Archiv für den Monat: August 2014

Cristina Deutekom

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Dazu schreibt Wikipedia: Cristina Deutekom, also known as Christine Deutekom and Christina Deutekom (28 August 1931 – 7 August 2014) was a Dutch coloratura soprano opera singer. She sang with all the leading tenors of her time, including Carlo Bergonzi, José Carreras, Franco Corelli, Plácido Domingo, Nicolai Gedda, Alfredo Kraus, Luciano Pavarotti, and Richard Tucker.

Deutekom was born in 1931 in Amsterdam as Christine (Stientje) Engel. After some smaller roles, her breakthrough came in 1963, portraying the Queen of the Night in Mozart’s Zauberflöte  at the Dutch National Opera. She then sang the same role at all major European opera houses and also at the Metropolitan Opera in New York in 1968. In 1974 she opened the Met season as Elena in I vespri siciliani alongside Plácido Domingo.

Besides the Queen of the Night, her Mozart roles included Donna Anna in Don Giovanni, Fiordiligi in Così fan tutte and Vitellia in La clemenza di Tito. She sang the great bel canto roles, specifically in Rossini’s Armida, inBellini’s Norma and I puritani, and in Donizetti’s Lucia di Lammermoor. She went on to the great dramatic Verdi roles including Abigaile in Nabucco, Lady Macbeth, Leonora in Il trovatore, Amelia in Un ballo in maschera, and Elena in I vespri siciliani. Other roles which were captured in commercial recordings include Giselda in I Lombardi and Odabella in Attila (alle Philips). Finally, she sang the title role in Puccini’s Turandot. Deutekom’s stage career ended in 1986, when she suffered a heart attack. She turned to giving master classes internationally.

She made a return in November 1996 at the Concertgebouw Operafeest, at the age of 65 singing the Bolero from I vespri siciliani and Anna Elisa’s aria Liebe, du Himmel auf Erden from the operetta Paganini, reportedly „bringing the house down“. As of 2001, she was a guest teacher at the Royal Conservatory of The Hague, but after suffering a stroke in 2004, she retired from public life. She married Jaap Deutekom, a boxer, in 1952 and they had a daughter, Irma Deutekom, in 1955. She died on 7 August 2014 after a fall in her home.

 

Repertoire: Beethoven: Fidelio (Marzelline); Bellini: Bianca e Fernando (Bianca); Cherubini: Médée (Medea); Händel: Alcina (Alcina); Rossini: Mosè in Egitto (Sinaide); Saint-Saëns: Henry VIII (Catherine de Aragon);  Strauss, R: Der Rosenkavalier (Marianne Leitmetzerin);  Verdi: Alzira (Alzira), I masnadieri (Amalia), Rigoletto (Gilda), Simon Boccanegra (Amelia/Maria); Wagner: Götterdämmerung (Woglinde), Das Rheingold (Woglinde), Die Walküre (Walküre)

Honors:  Knight in the order of Orange-Nassau, 1974,  Singer of the year, Milan, 1974; Singer of the year, Milan, 1973; Premio Romeo e Juliet, Verona, 1972; Rigoletto d’Oro, Mantua, 1973 Monteverdi d’Oro, Venice, 1972; Palco Scenico d’Oro, Mantua, 1971; Grand Prix du Disque of the Académie Charles Cros, Paris, 1968;  Arena d’Oro, Verona, 1976

Foto oben: Volksrant.nl

„Halbe Sachen gibt es für mich nicht!“

Im August wird er 72 und steht immer noch als Coach und Tänzer auf der Bühne: Egon Madsen, einer der ganz Großen der internationalen Ballettszene, der mit zu John Crankos Stuttgarter „Ballettwunder“ beigetragen hat. Jetzt hat er auch noch die Sprechbühne für sich entdeckt. Im Theaterhaus Stuttgart tauscht er mit Gitte (Hænning) Love Letters aus.  Mit Hanns-Horst Bauer unterhielt er sich dort über Charisma, positives Denken und das Arbeiten im Alter.

