Für die Kommilitonen

So düster, wie das kaum erkennbare Cover es weismachen will, ist das Erstlingswerk von Vincenzo Bellini gar nicht, denn am Ende finden trotz einiger Intrigen doch die „richtigen“ Liebespaare zueinander. Adelson e Salvini lieben, teilweise über Kreuz, Fanny und Nelly, daneben gibt es viele männliche Partien, denn die Oper aus dem Jahr 1825 war für das Konservatorium von Catania und seine Studenten, deren einer der Komponist war, bestimmt, und dort mussten auch die Frauenrollen von Männern gesungen werden. Später hat Bellini aus dem Drei-Akte-Stück noch ein zweiaktiges umkomponiert, hier liegt die Urfassung mit langen gesprochenen Dialogen vor, allerdings mit Sängerinnen für die entsprechenden Partien. Wie so manch andere Oper seiner Zeitgenossen wurde auch Adelson und Salvini später als Steinbruch benutzt, und die schönste Arie, die der Nelly „Dopo l’oscuro nembo“ wurde später zu Giuliettas „Oh quante volte“.
So wie Bellini das Stück als Examensarbeit für seine Kommilitonen komponierte, so spielen auch auf den beiden CDs die Studenten des Orchestra Accademica del Conservatorio Santa Cecilia unter dem Dirigenten Maurizio Ciampi, der Herrenchor der Bediensteten von Lord Adelson ist ebenso tüchtig in Form des Ensemble vocale del Conservatorio Santa Cecilia und wird von Corrado Valvo geleitet.
Die für einen Sänger mit neapolitanischem Dialekt bestimmte Partie des Dieners Bonifacio wird anders als die weiteren Rollen von einem erfahrenen Künstler verkörpert. Luigi Pisapia scheint zunächst etwas atemlos in seine Rolle einzusteigen, klingt recht flach, steigert sich aber zuhörens und kann mit „Taci, attenti, e bedarraje“ an die gute alte italienische Buffotradition anknüpfen. Auch der auf dem Weg zum tenore di grazia befindliche Christian Collia als Hosenrollen-Salvini steigert sich, nachdem er mit recht kläglich klingendem Timbre begonnen hat, als Sprecher zunächst weit eindrucksvoller war denn als Sänger, jedoch im dritten Akt in „Ebben perchè respira“ und auch im folgenden Duett zunehmend empfindsamer und klangvoller wirkt. Die andere Titelpartie, die des Adelson, wird vom Bariton Donato Di Colla stilvoll, wenn auch spröde beginnend, gesungen. Seine Phrasierung kann gefallen, „Torna a questo seno“ ist einer der Höhepunkte der Aufnahme. Den Intriganten Struley gibt Shangrong Jiang mit nachdrücklicher vokaler Präsenz, sein Zuträger Geronio ist ihm in dieser Hinsicht mit Antonino Mistretta noch überlegen. Annapaola Pinna hat die schönste Stimme der Aufnahme und verleiht der Nelly ein schönes, melancholisch klingendes Timbre und viel Geschmeidigkeit. Sie lässt vernehmen, was mit Bellinis „unendlicher Melodie“ gemeint ist. Ausdruckslos bleibt die Fanny von Mariangela Marini, verhuscht die Madama Rivers von Eleonora Filipponi. Es ist sicherlich eine interessante Idee, das Jugendwerk wie bei seiner Uraufführung der Jugend anzuvertrauen, ob man die Aufnahme der Nachwelt anvertrauen muss, ist eine andere Sache. (Stärker besetzt sind die von Opera Rara unter Rustioni, die bei ehemals Nuova Era unter Licata mit immerhin Alicia Nafé sowie die DVD bei  Bongiovanni unter José Miguel Pérez Sierra – das Bessere ist eben des Guten Feind/ G. H.)  (Urania Records LDV 14053). Ingrid Wanja

  1. Thomas Roth

    Das Werk war für das Konservatorium in Neapel komponiert und am 12. Februar 1825
    uraufgeführt ( Konservatorium „San Pietro a Majella“ Neapel) – nicht Catania (!)
    Es zeigte sich, dass es sehr beliebt war bei den Studenten, denn es wurde jeden Sonntag aufgeführt.
    Es wurde wie die „Zaira“ (leider) vom Schöpfer als „Steinbruch“ benutzt, was als Folge hat, dass so gute Werke, auch Zaira, ausbluten. Das hier besprochene Werk wird ja (leider) kaum noch aufgeführt.

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