Archiv für den Monat: Juni 2024

Bereit für Überraschungen

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Nach der Schönen Müllerin und dem Schwanengesang hat André Schuen nun die Winterreise von Franz Schubert vorgelegt. Wie die beiden vorangegangenen Aufnahmen wurde sie bei Deutsche Grammphon veröffentlicht (486 1288). Begleiter am Flügel ist abermals Daniel Heide. Er hat einen erklecklichen Anteil am künstlerischen Wert dieser Produktionen, die einen hohen Standard setzen. Derzeit ist viel Bewegung am einschlägigen Markt. Schuberts Lieder kommen in immer neuen Bearbeitungen und Besetzungen daher, die auf ihre Weise durchaus dazu beitragen können, der Beschäftigung mit Liedgesang neue Impulse zu geben und ein Publikum zu erreichen, das diesem Genre ehr reserviert gegenüber steht. Für Schuen und Heide verbieten sich Zutaten oder Fisimatenten. Sie halten sich ans Original, lassen Schubert Schubert sein indem sie einen Zeitbezug einzig und allein durch Interpretation herstellen und nicht durch gefällige Anpassungen. Einzig bei der Gestaltung des Covers, auf dem das Gesicht des aus Südtirol stammenden Baritons wie gefroren aus dem Dunkel tritt, wird ein außermusikalischer Bezug bemüht. Der liegt im Falle von Schuen sogar nahe. In seiner Freizeit steigt er nämlich selbst in die Berge seiner Heimat und dürfte wohl nicht nur einmal auf engste Tuchfühlung mit der Einsamkeit im Schnee gekommen sein: „Ei Tränen, meine Tränen, / und seid ihr gar so lau, / dass ihr erstarrt zu Eise / wie kühler Morgentau?“ Schuen kann Situationen singen. Sie entstehen in seinem exzellenten Vortrag, für den Heide stets ein angemessenes Tempo findet. Ein Tempo, welches es dem Sänger gestattet, die Lieder so darzubieten, dass inhaltlich nichts verloren geht – kein Wort, keine Silbe, kein Interpunktionszeichen.

Es wird niemals gehetzt. Vielmehr ist eine große Ruhe und Selbstsicherheit um und in dieser Darbietung, die keinem Sänger in den Schoß fällt, auch Schuen nicht. Sie ist das Resultat jahrelanger intensiver Beschäftigung mit der Winterreise, die ihn übrigens durch sein ganzes Studium begleitete, wie aus dem Booklet-Text von Joachim Reiber zu erfahren ist. Und sie habe schon beim allerersten Liederbend auf dem Programm gestanden. Schuen kommt auch selbst zu Wort: „Das Gefühl, bei diesem Werk immer am Anfang zu stehen, bleibt. Aber was sich für mich verändert hat, das ist, dass ich ergebnisoffener geworden bin. In früheren Jahren, „mit noch weniger Erfahrung“, habe er wohl auch versucht, „die Route vorher festzulegen und genau zu planen“, wie diese oder jene Stelle gestaltet werden solle. „Heute erlebe ich diesen Zyklus viel stärker aus dem Moment: bereit für all das Überraschende und Ungeahnte, das sich auf dieser Reise auftun kann.“ In der Tat wirkt in seine Interpretation nichts kalkuliert, weshalb sich plötzlich auch stimmliche Klippen auftun können, die den Sänger durchaus an Grenzen bringen. Schuen scheint nicht auf Schönheit aus – vielmehr auf Wahrhaftigkeit. Er singt so, als würden sich die dramatischen Geschehnisse in diesen Liedern just in dem Moment ereignen, indem wir sie zu hören bekommen. Das ist die Kunst, seine und die seines Begleiters. Es grenzt schon an Hohn, dass die unverwüstlichen Texte von Wilhelm Müller in Begleitheft abgedruckt worden sind. Das wäre nicht nötig gewesen, denn selten gab sich eine Darbietung so wortverständlich wie diese. Rüdiger Winter

Zuwachs im Counter-Regal

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Der holländische Countertenor Oscar Verhaar hat bei Challenge acht Arien aus Oratorien von Georg Friedrich Händel aufgenommen. Die CD entstand im April und Mai 2023 im holländischen Baarn und erschien unter dem Titel „Freedom“ (CC72973). Die „Freiheit“ sieht der Sänger als Leitmotiv in all diesen Kompositionen aus sieben Oratorien, welche von Gefangenschaft, Unterdrückung, Widerstand und eben Freiheit handeln und einen chronologischen Bogen spannen von Deborah (1733) bis zu Jephta (1751). Der Sänger wird inspirierend und engagiert begleitet vom Ensemble La Sfera Armoniosa unter Leitung von Mike Fentross, das in zwei orchestralen Beiträgen (Ouverture zu Susanna und der Symphony aus Joseph and his Brethren) auch seine musikantischen Qualitäten zeigen kann.