Im Gespräch: Egon Madsen/Foto Hanns-Horst Bauer

Im Gespräch: Egon Madsen/Foto Hanns-Horst Bauer

Herr Madsen, wer Sie beim turbulenten „Celebration“-Flashmob von Gauthier Dance in einem großen Stuttgarter Kaufhaus in Aktion gesehen hat, fragt sich unwillkürlich, wo nimmt der Mann diese umwerfende und mitreißende Power her. In dem Moment, wo es ernst wird, wo der Vorhang aufgeht, da bekomme ich automatisch einen Energieschub, um hundertprozentig auf der Bühne stehen zu können. Halbe Sachen gibt es für mich nicht.

Dieser Energieschub kann aber doch nicht alles sein? Sicher nicht. Ganz entscheidend ist auch, dass ich ein sehr positiv denkender Mensch bin. „Ich bin heute müde“ oder „Ich habe keine Lust“, das gibt es für mich nicht. Ich gebe immer alles, was ich habe, und das mit Spaß und Freude, denn wenn man ein Publikum hat, das einen schätzt und liebt, dann muss man ihm auch etwas zurückgeben.

Im Gespräch: Egon Madsen/Foto Hanns-Horst Bauer

Im Gespräch: Egon Madsen/Foto Hanns-Horst Bauer

Was gibt Ihnen diese Kraft? Woher nehmen Sie Ihre positive Einstellung? Das ist etwas, was ich eigentlich immer schon gehabt habe, das ist mir angeboren. Ich komme aus einer ganz einfachen Schuster-Familie, und wir hatten untereinander immer einen sehr guten Kontakt. Prägend für mich war wohl vor allem meine Mutter, eine kleine rundliche Frau mit viel Witz und Humor, die immer positiv eingestellt war. Dieses Charisma habe ich dann im Verlauf meines Lebens immer weiter entwickelt.

Sie hatten also, den Eindruck gewinnt man, eine glückliche Kindheit und konnten sich frei entfalten. Wie kamen Sie denn zum Tanz? Die Begeisterung dafür hatte ich wohl schon von klein auf. Ich hatte immer das innere Bedürfnis, tanzen müssen. Wenn´s Musik im Radio gab, dann habe ich mich dazu bewegt. In der Schule habe ich zwar im Chor mitgesungen, und das sogar sehr gut, aber hingezogen hat es mich eher zum Theater. Kein Wunder also, dass Freunde meinen Eltern empfohlen haben, diesen Drang zu unterstützen. Deshalb haben sie mich, als ich neun war, in die Ballettschule von Thea Jolles in Aarhus geschickt, wo man festgestellt hat, dass ich sehr talentiert bin. So stand ich mit Zehn bereits auf der Bühne und bin mit dem Kinderballett auch groß auf Tournee gegangen.

Im Gespräch: Egon Madsen/Foto Hanns-Horst Bauer

Im Gespräch: Egon Madsen/Foto Hanns-Horst Bauer

Trotzdem sind Sie später von der Ballettschule des Königlich Dänischen Balletts abgelehnt worden. Wie sind Sie damit, eigentlich erfolgsgewohnt, fertiggeworden? Ich bin immerhin unter die letzten 25 von 250 Bewerbern gekommen. Über die Ablehnung war ich aber eigentlich sehr froh, denn da hat mich bereits  die strenge Aufnahme-Prozedur unheimlich genervt. Die Atmosphäre dort hat mir überhaupt nicht gefallen.

Als Sie gerade mal 18 Jahre alt waren, hat der leider so früh verstorbene John Cranko Sie nach Stuttgart geholt. Wie haben Sie sich da gefühlt? Das war merkwürdig und spannend zugleich, denn Cranko hat mich ohne Vortanzen engagiert. So stand ich plötzlich mit einem Koffer und meinem Teddybär in Stuttgart.

