Archiv für den Monat: Dezember 2017

Keiner schlafe…

 

Wer die beiden dickleibigen Bände von Christian Merlin zum 175. Geburtstag der Wiener Philharmoniker durchpflügt hat, meint vielleicht, bereits alles über den berühmten Klangkörper zu wissen, was wissenswert ist. Aber  Christoph Wagner-Trenkwitz gelingt es mit seinem quantitativ weit unterlegenen Das Orchester, das niemals schläft doch noch, qualitativ eine ganz andere, aber nicht weniger beachtenswerte Saite anzuschlagen. Er erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit oder tiefgründige Wissenschaftlichkeit, sondern den, den Leser zu unterhalten, wohl auch zu informieren, aber auf eher unprätentiöse, ihn nie überfordernde Weise, denn der „Einsteiger“ ist als Leser erwünscht. Bereits der Titel bereitet darauf vor, dass Anekdotisches eine bedeutende Rolle spielen wird, und im Vorwort bekennt sich der Orchestervorstand ausdrücklich dazu, sorgt auch für einen Lacher, wenn er politisch hoch korrekt von den „Komponistinnen und Komponisten“, die den Wienern verbunden waren, spricht. Der ehemalige Bundespräsident Heinz Fischer wird historisch, wenn er im Grußwort das Orchester mit Karl V., indessen Reich die Sonne nie unterging, vergleicht.

Sehr anschaulich beginnt Wagner-Trenkwitz mit einem „Rundgang“ durch Wien zu den Stätten, die für die Philharmoniker bedeutsam waren, zu den Sternen, die für berühmte Musiker in das Trottoir eingelassen worden sind und nimmt sich dann das Gründungsjahr 1842 vor mit all den Ereignissen, die „sonst noch“ passierten.

Man merkt dem Autor immer wieder die starke Identifizierung mit den Wienern an, nicht nur, wenn er von „unserem Orchester“ spricht, wenn er begeistert das Goldene Zeitalter, das mit dem Bau des Hauses für den Musikverein begann, preist. Immer wieder lockern Anekdoten den Text auf, und bemerkenswert ist das enge Verhältnis, das der Verfasser zu seinem Leser aufzubauen vermag, der einbezogen wird in die Bewunderung für den einmaligen Klangkörper.

Zwar geht Wagner-Trenkwitz in der ersten Hälfte seines Buches weitgehend chronologisch vor, findet aber zunehmend zu einer thematischen Gliederung , so wenn er über das Recht des Orchesters, über die Aufführung neuer Werk zu entscheiden, oder über das schillernde Verhältnis der Juden zum Komponisten Gustav Mahler schreibt. Dass Dirigenten auch nur Menschen sind, erfährt man im Kapitel über die „Last der Geschichte und Aufbruch in eine neue Zeit“, so in einem bösen Brief Bruno Walters über Furtwängler oder  (das las man neulich in einem bösen Buch ganz anders) über Knas Gegnerschaft gegenüber den Nazis. Natürlich versagt es sich der Autor nicht, die skandalöse Geschichte um Baldur von Schirachs Ehrenring zu berichten oder die Feindschaft zwischen Karajan und Furtwängler. Ausführlich wird auf das Schicksal der nichtarischen Mitglieder des Orchesters eingegangen und die „Schuldabwehr“ nach 45, die erst mit dem Skandal um Waldheim ein Ende fand.

Nach dem historischen erweist sich der zweite, thematisch gegliederte Teil als ebenso interessant: Klang (an der menschlichen Stimme orientiert) und Tradition als Merkmal des Orchesters, die Rolle des Konzertmeisters, die Wichtigkeit von Kammermusikgruppen innerhalb des Orchesters oder das Wiener Horn, noch aus der Beethovenzeit stammend sowie andere Besonderheiten der Wiener Instrumente. Viele Musikerdynastien lieferten dem Orchester Mitglieder, oft innerhalb einer Instrumentengruppe, eine von vielen sind die Hellmesbergers. Aber auch Mehrfachbegabungen finden sich unter ihnen, so der Komponist Franz Schmidt oder Schriftsteller und Maler.

Eine wichtige Frage ist natürlich die, „wie man zu den Philharmonikern kommt“ (nicht nur durch Üben, wie die Anekdote meint). Die Organisation von Staatsopernorchester und Philharmonikern, der Einzug der Frauen ins Orchester, die Jugendarbeit, Tourneen sind weitere Stichpunkte, dazu kommen die Kurzportraits der wichtigsten Dirigenten, allen voran Böhm, Karajan und Bernstein. Natürlich darf das Neujahrskonzert als Institution, wenn auch nazistisch kontaminiert, nicht fehlen, was auf das Sommernachtskonzert und den Philharmonikerball, ab 2011 auch den Opernball, nicht zutrifft. Das Verdienst des Buches ist es, sehr viel über die Wiener Philharmoniker auf relativ knappem Raum in unterhaltsamer Art und Weise zu vermitteln  (Amathea Verlag Wien ISBN 978 3 99050 095 8). Ingrid Wanja

Wisset ihr noch?

