen vom Feinsten. Und da ist noch der robuste Hanns Nocker in der Titelpartie, die er mit viriler Wirkung und sozusagen offener Hose vorführt, nicht sehr subtil und auch stimmlich grob, aber dafür ein toller Charakter in Felsensteins Reigen. Es ist das ganze Ensemble, das diese immer noch überwältigende Wirkung ausmacht, von Karl-Fritz Vogelmann arrangiert und musikalisch geleitet. Sowas gibts eben einfach nicht mehr, auch nicht bei Barry Kosky. Das Phänomen Felsenstein ist ei n historisches, das nicht wiederholt werden kann.

Die anderen Opern aus dieser Reihe, die zuerst (ebenfalls bei Arthaus) in einer samtroten eleganten Luxusschachtel herauskamen, sind vielleicht nicht so ganz von diesem genialen Charme, aber sie haben ihre Wirkung und belegen, dass gerade im heiteren Genre Felsenstein unerreicht für seine Zeit war. Über die seriösen Opern mag man sich streiten, hier sind mir oft die Sänger nicht gut genug, und die Verfilmungen lassen sie oft zu steril in ihren Effekten erscheinen, zumal manches wirklich sehr historisch wirkt. Dennoch – als Dokumentation eines großen Theatermanns sollten sie in keiner Sammlung fehlen (Das schlaue Füchslein, Fidelio, Othello, Hoffmanns Erzählungen). G. H.

Renée Doria

 

Die beeindruckende Koloratursopranistin Renée Doria, die am 6. März 2021 im Alter von 100 Jahren verstarb, traf ich mehrfach in Paris an der Seite ihres Mannes, dem Plattenproduzenten und Inhaber des Labels Malibran, Guy Dumazert. In einem stilvollen Restaurant irgendwo in der Rue Blanche hatte ich das große Vergnügen, die entzückende ältere Dame (und eine Dame war sie, wie man sie nur in Frankreich trifft: in einem schicken Zweiteiler in Pepita, dazu ein frecher kleiner schwarzer Hut mit gepunktetem Schleier, très  elegante) mir gegenüber zu sehen, ihrem rapidem Redefluss zu folgen, ihre charmanten Sottisen zu hören und mich im ganzen einfach zu freuen, diese Person der französischen Gesangsgeschichte treffen zu dürfen. Der Gatte warf ab und zu ein paar Worte ein, Madame besorgte die Unterhaltung, einfach überwältigend in Temperament und Charme.

Renée Doria als Thais/ artlyriquefr.fr

Und wieder hatte ich mein Aufnahmegerät nicht dabei, was mich heute sehr ärgert, denn beide verkörperten wirklich eine Epoche des französischen Gesangslebens, das nun ausgestorben ist. Sie hatte mit allen gesungen, die mir lieb waren und die in Frankreich zu den großen nationalen Sängern gehörten. Die aber auch – wie sie und viele andere (etwa Vanzo, Crespin, Brumaire, Massard, Esposito, Haas, Lovano, Vessières und viele viele mehr) die Flurbereinigung durch den Neubeginn der Pariser Oper durch Rolf Liebermann nicht überlebt hatten. Der brachte 1973 seine eigenen internationalen Sänger mit (monströse Aufführungen die die Monteverdische  Poppea mit Jones, Ludwig und Vickers zeugen davon) und verdrängte die nationalen Sänger in die Provinz. Marseille oder Lyon profitierten zwar davon, mehr aber noch der nationale Rundfunk, wo auch die Doria viel und Gottseidank gut dokumentiert aufgenommen hat. Aber mit dieser Verdrängung starb ganz allmählich das nationale Repertoire, denn auch die Provinzbühnen eiferten im zentralistisch orientierten Frankreich der Metropole nach und brachten langsam aber sicher nur noch die internationalen Werke (und die in Originalsprache)  und weniger die französischen. Gab es früher auch die großen Opern Frankreichs fast an jeder Ecke so ist heute ein Fervaal D´Indys oder eine Salammbô Reyers eine absolute Seltenheit und Stoff nur noch für Festivals wie Montpellier. Schon Meyerbeers Werke sind selten, einzig Toulouse ist auf dem Gebiet tätig.

Renée Doria als Viloetta/artlyriquefr.fr

Renée Doria stand und steht für eben diese Grand Tradition, das große französische Repertoire, wie es Guy Dumazert auf sein en verschiedenen Labels (darunter auch früher  das LP-Label Vega und andere mit seinen schönen Ausgaben und tollen Besetzungen) auf Malibran versuchte im Katalog zu behalten. Die Doria war eine zupackende Fanny Legrand in der Massenetschen Sapho, eine flirrende Thais, eine verführerische Violetta und Lucia oder Mireille. Sicher, man muss sich an diesen gewissen Essigton in der hochgelagerten Sopranstimme voller Entschlossenheit gewöhnen, aber den hat sie mit manchen ihrer Kolleginnen gemein und der ist durch die Sprache bestimmt, die im Ganzen ja höher liegt als vergleichsweise Deutsch. Ihre Diktion war exemplarisch, ihre Rollenauslegung sehr individuell. Sie gehörte ganz zweifellos zu den großen Gesangsstars der französischen Nachkriegsszene, wenngleich ihr das Wort „Star“ sicher fremd gewesen wäre. Sie war eine Diva, als ich sie in den Achtzigern traf, eine im altmodischen, europäischen Sinn mit Stil und Klasse, eben eine ganz wunderbare französische Grande Dame. G. H. 

 

Im Folgenden ein Auszug aus dem verdienstvollen Wikipedia. Renée Doria (* 13. Februar 2021,  in Perpignan, Département Pyrénées-Orientales; † 6. März 2021in La Celle-sur-Morin, Département Seine-et-Marne) war eine französische Opernsängerin (Sopran). Sie wurde hauptsächlich als Koloratursängerin in französischen und italienischen Opern bekannt.

Renée Doria,im südfranzösischen Perpignan geboren, erhielt eine umfassende musikalische Ausbildung in Musik- und Harmonielehre. Sie lernte außerdem Klavier und nahm Gesangsstunden bei Umberto Valdarmini. Noch vor ihrem offiziellen Debüt sang sie im Dezember 1937 in Prades, wo sie dem Kreis um Pablo Casals angehörte, in einer konzertanten Aufführung der Oper Orphée et Euridice als Einspringerin für eine erkrankte Sängerkollegin die Rolle der Eurydike an der Seite von Alice Raveau. Im Alter von 18 Jahren gab sie in Marseille ihr erstes Konzert gemeinsam mit dem Tenor César Vezzani.Außerdem erhielt sie Bühnenunterricht bei dem Bariton Vanni Marcoux. Der Dirigent und Massenet-Schüler Paul Bastide (1879–1962) hörte sie und engagierte sie als Solistin nach Marseille.

Renée Doria als Mireille/ artlyriquefr.fr

Ihr offizielles Operndebüt erfolgte im Januar 1942 am Opernhaus von Marseille mit der Rolle der Rosina in Der Barbier von Sevilla, in der sie großen Erfolg hatte, und dort anschließend sofort das Angebot erhielt, für eine erkrankte Kollegin die Rolle der Olympia in Hoffmanns Erzählungen zu übernehmen. 1942 sang sie in Cannes unter der Leitung von Reynaldo Hahn die Konstanze in Die Entführung aus dem Serail. Es folgten Engagements an der Opéra National de Lyon (Mai/Oktober 1942 als Rosina) und am Opernhaus von Toulouse (November/Dezember 1942).

1943 ging sie nach Paris und debütierte dort im April 1943 zunächst am Théâtre de la Gaîté als Titelheldin in Lakmé von Léo Delibes und anschließend im Mai 1944[5], ebenfalls als Lakmé, an der Opéra-Comique.[2][3] An der Opéra-Comique hatte sie in den folgenden Jahren eine große Karriere als Koloratursängerin. Im April 1955 sang sie dort die Philine in der 2000. Vorstellung der Oper Mignon. Bis 1959 interpretierte sie an Opéra-Comique lyrisch-dramatische Koloraturpartien wie Manon, die sie mit Paul Bastide einstudiert hatte, Traviata, die Mireille in der gleichnamigen Oper von Charles Gounod, Leïla in Die Perlenfischer und die Norina (an der Spielstätte im Théâtre du Châtelet). Zu ihren wichtigsten Bühnenpartnern gehörten Luis Mariano, Mario Altéry und Tito Schipa.

Ihr Debüt an der Pariser Oper hatte sie im Januar 1947 als Königin der Nacht in Wolfgang Amadeus Mozarts Oper Die Zauberflöte. In der 900. Aufführung der Oper Rigoletto übernahm sie dort im August 1956 die Rolle der Gilda. Sie sang an der Pariser Oper auch die Violetta (mit Alain Vanzo und Ernest Blanc als Partnern), Sophie in Der Rosenkavalier (Saison 1957/58), sowie die Hébé in Les Indes galantes (Premiere: Dezember 1955) und die Blanche in den Dialogues des Carmélites.

Doria sang im Verlauf ihrer Karriere an den großen Opernbühnen in Frankreich, Belgien und der Schweiz. Sie gastierte an der Opéra du Rhin in Straßburg (u. a. in den drei weiblichen Partien in Hoffmanns Erzählungen), an den französischen Opernhäusern in Toulon, Tours, Vichy, Bordeaux, Dijon, Nizza und Nîmes, an der Flämischen Oper in Antwerpen und in Brüssel. In Straßburg trat sie auch als Fiordiligì, Susanna, Pamina, Ophelia, als Gräfin in Le comte Ory (1961) und als Concepción in Die spanische Stunde auf. International gastierte sie auf Einladung von Vanni Marcoux auch in Italien und den Niederlanden, wo sie die Marguerite (Faust), die Juliette und die Titelrolle in Lucia di Lammermoor sang. Gastspiele gab sie auch in Tunesien (November 1954) und in Oran (Algerien).