Und waren bereits ein Jahr später Solotänzer beim Stuttgarter Ballett, das Sie zusammen mit Marcia Haydée, Birgit Keil, Richard Cragun und anderen Tänzern ganz entscheidend mitgeprägt und so das legendäre Stuttgarter „Ballettwunder“ bewirkt haben. Was hat es denn mit diesem Wunder auf sich? Ganz entscheidend dafür war sicher die sehr gute, ja geradezu familiäre Arbeitsatmosphäre in der Kompanie. Die Harmonie war unheimlich stark. So etwas gibt es heute wohl kaum mehr. Das Stuttgarter „Ballettwunder“ gibt es auch nur einmal. So etwas kann man nicht nachmachen.

Im Gespräch: Egon Madsen/Foto Hanns-Horst Bauer

Im Gespräch: Egon Madsen/Foto Hanns-Horst Bauer

Sind die „Initialen R.B.M.E.“ mit  Brahms´ zweitem Klavierkonzert, die Cranko für Sie, Ricky, Marcia und Birgit choreographiert hat, also tatsächlich ein Freundschafts-Ballett? Ja, zweifellos. Wir haben uns immer sehr gut verstanden. Und Cranko hat uns in diesem Ballett nachgezeichnet, wie wir wirklich waren. Deshalb ist es heute für andere Tänzer eine große Herausforderung, die „Initialen“ nachzutanzen.

Sie wurden als Stars im In- und Ausland groß gefeiert. Gab es da kein Konkurrenzdenken untereinander? Nein, eigentlich nicht, denn wir Vier waren ja so verschieden. Birgit mit ihrem wunderschönen Körper stand für die lange Linie, Marcia für Romantik, Dramatik und Komik, Ricky war stärker, größer und muskulöser als ich, und ich war ein bisschen feiner neben ihm.

Im Gespräch: Egon Madsen/Foto Hanns-Horst Bauer

Im Gespräch: Egon Madsen/Foto Hanns-Horst Bauer

Welche Bedeutung hatte Cranko für Sie ganz persönlich? John war für mich als sehr junger Tänzer so etwas wie eine Vaterfigur. Ich war damals, heute wohl nicht  mehr, ein  ruhiger, zurückhaltender, fast schon scheuer Mensch und habe auch nicht sehr viel geredet. Er hat mich unbewusst erzogen und mir sehr viel Selbstvertrauen gegeben.

Und für Ihre tänzerische Entwicklung, für Ihre Karriere? Er hat uns die Rollen ganz individuell auf den Körper choreographiert, für unsere ganz persönliche Ausstrahlung. So hatten wir die tolle Möglichkeit, uns mit jeder Rolle wirklich identifizieren zu können.

Ihre großen Rollen haben Sie mit wechselnden Partnerinnen getanzt. Ist es nicht schwierig, sich immer wieder auf neue Star-Ballerinen einstellen zu müssen? Da muss man in kürzester Zeit versuchen, die Partnerin kennenzulernen und zu spüren, wie man mit ihr umgehen, wie man sie anfassen muss. Probleme hatte ich dabei eigentlich nie.

Im Gespräch: Egon Madsen/Foto Hanns-Horst Bauer

Im Gespräch: Egon Madsen/Foto Hanns-Horst Bauer

Wirklich nie? Bei keinem einzigen großen Pas de deux? Nun, jede Partnerin bringt ein anderes Gewicht mit. Deshalb musste ich, der ich ja eher schmal war, zunächst Muskeln aufbauen. Ich erinnere mich an eine meiner frühen Aufführungen, als ich Marcia von hinten hinaus auf die Bühne tragen musste. Aber das ging bei mir nicht. Wir sind damals mehr zu Fuß gelaufen als sie in der Luft war. Daran musste ich arbeiten.

Im Fitness-Studio, wie es die Tänzer heute zum Teil machen? Nein, bei uns war der Körper, wie er war. Ich musste ganz einfach  Pas de deux-Arbeit leistet. Ich mache noch heute täglich meine Bodenübungen und Stretchings. Zu Hause in Italien jogge ich mit meiner Frau am Strand. Dazu kommt ein spezielles Yoga und ein bisschen Krafttraining. Wenn man älter wird, muss man einfach etwas für seinen Körper tun.