 

Wer sich mit Richard Wagner beschäftigt, wer wissen will, wie dessen Opern einst gesungen wurden – der kommt an diesem Ring nicht vorbei. Wie ein Felsen schiebt er sich dem neugierig Suchenden in den Weg. Als ein produktives Hindernis! Die Rede ist von der Aufnahme der RAI, der Radiotelevisione Italiana, die im Spätherbst 1953 in Rom entstand. Ich komme davon nicht los. Während das Rheingold am 26. Oktober gegeben wurde, gelangten die insgesamt neun Aufzüge der folgenden Teile jeweils gesondert vor Publikum zur Aufführung. Ins Finale ging das Projekt am 27. November. Der Beifall am Schluss setzte stürmisch ein. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil bestand darin, dass sich die Sänger, das Orchester und der Dirigent Wilhelm Furtwängler nicht zu schonen brauchten. In der Götterdämmerung – um ein Beispiel zu nennen – hatte Martha Mödl als Brünnhilde während des kräftezehrenden Anfangs nicht den strapaziösen Schlussgesang im Nacken, der dazu mahnt, mit den Kräften hauszuhalten. Nachteilig machte sich bemerkbar, dass die Werke in ihre Einzelteile zerfielen. Um Szene und Aktionen beraubt, klingt der Mitschnitt gelegentlich etwas steril und trocken.

Im Vergleich mit anderen RAI-Produktionen spielte das Orchester auf sehr hohem Niveau. Das ist nicht allein Furtwänglers Verdienst. Für ihn wurde ein ganz besonderes Orchester mit den geeignetsten Musikern aus allen RAI-Klangkörpern zusammengestellt. Deshalb fehlt auf der Besetzungsliste – wie sonst üblich – der ausdrückliche Hinweis auf eine ganz bestimmte Radio-Station. Ein Jahr später begann Furtwängler in Wien mit der Walküre seine geplante Gesamtaufnahme der Tetralogie für die EMI. Als Generalprobe kam die italienische Aufführungsserie gerade recht. Die Mödl sang hier wie dort die Brünnhilde, Ferdinand Frantz den Wotan, Gottlob Frick beide Male den Hunding. Mehr kam nicht zustande, weil der Dirigent wenige Wochen später im Alter von nur achtundsechzig Jahren starb. Seither gab es intensive Bemühungen der EMI, der Furtwängler-Gesellschaft und der Witwe des Dirigenten, Elisabeth Furtwängler, die Lücke mit der Veröffentlichung der italienischen Rundfunkproduktion zu schließen.

Fast zwanzig Jahre sollten sich die Verhandlungen hinziehen. Um die Gründe „warum nicht“ ranken sich vielerlei Gerüchte. So soll Elsa Cavelti, Fricka und Grimgerde in der Walküre, nur unter der Bedingung in eine Veröffentlichung eingewilligt haben, dass sie ihre eigene Liederplatte bekommt. Was zähneknirschend geschah (die LP war nur kurz auf dem Markt). Rita Streich, die den Waldvogel sang, und Josef Greindl, der als Fasolt, Fafner und Hagen mit dabei war, wird nachgesagt, angeblich zu hohe Honorare gefordert zu haben.

Aber schließlich war es 1972 so weit. Der RAI-Ring lag endlich auf achtzehn Langspielplatten vor. Wohl verpackt in einer hübschen Box, die viel hermachte. Verspielt war allerdings die Exklusivität des Ereignisses eine ersten kompletten Ringes. Inzwischen hatten Georg Solti und Herbert von Karajan mit ihren attraktiveren Stereoaufnahmen den Markt besetzt. Von den Bayreuther Nachkriegsfestspielen tauchten mehr und mehr atemberaubenden Mitschnitte auf. Es sollte allerdings noch einige Jahre vergehen, bis der bei Myto auf CD gepresste Beleg vorlag, dass nicht Furtwängler den ersten Nachkriegs-Ring auf Tonträgern geschmiedet hatte sondern Rudolf Moralt zwischen 1948 und 1949 mit seiner Produktion für die RAVG, die Vorläuferin der ORF, in der ebenfalls Ferdinand Frantz als Wotan und Wanderer sowie die römische Sieglinde Hilde Konetzni in Erscheinung getreten waren.

Auch Moralt führte den Vierteiler konzertant auf und kämpfte mit demselben Problem wie Furtwängler, dass auf dem Podium nicht die dramatische Stimmung aufkommen wollte, von denen die Bayreuther Mitschnitte leben. Das Drama kommt nicht richtig in Gang und tritt manchmal auf der Stelle. Bereits in einem sehr frühen Stadium stellt sich also die Frage nach der Sinnhaftigkeit konzertanter Opernaufführung. Im Vergleich mit echten Studioeinspielungen, bei denen versucht wird, unter idealen Bedingungen alles aus einer Partitur herauszuholen, was möglich und auf der Bühne kaum zu schaffen ist, muss der Konzertsaal zwangsläufig schlechter abschneiden. Dort können missglückte Stellen nicht solange wiederholt werden, bis sie sitzen.

