Archiv für den Monat: April 2014

Eugen d’Alberts „Golem“

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Das könnte eine ganze Reihe von Einspielungen aus dem Bonner Opernhaus geben. Zuletzt spielte die Oper Bonn Der Traum ein Leben von Braunfels, davor gab es die drei Hindemith-Einakter. Wäre alles schön. Bei Dabringhaus und Grimm, die bereits die Bonner Aufführung von Schrekers Irrelohe konservierten, kam nun Eugen d’Alberts Golem als Mitschnitt der Aufführungen vom Januar 2010 heraus. In dem im übrigen sehr ordentlichen dreisprachigen Beiheft  mit dem kompletten Text, Bios usw. werden moderne Aufführungen von d‘ Alberts Oper 1983 in Saarbrücken und 1997 in Bielefeld vermerkt, wobei ich mich noch (dunkel) an eine Aufführung 1988 in Ulm mit Ruth Gross (späteren Floeren) erinnern kann. Häufig wurde d‘ Alberts Musikdrama in drei Akten auch nach seiner Uraufführung 1926 in Frankfurt nicht aufgeführt, was am Stoff lag, dem alten jüdischen Mythos um den Golem.

Neben Zuhilfenahme eines Dramas von Arthur Holitscher stützten sich d‘ Albert und sein Librettist Ferdinand Lion, der auch Hindemiths Cardillac schrieb, auf die Prager Ghetto-Legende um Rabbi Loew, der den Golem angeblich aus dem Lehm des Moldauufers geschaffen und zum Leben erweckt hat. In ihrer Fassung entwickelt der Golem menschliche Gefühle, lernt sprechen und verliebt sich in Lea, die Ziehtochter des Rabbi. Der Rabbi will und kann die Menschwerdung nicht zulassen. Magie, Alchemismus, Naturwissenschaften und geheimes Wissen. Das Prag zur Zeit Kaiser Rudolf II. ist der gespenstische Ort, wo es um die Beseelung von unbeseelter Natur geht, die Grenzen der Schöpfung, den künstlichen Menschen.

Eugen d´Albert, um 1900/ Wikipedia

Anders als der kräftige deutsche Versimo in frühen Tiefland (1903) dominiert im Golem neben einem biederen späten Wagnerismus in der mal farbig filigranen, mal kernig fordernden Orchestertextur vor allem der Einfluss Schrekers und Strauss‘, hinzu kommt ein Wechsel aus braver Deklamation und ariosen Passagen, die bei Lea zu korngoldscher Üppigkeit auswuchern. Insgesamt ein Gemisch, das – im Gegensatz zur geformten Lehmmasse – kein eigenes Leben annimmt, aber von Stefan Blunier und dem Beethoven Orchester mit inbrünstiger Spätromantik geradezu beseelt wird. Im Gegensatz zur Regie, die mit dem Text und dessen Deutung sowie diesen holzschnittartigen Figuren fertig werden muss, hat es die CD leichter: Alfred Reiter ist als Rabbi Loew, den er mit ruhigem, gut fokussiertem Gurnemanz-Bass singt, überzeugend (Die Zeit ist dunkel….), Mark Morouse ist hinreichend massiv und nachdrücklich als Golem, und Ingeborg Greiner, die sich mit mehreren Partien zu einer Schreker-Spezialistin entwickelt, gibt der Lea sowohl zarte mädchenhafte Töne wie jugendlich-dramatische Sopranherrlichkeit. Rolf Fath

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Eugen d’Albert: Der Golem mit Mark Morouse (Der Golem), Alfred Reiter (Rabbi Loew), Tansel Akzeybek (sein Jünger), Ingeborg Greiner (Lea), Giorgos Kanaris (Kaiser Rudolf II.), Mark Rosenthal/ Sven Bakin (1. und 2. Jude); Chor des Theater Bonn; Beethoven Orchester Bonn; Leitung: Stefan Blunier; 2 CD MDG 937 1637-6

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Eine vollständige Auflistung der bisherigen Beiträge findet sich auf dieser Serie hier.