Für ältere Tänzer ab 40 haben Sie sich beim Nederlands Dance Theater III  in Den Haag  engagiert. Was hat Sie  daran gereizt?  Da hatte ich die Möglichkeit zu zeigen, was man als Tänzer und Charakterdarsteller auch nach 35 noch auf der Bühne leisten kann.

Die meisten Tänzer beenden ihre Laufbahn  in der Regel in diesem Alter und werden dann vielleicht Ballettmeister oder Direktor. Wie kommt es, dass Sie mit bald 70 immer noch aktiv auf der Bühne stehen? Das ist keine Frage des Alters, sondern des Körperbaus und der inneren Einstellung.  Ich habe vermutlich einen anderen Körper als die meisten. Dadurch dass meine Knochen sehr fein und unglaublich flexibel sind, kann ich mich länger auf der Bühne halten. Von kleineren Knie-oder Rückenproblemen mal abgesehen, hatte ich eigentlich nie ernsthafte Schwierigkeiten mit meiner Gesundheit.

Das Buch zum Tänzer Egon Madsen im Henschel verlag

Das Buch zum Tänzer Egon Madsen im Henschel Verlag, bereits in operalounge.de bei Erscheinen besprochen

Im Augenblick arbeiten Sie als Company Coach bei Gauthier Dance im Stuttgarter Theaterhaus, wo Sie mit Christian Spucks „Don Q.“ zusammen mit Eric Gauthier auch einen großen Triumph als Tänzer feiern konnten. Woher kommt Ihre Begeisterung und Ihr Engagement für diese junge Truppe? Gauthier Dance ist eine ganz wunderbare Sache und ich bin dem Leiter des Theaterhauses, Werner Schretzmeier, dafür sehr dankbar. Dort zu arbeiten, ist einfach ein Genuss. So hat Stuttgart zwei Ballettkompanien mit unterschiedlicher Zielsetzung.

Welchen Stellenwert kann denn das Ballett, der Tanz ganz allgemein in unserer Gesellschaft einnehmen? Sicher einen sehr wichtigen, durchaus auch gesellschaftskritischen, denn Tanz braucht keine Sprache, sondern nur Bewegung, kann also weltweit überall verstanden werden.

Aber da müssen zum Teil doch auch Vorurteile abgebaut werden? Ja, zum Beispiel immer noch, was den Beruf des männlichen Tänzers angeht. Zu sagen, das sei kein Beruf für einen Mann, ist absoluter Quatsch. Tanzen ist Hochleistungssport!

Egon Madsen mit Gitte Hænnig bei "Love Letters" in Stuttgart"/Foto Regina Brockes

Egon Madsen mit Gitte Hænnig bei „Love Letters“ in Stuttgart“/Foto Regina Brockes/Theaterhaus

 

Jetzt machen Sie zusammen mit Gitte Hænning auch noch Theater. Was reizte Sie daran? Schauspieler war ich ja eigentlich schon immer, beim Tanzen wie auch privat. Meine Person ist immer in Action. Und Werner Schretzmeier, der Leiter des Stuttgarter Theaterhauses, wollte schon immer mal ein Stück mit mir machen. Wir wussten anfangs nur nicht, was und mit wem. Schließlich kamen wir auf A.R. Gurneys „Love Letters“ und auf Gitte, die im Theaterhaus 2007 bereits zusammen mit Wencke Myhre und Siw Malmkvist aufgetreten war. Natürlich kannte ich Gittes großen Schlagererfolg „Ich will ´nen Cowboy als Mann“, aber persönlich hatte ich sie nie vorher getroffen. So wurden es also zwei Dänen, was vor allem deshalb sehr reizvoll ist, weil unser Akzent die Sache sehr charmant und locker macht. Bei unserem ersten Treffen haben wir übrigens erstaunt festgestellt, dass sie in Aarhus geboren ist und ich dort aufgewachsen bin. Wir sind uns aber nie begegnet. Und das Stück „Love Letters“ berührt mich sehr, ich habe gemerkt, dass in diesen Liebesbriefen sehr viel von mir ganz persönlich steckt. Meine Frau und ich haben unsere Liebesbriefe bis heute aufbewahrt.