Als Konzertsänger ist Verhaar kein Unbekannter, doch ist diese Veröffentlichung seine Debüt-CD. Die Stimme klingt leicht und weich, sein Gesang ist kultiviert, doch mangelt es ihm an einem spezifischen Timbre und an Attacke für die heroischen Arien. Am Beginn steht Baraks lebhafte Arie „All Danger disdaining“ aus Deborah, in der die Stimme nicht genügend fokussiert klingt, gefolgt von Micahs Arie „Return, o God of Hosts“ aus Samson, einem von Händels erfolgreichsten Oratorien. In den schwebenden Tönen dieser getragenen Komposition kommt Verhaars Stimme vorteilhafter Wirkung. Die erste Gruppe beschließt die Arie des Titelhelden „Fury, with red-sparkling Eyes“  aus dem 3. Akt von Alexander Balus, eine fulminante Nummer, welche der Sänger erstaunlich bewältigt. Daniels Arie „O sacred Oracles of Truth“ aus dem Belshazzar markiert den Mittelteil des Programms. Auch diese entspricht in ihrer Empfindsamkeit genau dem Naturell des Interpreten.

Am Schluss stehen drei Arien aus bedeutenden späten Schöpfungen des Komponisten, beginnend mit der Arie des Titelhelden  „Be firm, my soul“ aus Joseph and his Brethren.  Nach einer langen, grüblerischen Einleitung erklingt Josephs klagende Stimme, wiederum wie geschaffen für das Organ des Sängers, wie auch die Arie des David „O Lord, whose Mercies numberless“ aus Saul in reiner Streicherbegleitung und dem sanften Melos. Die Arie des Hamor „Up the dreadful Steep ascending“ aus Jephta setzt den kontrastierenden Schlusspunkt, denn hier besingt der Soldat Hamor mit Jubeltönen die bevorstehende Hochzeit mit Jephtas Tochter Iphis. Bernd Hoppe

À deux voix

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Bei Audax Records ist eine sehr interessante CD unter dem Titel À deux voix mit Duetten erschienen, die das Repertoire mehrstimmiger Liederabende sicher erweitern werden. Der baskische Dirigent und Pianist Inaki Encina Oyón macht sich sehr für das Kunstlied aus Spanien, Frankreich und Deutschland stark und ist dabei auf veritable Ausgrabungen gestoßen. So gibt es auf dieser CD u.a. Kompositionen als Weltersteinspielungen von Cécile Chaminade, Paul Puget und Charles Gounod. Mit der gualtematekischen Sängerin Adriana Gonzáles hatte der Pianist schon 2020 und 2021 jeweils eine Lied-CD bei Audax herausgebracht. Als sich die Sopranistin und  Marina Viotti (Mezzosopran) aus der Schweiz bei einem gemeinsamen Engagement in Barcelona 2017 kennenlernten, stellten sie bald fest, dass ihre Stimmen gut zueinander passen. So ergab sich folgerichtig diese gemeinsame Einspielung von Duetten der französischen Romantik mit Inaki Encina Oýon als Begleiter am Klavier. Für das instruktive Beiheft schrieb er auch den Artikel, der die Idee der Entstehung und Programmfolge gut beschreibt. Die Stimmen der beiden Sängerinnen ähneln sich so sehr, dass man sie einerseits nur schwer auseinanderhalten kann, andererseits unterstreicht das aber die Übereinstimmung in Stilistik und Phrasierung. So begeistert Adriana Gonzáles besonders mit leichten piani in teils extremer Höhe, während Marina Viotti in der Mittellage etwas runder und voller klingt. Beide ergänzen sich einfach prächtig, und es ist ein Genuss, sich dem Zauber anspruchsvoller  Duette namhafter Komponisten hinzugeben.