Ende der 60er Jahre zog sich Doria von der Opernbühne zurück und war im pädagogischen Bereich als Gesangslehrerin am Pariser Konservatorium tätig, lehnte es jedoch ab, Meisterklassen zu geben. Sie trat jedoch weiterhin bei Konzerten auf und machte Schallplattenaufnahmen. Ihre Karriere dauerte sehr lange. Erst 1981 gab sie ihre Karriere als Sängerin endgültig auf. Renée Doria starb am 6. März 2021 im Alter von 100 Jahren in La Celle-sur-Morin in der Nähe von Paris.

Repertoire und Tondokumente: Neben ihren Opernrollen, hauptsächlich im französischen und italienischen Repertoire, sang Doria auch Barockmusik sowie einige zeitgenössische Werke. Während ihrer Karriere, die mehr als 35 Jahre umfasste, sang sie über 70 verschiedene Bühnenrollen in vier Sprachen.[4] Zu ihren besonderen „Glanzpartien“ gehörten insbesondere die Frauenrollen (Olympia/Antonia/Giulietta) in Hoffmanns Erzählungen, wo sie bei späteren Engagements stets darauf bestand, alle drei Rollen zu singen, und nicht nur die Koloraturpartie der Olympia.

Einige ihrer Rollen spielte sie auch für die Schallplatte ein. Renée Doria machte mehrere komplette Studioaufnahmen, u. a. als Olympia in Hoffmanns Erzählungen (1948/50, Dirigent: André Cluytens), als Mireille (1955, Dirigent: Jésus Etcheverry) und in der Titelrolle von Thais (1961, Dirigent: Jésus Etcheverry). 1976/77 sang sie in der ersten vollständigen Schallplattenaufnahme der Oper Sapho (1978, bei EMI France veröffentlicht) die Rolle der Fanny Legrand. 1982 erschien eine 1980 aufgenommene Arien-Platte, 1993 schließlich noch eine Schallplatte mit Liedaufnahmen. Außerdem existieren mehrere Live-Mitschnitte.

Ab 1944 wirkte sie auch in Rundfunksendungen von Radio Nationale France mit. Bei Rundfunkaufnahmen sang sie 125 verschiedene Rollen und war im Verlauf ihrer Karriere insgesamt in über 2.500 Aufführungen auf der Bühne und im Rundfunk zu hören. 1946 sang sie in der ersten Opernproduktion des Französischen Fernsehens die Rosina in Der Barbier von Sevilla. (Quelle Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Ren%C3%A9e_Doria; alle Fotos artlyriquefr.fr)

Franco Alfanos „Risurrezione“

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„Mit jener Nacht begann für Nehlyudoff ein völlig neues Leben, und zwar weniger infolge der veränderten Bedingungen seines Lebens, sondern deshalb, weil alles, was er erlebte, für ihn fortan eine ganz andere Bedeutung gewann als früher. Womit dieser neue Abschnitt seines Lebens enden wird, das wird die Zukunft lehren“, heißt es am Ende von Lew Tolstois umfangreichem Roman Auferstehung von 1899. Für den reichen Fürsten Dimitri Nehlyudoff, der vor Jahren die damals 16jährige Katjuscha verführte und schwängerte, bedeutet dies laut Tolstois Appell an Menschlichkeit und Nächstenliebe eine Umkehr zum wahren Leben. Franco Alfanos vieraktiges Drama, das nur fünf Jahre nach dem Roman am Teatro Vittorio Emanuele in Turin unter Leitung des erst 25jährigen Tullio Serafin auf die Opernbühne gelangte, endet die Liebe Katjuschas und Dimitris in der Erkenntnis, dass es ein gemeinsames Leben nicht geben wird, doch gleichwohl mit einem großen Liebesduett, das zu den Höhepunkten der zweistündigen Partitur gehört. Hier erreicht der 29jährige Alfano mit seiner in Paris, Berlin, Moskau und Neapel komponierten Oper – der dritten nach seinem unveröffentlichten Erstling und der in Breslau uraufgeführten Quelle von Enschir – eine Macht der sinfonisch-sängerischen Überwältigung, die sich auch in der Aufführung am Teatro del Maggio Fiorentino im Januar 2020 mitteilte.

„Risurezzione“: Szene aus der Florentiner Produktion 2020/ TMF

Da bedauert man, dass diese Oper irgendwann in den 1970er Jahren von den Bühnen verschwand – gut, Mazzola-Gavazzeni hat sie 2002 konzertant in Montpellier gesungen (und bei Accoird veröffentlich), in Freiberg habe ich sie 2010 gesehen – nachdem späte Verismo-Diven wie Virginia Zeani 1975 in Neapel, Olivia Stapp 1976 in Cagliari und natürlich Magda Olivero abgedankt hatten (davor die Diven wie Carla Gavazzi , Anna de Cavalieri sowie Mary Garden und Gianna Pederzini) , die die Katjuscha mehrfach sang, erstmals 1937 und zuletzt 1971 (jeweils für die RAI) und dazwischen auf den Bühnen in Turin und Lissabon; neben ihrer Hingabe für Cilea übersieht man leicht, dass Olivero eine eminente Alfano-Interpretin war und auch in Sakuntala, L’ultimo Lord und Cyrano de Bergerac gesungen hat. Schwer zu sagen, ob die Aufführung in Florenz eine Auferstehung einläutet. Der Musik fehlt es, bei aller Steigerungsfähigkeit und Farbigkeit an Kohärenz, wobei man anerkennen muss, dass Alfano von Risurrezione bis Cyrano und vor allem über die beiden Versionen der Sakuntala einen ganz eigen spezifischen Ton findet, der wenig mit der gängigen Vorstellung von Verismo gemein hat.

„Risurrezione“: Szene Florenz 2020/ TMF

Allerdings herrscht im spätromantischen Sprechsingen, mit dem das umfangreiche Personal beschäftigt wird, auch routiniertes Deklamieren. Den Text ließ sich Alfano von Cesare Hanau schreiben, da Henry Bataille, dessen Dramatisierung Alfano in Paris auf der Bühne erlebt hatte, zu hohe Urheberrechte verlangte. Herausgekommen ist ein relativ konventionelles bürgerliches Drama. Vier Akte, zwischen denen viel passiert und angedeutet werden muss, vier Stationen, die im Salon von Dimitris Tante Sofia Ivanova spielen, auf einer kleinen Bahnstation, wo die inzwischen aus dem Haus geworfene Katyuscha vergebens Dimitri zu sprechen versucht, in einem Gefängnis in St. Petersburg, wo Katyuscha von einem Gericht, dem auch Dimitri angehört, unschuldig eines Mordes beschuldigt und nach Sibirien verbannt wird, – Giordanos Auferstehungs-Oper Siberia nimmt darauf Bezug – worauf Dimitri sich seiner Schuld bewusst wird und sie heiraten will, und schließlich auf einer Straße in Sibirien, wo die Liebenden spüren, dass sie nur durch Entsagung ihrer Liebe „neu geboren“ und Erlösung finden werden. Die beiden letzten Bilder erinnern mit den gefangenen Frauen und den Rufen der Soldaten und schließlich der leeren Straße an Manon Lescaut. Szenisch und musikalisch ergibt sich trotz des dramaturgischen Flickwerks schlüssig der Leidensweg der Hauptfigur.

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Getragen und gegangen werden muss er von der Sängerin der Katjuscha, was Anne Sophie Duprels ganz gut gelingt. Sie hat die Katyuscha bereits 2017 in Wexford gesungen, von wo auch Rosetta Cucchis Inszenierung an den Arno entliehen wurde. Duprels hat keine große, keine bedeutende Stimme, verfügt aber über viel sängerische Energie, die aus dem opaken Timbre und der festen Höhe Kapital für eine intensive Darstellung schlägt, vor derben Schreien nicht zurückschreckt und zentrale Momente wie ihre Arie im zweiten Akt „Dio pietoso“ zu guter Wirkung bringt. Matthew Vickers, dem neben einem Arioso im dritten Akt zwei bedeutende Duette mit Katjuscha zufallen, hat trotz prächtiger Töne nicht die vokale Statur für die Partie. Den Mitgefangenen Simonson, den Katjuscha heiraten wird, obwohl sie immer noch Dimitri liebt, gibt Leon Kim mit Gewinn. Mit seinen beiden Arien im vierten Akt, darunter „Quando la vidi“, setzte er würdige Ruhepunkte; doch vor allem die vielen kleinen Partien – darunter Francesca Di Sauro als Sofia Ivanova – wirken gut und prägnant besetzt. Francesco Lanzilotta und Coro und Orchestra del Maggio Musicale Fiorentino laden das musikalische Geschehen emotional auf und besitzen genügend Gespür für das elektizistische Gewirk und die feinen impressionistischen Stimmungen an den Aktenden.