Emilio Arrieta: „La Conquista di Granata“

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Ein eigenartiger Zwitter ist La Conquista di Granata des spanischen Komponisten Emilio Arrieta in bester italienischer Belcanto-Manier und in italienischer Sprache, wie sie auch das iberische Publikum im 19. Jahrhundert in der Oper über alles schätzte. Es geht um die Vertreibung der Mauren aus dem Emirat Granada unter der spanischen Königin Isabella von Kastilien, auch Sponsorin von Columbus, deren historisch ebenso wichtiger Gatte Ferdinand von Aragon in der Oper nicht erwähnt wird.

Der Komponist Emilio Arrieta/Wikipedia

Übrigens fällt im Libretto auf, dass mit „moro“ Maure und nicht etwa Mohr gemeint ist, was aufschlussreich für die Herkunft Otellos sein dürfte. Stoff und Ausführung sind nicht nur patriotisch, sondern erzkatholisch und recht heikel, wenn von „il gregge vil di Allha“ (tatsächlich so geschrieben) und der „razza impura“ die Rede ist, von political correctness also nicht die Spur. Der Inhalt ist schnell erzählt: Der Kampf um die Alhambra soll durch ein Duell zwischen dem Sohn des arabischen Fürsten Muley-Hassem und einem spanischen Ritter entschieden werden. Der von Isabella Auserwählte lässt für sich jedoch den verkleideten Freund kämpfen, da der Feind der Bruder seiner Geliebten ist. Es gibt viele Missverständnisse, aber am Schluss wird alles aufgeklärt, und nach der längst heimlich dem Christentum zugehörigen Zulema wird nach einem frommen Traum auch ihr Vater Anhänger des in einem Schlusschor als siegreich gepriesenen Glaubens.

Sicherlich ist es nicht der so martialische wie frömmelnde Inhalt der nach erfolgreicher Uraufführung 1850 in Madrid in Vergessenheit geratenen Oper, der Jesús López Cobos 2006 veranlasste, sie konzertant den Madrilenen wieder vorzustellen und sie nun erneut bei Dynamic herauszubringen. Es ist die eng an Donizetti angelehnte, äußerst melodienreiche Musik des Komponisten, der in Mailand seine Ausbildung erhalten und in Italien auch erste Erfolge gehabt hatte. Einige wenige Passagen, so der Chor der Frauen, die die angeblich glückliche Braut preisen, erinnern an Ernani und damit an den frühen Verdi. Nach der Conquista schrieb Arrietta keine weitere Oper, sondern  widmete sich ganz der Zarzuela.

Wie eindeutig Cobos das Werk der Donizetti-Tradition zuordnet, zeigt auch seine Besetzung, vor allem die der Tenorpartie mit José Bros, bewährtem Belcantosänger in unzähligen Aufführungen und Aufnahmen. Auch als spanischer Ritter Gonzalo bewährt er sich mit durchgehend über alle Register hellem Timbre, obertonreich und mit beeindruckender Höhensicherheit. Ihm zur Seite steht Mariola Cantarero mit einem Sopran von bitterer Süße und feiner Höhe als zum Christentum konvertierte Zulema, mit vorzüglicher Diktion und nur im „Non più pace“ ein wenig scharf klingend. Fein beseelt singt sie die Ballade „Nella terra di Giudea“. Mit einem Mezzosopran besetzt ist die Königin Isabel, der Ana Ibarra deliziöse Farben, aber auch Schärfe und Härte verleiht. Sie ist koloratursicher, weist aber in der Extremtiefe Schwächen auf. Ihren großen Moment hat sie mit dem voller Furor gesungenen „Prendi, la lama“. Eine große Enttäuschung ist Alastair Miles als Muley-Hassem, sonst doch ein zuverlässiger Sänger und hier mit Intonationsschwierigkeiten, hohl und holprig klingend und von allen guten Singegeistern verlassen. Ángel Ódena ist mit virilem, nicht optimal gestütztem Bassbariton  der treue, aufopferungsbereite Freund Lara, David Menéndez singt mit schwergängigem Bass den Möchtegernbräutigam Alamar, David Rubiera hat für den Boabdil einen soliden Bariton. Ganz vorzüglich ist der Chor unter Jordi Casas Bayer, voller Elan und in den Melodien schwelgend, dazu mit guten Solisten bestückt, das Orquesta Sinfoníca de Madrid unter Jesús López Cobos (Dynamic CDS 618/1-2). Ingrid Wanja      