Da sind zuerst sechs sehr lyrische Stücke von Charles-Marie Widor zu hören; besonders hervorzuheben ist das schwingende, sich steigernde Nocturne. Ebenso berührend und eindrücklich kommt Je ne croyais pas au bonheur herüber, wenn „die Spuren von Tränen und Schmerzen von Deiner Hand gelöscht werden“ und wieder „zum Glauben an das Glück im Leben“ verhelfen. Von Èmile Paladilhe stammt das entzückende Au bord de l’eau, das eine gedankenvolle Abendstimmung erzeugt. Les trois oiseausx von Léo Delibes ist ein reizendes, kurzes Gespräch zwischen sich nach Liebeszeichen Sehnenden und den drei Vögeln. Charlotte Devérias Les papillons ist eine schlichtere Weise , die mit innigem „aimer toujours“ endet. Eine dichte Interpretation gelingt den Protagonistinnen mit Pauline Viardots melancholischem Lied Rêverie. Die Weltersteinspielung von  Cécile Chaminade mit dem Titel Duo d’étoiles nach Armand Silvestre lebt von einem packenden, vom Klavier präzise gegebenen Puls, den die Stimmen elegant umspielen. Paul Puget ist mit zwei Ersteinspielungen vertreten: In Au bord de la mer wird quasi ein Gemälde hörbar, während Oyón die Kastagnetten imitiert und damit das Chanson andalouse schwungvoll für die Sängerinnen in Gang setzt. Mit La nuit, dessen berauschende Düfte und zitternde Sterne hörbar werden, und Réveil, dem erkennbaren Erwachen der Natur, ist Ernest Chausson bestens vertreten. Eher bekannt sind wohl die Duette von Gabriel Fauré, die er den Töchtern von Pauline Viardot gewidmet hat:  Puisq’ici-bas toute âme… und vor allem die lebhafte Tarantelle mit geläufigen Koloraturen sind ‚Spiel der Liebe‘. Sehr weich und tänzerisch kommt Les danses de Lormont von César Franck daher. Jules Massenet ist vertreten mit Marine, flüssig und beschwingt die Meereswellen beschreibend, und Joie!, in dem – befeuert vom   Klavier – überschäumende Freude eingefangen ist. Das zartere La chanson de la brise von Charles Gounod wird im lockeren Dreier-Takt elegant dargeboten. Dansons! von Édouard Lalo bildet den fröhlichen Abschluss der CD; hier kommen noch einmal die Vorzüge der gleichwertigen Sängerinnen zum Tragen, die blitzsaubere Intonation beider und die nahezu identischen Triller und Vorschläge in der anspruchsvollen Melodieführung. Nicht zu vergessen ist der hervorragende Begleiter Inaki Encina Oyón, der nicht nur unterstützend eine sichere Bank für die Sängerinnen ist, sondern auch eigene Impulse gekonnt einsetzt; dabei gerät er nie zu stark in den Vordergrund und lässt den Damen immer genug Zeit zum Aussingen der unterschiedlichen Phrasen. Man wünscht dieser CD (Audax Records, ADX  11209) eine große Verbreitung. Marion Eckels

Cio-Cio-Sans Metamorphosen

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Puccinis berühmteste Oper, die Belasco-Story von der Kleinen Japanerin, die vom gemeinen Ami-Offizier verlassen wird, dessen Kind zur Welt bringt und sich zum Schluss angesichts der geplanten Adoption mit dem Schwert ihrer Ahnen ersticht, bewegt seit ihrer musikalischen Umsetzung 1904 die ganze Welt. Millionen haben in ihre Taschentücher geweint, und unzählige Sopranistinnen haben in der Partie Erfolge erzielt. Wobei noch einmal gesagt werden muss, dass Cio-Cio-San ebenso wenig für eine asiatische Interpretin geschrieben wurde wie Aida für eine Farbige. Das ist opportunistischer Unfug. Und die Auseinandersetzung um „black-facing“, wie sie gerade wieder mal tobt und wie sie von der selbst von Grace Bumbry zurechtgewiesenen Angel Blue publikumswirksam geführt wird, sind genauso unsinnig, wie nun stereotyp jede Chinesin, Thailänderin, Japanerin oder Koreanerin in der Rolle der trippelnden Geisha zu casten.

Puccinis „Madama Butterfly“: Die Macher David Belasco, Arturo Toscanini und Giacomo Puccini/ Dober Press

Nur wenige erinnern sich, dass Madama Butterfly (nach Belascos erfolgreichem Bühnenstück in New York 1900) an der Scala 1904 einen ganz schlechten Start hatte und erst wenig später überarbeitet in Brescia einen rauschenden Erfolg verbuchen konnte. Nur wenige erinnern sich zudem, dass es bei diesen beiden Versionen nicht blieb. Viel spannender finde ich die Fassung für Paris 1906, die für mein Empfinden viel weicher, konventioneller und weniger von den damals aufkommenden Japanoiserien durchzogen ist, als die beiden Fassungen davor. Es ist das große Verdienst der bislang einmaligen Ver-Sammlung aller drei/ bzw. vier Versionen in einer 3-CD-Box, den Hörer per Programmierung in die Lage zu versetzen, nach- und nebeneinander eben diese zum Teil sehr voneinander abweichenden Versionen zu hören. Zumal hier auch die vierte, (ursprünglich englisch gesungenen) Variante für Washington 1908 mit eingeschlossen ist.