Wirkungsvolle, aufrüttelnde und symbolträchtige Szenen sind Rosetta Cucchi gelungen, die vom ersten Akt, den das Bild des leidenden Dämonen Mikhail Vrubels als Hinweis auf Katjuschas Dämonen Dimitri beherrscht, über die verschneite Bahnstation bis zu dem finsteren Bretterverschlag als Gefängnis reichen. Und bis sich endlich zum Schlußchor „Cristo è risuscitato!“ ein strahlendes Kornfeld im Lichtkreis auftut, auf den Katjuscha mit einem Mädchen zuschreitet (das Kind, das sie verloren hat?). Ein bisschen kitschig, aber schön. Das ist handwerklich gut gemacht und gleicht durch die kluge Bildregie (Dynamic 57866) aus, was den rampennahen Bühnenbildern von Tiziano Santi an Tiefe fehlt und auf der weiträumigen Bühne des Florentiner Opernhauses gelegentlich wie in einem Puppenhaus wirkt.  R.F.

 Und für den, der lieber nur Hören und seinem Kopfkino freien Lauf lassen möchte gibt’s, mit Libretto und einführendem Aufsatz auch das Ganze als audio-only auf 2 CD von Dynamic (CDS7866.02), wie unterschiedlich doch Musik mit und ohne Szene wirkt (Foto oben, Szene aus der rezensierten Produktion des Maggio Musicale Florentino/Weitere Information zu den CDs/DVDs  im Fachhandel, bei allen relevanten Versendern und bei www.naxosdirekt.de.) . G. H.

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„Risurrezione“: Denia Mazzoila-Gavazzeni in Montpellier unter Leitung von Friedemann Layer/ OFMP

Dazu ein Artikel zum Werk und zum Komponisten von Cesare Orselli: Der Neapolitaner Franco Alfano (1875-1954), der der Opernöffentlichkeit fast nur für seinen Ergänzung des finalen Duetts von Puccinis Turandot bekannt ist (obwohl kürzlich die Wiederbelebung von Werken wie La leggenda di Sakuntala und sogar Cyrano di Bergerac auch an der Met Interesse und Bewunderung geweckt hat), etablierte sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit der am 30. November 1904 im Vittorio Emanuele-Theater in Turin unter der Leitung von Tullio Serafin uraufgeführten Risurrezione, welche einen gut ausgebildeten Komponisten erkennen ließ. Nach seinem Studium am S. Pietro a Majella-Konservatorium in Neapel hatte Alfano die Kompositionsschule von Salomon Jadassohn am Konservatorium in Leipzig besucht, das damals als europäische Musikhauptstadt galt, und sich in Berlin nicht nur dem Klavier- und Kammerlied gewidmet, sondern auch dem Theater. Bereits 1896 hatte er sich mit Miranda der Oper genähert, die an einen Roman von Fogazzaro angelehnt war, und 1898 komponierte er die arabische Fantasie La fonte di Enschir nach einem Libretto von Illica, die in Breslau „mit einem unbestrittenen Erfolg“ inszeniert wurde. Die glückliche Begegnung mit der Inspirationsquelle für Risurrezione (bis 1951 zählte die Oper rund 1.000 Aufführungen auf der ganzen Welt) stammt aus den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts: Er zog 1899 nach Paris, wo er seinen Lebensunterhalt mit dem Schreiben von Ballett-Pantomimen für die Folies-Bergère verdiente.

„Risurrezione“: Mary Garden feierte auch mit der Katyusha Triumpfe/Dover

Alfano las „in einem Atemzug“ Tolstois Auferstehung und eine 1902 Bühnenadaption davon von Henry Bataille, die für eine seinerzeit berühmte Schauspielerin, Berthe Bady, bestimmt war, und beschloss, die Geschichte in eine Oper zu verwandeln. Alfanos Begeisterung spiegelt das Vordringen der russischen Literatur in Europa zwischen Ende des 19. Jahrhunderts und Anfang des neuen Jahrhunderts wider, als Tolstois und Dostojewskis große historisch-soziale Fresken sowohl bei der Bourgeoisie als auch beim einfachen Volk zur bevorzugten Literatur wurden und eine Mode etablierten, die sich auch auf die Oper ausdehnte, wobei Werke wie Giordanos Fedra (1898) und Sibiria (1903) zu erfolgreichen Modellen wurden, die nachgeahmt werden mussten. Bereits 1899 dachte Puccini über Dostojewskis Totenhaus nach und plante nach der Butterfly ein Triptychon mit einzelnen Akten von Gorki. Leoncavallo zog den Stoff seiner Zingari aus einem Erzählgedicht von Puschkin; und Respighi ließ Alberto Donini für ihn Al mulino (den er niemals vertonen sollte) schreiben, der in Russland unter Popen und Leibeigenen spielt.

„Risurrezione“: Franco Alfano mit Hund/ Ricordi

Der junge Alfano machte sich „feurig“ an die Arbeit an einem „Libretto in Prosa, einer rhythmischen, einfachen, klaren Prosa“, das von zwei in Paris ansässigen Journalisten, Camillo Antona Traversi und Cesare Hanau, geschrieben wurde (nur Hanau würde das Libretto unterschreiben). Innerhalb von fünf Monaten wurde in Paris, Berlin, Moskau und seiner Heimatstadt Posillipo die Oper fertiggestellt. Später, für eine Aufführung an der Scala (März 1906), machte Alfano „Kürzungen, die durch die passende Gelegenheit der Bühne angeregt wurden“, und andere Modifikationen wurden für eine Aufführung in Berlin (Oktober 1909) vorgenommen. In Hanau-Alfanos Risurrezione wurde der Prolog La nuit de Pâques, der Batailles Bühnenbearbeitung eröffnete, zum ersten Akt: Bevor Fürst Dimitri Nehlyudov an die Front geht, kehrt er zu Ostern nach Hause zurück und sieht noch einmal die Waise Katyusha, eine Magd seiner Tante, in die er sich in der Vergangenheit verliebt hat. Eine großartige Liebesszene besiegelt ihre neue Begegnung und Katyushas Verführung.

„Risurrezione“: Jahrelang die einzige Aufnahme, mit Magda Olivero

Im zweiten Akt („Am Bahnhof. Es ist Nacht. Es schneit“, heißt es in der Bildunterschrift) sehen wir das Drama von Katyusha, die in Erwartung von Dimitris Kind vergeblich versucht, mit ihm zu sprechen, denn er verlässt sie mit einer anderen Frau. Die Szene des Prozesses von Katyusha, die inzwischen zur Prostituierten geworden ist und in welchem sie wegen Vergiftung eines Klienten unschuldig verurteilt wird, wurde gestrichen. Der dritte Akt bringt uns ins Gefängnis, wo der reuige Dimitri nach Katyusha sucht und vorschlägt, sie zu heiraten, aber von der verzweifelten und erniedrigten Frau abgelehnt wird. Der vierte Akt spielt „in einem Lager politischer Deportierter auf dem Wege nach Sibirien“: Dimitri hat Katyusha erneut eingeholt, aber sie gibt ihn auf, obwohl sie ihn liebt, und heiratet lieber Simonson, einen politischen Sträfling, um ein neues Leben der Erlösung in der Zwangsarbeit zu beginnen.

„Risurrezione“: Sophia Larson sang die Katyusha in Palermo/ Larson

Die endgültige Fassung dieser Oper ist von Randepisoden und charakteristischen Nebenfiguren befreit und konzentriert sich auf die Liebesgeschichte. Sie gibt alle literarischen Vorhänge auf und hält an der Logik einer prägnanten Dramaturgie fest. Der russische Rahmen der Oper ist lebendig und farbenfroh, von den volkstümlichen Ostergesängen bis zu den Liedern der Deportierten nach Sibirien, doch scheint Alfano stark von der Figur der Katyusha angezogen zu sein, die wie einige der weiblichen Figuren von Puccini und Giordano (Manon oder Stephana in Sibiria) tendenziell als einzige Protagonistin auftritt, wobei ihre Leidenschaft und ihr Leiden durch ein feuriges, lyrisch-dramatisches Sopranregister unterstrichen werden. Um uns eine „positive“ Heldin zu zeigen, entfernte Alfano die rauen Passagen, wie die Erzählung ihrer Liebe in einem Bordell, die Erinnerung an ihr totes Kind und ihre heftigen Reaktionen auf den Fürsten. Und auch von Dimitri, dem verliebten Tenor, bietet Alfano, der sein bürgerliches Publikum nicht stören wollte, das Portrait eines reuigen Mannes an und beseitigt alles Vorwurfsvolle, wie im ersten Akt die Episode der Briefe seiner Liebhaberinnen, die ihn als unverbesserlichen Verführer präsentieren würden; im zweiten Akt die Episode der Begegnung mit einer anderen Frau im Zug; und im dritten Akt verkürzt Alfano es auf einige Zeilen, als der Fürst offenbart, einer der Richter gewesen zu sein, die Katyusha verurteilten. Die Liebesgeschichte verbindet sich mit einer starken sozialen Polemik, der Darstellung des Zusammenprallens verschiedener Klassen, der Ungerechtigkeit der Gerichte sowie der menschlichen Erniedrigung in Gefängnissen. Aber diese Denunziation trägt die Botschaft eines humanitären und barmherzigen Christentums, das den Kurs des Sünders vom Irrtum zur Auferstehung versteht und ihm folgt: So findet Alfanos Katyusha Erlösung durch Opfer, wie die Sünderin Kundry und Maria Magdalena in den Evangelien.