Die EMI ließ der Plattenausgabe 1990 einen Umschnitt auf CD folgen. Technisch gelangte das historische Dokument damit auf die Höhe der Zeit und sah sich zugleich einer übermächtigen Konkurrenz ausgesetzt. Der Markt wurde (und wird) von Ring-Produktionen regelrecht überschwemmt. Zu Karajan und Solti kamen, Haitink, Levine, Sawallisch, Neuhold – und immer wieder Bayreuth, das 1976 mit der spektakulären, von Pierre Boulez musikalisch betreuten Inszenierung des Franzosen Patrice Chéreau einen spektakulären Erfolg landete, der auch von der Industrie erfolgreich ausgeschlachtet wurde. Erstmal kam eine ganzer Ring sogar ins Fernsehen.

Was zunächst zu befürchten war, ist nicht eingetreten. Neue Produktionen haben die alten nicht verdrängt. Der Markt bleibt in Bewegung. Manche Aufnahmen verschwinden wieder, der Furtwänglersche Ring aus Rom ist geblieben. Noch durch die EMI war die erste CD-Auflage durch eine handliche, platzsparende Box ersetzt worden. Nach der Übernahme durch Warner ist sie nun mit dem neuen Logo herausgekommen (50999 9 08161 23). Damit dürfte sich ihre Lebensdauer abermals verlängern. Sammler gewöhnen sich an die ständige Verfügbarkeit. Die Ausstattung ist bescheiden ausgefallen. In der ursprünglichen CD-Ausgabe der EMI wurde einst mehr geboten. Jeder Teil hatte seine eigene Box. Mit Fotos waren die Booklets ausgestattet. Dafür musste im Regal aber auch mehr Platz bereitgehalten werden. Die Neuerscheinung kommt mit weniger als der Hälfte aus. Nicht von der Hand zu weisen ist, dass sich die Sparsamkeit bei der Ausstattung in einem günstigen Preis niederschlägt.

Der „Ring“ in Rom: Audienz der Sänger beim Papst Pius XII. (Magda Gabry, Josef Greindl, Hilde Rössel-Majdan,  Martha Mödl, Sesto Bruscantiini (damaliger Ehemann von Sena Jurinac) und eben diese/ Foto EMI/OBA (Dank an Heiko Cullmann für die Identifizierung!)

Ein Who’s Who des Wagnergesangs der Fünfziger sind die Besetzungslisten. Kein Name, der nicht in einschlägigen Lexika zu finden wäre. Gäbe es im Ring des Nibelungen klassische Nebenrollen, wäre darauf zu wetten, dass auch hinter ihnen prominente Solisten stünden. Italiener sind – bis auf den Chor, der etwas ungelenk agiert, und die Orchestermusiker – am Veranstaltungsort Rom nicht dabei. Alle Sängerinnen und Sänger sind faktisch muttersprachlich oder hatten – wie Sena Jurinac als Woglinde, Gutrune und dritte Norn – Deutsch so verinnerlicht, dass ihre serbokroatische Herkunft sprachlich überhaupt nicht mehr durchschlug. Sie singt akzentfrei. Deutlichkeit gehört zu den Vorzügen dieser Produktion. Schon Wagner hatte sie bei allen sich bietenden Gelegenheiten eingefordert. Insofern ist dieser Ring ein Musterbeispiel. Seine anhaltende Wirkung geht hoffentlich auch darauf zurück. Manchen Sängern der Gegenwart könnte es nicht schaden, die Einspielung zu eigenen Studienzwecken heranzuziehen.