Es handelt sich um die inzwischen leider vergriffene Vox-Einspielung unter Charles Rosecranz am Pult des Ungarischen Staats-Opernorchesters mit der fulminanten Maria Spacagna in der Titelpartie neben Richard Di Benzi, Erich Parce und Sharon Graham in den weiteren Hauptpartien – alle kompetent und werkdienlich, weniger Met-Stars als würdige Interpreten, die man für ihre Flexibilität bewundern muss. Rosecrans und die Spacagna haben ja einige tolle Aufnahmen darüber hinaus herausgebracht (L´Arlesiana et al). Also rate ich, die regionalen Bibliotheken zu stürmen oder die wenigen verbliebenen, leider drastisch überteuerten Exemplare bei Amazon oder ebay zu kaufen. Es lohnt sich, schon weil das exzellente, dicke (nur englischsprachige) Booklet viele Informationen und eben den Progammierschlüssel für die einzelnen Änderungen und Einschübe bietet..

Der Musikwissenschaftler Michael Kaye hat zu dieser spannenden Ausgabe in dem üppigen Beiheft (alle Libretto-Versionen nebst Programmieranleitungen zu den einzelnen Tracks der jeweiligen Fassungen) einen ebenso spannenden Artikel geschrieben, brillant wie stets und kundig wie eh. Man erinnert sich an seine überzeugende Recherche zu Offenbachs Hoffmann.

Aus diesem erwähnten Beiheft bringen wir mit Dank an den inzwischen verstorbenen Autor in unserer eigenen deutschen Übersetzung (Daniel Hauser) Michael Kayes Aufsatz in großen Auszügen (namentlich die zitierten Briefstellen und ein Interview mit einer damaligen Augenzeugin wurden ausgelassen; zu Albert Carrés Bühnenanweisungen der Produktion 1906 an der Pariser Opéra-Comique s. auch Albert Carré’s Staging Manual for «Madama Butterfly» (1906) von GIRARDI, Michele 2016). G. H.

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 Nun also Michael Kaye: Es ist schwer zu glauben, dass eine Oper wie Madama Butterfly, die heute einen so wichtigen Platz im Repertoire aller Opernhäuser der Welt einnimmt und die Opernliebhaber als eine ihrer Lieblingsopern betrachten, eine der ungünstigsten Reaktionen des hochkarätigen Premierenpublikums bei der Premiere an der Mailänder Scala am 17. Februar 1904 provoziert hat.

Wie seltsam muss es den an der Uraufführung beteiligten Künstlern vorgekommen sein. Die Proben waren so gut verlaufen, in einer Atmosphäre voller Enthusiasmus und emotionaler Hingabe. „Es war ein schrecklicher Abend“, sagte Puccini zu einem seiner Biographen, Arnaldo Fraccaroli. Arturo Toscanini hatte jedoch das Scheitern der ersten Version von Madama Butterfly vorausgesagt.

Tito Ricordi, der bei der ersten Fassung von Madama Butterfly Regie führte, war maßgeblich an der Gestaltung der ersten Überarbeitung nach der Mailänder Scala für eine Produktion am Teatro Grande in Brescia beteiligt. Er bestand darauf, im ersten Akt das zu entfernen, was er als „viele nutzlose Episoden“ bezeichnete; die Aufspaltung des zweiten Aktes in zwei Teile, den Abschluss des ersten Teils mit dem „Summchor“ und das Hinzufügen von Pinkertons Arie „Addio fiorito asil“ (basierend auf bereits im Orchester-Intermezzo vorhandener Musik). Tito Ricordi gab Puccini zwei Monate Zeit, um die Überarbeitungen für Brescia durchzuführen, mit der ermutigenden Nachricht, dass Toscanini darauf warte, die Oper in Buenos Aires zu dirigieren.

Puccinis „Madama Butterfly“: Giovanni Zenatello war der erste Pinkerton/ Wikipedia

Drei Monate später, am 28. Mai 1904, war die revidierte Fassung von Madama Butterfly in Brescia ein triumphaler Erfolg. Das Publikum hörte aufmerksam zu, und alles gefiel ihm. Bevor Pinkerton seine erste Arie beenden konnte, war der Applaus ohrenbetäubend und das Publikum verlangte nach einer Zugabe; man forderte Puccini auf, sich während der Aufführung unzählige Male zu präsentieren, um den Beifall entgegenzunehmen. Der zweite Aufzug war ein noch größerer Triumph. Einen Monat später war die Brescia-Version ein großer Erfolg in Buenos Aires am Teatro de la Opera, später bekannt als Teatro de la Plata (nicht das Teatro Colón), am 2. Juli 1904 mit Toscanini und der Storchio.

Die Vox-Aufnahme unter Rosecranz bietet nun Zuhörern die Möglichkeit, Puccinis Modifikationen, Überarbeitungen, Änderungen und Errungenschaften für alle wichtigen Überarbeitungen von Madama Butterfly zu hören und zu vergleichen. Sie endeten nicht mit Brescia; tatsächlich basiert die traditionelle Version, die das zeitgenössische Publikum wahrscheinlich im Opernhaus sehen wird, auf der Fassung, die Puccini Albert Carré 1906 an der Opéra Comique in Paris zur Verfügung stellte. Vielleicht kommen Sie zu dem Schluss, dass nicht alle Änderungen, die an der Originalfassung vorgenommen wurden, Verbesserungen waren.