„Risurrezione“: Auch Carla Gavazzi war eine bedeutende Katyusha/ OBA

Bei der Vertonung dieser Geschichte hat Alfano nicht die Opernstruktur geschlossener Nummern berücksichtigt, sondern eine „rhythmische Prosa“ gewählt, einen ununterbrochenen Fluss, der von der elementarsten Form, fast gesprochenen Worten, zu Momenten hochfliegender Lyrik und – in den dramatischen Passagen – hämmernder Spannung in Richtung des hohen Registers reicht. Eine freie, asymmetrische Konstruktion (aus der großen sinfonischen Tradition und von Strauss) biegt seinen etwas „neapolitanischen“ Trainingsstil zu Melodien, die fast immer kurz sind, eher ein Aufflackern als Themen, während ein sich auf dem neuesten Stande befindliches Orchester voller französischer Obertöne, modaler Abfolgen und Ganztonskalen beinahe als Protagonist der Partitur erscheint. Giordanos Einfluss ist auch stark, so dass jede Phrase des Librettos durch prägnante instrumentale Gesten, zweckgebundene Zeichen gefärbt ist, die die breiten Stimmbögen ersetzen: Risurrezione ist also wie ein musikalischer Roman, eine angespannte Reihe von Segmenten in schneller Folge mit starkem Kontrast und mächtigen Effekten. Sogar die drei großen Duette zwischen Katyusha und Dimitri (erster, dritter und vierter Akt) bestehen trotz der Momente ansteigender Lyrik aus plötzlichem Aufflammen und schnellen Facetten; und wo, wenn nicht in der Bahnhofsszene, gibt es Raum für ausdrucksstarke Ergüsse, nämlich Katyushas wunderschönes Arioso Dio pietoso, das zu Recht zu einem Konzertstück geworden ist.

„Risurrezione“: Nicht zu vergessen die große Sängerin Gianna Pederzini, 1942 an der römischen Oper/ Archivio storico dell´Opera die Roma

Sehr eindrucksvoll ist auch die Beschreibung der eiskalten sibirischen Landschaft mit einem Oboensolo voll russischer Atmosphäre, dem letzten Tableau; die überzeugendsten Momente finden sich jedoch im ersten Aufzug, in welchem die ruhige menschliche Landschaft, die die jugendliche Katyusha umgibt, in zarten Farben beschrieben wird und sie sich Dimitris Verführung sinnlich hingibt, umrahmt von russisch klingenden Gesängen, die den auferstandenen Christus begrüßen. Der zweite Akt zeigt Alfano von seiner besten Seite. Hier kann das Orchester während des kurzen Vorspiels eine beständig dunkle und bedrohliche Atmosphäre heraufbeschwören, ein Gefühl der Kälte, und die Präsenz des Zuges, der wie ein Monster über Katyushas Geschichte mit einer Art Lautmalerei auftaucht, die seine Bewegung suggeriert: ein mühsames Atmen, fast eine Übertragung der gequälten Seele der Frau. In diesem kurzen Akt, nahezu einem heißblütigen, ununterbrochenen Monolog, erreicht die Protagonistin allein Momente tragischer Statur, die Auferstehung bezwingend – auch dank außergewöhnlicher Interpretinnen wie Mary Garden und Magda Olivero –, ein Ort des Respekts im Theater des frühen 20. Jahrhunderts. Ein weiterer sehr ergreifender Moment findet sich am Ende des vierten Aktes, wo die Idee der Erlösung durch die Rückkehr des im ersten Akt gehörten Ostergesangs nahegelegt wird, eine Art leuchtende idée fixe, die zurückkehrt, um den Beginn eines neuen Lebens des Opfers und Verzichts anzuzeigen: Ein einfacher, aber wirksamer Mechanismus, angemessen betont und psalmodifizierend, der sich Thomas Manns beißender Meinung der „titanischen Unbeholfenheit zu nähern scheint, die Tolstois Werk eine enorme epische Kraft verleiht“ und einer Idee Ausdruck verleiht, die Alfano in seinen Memoiren hinterlassen hat: „Ich habe mich von Katastrophen zurückgezogen und glaubte und glaube immer noch an die Erneuerung, Regeneration und endgültige Reinigung der menschlichen Leidenschaften vom Bösen zum Guten.“ Cesare Orselli (Den vorstehenden Artikel entnahmen wir mit freundlicher Genehmigung dem Booklet zur CD-Ausgabe. Übersetzung Daniel Hauser)

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.Eine vollständige Auflistung der bisherigen Beiträge dieser Serie Die vergessene Oper hier

Vielversprechend

 

Nicht immer ist es zum Vorteil einer CD, wenn der aufgenommen habende Künstler sich zu ihr äußert, auch wenn sein Mitteilungsbedürfnis besonders dann verständlich ist, wenn er die Aufnahme selbst bezahlt hat. So verhält es sich auch bei Katharina Konradis Lied-CD mit Werken von Strauss, Mozart und Schubert mit dem Titel Liebende besonders mit Liedern, die nicht allzu bekannt sind, sieht man einmal vom populären Veilchen ab. Das Gespräch nicht nur mit der Sängerin, sondern auch mit ihrem vorzüglichen Pianisten Daniel Heide erweist sich aber als durchaus den Leser bereichernd, er weist auf das Silbrige in ihrem Sopran hin, sie begründet die Wahl der drei Komponisten damit, dass alle drei die Stimme zum Strahlen bringen, ihre Suche nach Schlichtheit und Ehrlichkeit im Lied belohnen.

Es beginnt mit dem Strauss-Lied Die erwachte Rose, das gleich mit dem ersten Ton an Sophie bei der Überreichung der silbernen Rose denken lässt, mit tatsächlich silbernem Klang, stets knospenhaft bleibend, wenn nicht ein Wort wie „Staunen“ die Stimme zu zartem Erblühen bringt. Außer der Schönheit des Timbres konstatiert der Hörer allerdings auch die konsonantenfeindliche Darbietung, das Verhuschte des Singens, das das Verfolgen des Textes mit dem Booklet unbedingt notwendig macht.  Du meines Herzens Krönelein verlangt und bekommt einen wärmeren Klang, die Stimme blüht auf „erfreut“ auf, ein feiner Akzent wird bei „doch“ gesetzt. In Schlagende Herzen gibt es einen schönen Jubelton, beim wiederholten „kling-klang“ vermeint man eine Glocke zu hören. In Ich schwebe bewundert der Hörer die Reinheit der Stimme, erweist sich das Pianissimo in der Höhe als gut gestützt. Voll innerer Spannung trotz scheinbarer Monotonie präsentiert sich Leises Lied und keck bubenhaft und damit von einer ganz anderen Seite präsentiert sich die Sängerin in Hat gesagt.

Viele der Lieder haben nur wegen der ihnen zugedachten Musik überlebt, während der Text teilweise kaum noch goutierbar ist. Das gilt auch für Mozarts Abendempfindung, wo der Text durch das Unprätenziöse des Vortrags, durch die schlichte Getragenheit erträglich wird. Eine zarte, aber farben- und facettenreiche Stimme offenbart sich in Lied der Freiheit, kontrastreicher hätte man sich Zufriedenheit gewünscht, genau der richtige Ton wird für Warnung getroffen. Ideal sind Stimmmaterial und Vortrag für das berühmte Veilchen, dem die silberhelle Höhe ganz besonders gut tut. Der Sopran kann auch einen elegischen Klang annehmen wie in Lied der Trennung, die Ausgewogenheit zwischen Dramatik  und Distanz wird dem Lied voll gerecht.

Schöne Bögen hat Katharina Konradi für Schuberts Luisens Antwort, zu verhuscht klingt allerdings das erste der beiden Lieder auf Texte von Marianne von Willemer, der Briefpartnerin Goethes. Da hat der Hörer nicht nur einen ganz anderen Frauen- und damit Stimmtyp in seiner Vorstellung, da erwartet er keine zarte Mädchen, sondern eine einfach üppigere Frauenstimme. Zauberhaft klingt die der Konradi in An die Nachtigall, und dramatischer kann sie werden, ohne die vokale Façon zu verlieren, wenn sie das Schicksal der Jungen Nonne nachzeichnet. Alles um Liebe, das den Schluss der CD bildet, beweist, wie variationsreich man das Wort „Liebe“ zu Gehör bringen kann. In ihrem Fach, dem des soprano leggero, berechtigt Katharina Konradi zu den schönsten Hoffnungen (3 new generation artists 8553171). Ingrid Wanja

Von Engeln und barocker Trauer

 

Engelsmusik mit Sopran und Zink: Engel finden auch in säkularen Zeiten und Gesellschaften Interesse. Früh hat man sich gedacht, dass sie musizieren und es auch Engelsmusik geben müsse. Das Motiv freilich ist nicht nur der Musik vorbehalten. „Die Engelsmusik (oder das Engelskonzert) ist ein Motiv der christlichen Ikonographie sowie ein Bestandteil vieler Gemälde der europäischen Malerei von der Spätgotik bis zum Barock; es unterstreicht die Festlichkeit und Feierlichkeit der jeweiligen Hauptszene“ (Wikipedia). Engelsmusiken wurden seit Jahrhunderten verfasst, mal rein instrumental, mal vokal, mal für gemischte Besetzungen. Ein schönes Beispiel für Engelsmusik des 20. Jahrhunderts ist der „Engelkonzert“ genannte erste Satz von Paul Hindemiths Symphonie Mathis der Maler. Der Komponist stellt auch die Verbindung zur bildenden Kunst her. Seine Symphonie ist ein „Nebenprodukt“ der gleichnamigen Oper; sie handelt von Matthias Grünewald, dem Schöpfer des berühmten Isenheimer Altar im elsässischen Colmar.

Auf der vorliegenden, überaus gelungenen CD wird ein spezieller Aspekt der Beschäftigung mit Engelsmusik dargestellt. Dass es Posaune spielende Engel gibt, ist allgemein bekannt, weniger bekannt dürfte dagegen sein, dass das heutzutage eher unter Kennern und Interpreten Alter Musik bekannte Blasinstrument Zink eine besondere Rolle im „himmlischen Orchester“ spielte – eher im Verein mit einer Solistin sowie Seiten- und Tasteninstrumenten denn solistisch.