Ludwig Suthaus gilt noch immer als ein Urtyp des deutschen Heldentenors. Er sang beide Siegfriede. Furtwängler dürfte ihn geschätzt haben, sonst wäre er nicht sein Tristan in der berühmten Londoner Studioeinspielung der EMI gewesen. Dabei ist er nicht so ein strahlender, metallischer Kraftprotz wie der fünf Jahre ältere Max Lorenz. Suthaus klingt introvertiert und verschattet. Er kann sich ganz zurücknehmen und die Stimme je nach Bedarf gewaltig aufdrehen. So führt er sich im Siegfried ein. Gefragt nach der seltsamsten Wagner-Szene, würde ich ohne Zögern jene Szene nennen, in der Siegfried mit einem Bär im Schlepptau in Mimes Höhle stürmt. Furtwängler nimmt das Orchester ganz zurück. Nicht nur einmal steht zu befürchten, dass die Zeit stehenbleibt. So träge fließt die Musik. Alles verdichtet sich zum Kammerspiel. Wird später Karajan auch als der Erfinder der kammermusikalischen Struktur im Ring gerühmt werden, so hat er zumindest einen Vorläufer: seinen Widersacher Furtwängler. Während bei Karajan auch formale Aspekte und der Wille, es ganz anders zu machen, bestimmend gewesen sein könnten, lässt sich Furtwängler von inhaltlichen Überlegungen leiten. Jedes Wort und jede Note liegen auf der Goldwaage. Siegfrieds Herkunft und die Geschichte des Schwertes werden vor diesem fragilen musikalischen Netzwerk haargenau singend berichtet. Was heutzutage in übersteigerter Aktion und ungenauem Gesang oft untergeht: Hier wird es offenbar. Spannend wie in einem Krimi. Der gesamte erste Aufzug ist höchst informationsträchtig – sowohl retrospektiv als auch nach vorn weisend. Wer hier nichts versteht, bekommt vom ganzen Ring allenfalls die Hälfte mit. Oft genug zugehört, wird deutlich, warum die Wahl auf den gewöhnungsbedürftigen Julius Patzak für den geschwätzigen Mime fiel. Der kann genau und pointiert singen und überschlägt sich nicht in akrobatischen Verrenkungen wie Gerhard Stolze, einer seiner Nachfolger in der Partie. Patzak kommt von innen, nicht von außen. Sein Zwerg ist alt und müde. Er ist auch deshalb so gemein, weil er nicht mehr kann, weil er sich aufgebraucht hat und ausgelaugt ist in seinem irrwitzigen Wahn, Macht über die Welt zu erringen. Sein Plan geht nicht auf. Er ist gescheitert. Während im Rheingold Gustav Neidlinger wirkungsmächtig seinen Anspruch auf die Rolle seines Lebens, den Alberich, erhebt, fällt diese Aufgabe in Siegfried und Götterdämmerung Alois Pernestorfer zu, der nicht annährend die dämonische Kraft seines Kollegen entfesseln kann. Fiesling vom Dienst ist der schon erwähnte Josef Greindl. In der Mannen-Szene in der Götterdämmerung öffnet er als Hagen sein stimmliches Reservoir wie Schleusen.

In Verehrung einander zugetan: Wilhelm Furtwängler und Martha Mödl – hier hinter der Szene beim „Parsifal“ an der Mailänder Scala 1950/ Foto Scala/Mödl/ OBA

Die Mödl, unverkennbar in der Majestät ihres dunklen Soprans lässt mich neuerdings nicht nur hingerissen und begeistert zurück. Sie ist dann besonders gut, wenn sie nicht auf sich allein gestellt ist. Als Bühnentier braucht sie das Gegenüber, um sich voll entfalten zu können. So wie im Finale der Walküre, beim Schwur auf der Burg der Gibichungen oder in der große Szene mit Waltraute, die von Margarete Klose bedrückend gestaltet wird. Deren große Erzählung könnte dreimal so lang sein, ohne langweilig zu werden. In ihrer Ausdeutung gerinnen die vielen Zeilen und Noten zu einem Moment. Als Wotan und Wanderer hinterlässt Ferdinand Frantz einen würdigen Eindruck, bleibt dabei aber etwas eindimensional. Nicht, dass er alles gleich sänge. Eine Neigung in diese Richtung gibt es schon. Mir ist er etwas zu gütig, zu unbestimmt. Wotans zwiespältiger, machtbesessener Charakter könnte stärker herausgearbeitet sein. Mit seiner stimmlichen Zuverlässigkeit ist er die Säule des ganzen Unternehmens. Furtwängler hatte ihn schon in seiner Bühnenaufführung in der Mailänder Scala eingesetzt. Auch in der Studioaufnahmen der Walküre singt er den Wotan – bei Moralt ebenfalls.

Die ebenfalls schon genannte Sena Jurinac ist einer besonderen Würdigung wert, indem sie ihr Publikum davon überzeugt, dass die Gutrune keine undankbare Aufgabe ist. Nach dem Trauermarsch in der Götterdämmerung schlägt ihre Stunde. Wie sie ängstlich und unruhig umherirrt und das drohende Unheil heraufziehen sieht, ist kaum je so anrührend auf Tonträger gelangt. Die kleine, dichte Szene wird – von Furtwängler höchst sensibel begleitet – zum Drama im Drama. Der Dirigent ist immer im richtigen Moment zur Stelle. Natürlich kann er Gewalten entfesseln, Spannungen aufbauen. Er legt seine legendären Pausen ein, in denen nicht nur das Publikum, sondern auch er selbst den Atem anhält. Ganz typisch für ihn ist der etwas unbestimmte, dafür aber umso aufregendere Beginn der Walküre.