Puccinis „Madama Butterfly“: Rosina Storchio war die erste Cio-Cio-San/ Dover

Die Oper wurde in der Brescia-Fassung in Montevideo, Alexandria und Kairo aufgeführt. Ricordi veröffentlichte eine neue Partitur der Oper in italienischer Sprache zusammen mit einer singbaren englischen Übersetzung von R. H. Elkins für die Uraufführungen in London in Covent Garden (in italienischer Sprache am 10. Juli 1905) mit Emmy Destinn, Enrico Caruso und Antonio Scotti unter der Leitung von Kleofonte Campanini.

Die sogenannte „Neuausgabe“ (nuova edizione) von Madama Butterfly wurde am 12. Oktober 1905 erfolgreich am Teatro dal Verme in Mailand unter der Leitung von Tullio Serafin aufgeführt; das Publikum forderte eine Zugabe von Butterflys Einstiegsauftritt. Puccini nahm einige kleine Änderungen an der ersten Produktion am Teatro Comunale in Bologna unter der Leitung von Toscanini am 29. Oktober 1905 vor. Diese Änderungen sind im Verlauf des vorliegenden Librettos notiert. Puccini war um jeden Aspekt der Produktion seiner Opern besorgt. Aus London schickte er Toscanini detaillierte Anweisungen bezüglich der gewünschten Beleuchtung für die letzte Szene von Madama Butterfly.

Im Februar 1906 waren die Vorkehrungen für die ersten Aufführungen von Madam Butterfly in Amerika abgeschlossen: Eine von Henry W. Savage und Tito Ricordi organisierte Tourneeproduktion, die auf Englisch gesungen werden sollte, und die Premiere einer anderen Produktion auf Italienisch an der Metropolitan Opera. Dies führte zu Ricordis Veröffentlichung einer dritten Aufführungsfassung für Nordamerika.

Im Mai 1906 reiste Puccini für eine Woche nach Budapest, um Aufführungen von La Bohème, Tosca und Madama Butterfly beizuwohnen, die auf Ungarisch gesungen wurden. In diesem Sommer tauschte Puccini ständig Briefe mit Tito Ricordi über geplante Überarbeitungen der Butterfly für Produktionen in Berlin und Paris aus. Neue Partituren wurden in französischer und deutscher Fassung vorbereitet, damit die Künstler ihre Rollen einstudieren konnten. Vier verschiedene Klavierauszüge und zahlreiche Ausgaben des Librettos waren im Druck, aber eine „endgültige“ Version von Madama Butterfly musste noch erstellt werden. Im Juni 1906 beschloss Ricordi, die vollständige Orchesterpartitur zu stechen, was jedoch aufgrund von Tito Ricordis Verhandlungen für die französische Erstaufführung mit Albert Carré, dem einfallsreichen Bühnenregisseur und Impresario der Opéra Comique, verschoben wurde.

Puccinis „Madama Butterfly“:Bühnenbild für Paris 1906/ core.ac.uk

Carré glaubte, dass Butterfly dem französischen Publikum nicht gefallen würde und bestand auf einigen wesentlichen Änderungen. Puccini erklärte sich bereit, sich mit Carré in Paris zu treffen, um die Aufführungsfassung zu besprechen. Er kam am 11. Juli an, war schnell von Carrés Ideen beeindruckt und erklärte sich bereit, daran mitzuarbeiten. Puccini löschte alle beleidigenden Bemerkungen im ersten Akt an und über die Japaner. Er entfernte auch das meiste Material, das sich auf Butterflys Familie in der Hochzeitsszene bezog, was einige lebhafte Episoden mit Lokalkolorit lieferte. Er erweiterte auch das Blumenduett, indem er einen kurzen Abschnitt Orchestermusik hinzufügte, um Carrés Inszenierung Rechnung zu tragen.

Carrés Überarbeitung des Textes umfasste viel mehr als nur das Entfernen bestimmter Passagen, die einige als irrelevante Details betrachteten. Ihm und seinem Übersetzer Paul Ferrier war es letztlich zu verdanken, dass Butterflys kraftvolle Arie im zweiten Akt „Che tua madre“ (von Ferrier zunächst nach italienischem Text übersetzt) den Charakter komplett veränderte. Wie dem vergleichenden Libretto zu entnehmen ist, war auch Carrés Inszenierung der Todesszene deutlich anders. Darüber hinaus verwandelten Carré und Ferrier, indem sie die Stimmen änderten, aber die Orchesterbegleitung unverändert ließen, Kate Pinkertons Persönlichkeit von gefühllos zu sympathisch, was zu einer völlig anderen Konfrontation mit Butterfly führte.