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Eine vollständige Auflistung der bisherigen Beiträge dieser Serie Die vergessene Oper hier

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Weites Spektrum

 

Wer abseits ausgetretener Opernpfade nach Ungewöhnlichem sucht, ist beim amerikanischen Label Albany gut aufgehoben. Denn es widmet sich fast ausschließlich der klassischen Musik des Kontinents und nimmt sich bei der Programmgestaltung zentral der zeitgenössischen Oper an. Das Besondere an der Auswahl ist, dass der Schwerpunkt nicht auf solchen Komponisten wie Adams, Glass, Heggie oder Corigliano liegt, die auch in Europa gespielt werden, sondern jene berücksichtigt, von denen man hierzulande kaum je etwas gehört hat. Nebenbei lernt man viele für uns neue Sänger, spezialisierte Operngruppen und Aufführungsorte in Hochschulen kennen und kann sich von der großen Bandbreite an Themen, Formen und Stilen überraschen lassen, die vom neoromantischen Drama oder traditionellen Zweiakter bis zur spirituellen Meditation oder zum Multimedia- Spektakel reichen.

Beginnen wir bei einer Oper, die, der Musik nach, den italienischen Veristen zugeordnet werden könnte. Tatsächlich bezieht sich der Einakter Confession (Das Geständnis) von Raphaël Lucas auf Puccinis Suor Angelica. Denn er hat die Vorgeschichte zum Inhalt, und so erfährt man in 70 Minuten von den Gründen der Sophie, der späteren Schwester Angelica, die zu ihrem Eintritt ins Kloster führten. Lucas hat dazu eine Musik geschrieben, die so ungebrochen tonal ist, dass man nicht vermutet, dass sie in unserer Zeit entstanden ist. Das Ganze klingt schön und wohlig, die Harmonien sind honigsüß, die Instrumentation verbreitet Atmosphäre und etliche Zitate aus Puccinis Werk, wie gleich zu Beginn das Glockenthema, schlagen einen Bogen zum Original. Doch gerade die Reminiszenzen machen deutlich, was fehlt: interessante Reibungen, einprägsame Melodien, überhaupt mehr inspirierende Momente. Gleichwohl beeindrucken die ausgezeichneten Sänger, an deren Spitze Catherine Webber der Sophie einen cremigen Sopran und sichere Höhen verleiht. Mit blühender, jugendfrischer Stimme bezaubert Molly Davey als kleinere Schwester Annas Viola, mit weichem, einschmeichelndem Bariton nimmt Robert Balonek als Pater Francis, der heimliche Geliebte Sophies, für sich ein. Joshua Benevento macht als Onkel seine fiesen Annäherungsversuche mit angenehm lyrischem Tenor, während die böse Tante von Diana Wangerin mit mächtigem Mezzo auftrumpft. Hugh Murphy am Pult des Purchase Symphony Orchestra führt Solisten und Orchester gekonnt durch die überzuckerte Angelegenheit, die 2009 von der im gleichnamigen College angesiedelten Purchase Opera uraufgeführt wurde (Albany, TROY1306).

 

Zwei Jahre später, 2011, feierte die Oper The secret agent in New York Premiere – im Auftrag des Center of Contemporary Opera, einem Verein, der einerseits zeitgenössisches Musiktheater produziert und entwickelt und andererseits nach dem zweiten Weltkrieg kreierte Opern wiederentdeckt. Michael Dellaira (geb. 1949) komponierte sie nach dem  Roman von Joseph Conrad, in dem es um ein scheiterndes Attentat im ausgehenden 19. Jahrhundert und seine tragischen Folgen geht. Dem Anschlag fällt der geistig behinderte Bruder von Winnie, der Ehefrau des Anarchisten Verloc, zum Opfer, worauf sie erst den Gatten und dann sich selbst tötet. Der personenreiche Zweiakter steht ganz in der klassischen Operntradition. Dellaira mixt Elemente aus der Minimal Music mit viel Parlando, die sich dann und wann zu ariosen Gesängen ausweiten, und koloriert zwischendurch mit Walzermusik und einem Zitat aus Schuberts „Erlkönig“, da einige Szenen in der Deutschen Botschaft spielen. Die Dramatik der Vorlage klingt in der Musik selten an, es überwiegt ein lyrischer Grundton, der selbst beim Mord Winnies an ihrem Ehemann erhalten bleibt. Das Sängerensemble der Uraufführung, souverän geleitet von Dirigentin Sara Jobin, präsentiert sich in bemerkenswerter Geschlossenheit. Da ist vor allem die intensive, nuancenreich singende Amy Burton als Winnie, die besonders im Finale zu großer Form aufläuft. Und da ist Jonathan Blalock, dessen heller, reiner Tenor ebenso gut zum Bruder passt wie der raue Bariton von Scott Bearden zum Attentäter Verloc. The secret agent wurde mittlerweile in Ungarn und Frankreich nachgespielt (Albany,TROY1450/51).

