Schöne Stimme, schöner Kitsch

 

Seien wir optimistisch und glauben wir der frohen Botschaft, die Sonya Yoncheva im Booklet zu ihrer jüngsten CD mit dem frohgemuten Titel Rebirth zu verkünden hat und die „aus der fruchtbaren Stille, die der Geburt einer neuen Schöpfung vorausgeht“ geboren sein soll. Und voller Sendungsbewusstsein fährt sie fort:“ Die Welt braucht heute einen Weckruf zur Wiedergeburt“, und der Sänger offensichtlich auch „den plötzlichen Impuls, …zu sprechen statt zu singen“, womit die frohe Verkündigung noch nicht ihr Ende gefunden hat, sondern noch  eins draufgesetzt wird mit : „Durch die Musik wird der Künstler aus seiner Asche wiedergeboren, wie der Phönix“. So ein Erlebnis möchte man doch gern mit anderen teilen, und so weiß auch Dirigent Leonardo Garcia Alarcón, Chef der Capella Mediterranea, zu berichten: „Alle Musiker verfielen am Ende in eine Art karthartischer Trance“. Nicht jedem Hörer werden solche Höhenflüge vergönnt ein, ein hohes musikalisches Vergnügen allerdings ist ihm mit dem Genuss der CD garantiert, hängt allerdings kaum mit einem titelkonformen Inhalt der einzelnen Tracks zusammen.

In denen ist je nach Sprache kaum von rebirth, vielmehr von morte, muerte, to dy, la tomba die Rede, und selbst das bulgarische Lämmchen weint der wohl geschlachteten Mutter nach, wenn auch gebunden an eine angenehm beruhigende, das Gemüt besänftigende Musik, die adäquat von Sängerin und Orchester zu Gehör gebracht wird.

Die längst mit den großen Verdi-Partie in der ganzen Welt gastierende Sopranistin kehrt mit dieser CD zu ihren Anfängen zurück, auch wenn sie anstelle der Poppea nun deren Amme mit dem fermatenreich bis hin zu Manierstischem gesungenen Oblivion soave  singt, davor ebenfalls von Monteverdi Voglia di vita uscir, nicht gerade das Gemüt erheiternd, aber sehr schön gesungen, der Sopran dunkel getönt und äußerst geschmeidig. Überhaupt ist es erstaunlich, wie fein die doch inzwischen große Stimme sich dem Stil der frühen Meister anzupassen weiß, wie sehr sie als Stradellas Salome mit Queste lagrime e sospiri (auch nicht besonders zukunftsorientiert) die Stimme instrumental zu führen und erstaunlich schlank zu halten weiß. Das Bemühen um ein ätherisches Hörbild geht allerdings auf Kosten der Textverständlichkeit. Eine ausgeklügelte Gratwanderung zwischen Raffinesse und Semplizität mit hingetupften Höhen vollzieht der Sopran in Cavallis Lucie mie, vom Italienischen geht man zum Englischen und Spanischen über, fast ausschließlich aber in der einmal gewählten Zeitspanne verbleibend.

In Gibbons The Silver Swan gehen Stimme und Begleitung ein inniges Verhältnis ein und überzeugen durch betonte Schlichtheit. Schöne Bögen und eine ebensolche Linie kennzeichnen Alarcóns Y a tus plantas Nisea, das ebenfalls aus unserer Zeit stammende Orchesterstück  von Simon Diaz könnte sich prompt unter die Renaissancemusik schmuggeln. Bewegter als die anderen Tracks ist Barbara Strozzis L’Eraclito amoroso, in dem das den im Booklet hervorgehobenen Intentionen widersprechende „m’uccida“ besonders hervorgehoben wird. Von Alfonso Ferrabosco stammt Hear me O God, das seinen Höhepunkt mit dem Einsatz der Sprechstimme findet. Von schöner Zartheit und auch so gesungen ist Dowlands Come again, noch einmal nach dem Tode verlangt, aber nun auf Spanisch, wird mit Velazcos No hay que decir, ehe sechs den Ohren schmeichelnde Minuten mit Like an Angel von ABBA verbracht werden dürfen und noch einmal die Schönheit der Sopranstimme dokumentieren, weniger dem im Booklet dokumentierten Anliegen dienlich sind (Sony  19439824022). Ingrid Wanja