Ein Blick zurück:"Schwanensee" 1972 - zum Foto aus dem nachstehend genannten Buch schreibt die Autorin: "Bildtext im Buch: "Von Verehrern verfolgt: der blonde Prinz in John Crankos ´Schwanensee´/ Schwanensee, hier 1972" © Leslie E.Spatt (Egon Madsen, Ein Tanzleben S.58)

Ein Blick zurück:“Schwanensee“ 1972 – zum Foto aus dem nachstehend genannten Buch schreibt die Autorin: „Von Verehrern verfolgt: der blonde Prinz in John Crankos ´Schwanensee´, hier 1972“ © Leslie E.Spatt (Egon Madsen, Ein Tanzleben S.58)

Was kommt nach dem Stück? Werden Sie auch wieder als Tänzer auf der Bühne stehen? Ja, da ist schon etwas ganz konkret  für´s  kommende Jahr in Planung, wenn das Theaterhaus 30 wird: Eine Produktion nach einer Idee von mir, bei der ich auch Regie führen werde. Das wird etwas ganz Persönliches mit fünf verschiedenen Choreographen und fünf Tänzern über 40, 60 und 70, so eine Art eine Generationengeschichte, bei der ich natürlich auch selbst auf der Bühne stehen werde.

 

Biographie: Egon Madsen wurde am 24.August 1942 in Ringe auf der dänischen Ostsee-Insel Fünen als Sohn einer Schusterfamilie geboren. Bühnenerfahrungen sammelte er zunächst mit dem Kinderballett von Aarhus und fand danach sein erstes festes Engagement beim Tivoli-Pantomimentheater in Kopenhagen. 1961 holte ihn Choreograph und Ballettdirektor John Cranko nach Stuttgart, wo er bereits nach einem Jahr als Solist auftrat. Hier schrieb er Ballettgeschichte und trug mit zum Entstehen des legendären Stuttgarter „Ballettwunders“ bei. Er kreierte Rollen, die ihm Cranko auf den Körper choreographierte: Paris in Romeo und Julia, Joker in Strawinskys Jeu de cartes, Lenski in Onegin, Gremio in Der Widerspenstigen Zähmung, Prinz Siegfried im Schwanensee oder Don José in Carmen. Auch andere berühmte Choreographen arbeiteten mit ihm zusammen. 1981 verließ Madsen Stuttgart und arbeitete als Ballettdirektor zunächst in Frankfurt, dann in Stockholm und schließlich in Florenz. 1990 kehrte er als Ballettmeister und stellvertretender Ballettdirektor mit Marcia Haydée an der Spitze nach Stuttgart zurück. 1996 ging er als Erster Ballettmeister nach Leipzig und 1999 nach Amsterdam zum Nederlands Dance Theater III für Tänzer ab 40, dessen Leitung er ein Jahr später übernahm und bis zu dessen Auflösung 2007 innehatte. Seit 2009 ist er Company Coach von Gauthier Dance im Stuttgarter Theaterhaus. Für sein Lebenswerk erhielt er 2011 den Deutschen Tanzpreis. Egon Madsen lebt mit seiner Frau Lucia Isenring, mit der zusammen er in Stuttgart getanzt hat, in Italien. Anlässlich seines 70.Geburtstags erschien im Henschel Verlag eine von Dagmar Ellen Fischer verfasste Biographie: Egon Madsen, Ein Tanzleben (Henschel Verlag  ISBN 978-3-89487-729-3). H.-H. B 

 