Einen nachhaltigen Eindruck hinterlässt Stefan Weismans Oper Darkling, die sich mit jüdischer Vergangenheit auseinandersetzt. Dafür wählte er das gleichnamige, sehr persönliche Poem der Dichterin Anna Rabinowitz, das sie selbst zu einem Libretto umschrieb. Es basiert auf Briefen und Fotos ihrer Familie und Bekannten, von denen etliche im Holocaust umkamen, und rekonstruiert aus dem Erinnerungsmaterial Porträts von Opfern. Weismans kongeniale Vertonung collagiert gesungene Teile und Textsequenzen, die von einem Streichquartett begleitet werden. So entsteht ein variantenreicher Wechsel von individuellen, je nach Stimmung teils melancholisch, teils erregt gefärbten Arien und Chören und sich überlappenden Sprechteilen, bis sich im zart verlöschenden Finale alle Mitwirkenden zusammenfinden. Darkling wurde 2006 am New Yorker Off-Broadway durch die American Opera Projects, eine Gruppe, die musiktheatralische Experimente fördert, uraufgeführt. Die Produktion gastierte in Polen und auch in Berlin – für die eindrucksvolle Aufnahme mit dem kompetenten Solistenquartett Maeve Höglund, Hai-Ting Chinn, Jon Garrison und Mark Uhlemann unter der Leitung von Brian DeMaris wurden die Sprech- und Gesangspassagen separat eingespielt und nachträglich zusammengemixt (Albany, TROY 1315/16).

Erschütterndes Musiktheater bietet auch Tom Cipullos (geb. 1956) Kurzoper Glory Denied, die an das amerikanische Trauma erinnert. Nur geht es im Gegensatz zu Darkling in diesem Zweiakter um ein Einzelschicksal – anhand des Schicksals des Veteranen Floyd James Thompson, der neun Jahre in vietnamesischer Gefangenschaft verbrachte, befasst er sich mit den Auswirkungen dieses Krieges. Glory Denied  rühmt sich die erste „Oral History“-Oper zu sein. Fast sämtliche der im Libretto benutzten Texte sind original und stammen von den entsprechenden Personen selbst. Es gibt nur vier Solisten, Thompson selbst und seine Ehefrau Alyce, die jeweils von zwei Sängern dargestellt werden. Die kammermusikalisch besetzte Oper macht die Gefühlszustände und Befindlichkeiten der Protagonisten in expressiv aufgeladenen Arien, Duetten und Quartetten deutlich. Gut kontrastieren die gedoppelten Partien: der junge Thompson ist mit dem frischen Tenor von David Blalock besetzt, der ältere mit dem markanten Bariton des zudem packend gestaltenden Michael Mayes. Sydney Mancasola als jüngere Alyce besitzt einen mädchenhaften lyrischen Sopran, während Caroline Worra die reifere Frau expressiver anlegt, aber trotzdem über schwebende Pianohöhen verfügt. Glory Denied wurde nach der Uraufführung 2007 in der Brooklyn College Opera mehrfach nachgespielt. Der vorliegende, von Tyson Deaton dirigierte Life-Mitschnitt entstand 2013 während einer Aufführungsserie beim texanischen Opernfestival in Ft. Worth (Albany, TROY 1433).