Für die Produktion „On the Breath of Angels“ hat sich ein (passend als „breathtaking“ bezeichnetes) Ensemble zusammengefunden: der Zinkspieler Bruce Dickey und die Sopranistin Hana Blažikova sowie Veronika Skuplik, Catherine Aglibut (Violine), Mieneke van der Velden, Matthias Müller (Viola da gamba), Kris Verhelst (Orgel & Cembalo) und Jakob Lindberg (Theorbe). Das Ergebnis ist eine interessante Entdeckungsreise, die vom 17. bis ins 21. Jahrhundert führt. Am Anfang stehen Carlo Gesualdo (1566-1613), dessen Nachwirkung bis in die Gegenwart reicht, mit den Motetten Panis angelicus, Sicut sponsus matris und Mater Hierusalem sowie das Angelus Dominus von Giovanni Pierluigi da Palestrina (1525-1594); eine Sonata a tres und O quam suavis von Francesco Cavalli (1602-1676), der vor allem durch Opern bekannt wurde, ferner das kurze, getragene Videte Miraculum von Sigismondo d’India (1582-1629), der vor allem weltliche Musik schrieb, aber auch mit mutigen Neuerungen im Komponieren eine wichtige Rolle beim Übergang von der Renaissance zum  Barock spielte. Giovanni Bononcini (1670-1747), Cellist und Komponist, der sich als Verfasser von allein 27 Opern und mehr als 300 Kantaten einen Name machte, ist allein mit fünf Werken vertreten: Il Trionfo di Camilla (Sinfonia), Se Ninfa o Dea tu sei, E‘ pur ver ch’a soffrir, Tutte armate sowie einer instrumentalen Sonate. Von Alessandro Scarlatti (1660-1725) sind das kurze Coronata di lauri, die leicht schwelgerischen Erinnerungen an eine Liebe Cara e dolce rimembranza sowie der in Musik gefasste aber doch nicht wirklich zornerfüllte Ruf nach Rache Il desio di vendicarmi zu hören.

Wie heutige Engelsmusiken klingen, zeigen die beiden zeitgenössischen Werke der CD. Der amerikanische Cembalist, Dirigent und Komponist Julian Wachner (Jahrgang 1969) ist seit 2011 Leiter des Chores und Orchesters der Trinity Wall Street Church in New York. Hier realisierte er z. B. exemplarische Aufführungen der Händelschen Oratorien. Mit The Vision of the Archangels schrieb er ein an barocken Vorbildern bzw. Mustern orientiertes Stück, im Wesentlichen getragen, schreitend, intim in Klang und Ton.

Der britische Komponist, Dirigent und Musikwissenschaftler Ivan Moody (Jahrgang 1964), ist stark von der Liturgie der orthodoxen Ostkirche beeinflusst, der er selbst als Priester angehört. Das gilt auch für O Archangels and Angels, eine siebenminütige Meditation Werk für Sopran, Cornetto und Bassgambe, 2019 im Auftrag von Bruce Dickey komponiert.

Die nicht zu vergessende Rarität dieser Produktion ist Erik Saties Les Anges, die Nr. 1 der „Trois Mélodies“, die Vertonung eines Gedichts von J.P. Contamine de Latour, gesetzt für hohe Stimme und Klavier. Sehr verhalten, intim, „Engel schweben im Äther“ heißt es im Text, und so soll die Musik auch klingen. Hier, apart begleitet von der Laute und überaus deutlich artikuliert, klingt das Ganze aber doch vokal zu diesseitig, fehlt die Poesie, der Zauber (On the Breath of Angels;  mit Werken von: Carlo Gesualdo di Venosa, Giovanni Pierluigi da Palestrina, Sigismondo d’India, Francesco Cavalli, Julian Wachner, Giovanni Battista Bononcini, Erik Satie, Ivan Moody, Antonio Maria Bononcini, Alessandro Scarlatti; Mitwirkende: Hana Blazikova, Bruce Dickey, Veronika Skuplik, Catherine Aglibut, Mieneke van der Velden, Matthias Müller, Kris Verhelst, Jakob Lindberg; Passacaille 10399187; 2020). Helge Grünewald

 

Keinesfalls düster oder monochrom: Voces Suaves ist ein 2012 gegründetes Vokalensemble aus Basel, das Musik der Renaissance und des Barock in solistischer Besetzung aufführt. Es besteht aus einer Kernbesetzung von acht Sängerinnen und Sängern, die zumeist eine Verbindung zur international bekannten Schola Cantorum Basiliensis haben. Abhängig von der aufzuführenden Musik werden Instrumentalisten hinzugezogen. Seit 2016 arbeitet die Gruppe ohne Leiter und erarbeitet ihre Programme kollektiv. So sind künstlerische Verantwortung und Gestaltungswille jedes einzelnen Mitglieds gefordert. 

Das Repertoire des Ensembles umfasst zwar vor allem italienische Madrigale, Werke des deutschen Frühbarocks und grösser besetzte italienische Oratorien und Messen. Doch bei der Wahl der Werke und Gestaltung der Programme wird darauf geachtet, dass neben Werken bekannter Komponisten wie Claudio Monteverdi oder Heinrich Schütz auch solche von heute eher in Vergessenheit geratenen Komponisten aufgeführt werden. Ein gutes Beispiel für diese künstlerische Politik ist die vorliegende CD. Um die ersten drei Teile der Musikalischen Exequien von Heinrich Schütz gruppieren sich Werke von Hermann Schein, Johann Schelle, Johann Rosenmüller sowie von weniger bekannten Komponisten wie Andreas Gleich, Johannes Knüpfer, Johann Georg Ebeling und Johannes Kessel.

Die sachlich-nüchterne Bezeichnung der CD, „Deutsche Trauermusiken des 17. Jahrhunderts“, mag eine gewisse Gleichförmigkeit der Musiken suggerieren. Das Gegenteil ist der Fall. Schon die Titel der aufgeführten Werke verraten, dass es nicht um die Aneinanderreihung ähnlicher Kompositionen geht. Trauermusik meint nicht nur Musik für Tote, sondern für Lebende – eine „Botschaft“, die Johannes Brahms mit seinem Deutschen Requiem zwei Jahrhunderte später großartig formulierte. Die Trauermusiken des 17. Jahrhunderts sind Meditationen oder Reflexionen über die Vergänglichkeit des Lebens, zumeist Werke, in denen Endlichkeit und Tod eine positive Konnotation haben oder aber Zuversicht zum Ausdruck kommt, ja sogar die „Lust abzuscheiden“ wie im gleichnamigen Werk von Johannes Kessel.

Absolute Präzision, sehr gute Artikulation und Textverständlichkeit sowie ein insgesamt warmer Klang zeichnen die Produktion aus. Die Transparenz könnte noch brillanter sein. Im Vordergrund steht immer das Vokale, das Instrumentale wird in den Gesamtklang einbezogen. Das Ensemble wird nur durch eine Continuo-Gruppe verstärkt. Im dritten Stück der Schützschen Exequien, dem Canticum Simeonis, stellen die Sängerinnen und Sänger unter Beweis, wie zurückgenommen und leise sie singen können. Wie verschieden man allerdings dieses großartige Werk, das Schütz in einer dunklen, todbringenden Zeit komponierte – er verlor allein innerhalb weniger Jahre Eltern, Ehefrau, zwei junge Töchter und den Bruder –, interpretieren kann, zeigt ein Vergleich dieser Einspielung mit der Aufnahme der Chapelle Royale unter Leitung Philippe Herreweghes. Während das Baseler Ensemble auf Strenge, Schlichtheit in Klang und Ausdruck, setzt Herreweghe mit den französischen Musiker:innen mehr, lässt noch andere Farben hören und stärkere Affekte walten. Beide Lesarten haben ihre Berechtigung, und letztlich ist es eine Geschmacksfrage, welche man bevorzugt.

Fazit: Eine sehr gelungene Produktion, herausragende Interpretationen spannender und zum Teil sehr bewegender Musik, die zu jeder Jahreszeit und Stimmungslage passt und letztlich die bedrückenden wie hoffnungsvollen Aspekte des Todes zum Ausdruck bringt (Deutsche Trauermusiken des 17. Jahrhunderts; Heinrich Schütz: Musikalische Exequien + Werke von Johann Hermann Schein, Andreas Gleich, Sebastian Knüpfer, Johann Schelle, Johann Georg Ebeling, Johannes Kessel, Johann Rosenmüller; Voces Suaves, Johannes Strobl; Arcana / Outhere Music 483). Helge Grünewald

Höllenhunde

 