Puccinis „Madama Butterfly“: Marguerite Giraud-Carré war die Butterfly in Paris 1906, hier als Phryné/ Ipernity

Obwohl Butterflys zweite Aktarie „Là un bravo giudice“ bei der Pariser Premiere im Dezember 1906 weggelassen wurde, begründete Carrés Inszenierung die heute als traditionell angesehen Partitur der Oper. Die Pariser Änderungen wurden aus dem Französischen ins Italienische, Deutsche und Englische übersetzt und in die Ausgaben der Partitur von 1907 eingearbeitet, obwohl ein paar verwirrende Überbleibsel widersprüchlicher Regieanweisungen und früherer Fassungen in der jüngsten Druckausgabe erhalten geblieben sind. (Der englische Dirigent und Musikwissenschaftler Julian Smith entdeckte, dass einige der Original-Zinkplatten, die zum Stich von Ricordis erster französischer Ausgabe von Butterfly verwendet wurden, an eine Baufirma verkauft wurden und als Dachmaterial für ein Gebäude in Treviso endeten. Dies ist nicht so überraschend wenn man bedenkt, dass viele der originalen Druckplatten zu Wagners Parsifal als Briefbeschwerer verkauft wurden!)

Wenn er nicht nach Stoffen für neue Opern suchte, verbrachte Puccini viel Zeit damit, seine anderen Werke zu überarbeiten. (…)  1920 hat Puccini möglicherweise Änderungen an der Aufführungsversion von Madama Butterfly für eine Produktion im Teatro Carcano in Mailand genehmigt. Die Partitur der „Carcano-Version“ in den Ricordi-Archiven (basierend auf einem Klavierauszug vom März 1908) wurde von Ricordis hoch angesehenem Hausredakteur Maestro Roberto Tenaglia erstellt, der das Cover der Carcano-Version auf den 12. Januar 1920 datierte (…) Die Carcano-Version macht mehrere Kürzungen in der traditionellen Aufführungsausgabe. Die Phrasierung des Summchors wurde verändert, und die Begleitmusik zum Vogelgezwitscher im Morgengrauen, das bei der Scala-Premiere so gnadenlos verspottet wurde, wurde aus dem Intermezzo herausgeschnitten. Vor allem hat die Carcano-Fassung drei Teile der Brescia-Fassung wiederhergestellt, die auch in diesem vergleichenden Libretto angedeutet sind.

Puccinis „Madama Butterfly“: Eine Zigarrenschachtel zeugt von der immensen Popularität der Oper zum Anfang des 20. Jahrhunderts/ Malta

Vielleicht versuchte Puccini einiges von dem, was er 1904 als seine modernste Oper betrachtete, wiederherzustellen. Wie man hören kann, gibt die Originalfassung von Madama Butterfly eine Vorschau auf musikalische Idiome, die Puccini in seinen späteren Werken entwickeln würde. Zum Beispiel der erste Auftritt von Onkel Yakusidé; die erweiterte Hochzeitsszene; die ursprüngliche Version des Erscheinungsbilds des Bonze; Butterflys „pensavo se qualcuno mi volesse“; ihr „la maggior fiamma e nell’anima mia“ und „non piangete, signore … quelli no, non dan pace“; Suzukis „non vi voglio lasciar“; und die Originalversion der letzten Szene, all diese angedeuteten Musiken, die Puccini für La Fanciulla del West, Il Tabarro, Gianni Schicchi (insbesondere das Thema für „addio peranza bella“), La Rondine und Turandot geschrieben hat.

Julian Smith, der die für diese Vox-Aufnahme verwendete Aufführungsausgabe der Originalversion von Madama Butterfly an der Mailänder Scala vorbereitete und die Orchestrierung für den achttaktigen Übergang vom Summchor zum Intermezzo rekonstruierte, bemerkte gegenüber der Royal Musical Association, dass „die originale Butterfly eine gewagte Oper war, unkonventionell in ihrer Struktur und schonungslos in der Übermittlung einer für ihre Zeit ungewöhnlich pointierten moralischen und sozialen Botschaft. Das Mailänder Publikum von 1904 lehnte ersteres ab, und Albert Carré verwässerte im Namen der Pariser Bourgeoisie erfolgreich letzteres. Und so durchlief Puccinis Original-Butterfly eine tragische Metamorphose, mittels derer sie einem sentimentalen Melodram gefährlich nahe kam.“

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Puccinis „Madama Butterfly“: Louise Homer und Geraldine Farrar an der Met 1906/ Met Opera Archives