Auf eine wahre Begebenheit bezieht sich auch Evan Macks Oper Angel of the Amazon. Sie handelt von der Nonne und Umweltaktivistin Dorothy Stang, die sich in Brasilien für die Rechte der armen Bevölkerung und gegen korrupte Machenschaften der Reichen einsetzte und deshalb 2005 im Auftrag eines Großgrundbesitzers ermordet wurde. Macks Oper, 2011 in New York vom Encompass New Opera Theatre – auch dies eine Vereinigung, die sich dem Zeitgenössischen Musiktheater verschrieben hat – uraufgeführt, ist ein an Emotionen reiches Stück. Der tonale Stilmix aus klassischen Arien, Bibelsong und brasilianischer Folklore, Musical und Pop macht großen Effekt und man folgt dem Stück mit großer Anteilnahme. Caitlin Mathes gelingt eine Identifikation mit der Titelheldin, die sich vokal besonders schön in der intensiv gesungenen, zu Herzen gehenden Arie äußert. Auch ihr späterer Mörder Luiz erhält durch den Bariton Luis Rubio eindringliches  Profil. Überhaupt präsentiert sich sämtliche Solisten und das Neue Musik Instrumentalensemble IONISATION unter der kompetenten Leitung von Mara Waldman in bemerkenswerter  Homogenität. Angel of the Amazon ist eindringliches Musiktheater, das nicht kalt lässt  (Albany, TROY1323/24).

Raus aus der rauen Wirklichkeit in das Reich der Fantasie führt The golden ticket. Genauer in eine geheimnisvolle Schokoladenfabrik, die nur jene fünf Kinder betreten können, die eine in Süßigkeiten versteckten Eintrittskarten gefunden haben. Sie erhalten eine abenteuerliche Führung durch den Besitzer Willy Wonka, bei der vier aufgrund ihres schlechten Benehmens verschwinden. Der Junge Charlie bleibt übrig und erbt die Fabrik. Peter Ash komponierte die ambitionierte, groß angelegte Jugendoper nach Roald Dahls Kinderbuchklassiker „Charlie und die Schokoladenfabrik“ 2010 für eine Koproduktion der Oper in St. Louis und dem irischen Wexford Festival. Sie ist äußerst unterhaltsam und farbig. Die Musik jongliert effektvoll zwischen verschiedenen klassischen Stilen, Filmmusik und Musical und bietet den Sängern dazu anspruchsvolles vokales Futter. Wieder ist eine homogene Solistenriege zu erleben, die mit großer Vitalität bei der fröhlichen Sache ist. Erwähnt seien nur Gerald Thompson, Abigail Nims, Ashley Emerson und Andrew Drost, die den von Erwachsenen gesungenen vier ungezogenen Kinder persönlichkeitsstarkes Profil geben, während Charlie durch den zarten Knabensopran von Benjamin P. Wenzelberg passend unschuldig klingt. Die zentrale Rolle des Willy Wonka füllt Daniel Okulitch mit Charisma und charaktervollem Bassbariton aus. Den Bildern im Booklet nach zu urteilen scheute die Produktion 2012 in Atlanta, auf die der von Ash selbst dirigierte Mitschnitt zurückgeht, keinen szenischen Aufwand und dem häufigen Lachen zu folge, amüsierte sich das Publikum prächtig  (Albany, TROY 1381/82).

Bleibt als letztes die Oper Weakness von Barbara White. Von herkömmlichem Musiktheater kann man allerdings nicht sprechen, eher handelt es sich um ein suggestives Monodram. Erzählt wird die keltische Sage von der Göttin Macha, deren irdischer Ehemann sie zwang, vor dem König in schwangerem Zustand ihre Reitkünste zu beweisen – mit dem Ergebnis ihres Todes. Der Sopranistin Sarah Davis kommt die Aufgabe zu, stimmliche Möglichkeiten jenseits des klassischen Gesangs auszuloten. Sie changiert bravourös zwischen Deklamation, Vokalisen und elegischem Song zu einer meditativ-archaischen Instrumentalbegleitung, die mit Bambusflöte, zwei Klarinetten, elektrischer Gitarre und Schlagzeug ungewöhnlich besetzt ist –  was den eigentümlichen archaischen Reiz dieser Komposition ausmacht. Ergänzt wird sie durch die mit einem Klangteppich unterlegte gesprochene Legende der Macha in der dichterischen Auslegung des Autors Tom Cowen (Albany, TROY1441). Karin Coper