Dazu fällt mir eine Anekdote ein. Orchestermusiker hatte ihn einst bei einer Probe gebeten, doch den Auftakt bitte deutlicher zu schlagen, sie wüssten sonst nicht, wann sie einzusetzen hätten. Darauf soll Furtwängler geantwortet haben: „Je undeutlicher, desto besser“ (Foto oben: Herkules/ Capitolinisches Museum Rom/ Foto Winter). Rüdiger Winter

Cristina Pasaroiu

 

Die junge Rumänin Cristina Pasaroiu stand bereits in großen Primadonnarollen wie der Violetta oder der Adriana Lecouvreur auf den großen internationalen Bühnen. Zur Zeit (im November/ Dezember 2017) ist sie in der Titelpartie von Massenets Manon am Staatstheater Wiesbaden zu erleben. Eine Traumpartie für sie, die sie wegen eines Unfalls in der Probenphase, bei dem sie sich den Fuß gebrochen hatte, fast absagen musste. Wie sie es trotzdem geschafft hat, die Produktion zu singen, warum sie das französische Fach so liebt und welche neuen Rollen in Zukunft auf dem Programm stehen, sagt sie im Interview mit Dieter Schaffensberger.

 

Ende Oktober konnten Sie einen enormen Erfolg in der Titelpartie von Massenets Manon in einer Neuproduktion am Staatstheater Wiesbaden feiern. Während der Probenphase brachen Sie sich den Fuß. Wie haben Sie es trotzdem geschafft, diese anspruchsvolle Rolle, die ja auch viel Körpereinsatz erfordert, szenisch zu bewältigen?  In der zweiten Probenwoche habe ich mir den Fuß gebrochen und musste operiert werden. Ich war geschockt, als ich hörte, dass ich für sechs Wochen einen Gips tragen sollte. Mein erster Gedanke war: Mein Debut als Manon kann ich wohl vergessen. Nach dem ersten Schock sagte ich zu meinem Arzt, dass ich keinen Gips tragen kann, da ich in einer Stunde auf der Bühne bei den Proben sein muss. Nach einigen Überlegungen bekam ich eine Schiene, die meinen Fuß stabil hielt. Aber gehen ohne Krücken war nicht möglich. Also fuhr ich direkt nach der Operation in Vollnarkose mit dem Taxi ins Stadttheater zu den Proben. Ich saß seitlich in der Loge und habe von da aus die Proben absolviert. Eigentlich dachten alle, dass ich das nicht schaffen würde. Aber ich hatte den absoluten Willen, die bereits gut einstudierte Rolle der Manon auch zu singen. Eine Regieassistentin hat die Rolle auf der Bühne für mich dargestellt und ich saß seitlich und habe gesungen. Also begann ich wieder zu hoffen und war zuversichtlich, bis zur Premiere wieder fit zu sein.

Cristina Pasaroiu/ Foto Patrick Hänggi

Ich glaube, dass ich durch meine Mimik, mein Gefühl und die Ehrlichkeit überzeugen konnte. Bei den Einführungen haben die Leute sogar geglaubt, dass die Inszenierung so gedacht ist, dass Manon die Rolle in der Loge sitzend darstellt. Mein Dank gilt dem Intendanten Uwe Laufenberg, der mich in dieser Spielzeit engagiert und die Rolle für mich angesetzt und mich sehr unterstützt hat. Darüber hinaus möchte ich besonders dem genialen Regisseur Bernd Mottl danken, der mir sofort nach dem Unfall versicherte, mich in allen Belangen zu unterstützen, damit ich diese Rolle singen kann und die Premiere schaffe. Er hatte in den ersten Wochen gemerkt, dass ich eine wahrhaftige Schauspielerin bin und hat vollends an meine Kraft und Begabung geglaubt. Er hat mit mir geweint, gelacht, mitgelitten, aber vor allem an mich geglaubt. Medizinisch war ich gut versorgt und in der letzten Probenwoche stand ich in einem speziell für mich angefertigten Schuh auf der Bühne, sodass ich als Manon akzeptabel ausgesehen habe. Ich erinnere mich gut daran, wie sehr meine Beine gezittert haben. Ich wusste gar nicht, worauf ich mich zuerst konzentrieren sollte: die Musik, auf den Text, die Interpretation, das Kostüm, die Haltung oder wie ich den nächsten Schritt mache. Ich musste alles planen und der Regie anpassen. Vielleicht hat mir die Musik und das Publikum jene Kraft gegeben… Das alles war letztendlich nur durch unendlichen Willen, Konzentration und Disziplin möglich.

Welche stimmlichen Herausforderungen birgt die Rolle?  Die Rolle und Persönlichkeit der Manon ist sehr komplex. Mir liegt die französische Sprache sehr. Auch, weil ich sie jahrelang studiert habe. Daher ist es  für mich nicht schwer, sowohl die Gefühle als auch die Interpretation aufzugreifen und in der Rolle umzusetzen. Manon ist während der gesamten Oper auf der Bühne präsent. Insgesamt hat sie fünf Arien und etliche Duette sowie die Beteiligung am Ensemble. Die Leichtigkeit im ersten Akt, Koloraturen bis zum hohen E, viele Sprünge, Nuancen, Piani, Farben und dann die Dramatik im vierten und fünften Akt. Um von den tiefsten Tönen bis zu den höchsten Akzenten, die langen Phrasierungen und Legati zu schaffen, benötigt man eine gute Technik.