Der König liegt im Sterben. Die dutzend Tänzer der Compagnie Eastman aus Antwerpen rütteln sich und schütteln sich, führen schwingende Bewegungen aus. Der Chor spreizt bei „Non“ die Hände geziert von sich. Im klassizistischen Kastenbild, das Henrik Ahr anlässlich einer der raren Produktionen von Glucks Alceste auf die Bühne der Bayerischen Staatsoper gestemmt hat, herrscht edle Einfalt und schlichte Größe (Bluray C major 756804). Dann kommt Alceste, im gelben Kleid, schreitet durch wallende schwarze Tücher, die ihr die Tänzer ausbreiten und auf die sie von diesen wie auf einer Lotusblüte drapiert und anschließend hoch gehoben wird. Der Belgier Sidi Larbi Cherkaoui arrangiert Schmerz in edlen Posen, zelebriert die Trauer der Monarchin, deren Gatte Admète im Sterben liegt, mit wohlgefälligen Bildern und Schattenspielen unter fast durchgängiger Beteiligung des weiß- khaki-tarnfarbenen gekleideten Tanzensembles (Kostüme Jan-Jan van Esche), dem sein Hauptaugenmerk gilt, dabei jedes sinfonische Zwischenspiel, Pantomime, ausnützend. Gluck hatte die erste Fassung seiner Alceste 1766 mit dem italienischen Text des Calzabigi in Wien als Reaktion auf den Tod des Kaisers geschrieben und Alceste, die ihr Leben für das des Gatten opfern will, mit Maria Theresia assoziiert. Zwei Jahre nach der 1767 erfolgten Uraufführung stellte er der gedruckten Partitur einige Aussagen voran, die sie zu einem bedeutenden Manifest seiner Opernreform werden ließen, die sich in der französischen Zweitfassung mit dem Text von Du Roullet verwirklicht, „Ich dachte die Musik wieder auf ihre wahre Bestimmung zu beschränken, der Poesie durch den Ausdruck und durch die Situationen der Fabel zu dienen, ohne die Handlung zu unterbrechen oder sie durch unnütze, überflüssige Verzierungen zu erkälten.“

Ein Orakel verkündet der thessalischen Königin Alceste, dass ihr Gatte Admetos/ Admète am Leben bleibe, wenn sich ein anderer an seiner Stelle opfere. Alceste ist dazu bereit. Der König wird gesund, erfährt vom Opfer seiner Gattin und ist bestürzt. Ein Ehekonflikt bahnt sich an. Gastfreund Herakles/ Hercule richtet die Sache, worauf Apoll selbst eingreift und das Königspaar schont. So ziel- und ideenlos die Inszenierung an der Bayerischen Staatsoper, so engagiert die musikalische Umsetzung der französischen Fassung von 1776 unter Antonello Manacorda, durch die Glucks Musik breit aufgefächert zwischen Schlichtheit und Pathos in dunkelleuchtenden Farben erscheint. Vor allem ist Dorothea Röschmann eine überzeugende Alceste. Mit ebenmäßig sattem Sopran, reifem Timbre und guter Diktion ist sie eine interessante Interpretin, wenngleich ihr die Partie nicht immer ideal liegt. Ich höre ihr gerne zu: fesselnd die Selbstverständlichkeit in ihrer großen Szene im ersten Akt mit der Arie „Non, ce n’est point un sacrifice“ und der nach einem Einwurf des Oberpriesters zum Ende des ersten Aktes anschließenden Arie „Divinités du styx“ mit pfeilscharf angepeilter Höhe und bemühter Tiefe. Gut sind Michael Nagy als Oberpriester und Hercule, der feine Manuel Günther als Évandre, Sean Michael Plumb als Herold und Apoll, gerne höre ich auch den ansonsten im französischen und italienischen Repertoire tätigen Charles Castronovo als beherzten, sicherlich nicht ganz stilechten Admète. Personenregie findet übrigens nicht statt. Dafür viel Rampensteherei. Zum Finale pure Hilfslosigkeit.

Leider dekoriert Sidi Larbi Cherkaoui diese handlungsarme Leidensgeschichte mit bestürzend platten Tanzaktionen und ärgerlich einlullendem Augenfutter der Eastman Truppe und herzigen Chorszenen, lässt den König über kniehohe Stufen schreiten oder bettet ihn wiegend auf die Arme der Tänzer und sorgt erst am Eingang zur Unterwelt mit den auf Stelzen staksenden Höllenhunden für magische Momente in der ansonsten enttäuschenden Aufführung (Weitere Information zu den CDs/DVDs  im Fachhandel, bei allen relevanten Versendern und bei www.naxosdirekt.de.).  Rolf Fath

(Zu) Hochgelobt?

 

Ist es geschickt, eine Debüt-CD mit einem Booklet zu befrachten, dass einerseits bei einer so jungen Karriere wie der von Hera Hyesang Park bereits von einer Stimm- wie einer Lebenskrise berichtet und andererseits den Anspruch erhebt, mit eben diesem Erstlingswerk den Menschen in schwerer Zeit Zuspruch zu erteilen mit einem: „Ich bin für euch da, verliert nicht die Hoffnung“? Hätte es nicht gereicht zu schreiben: „Ich singe jetzt Arien aus Partien, die ich zu beherrschen glaube, und ich hoffe, dass ich euch damit Freude bereiten kann“.  Sogar „Ermutigung an eine Welt im Aufruhr senden“, möchte sie stattdessen mit ihrer CD,, und so  klaffen ein Versprechen, das auch große Stars kaum erfüllen könnten, und tatsächlich Geleistetes doch zu extrem auseinander, und man muss sich bemühen, von der Sängerin selbst gestellte Ansprüche nicht als Messlatte an die sehr anständige, aber nicht überwältigende Leistung anzulegen.

I am Hera  beginnt mit der Arie der Gluck-Eurydike, die wie die gesamte CD von Bertrand de Billy und den Wiener Symphonikern so einfühlsam wie souverän begleitet wird, und in der die Koreanerin einen lieblichen, weichen Sopran hören lässt, der einem Amore noch besser angestanden hätte, während die unglückliche Gattin akzentuierter hätte gesungen werden können. Als Pergolesis Serpina trifft sie das Neckische sehr gut, wäre etwas mehr Biss denkbar und führt das Intervall in die Tiefe ins Fahle. Eine feine Melancholie zeichnet Hänels Cleopatra aus, die Stimme wird sehr schön instrumental geführt. Über diesen Track kann man sich uneingeschränkt freuen. Mozarts Susanna kennt man auch beherzter, das Rezitativ klingt recht soubrettig, was die resche Kammerzofe nicht ist, der Arie hätte man mehr Erotik gewünscht, so wie auch Rossinis Rosina zu tändelnd klingt, zu behänd durch ihre Arie huscht und nicht einmal aus dem „ma“ wirklich etwas macht. So sehr man sich hier wie anderswo über die Intonationsreinheit des Gesangs freut, so schmerzlich vermisst man das Setzen von mehr Akzenten.

Einen feinen Kontrast zur rabiaten Elettra könnte Parks Ilia mit sensiblem, zartem Singen, mit schönen Bögen und dem Wissen um die Behandlung eines Mozartrezitativs darstellen. Mit kristallinem Sopran tröstet Zerlina ihren Masetto, den Schelm im Nacken des Bauernmädchens hört man leider nicht, eher eine leichte, aber nicht unangenehme Schärfe in der Höhe. Ist es Deutsch, was die Koreanerin als Pamina singt? Die ist nur im Orchester zu hören, in der Stimme vermisst man Wärme und Rundung.  Da springt Rossinis Fiorilla schon eher aus den CD-Rillen, und in gläserner Durchsichtigkeit und schönem canto elegiaco lässt sich die lebensfrohe Giulietta vernehmen, während Musetta zu keusch, zu wenig mit erotischer Raffinesse bedacht in ihrem Walzer zu vernehmen ist. So wie im Booklet beschrieben, wo allerdings fälschlicherweise als „Bravourstück des Belcanto“ apostrophiert, klingt Lauretta, der man hier nicht anhört, dass sie zwar echt Liebende, aber auch ein durchtriebenes kleines Biest ist. Den Schluss bilden zwei zeitgenössische, sehr westlich beeinflusste koreanische Kompositionen und lassen den Hörer im Nachdenken darüber zurück, wie man es anstellt, dem Rat der Sängerin zu folgen, „mit einem Fuß auf dem Boden zu bleiben“, und „dann kannst du fliegen“ (DG 486 0051). Ingrid Wanja       

Paris 1920

 

„Hier meine schönsten, meine allerschönsten Verse“, heißt es in dem sanftmütigen Gedicht Enfance, das zu den Trois poèmes de Léon-Paul Fargue gehört, die Georges Auric 1940 vertonte. Genau genommen gehört es damit nicht in das L’ Album des Six, das einzige Gemeinschaftswerk der sechs französischen Komponisten (fünf Männer, eine Frau), die sich um 1920 in Anlehnung an die russische Gruppe der Fünf Les Six nannten und mit modernen Formen der Musik beschäftigten. In wechselnden Zusammensetzungen arbeiteten die in den Jahren zwischen 1888 und 1899 geborenen Georges Auric, Louis Durey, Arthur Honegger, Darius Milhaud, Francis Poulenc und Germaine Tailleferre auch bei anderen Projekten zusammen, doch in diesem Album, dem sich die Schweizer Sopranistin Franziska Heinzen und der britisch-deutsche Pianist Benjamin Mead im Juli 2020 im SRF Studio Zürich widmeten, waren ein einziges Mal alle beteiligt. Louis Durey verließ die Gruppe bald daruf, blieb ihr aber freundschaftlich verbunden. „Georges Auric, Louis Durey, Arthur Honegger, Darius Milhaud, Francis Poulenc und Germaine Tailleferre repräsentieren mit ihren eigenen, heterogenen Kompositionsstilen die damalige Avantgarde der Metropole Paris anfangs des 20. Jahrhunderts. Alle sechs widmen sich mit unterschiedlichen Ansätzen der Erneuerung der französischen Musik …“