Bei der Premiere an der Opéra Comique wurde die Rolle der Butterfly von Albert Carrés Ehefrau Marguerite Giraud gesungen. Obwohl sie eine gute Sängerin war, bekannt für ihre Interpretationen von Massenets Manon und Puccinis Mimì, vertraute Puccini in Briefen an seine Freundin Sybil Seligman dieser einige seiner wahren Gefühle über sie an: „Die Proben liefen heute gut – aber Madame Pomme de terre wird dem nicht gerecht… Ich habe Angst um Mme Carré; sie ist schwach und hat wenig Intelligenz, aber ich muss mich mit ihr abfinden(…).“ Albert Carré bestand auf einer langen Probenzeit, während der Puccini sehr ungeduldig. Schließlich wurde die Uraufführung an der Opéra Comique auf den 28. Dezember 1906 festgesetzt. Illica fand sie „ganz anders als unsere … logisch, praktisch und poetisch“. Puccini wohnte den meisten Proben bei und berichtete begeistert Giulio Ricordi aus Paris.

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Puccinis „Madama Butterfly“: Der Entrepreneur Henry Savage brachte die Oper in die USA/ photo icon

Während seines Aufenthalts in Paris erhielt Puccini Nachrichten über die erfolgreiche Tourneeproduktion von Madam Butterfly, die mit dem Segen von Ricordi von Henry W. Savage organisiert wurde, einem ehemaligen Immobilienmakler aus Neuengland, der die Henry Savage Grand Opera Company gründete, die viel bewirkte um die Oper in Amerika bekannt zu machen. Die Madam Butterfly-Tournee war beispiellos in der Operngeschichte: sechs Monate lang Auftritte in großen amerikanischen Städten, mit vier Sopranen in der Titelrolle, zwei Besetzungen der anderen Hauptdarsteller, Zweitbesetzungen, Chor und Orchester mit 60 Spielern, alles unter der Leitung von Tito Ricordi. Die aufwändige Produktion wurde achtmal pro Woche aufgeführt, gesungen in englischer Übersetzung von R. H. Elkins. Sie begann am 15. Oktober 1906 in Washington, D.C., am Columbia Theatre. Am nächsten Tag berichtete die Washington Post begeistert über die Produktion. (…)

Für die Aufführungen in Washington (in englischer Sprache 1906) engagierte Savage mehrere Sopranistinnen für die Titelrolle, darunter die ungarische Sopranistin Elza Szamosy (die die Uraufführung sang), Rena Vivienne, Florence Easton, Louise Janssen und Estelle Bloomfield. Laut einem Artikel in der New York Times vom 14. Oktober 1906 wurde Mme Szamosy „von Puccini speziell als diejenige ausgewählt, die die Rolle in Washington geben sollte (…).  Mme Szamosy sang an der Königlichen Oper in Budapest, und auf Empfehlung des Komponisten wurde sie für die amerikanische Produktion engagiert.“ Eine andere amerikanische Sopranistin, Rena Vivienne, „ließ alles beim ersten Anzeichen einer Gelegenheit, in Puccinis exquisiter Oper aufzutreten, fallen“. Sie studierte die Rolle in Europa bei ihrem Lehrer, dem renommierten Bariton Victor Maurel, und spielte in Mailand für Puccini und Tito Ricordi vor. Florence Easton kam später an die Metropolitan Opera, wo sie 1918 die Rolle der Lauretta in Puccinis Gianni Schicchi kreierte. Andere Künstler, die bei der Premiere in Washington auftraten, waren Harriet Behnee (Suzuki), Joseph Sheehan (Pinkerton) und Thomas Richards (Sharpless), dirigiert von Walter H. Rothwell.

Puccinis „Madama Butterfly“: Die ungeheure Pupolarität der Oper schwappte auch auf den Film über und war eine gute Vorlage dafür, zahlreiche Versionen beschäftigten sich mit dem Sujet, hier Anna May Wong (bekannt neben der Dietrich in „Shanghai Express“) mit Kind und „Kate Kinkerton“ in Chester Franklins „The Toil of the Sea“ 1922/ Wikipedia

Um nicht übertroffen zu werden, kündigte Hans Conried am 11. November 1906, dem Tag vor der Eröffnung der Savage-Produktion im Garden Theatre in New York, in der New York Times an, dass Puccini selbst die Premiere von Madama Butterfly in italienischer Sprache an der Metropolitan Opera in dieser Spielzeit (1906/07) beaufsichtigen würde. Am Tag nach der Met-Premiere am 11. Februar 1907 mit Geraldine Farrar, Louise Homer, Enrico Caruso und Antonio Scotti beschwerte sich der New York Daily Tribune darüber, dass „Signor Puccini, der in der Stadt ist und aktiv an der Produktion seiner Werke arbeitet, die unser Publikum liebt, es bedauerlicherweise für nicht angebracht hielt, einige der Makel zu entfernen, die Madama Butterfly entstellen. Die völlig unnötige und schmerzlich beunruhigende Gestalt von Madame Pinkterton sollte entfernt werden; die beiden Szenen des letzten Aktes sollten durch das Intermezzo zusammengeführt werden, wie sie erstmals 1904 in Mailand dargestellt wurden. Völlig verderblich für die Wirkung der Szene der Nachtwache ist diese Pause von Korridorpromenade und Klatsch.“ (Auch nachdem Puccini beschlossen hatte, den zweiten Akt in zwei Teile zu spalten, bezeichnete er die Orchestermusik zur Nachtwache der Butterfly als „Intermezzo“ oder „mezzo preludio scenico“.)