Wie würden Sie Ihre Manon beschreiben?  Manon, ein kleines Mädchen, schüchtern und unerfahren, jedoch steckt viel Persönlichkeit in ihr und Neugier und Mut. Sie wird erwachsen und erfährt Höhenflüge und totalen Absturz. Sie schwankt zwischen wahrer Liebe und Luxus, zwischen Leidenschaft und Sicherheit. Es gilt, Pathos zu vermeiden und stattdessen moderne Psychologie zu bringen und bei aller Tragik auch Humor und Leichtigkeit zu zeigen. Also kein Opernklischee, sondern eine aktuelle Figur.

Cristina Pasaroiu/ Foto Patrick Hänggi

Was können Sie uns über Bernd Mottls Wiesbadener Inszenierung sagen? Das ist einfach. Bernd Mottl ist ein wunderbarer Regisseur und Mensch. Mit viel Energie und Weisheit hat er genau gewusst, wie er meine Persönlichkeit und meine Gefühle für Manon erwecken kann. Wir haben mit viel Ehrlichkeit und emotionaler Zuneigung gearbeitet. Er hat es meisterlich geschafft, mein Handicap mit großer Kunst zu verbergen. Meine „sexy“ Stiefel in der Bettszene wird niemand vergessen.

Das französische Fach scheint Ihnen besonders gut zu liegen. Gibt es Pläne für weitere Partien in diese Richtung?  Ich empfinde besonders die Intimität der französischen Musik, die melodischen Feinheiten, die Elegance und das Gefühl für Dramatik. Ich habe ein Diplom in Französich, lebe gerne an der Cote D´Azur und liebe die französische Kultur. Deswegen kann ich das französische Fach auch gut verstehen und es passt wie ein Handschuh perfekt zu mir. Ich könnte mir gut vorstellen, wieder Leila in Les pecheurs des perles, Rachel in La Juive, Valentine in Les Huguenots zu singen. Micaela in Carmen wird in Zukunft oft auf dem Programm stehen, unter anderem an der Bayerischen Staatsoper sowie in Asien.

Es fällt auf, dass Ihr Repertoire sehr vielfältig ist. Sie singen sowohl Partien für lyrischen Sopran als auch Koloraturpartien und Rollen des Verismo wie zum Beispiel Adriana Lecouvreur. Wie würden Sie selbst Ihre Stimme beschreiben und wo fühlen Sie sich am wohlsten?  Ich habe von Natur aus eine dunkle Stimmfarbe. Bereits mit zwölf Jahren habe ich bei Lipatti Gesangsunterricht genommen und damit eine große Stimme und einen großen Ambitus (Stimmumfang) erreicht. Durch Technikübungen habe ich auch meine Koloraturen perfektioniert, aber die Dramatik lag mir schon im Blut. Da ich dieses besondere schattierte Timbre und darüber hinaus auch schauspielerische Persönlichkeit besitze, wurden mir sehr früh auch die Partien in Adriana Lecouvreur, La Rondine oder die Desdemona in Otello angeboten. Ich habe nie übertrieben, aber alles mit meiner Stimme gemacht – nicht mehr aber auch nicht weniger.

Cristina Pasaroiu/ Foto Patrick Hänggi

Viele sprechen von Partien, die zu früh gesungen werden. Durch meine Erfahrung bin ich allerdings davon überzeugt, dass man kann alles machen, wenn man nicht vergisst, einfach man selbst zu bleiben und zu fühlen, wo die Grenzen sind. Ich fühle mich wohl bei Sopranpartien wie Fiordiligi oder Contessa von Mozart bis zu frühem Verdi oder Puccini. Sicher liegen mir am Herzen Gounod, Bizet, Massenet oder Meyerbeer. Auf jeden Fall ist es mir wichtig, mich in den Rollen zu vergessen und in der Kunst zu verlieren.

Im Sommer haben Sie in einer spektakulären Carmen auf der Seebühne der Bregenzer Festspiele die Micaela gesungen. Es ist eine faszinierende Erfahrung, auf der größten Seebühne Europas zu singen. In der wunderschönen Inszenierung von Kaspar Holten sang ich in einer Höhe von 53 Metern die Micaela. Ich fand jeden Abend spannend und das Adrenalin stieg, als ich aus dieser Höhe die 7000 Besucher und den Mond betrachtete. Die Natur und die Atmosphäre ist sehr inspirierend, aber man muss auch sagen, dass man dafür auch eine gute physische Konstitution benötigt. Bei Open Air Veranstaltungen singt man bei jedem Wetter – ob es nun heiß oder kalt ist, oder aber auch mitunter heftig regnet. Ich freue mich jedoch bereits wieder auf den nächsten Sommer, wenn ich wieder die Micaela in Bregenz interpretieren werde.