Heinzen und Mead haben das kurze Album quasi als Aufhänger benutzt und um die Quatre mélodies und das Premier Menuet von Erik Satie, der die Funktion eines Mentors übernahm, sowie kleine Liedzyklen der Komponisten zu einem 50minütigen Programm erweitert. Eine kluge Auswahl, die auch auf CD (Solo musica SM 357) überzeugt und bei aller Unterschiedlichkeit der Persönlichkeiten den Anspruch zu einer Abkehr oder Überwindung von romantischen und impressionistischen Traditionen zeigt. Louis Dureys siebenteiliger Zyklus Vergers nach Rainer Maria Rilke von – wie bei den Liedern Aurics handelt es sich um eine Ersteinspielung – könnte beispielsweise durchaus auch als ein Werk von Debussy durchgehen. Milhaud erteilt einen kleinen Moralkurs, Petit cours de moral, auf Gedichte von Jean Giradoux, in Élegie erinnert sich Satie an die lebenslange Freundschaft mit Debussy, Poulenc ist mit den beiden Liedern von Miroirs brulants nach Paul Éluard vertreten und Germaine Tailleferre zeigt in ihrem Liedzyklus Six Chansons françaises, bei dem sie auf ältere Verse aus dem 15. Bis 18. Jahrhundert zurückgriff, eine dezidiert emanzipierte und selbstbewusste Frau „Nein, nein, die Treu war nie was anderes als eine Dummheit“ oder „Mein Ehemann hat mich verleumdet wegen der Liebe zu meinen Liebsten“ usw. Heinzen fühlt sich, wie es auch im dt.-franz. Beiheft zu lesen ist, dem Französischen merklich verbunden, vermittelt Einsicht in die von ihr mit tiefem Stilgefühl gesungenen Lieder, deren unterschiedlichen Geist und Anspruch sie mit ihrem schwebenden Sopran überzeugend einfängt; hier und da mag eine tiefere Stimme wirkungsvoller klingen. Mead wird nicht nur durch die anspruchsvolle Lied-Begleitung, sondern auch die vielen kleinen Klavierstücke, darunter Poulencs brillante Valse in C oder Milhauds neoklassizistische Mazurka, herausgefordert – und macht das virtuos.

 

Vor etwa einem Jahr hatte die Mezzosopranistin Ekaterina Levental mit dem Pianisten Frank Petes ihre erste Ausgabe der auf fünf CDs angelegten Complete Songs von Nikolai Medtner mit Liedern aus den Jahren 1903-14 vorgestellt. In der zweiten Ausgabe (Brillant classics 96061) mit dem Untertitel Sleepless, bezogen auf op. 37/1, schließen sich vier Zyklen aus den Jahren 1915 bis 1924 an, darunter die beiden Puschkin-Zyklen op. 32 und op. 36, dazu die fünf Lieder op. 37 und die 4 Lieder op. 45 auf Gedichte von Tyutchev und Fet sowie wiederum auch Puschkin. Medtner, der sich 1935 endgültig in England niederließ, unterrichte 1915 bis 1919 Klavier am Moskauer Konservatorium, emigrierte nach der Oktoberrevolution 1921 nach Deutschland und lebte bis 1924 in Berlin. Auch ohne Kenntnisse der Gedichte vermögen Levental und Peters dem Zuhörer viel von der Faszination dieser altmodisch spätromantischen, mit Strauss-Anklängen aufwartenden, dabei oftmals eigenwillig einschmeichelnden und lange vernachlässigten Lieder zu vermitteln und im engen kammermusikalischen Miteinander eine besondere Atmosphäre zu schaffen.

 

Ob es Greensleeves oder The last rose of summer, Sail on, sail on oder The Foggy, Foggy Dew, die Benjamin Britten in Amerika an seine Heimat denken ließen, die der Pazifist 1939 verlassen hatte, um 1942 zurückzukehren und als Kriegsdienstverweigerer anerkannt zu werden, weiß man nicht. In jedem Fall beschäftigte er sich, angeregt durch Peter Pears, in diesen Jahren mit britischen Folksongs, die sich als beliebte Schlusstücke oder Zugaben bei den gemeinsamen Konzerten 1942 und 1943 herausstellten. Britten sammelte nicht einfach, sondern arrangierte und komponierte als seinen es Stücke von ihm. Ab 1943 erschienen bis Ende der 50er Jahre mehrere Ausgaben seiner Folksongs, dazu einzelne Lieder, die erst später in die Ausgaben eingefügt wurden. In Mark Milhofers Einspielung der Complete Folk Songs for voice and piano (2 CD Brillant Classics 96009) findet sich auch eines der beiden Duette, die Britten für Pears und dessen Kollegin Norma Procter schrieb, sowie die Bearbeitung des deutschen Volkslieds „Da unten im Tale“ als „The stream in the Valley“ für Tenor, Cello und Klavier, das für Konzerte mit dem Cellisten Maurice Gendron entstand. Dem vielseitigen Mark Milhofer kommt gewiss seine Purcell-Erfahrung zugute  – er singt genauso Händel, Mozart, Rossini und zeitgenössische Musik – denn er nuanciert fein, fängt die Eleganz der englischen Sprache und die Schönheit der schlichten Melodien ein und kommt in der geschmeidigen Verbindung von Wort und Ton Brittens Vorstellung von einer Wiedergeburt der englischen Musik nahe. Milhofers singt, nicht unapart, mit sentimental schmachtender Tenorsüße und säuselnden Höhen, die bei diesen Liedern einen Großteil der Wirkung ausmachen. Das kann so behutsam wie ein Windhauch im Schilf klingen (Greensleves) oder kauzig und skurril (Oliver Cromwell), breitbeinig (The Crocodile) oder keck (Fileuse) – Milhofer und sein zurückhaltender Pianist Marco Scolastra zeichnen durchgehend hübsche Genreszenen.  Rolf Fath

Szenisches Konzert

 

Händels Oratorium von 1743 Semele gibt EuroArts in einer ungewöhnlichen Fassung auf zwei DVDs heraus (2057618). Das von Thomas Guthrie inszenierte Konzert fand im Mai 2019 im Londoner Alexandra Palace Theatre statt und war Teil der Initiative Monteverdi  Choir & Orchestra. Deren Spiritus rector ist John Eliot Gardiner. 1978 gründete er die English Baroque Soloists, das Orchester wirkt auch in dieser Aufführung mit, ebenso der Monteverdi Choir, mit dem der Dirigent seit Jahrzehnten eng zusammenarbeitet.

Die von Patricia Hofstede kostümierten Gesangssolisten werden angeführt von Louise Alder in der Titelrolle, die in Ausdruck und Bravour gleichermaßen überzeugt. Im fließenden weißen Gewand führt sie sich mit dem Air „O Jove!“ ein und lässt einen klaren, leuchtenden Sopran hören. Ihr„Endless pleasure“ am Ende des 1. Aktes hat Gardiner seltsamerweise dem Wahrsager Augur zugeteilt, der im sportlichen Outfit mit Schiebermütze auf einem Fahrrad hereinfährt. Angharad Rowlands absolviert die berühmte Nummer mit lieblichem Sopran. Im 2. Akt singt Semele auf einer Ottomane das träumerische „O sleep“ und Louise Alder kann hier mit schönen lyrischen Valeurs aufwarten. Im folgenden „With fond desiring“ während Semeles Liebesspiels mit Jupiter bringt die Interpretin dagegen gurrend-sinnliche Töne ein. Mehrere Airs ganz unterschiedlichen Charakters hat die Titelheldin im letzten Akt zu bewältigen. Im kokett-selbstverliebten „Myself I shall adore“ bezaubert die Sopranistin mit fein getupften staccati, im innigen „Thus let my thanks be paid“ mit reicher Lyrik. Dem launischen „ I ever am granting“ folgt mit dem trotzigen „No, no, I’ll take no less“ der virtuose Höhepunkt der Titelpartie mit schier endlosen, rasenden Koloraturläufen, die Alder in stupender Manier meistert. Daneben ist Lucile Richardot in der Doppelrolle der Juno/Ino ein weiteres Ereignis der Aufführung. Die Altistin macht schon als griechisch gewandete Ino, Semeles Schwester, mit dem energischen dunklen Timbre auf sich aufmerksam, doch als Juno, Jupiters Gattin, nimmt sie dem Zuschauer durch ihre furios-keifende Tongebung und die donnernden Ausbrüche geradezu den Atem. So werden trotz unorthodoxer Stimmführung ihr rasendes  Air„Hence, Iris, hence away“ im 2. und das Air „Above measure“ im 3. Akt zu Höhepunkten der Aufführung.

Am Ende wird Ino auf Jupiters Beschluss mit dem Prinzen Athamas getraut, den Carlo Vistoli mit klangvollem Countertenor singt. Die Freude auf die bevorstehende Vermählung weiß er im Air „Despair no more shall wound me“ mit souverän geformten Koloraturgirlanden auszudrücken. Ungewöhnlich jugendlich besetzt ist der Jupiter mit Hugo Hymas, dessen Tenor jung und schwärmerisch klingt. Das Air „I must speed amuse her“ zeigt seine Koloraturversiertheit, das berühmte „Where’er you walk“ die lyrische Gesangskultur. Mit schmeichelnden, lockenden Tönen weiß er in „Come to my arms“ im 3. Akt sein Verlangen nach Semele zu formulieren. Gianluca Buratto gefällt mit seinem schlanken, kultivierten Bass in der Doppelrolle von Semeles Vater Cadmus und dem Gott des Schlafes Somnus. Ein zartes Geschöpf ist Angela Hicks als Liebesgott Cupid, die das lieblich wiegende Air „Come, zephyrs“ mit kindlicher Stimme singt.