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Puccinis „Madama Butterfly“: der „Erfinder“ des Ganzen, der Romanautor John „Luther“ Long schrieb die Kurzgeschichte „Madame Butterfly“/ tumgir

Puccini diskutierte die Entstehung seiner Madama Butterfly in einem Interview mit Carlo Paladini, das im Giornale d’Italia vom 14. September 1902 veröffentlicht wurde (es wurde mit einigen Änderungen im Artikel der New York Times vom 11. November 1906 nachgedruckt): „John Luther Long, ein origineller und mutiger Romanautor, schrieb Madame Butterfly, welche David Belasco, ein Arrangeuer französischer Theaterstücke (der [Simon und Bertons] Zazà ins Englische übersetzte), für die Bühne adaptierte. Eines Abends, als ich [1900] in London war, ging ich zufällig zum Duke of York’s Theatre und sah dort Madame Butterfly. Diese unvergleichliche Künstlerin, das wunderschöne Wesen, Miss Evelyn Millard, spielte darin mit. Ich war sofort mit Herz und Seele ergriffen. Ich kehrte immer wieder zurück und schleppte auch meine Freunde [die Komponisten Luigi Denza, Paolo] Tosti und andere mit, die bald genauso begeistert waren wie ich. Das war das Libretto für mich. Obwohl ich Englisch nicht sehr gut verstehe, habe ich genug verstanden. Davon wollte Giulio Ricordi nichts wissen, und auch Giacosa war dieser Meinung. Aber ich bestand darauf. Jetzt, wo sie auch so verliebt in Madame Butterfly sind, bin ich fast neidisch darauf.“

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Puccini und seine Librettisten Illica und Giacosa waren auch mit Pierre Lotis Roman Madame Chrysanthème (1887) vertraut, der Quelle für André Messagers einst populäre gleichnamige Oper (1893). Der Loti-Roman beeinflusste Illicas orientalisches Libretto für Mascagnis Iris (1898) und Teile von Madama Butterfly. Puccini integrierte authentische japanische Musik in die gesamte Oper. Er kannte auch die von den deutschen Musikethnologen und Komponisten Georg Capellen und Rudolf Dittrich für diese japanischen Melodien realisierten Arrangements und Begleitungen. Puccini hatte die Gelegenheit, die erste japanische Kabuki-Theatergruppe zu sehen, die durch Europa tourte, die Kaiserliche Japanische Theatergesellschaft unter der Leitung von Otojiro Kawakame und der Schauspielerin Sada Yacco, deren Meisterleistungen in The Geisha und The Cavalier von 1902 auf dem Kontinent das Gespräch waren.

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Puccinis „Madama Butterfly“: Und selbst Cary Grant nahm an einer Verfilmung des Stoffes 1932 teil/Wikipedia

Die Kurzgeschichte von John Luther Long mit dem Titel Madame Butterfly wurde erstmals 1898 im Century Magazine veröffentlicht. Das gleichnamige Stück, das in Zusammenarbeit mit David Belasco geschrieben wurde, erlebte seine Erstaufführung am 5. März 1900 in New York City am Herald Square Theatre. Die Japan Times and Mail vom 15. März 1931 stellte klar, dass die Quelle für John Luther Long und David Belascos interrassische Tragödie auf einem Teehausmädchens namens O-Cho (Butterfly/Schmetterling) oder Cho-San basierte, das von einen amerikanischen Marineoffizier verlassen wurde:

Am 27. Dezember 1903 um 23.10 Uhr unterzeichnete Puccini zu Hause in Torre del Lago das „fertige“ Manuskript von Madama Butterfly. „Es ist nicht schlecht“, schrieb er an Carlo Clausetti in Neapel. „Wir werden sehen.“ Wenn der Opernfreund das nächste Mal Gelegenheit haben, einer Produktion von Madama Butterfly beizuwohnen, und diese im zweiten Akt ihr Spiegelbild anstarrt und singt „non son più quella“ („Ich bin nicht mehr dieselbe“), verstehen er womöglich besser, was das auch für Puccini bedeutete.