Eine weitere wichtige Rolle in Ihrem Repertoire ist die Traviata, die Sie bereits oft auf der ganzen Welt gesungen haben… Traviata ist der Manon ähnlich – um sie zu interpretieren, ist ebenso von Koloratur bis Dramatik alles notwendig. Um diese Figur glaubhaft darzustellen, muss man sich selbst entdecken, um die Rolle mit Originalität zu erschaffen.

Wir haben gehört, dass bald auch eine Barockpartie auf Ihrem Kalender steht…  Ja, endlich eine Barockoper. Alcina von Händel wird meine erste sein. Eine andere faszinierende Geschichte und Rolle. Der Stil ist wie Balsam für die Stimme und Seele. Man kann durch Feinheiten, Verzierungen und dem besonderen Barockklang eine andere Welt in sich öffnen und ich bin bereit dafür.

 

Cristina Pasaroiu/ Foto Patrick Hänggi

Zu Ihrem Werdegang – wo genau haben Sie studiert und wer waren Ihre wichtigsten Lehrer?  Ich habe in meiner Heimatstadt Bukarest angefangen zu studieren. Meine erste Professorin war die Koloratursopranistin Silvia Voinea, die mich eine sehr gute Basis in Atemtechnik, Phrasierung und messa di voce gelehrt hat. Danach habe ich am Conservatorio Giuseppe Verdi in Mailand mit Prof. Vittorio Terranova studiert. Mit ihm habe ich Belcanto und das italienische Fach studiert. Danach studierte ich in Wien an der Universität für Musik und darstellende Kunst. Nicht zuletzt waren es meine beiden Mentoren Dolora Zajick und Jaime Aragall, die mir den letzten Schliff verpasst haben, mit mir an Interpretation gearbeitet und mir ihre „Geheimnisse“ verraten haben, wofür ich ihnen sehr dankbar bin.

Welche neue Rollen stehen auf Ihrer Wunschliste? In welche Richtung wird sich Ihr Repertoire entwickeln?   Ich habe viele Träume – von Händels Cleopatra bis zu Donizettis Königinnen oder Luisa Miller von Verdi, aber auch die drei Figuren in Les Contes d´Hoffmann  sowie Juliette, Thais oder auch Guillaume Tell von Rossini. Ich will beim lyrischen Repertoire bleiben und vielleicht geht in einigen Jahren auch mein Traum von Tosca oder Trovatore in Erfüllung.

 

Cucumber Sandwiches

 

Es ist wie mit den Gurkensandwiches beim britischen Afternoon Tea. So richtig satt machen sie nicht. Auch nicht die Lieder, genauer Songs, von Arthur Benjamin und Edgar Bainton, die Naxos als World Premiere Recordings auf einer CD vorstellt (8.571377). Da gehören einfach noch ein paar gehaltvollere Scones oder kleinere Pies dazu. Auf keinen Fall Muffins. Gut vierzig Lieder auf eine Gesamtspielzeit von 80 Minuten verteilt, bedeutet nur mehr oder weniger als eine Minute für viele der Songs. Kleine Episoden, gefällige Wendungen, die die Konversation nicht stören. Alle stammen aus den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, als die beiden Komponisten, deren Leben interessanterweise in gegenläufiger Richtung verlief, einen ersten Höhepunkt ihres Schaffens erreichten.

Arthur Benjamin/ youtube

Benjamin (1893-1960) wurde in Sydney geboren, in London ausgebildet, unterrichtete am Konservatorium seiner Geburtsstadt und kehrte 1921 endgültig nach London zurück, das er nur während des Zweiten Weltkriegs für einen Aufenthalt in Vancouver verließ. Nach einer gediegenen Ausbildung hielt sich der in London geborene Edgar Bainton (1880-1956) gerade in Deutschland auf, wo er die Bayreuther Festspiele besuchen wollte, als der Erste Weltkrieg ausbrach. Bainton wurde inhaftiert und kümmerte sich während seiner vier Jahre im Lager von Ruhleben um das Musikleben, kehrte nach England zurück, hielt sich dann in Kanada, Indien und Australien auf, wo er sich 1934 niederließ und als Pädagoge am Konservatorium in Sydney und als Dirigent des späteren Sydney Symphony Orchestra wertvolle Aufbauarbeit leistete.