Ungewöhnlich platziert bis an die Rampe ist der Monteverdi Choir, der wie stets für aufregende musikalische Momente sorgt – so mit dem dramatisch aufgepeitschten „Avert these omens“ im 1. oder dem auftrumpfenden „Now Love“ und dem feierlichen „Bless the glad earth“ im 2. Akt. In „O terror and astonishment“ drückt der Chor am Ende die Betroffenheit ob Semeles Schicksal aus, während das unmittelbar folgende „Happy, happy“ mit jauchzendem Schwung den glücklichen Ausgang preist. Denn Apollo prophezeit, dass aus Semeles Asche Bacchus aufsteigen wird – und alle sind in Sektlaune. Auch die Musiker bekommen ein Glas gereicht – mit ihrem differenzierten Spiel, ob von gravitätischem Ernst oder bewegter Munterkeit, haben sie es mehr als verdient (weitere Information zu den CDs/DVDs  im Fachhandel, bei allen relevanten Versendern und bei www.naxosdirekt.de.). Bernd Hoppe

Cherubinis „Faniska“

Cherubinis deutsche Oper wird leicht übersehen, dabei spielt die kleinere Schwester der Lodoïska innerhalb der Gattung der Rettungsoper, pièce à sauvetage, eine nicht unbedeutende Rolle. Luigi Cherubini war 28 Jahre alt, als er sich für immer in Paris niederließ. Dort starb er 1842 im Alter von 81 Jahren, hoch dekoriert und geehrt. Surintendant de la musique du Roi, ab 1822 bis zu seinem Lebensende Direktor des Pariser Konservatoriums. Obwohl er etwa genauso viele italienische wie französische Opern schrieb, darf man ihn, nicht nur wegen seiner in Paris komponierten Messen und Requien, sondern seiner ganzen musikalischen Prägung als einen französischen Komponisten bezeichnen.

Eine kleine Besonderheit stellt die Faniska dar. Im Juni 1805 war Cherubini nach Wien gereist, wo er u.a. die Uraufführung des Fidelio erlebte, Beethoven und Haydn traf und den Auftrag für zwei Opern annahm, wovon Faniska am 25. Februar des folgenden Jahres uraufgeführt wurde. Zwei Wochen später verließ Cherubini Wien, ohne die zweite Oper in Angriff genommen zu haben. Wie bereits seine auch in Wien beliebte Lodoïska (Paris 1791), für die er im Frühjahr 1806 in Wien ans Pult trat, spielt auch Faniska in Polen, das für französische Autoren so exotisch gewirkt haben musste wie der Ardenner Wald für Shakespeare. Spielt Lodoiska um 1600, so bleibt bei Faniska alles im Ungefähren; man begreift, dieses Polen ist nur ein Dekor, das mit dunklen Wäldern und Kosaken und vielen -inski/inska-Namen aufgefüllt wird: Faniksa, ihr Gatte Rasinski, der böse Zamoski, Statthalter von Sandomirz, Oranski, Kosakenanführer in Diensten Zamoskis – entsprechend zuvor in Lodoïska die Pseudopolen Floreski, Dourlinski, Lysinka, dazu als Bösewicht der Tartarenführer Titzikan. Hier wie dort spielt ein Gefängnis eine wichtige Rolle. In Faniska residieren Zamoski und Rasinski in den benachbarten Woiwodschaften Sandomirz und Rawa. Zamoski hat sich in Rasinskis Gattin Faniska verliebt, lässt sie entführen und zusammen mit ihrer Tochter Hedwig/Edwige auf sein Schloss bringen. Natürlich eilt Rasinski zur Rettung seiner Frau herbei und wird, obwohl er sich als Bote versteckt hat, rasch entlarvt und zusammen mit Faniska in die unterirdischen Verließe des Schlosses gesteckt. Dort sehen die Eheleute ihrem Tod entgegen, da auch die Unterstützung der Zamoski-Angestellten, des Paares Moska und Rasno, fehlschlägt. Schließlich gelingt die Flucht. Rasinskis Truppen stürmen die Burg, Zamoski kommt in der Schlacht um und Oranski wird vor Gericht gestellt.

Für Faniska griff Joseph Sonnleithner auf das Stück Les mines de Pologne (1803) des ebenso erfolgreichen wie fleißigen Herstellers effektvoller Melodramen René-Charles Gealbert de Pixérécourt zurück. Anna Milder, Beethovens Leonore in allen drei Fassungen seines Fidelio, war die erste Faniska. Im Gegensatz zu Fidelio, wo Leonore ihren Florestan aus dem Gefängnis befreit, sind in Cherubinis die Aufgaben umverteilt: Faniska sitzt im Kerker, aus dem sie Rasinski befreit, doch der moralische Impetus bliebt erhalten und Cherubini feiert die Opferbereitschaft und Hingabe des verheirateten Paares. 50 Jahre lang erlebte Faniska Dutzende von Produktionen in Deutschland und Österreich, man kannte sie in Budapest, Prag und Breslau. Dann geriet sie in Vergessenheit.

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Faniska gehört nach Polen. Das dachten sich die Verantwortlichen des 24. Ludwig van Beethoven Oster-Festivals 2020, weshalb der umtriebige Lukasz Borowicz in Poznán mit den Posener Philharmonikern und dem Posener Kammerchor im August und Oktober diese Fußnote zu Fidelio zur Aufführung brachte und damit eine diskografische Lücke schloss. Das unergiebige zweisprachige (poln. /engl.) Begleitheft zu der schön verpackten Gesamtaufnahme (Dux 1694/1695) schweigt sich darüber aus, weshalb leider statt der originalen Sonnleithner-Texte die zeitgenössische italienische Fassung von Luigi Prividali gewählt wurde (und ohne Rezitative/Dialoge, warum??? G. H.). Borowicz, der im Rahmen des Festivals bereits auch Lodoïska präsentiert hatte, wirft sich mit dem Sturm und Drang-Impetus der Wiener Klassik in die Oper, lässt die umfangreiche Ouvertüre leidenschaftlich, auffahrend und die Vorspiele zum zweiten und dritten Akt, die Märsche und Finalis mit griffigem Theatertemperament erklingen, dabei kommt ihm zu Gute, dass nach dem gemächlichen ersten Akt und der auf der Stelle tretenden verinnerlichten Kerkerszene im zweiten Akt sich die Oper im dritten Akt musikalisch verdichtet und so grandios steigert, wie man es von Cherubini erwartet hätte. Natalia Rubis ist mit messerscharfem Sopran keine liebliche Faniska, unter ihren klirrenden Höheaufstiegen und Verzierungen duckt sich der Hörer ängstlich weg; zugleich merkt man ihrer Cavatine und ihrer Arie zu Beginn des zweiten Aktes einfach auch an wie zäh und uninspiriert Cherubinis Musik gelegentlich fließt, wobei er seiner Faniska dann im ersten Finale so bedeutungsvoll komponierte Zeilen wie „Il nostro, il nostro riposo, la tormba, la tomba sarà“ überlässt. Und Gatte Rasinski? In einer frühen deutschen Oper hat man ihn sich wohl als eine Mischung aus Mozart- und Rossini-Amoroso vorzustellen, was Krystian Adam elegant vermittelt. Schade, dass er keine Arie hat. Dagegen hat der zweite Tenor, der wackere Piotr Kalina als Rasno eine, was nicht nötig gewesen wäre. Robert Gierlach ist ein kompetenter Sänger, der mit hohem, gelegentlich nachtschwarz eingedunkeltem, etwas uneinheitlichem Bariton und fies knarzender Schärfe den Bösewicht Zamoski gibt, den in der Uraufführung der erste Rocco-Sänger Karl Weinmüller kreiert hatte. Tomasz Rak hat einen ganz leichten Bariton für den Oranski. Dazu kommen Katarzyna Belkius als Edwige und Justyna Orlow als Moska.

Die drei Akte sind in 19 Nummern unterteilt, darunter neben den drei großen Finali relativ viele Ensembles, jeweils ein Terzett im ersten und zweiten Akt, dazu ein Quintett sowie Quartett im dritten Akt und Chorszenen im ersten und dritten Akt, außerdem drei sinfonische Passagen (zwei Märsche und ein Ballett) und drei hübsche, kurze Melodramen. Die Musik hat die Lebendigkeit einer opéra comique, deren Floskelhaftigkeit sich erst im dritten Akt verzieht (Weitere Information zu den CDs/DVDs  im Fachhandel, bei allen relevanten Versendern und bei https://www.note1-music.com/shop/). Rolf Fath

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Zur italienischen Fassung und dem Fehlen der Dialoge befragt, schrieb uns der Dirigent Lukasz Borowicz: Ich habe mich für die italienische Fassung entschieden (wir haben neue Aufführungsmaterialien vorbereitet), weil die Partitur des 19. Jh. die Breitkopf-Partitur auf Italienisch ist. Sie ist die einzige klare und vollständige Quelle. Meiner Meinung nach ist es besser, der gedruckten Fassung aus den 1840er Jahren zu folgen, als eine hypothetische deutsche Fassung zu erstellen (es gibt nur Klavierauszüge und ein unklares Autograph)… Cherubini sprach überhaupt kein Deutsch, so dass ich annehme, dass er nicht beleidigt wäre. Die italienische Übersetzung stammt aus der ersten Hälfte des 19. Jh. (von der wichtigen Figur der Epoche Mo. Prividali). Wir haben auf die Dialoge verzichtet, weil es nicht sinnvoll ist, sie für die Konzertfassung zu verwenden. Außerdem sind die Dialoge (Italienisch, Französisch und Deutsch) nicht vollständig. Aus all diesen Gründen haben wir beschlossen, nur die Musik aufzunehmen/DeepL

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.Eine vollständige Auflistung der bisherigen Beiträge dieser Serie Die vergessene Oper hier