Zuwachs im Counter-Regal

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Der holländische Countertenor Oscar Verhaar hat bei Challenge acht Arien aus Oratorien von Georg Friedrich Händel aufgenommen. Die CD entstand im April und Mai 2023 im holländischen Baarn und erschien unter dem Titel „Freedom“ (CC72973). Die „Freiheit“ sieht der Sänger als Leitmotiv in all diesen Kompositionen aus sieben Oratorien, welche von Gefangenschaft, Unterdrückung, Widerstand und eben Freiheit handeln und einen chronologischen Bogen spannen von Deborah (1733) bis zu Jephta (1751). Der Sänger wird inspirierend und engagiert begleitet vom Ensemble La Sfera Armoniosa unter Leitung von Mike Fentross, das in zwei orchestralen Beiträgen (Ouverture zu Susanna und der Symphony aus Joseph and his Brethren) auch seine musikantischen Qualitäten zeigen kann.

Als Konzertsänger ist Verhaar kein Unbekannter, doch ist diese Veröffentlichung seine Debüt-CD. Die Stimme klingt leicht und weich, sein Gesang ist kultiviert, doch mangelt es ihm an einem spezifischen Timbre und an Attacke für die heroischen Arien. Am Beginn steht Baraks lebhafte Arie „All Danger disdaining“ aus Deborah, in der die Stimme nicht genügend fokussiert klingt, gefolgt von Micahs Arie „Return, o God of Hosts“ aus Samson, einem von Händels erfolgreichsten Oratorien. In den schwebenden Tönen dieser getragenen Komposition kommt Verhaars Stimme vorteilhafter Wirkung. Die erste Gruppe beschließt die Arie des Titelhelden „Fury, with red-sparkling Eyes“  aus dem 3. Akt von Alexander Balus, eine fulminante Nummer, welche der Sänger erstaunlich bewältigt. Daniels Arie „O sacred Oracles of Truth“ aus dem Belshazzar markiert den Mittelteil des Programms. Auch diese entspricht in ihrer Empfindsamkeit genau dem Naturell des Interpreten.

Am Schluss stehen drei Arien aus bedeutenden späten Schöpfungen des Komponisten, beginnend mit der Arie des Titelhelden  „Be firm, my soul“ aus Joseph and his Brethren.  Nach einer langen, grüblerischen Einleitung erklingt Josephs klagende Stimme, wiederum wie geschaffen für das Organ des Sängers, wie auch die Arie des David „O Lord, whose Mercies numberless“ aus Saul in reiner Streicherbegleitung und dem sanften Melos. Die Arie des Hamor „Up the dreadful Steep ascending“ aus Jephta setzt den kontrastierenden Schlusspunkt, denn hier besingt der Soldat Hamor mit Jubeltönen die bevorstehende Hochzeit mit Jephtas Tochter Iphis. Bernd Hoppe