Edgar Bainton/ youtube

Benjamins erstes Lied Man and Woman stammt aus dem Jahr 1918 und gibt seine Gefühle angesichts seiner ersten romantischen Beziehung zu einer Frau wieder, „a one-off experience that was never to be repeated“, wie die Pianistin Wendy Hiscocks lakonisch im Beiheft bemerkt. Die letzten Lieder, in denen er auf wirkungsvolle Weise die Rhythmik jamaikanische Melodien aufgriff, entstanden in den späteren 1940er Jahren. Den Großteil jedoch komponierte er in den 20er Jahren in seinem Haus in einem Dorf in Surrey: friedvolle, liebliche Lieder, die so leicht in die Ohren gehen wie man sie wieder vergessen hat. Die Mezzosopranistin Susan Bickley gestaltet sie mit Temperament und griffigem Stimmeinsatz, Christopher Gillett verfügt über einen schmalen, reifen Charaktertenor typisch britischer Prägung, an dessen Klang man sich erst gewöhnen muss.

Aus der selben Periode, zwischen 1912 und 1938, stammt der Großteil von Baintons Liedern, dazu gehören die frühe Lullaby (1912) für seine Töchter, das von der Gefangenschaft gezeichnete Twiglight (1918), die Ben Jonson-Vertonung Slow, Slow, Fresh (1920), die am ehesten als einer seiner Hits gelten könnte, sowie die schöne James Joyce-Vertonung mit dem poetischen Zeilen Strings in the Earth (Saiten in der Erde).   Das passt zu dem Landsitz in Somerset, wo die Aufnahme im März dieses Jahres (2017) entstand. Rolf Fath

Folter aller Foltern

 

„La libertà?“ flüstert der Gefangene am Ende von Luigi Dallapiccolas Oper Il Prigioniero. Nein. Hoffnung gibt es für ihn keine mehr. Der Lichtstreif, dem er folgte und der ihm die Freiheit verhieß, erweist sich als trügerisch. Er läuft geradewegs dem Großinquisitor, in dem er seinen Kerkermeister erkennt, in die Arme. Die erste auf einer Zwölftonreihe fußende italienische Oper – großen und prägenden Eindruck hatte auf Dallapiccola die von Schönberg geleitete Aufführung seines Pierrot lunaire 1924 in Florenz gemacht, der auch Puccini beiwohnte, welcher dem Komponisten bekanntlich zum Werk gratulierte – ist ein eindrucksvolles Stück, das 1950 in Florenz szenisch uraufgeführt wurde und nach einer ersten Serie in den 1960/70er Jahren zur Zeit wieder häufiger anzutreffen ist. So auch in Graz, wo im März 2017 dieser sehr willkommene Mitschnitt entstand (Oehms Classics OC 970). Graz spielte im Leben des jungen Dallapiccola (1904-75) übrigens eine wichtige Rolle, da die aus Istrien stammende „politisch unzuverlässig“ geltende Familie 1917 dorthin ziehen musste. Luigi Dallapiccola empfindet die Demütigungen als Heimatloser, erlebt im Opernhaus aber auch seine musikalische Initiation. Eine Aufführung des Fliegenden Holländer soll für ihn den Ausschlag gegeben haben, Komponist zu werden. Nach dem Krieg zieht es ihn nach Florenz, dem künftigen Zentrum seines Schaffens und Wirkens.

Auf den Stoff zu Il Prigioniero, die Erzählung Tortur durch Hoffnung von Villiers de l’Isle-Adam, war Dallapiccola bereits 1939 gestoßen. Zwischen den Canti di Prigionia 1941 und den Canti di Liberazione 1955 formte er, unter Einbeziehung einer Episode aus Charles de Costers Ulenspiegel-Roman, ein Bild der schlimmsten Folter. Im Moment der scheinbaren Befreiung muss der Gefangene angesichts des Scheiterhaufens erkennen, dass er betrogen ward: „Die Hoffnung … als die letzte Folter von allen Folterqualen die grässlichste“. Fast ein wenig konventionell, doch nicht unpassend, in der Manier des frühen Menotti, mutet der Prolog an. Die Mutter besucht ihren Sohn, ahnend, dass es zum letzten Mal sein wird, und berichtet von Philipp II., der sich in ihren Träumen in den Tod verwandelt. Aile Asszonyi formt den 7minütigen Auftritt zu einer glühenden Anklage, in der Dallapiccola die große Klage- und Klanggeste der italienischen Oper nicht verleugnet. Überhaupt klingt in Dallapiccolas Kurzoper (47:31) das Komplizierteste immer singbar, auf dass die Botschaft der Humanität gehört werde. Die Gesänge der Priester, die falschen Beschwörungen des von Manuel von Senden mit tückischer Tenorgefälligkeit gesungenen Großinquisitor, die sanften Floskeln der Priester, die von Markus Butter mit Inbrunst gestalteten Bekenntnisse und Visionen des Gefangenen und die Gebete und sakralen Zitate verdichtet Dirk Kaftan mit dem Grazer Philharmonischen Orchester zu einem beklemmenden, gleichwohl scharf ausdifferenzierten, ebenso wuchtigen wie klangreichen Bild, das Dallapiccolas großartiger Konstruktion gerecht wird (Oehms Classics OCE 970). Rolf Fath