Fotos Egon Madsen: Hanns-Horst Bauer

Foto Gitte Hænning und Egon Madsen: Regina Brocke/Theaterhaus Stuttgart

Celibidache, Lehmann, Cluytens und Bernstein

Vor die Aufgabe gestellt, Einspielungen unterschiedlicher Dirigenten summarisch zu besprechen, sucht man gerne nach einem gemeinsamen Nenner. Selten wird er in der künstlerischen Gestaltung zu finden sein, dafür sind die Pult-Maestri in der Regel zu individuell. Verbindungslinien lassen sich eher en detail ziehen: Repertoirevorlieben, Klangideal u.a. An dieser Stelle bietet sich ein ganz äußerliches Faktum als roter Faden an. Sowohl Sergiu Celibidache als auch André Cluytens, Fritz Lehmann und Leonard Bernstein haben die Berliner Philharmoniker geleitet, auch wenn das bei den hier vorstellten Aufnahmen nicht überall dokumentiert ist.

Hinzuweisen ist auch auf die klanglich ausserordentlichen Aufnahmen Celibidaches beu audite, wie bereits in operalounge.de besprochen

Hinzuweisen ist auch auf die klanglich außerordentlichen Aufnahmen Celibidaches bei audite, wie bereits in operalounge.de besprochen

Sergiu Celibidache war bekanntermaßen, i.G. zu seinem Antipoden Herbert von Karajan, welcher ihn nach dem Tode Wilhelm Furtwänglers bei der Besetzung des philharmonischen Chefpostens überrundete), strikt gegen Studioproduktionen und  die kommerzielle Verwertung von Konzertmitschnitten, da er einzig die Wirkung des „hic ed nunc“ gelten ließ. Rundfunkaufnahmen ließ er hingegen in etwas inkonsequenter Weise zu. Nach seinem Tod 1996 wurden – mit Zustimmung von Sohn Serge – die meisten seiner Konzerte mit den Münchner Philharmonikern (Celibidaches letzte Chefposition) von EMI ausgewertet, während sich die DG an die Archivbestände des Süddeutschen Rundfunks heranpirschte (hier wirkte der Dirigent zwischen 1972 und 1977). Aus dem Ausland waren schon zuvor diverse Mitschnitte zugänglich, so die kompletten Brahms-Sinfonien mit dem Mailänder RAI-Orchester vom Ende der 50er Jahre.

Die „Erste“ von Brahms gibt es nun auch in einer Konzertaufzeichnung mit den Wiener Symphonikern von 1952 (auf dem hauseigenen WS-Label). Dieses Jahr markiert in der Karriere von Sergiu Celibidache einen Wendepunkt, wurde ihm eine leichte, unterschwellige Pulteitelkeit von seinem Lehrer Heinz Tiessen mit gestrengem Nachdruck ausgetrieben. Die Wiener Aufführung vom 30.Oktober lässt keine Extravaganzen spüren und schon gar nicht die später oft kritisierten Zeitlupentempi. Brahms‘ Musik klingt vorwärts drängend, frisch und dramatisch impulsiv. Editorisch irritiert allerdings, dass nicht das komplette Konzert (es enthielt noch Franz Liszts „Les Préludes“ und das 2.Klavierkonzert von Maurice Ravel mit Robert Casadesus) veröffentlicht wurde. Das holte dann später Orfeo nach. Da das VÖ-Datum September 2013 noch nicht solange zurückliegt, darf in diesem Zusammenhang an die audite-Kassette „Celibidache – The Berlin Recordings 1945-1957“ (13 CDs, Berliner Philharmoniker, RSO Berlin) erinnert werden, welche ein hochinteressantes Programm mit vielen unbekannten Werken offeriert, bei welchen der Schwerpunkt auf dem 20. Jahrhundert liegt.

cluytensIn dieser Anthologie befindet sich auch eine Aufnahme von Georges Bizets herrlich jugendfrischer C-Dur-Sinfonie, mit welcher zu André Cluytens übergeleitet werden kann. Dessen Interpretation entstand im gleichen Jahr 1953, nimmt sich im Adagio ganze 2 Minuten mehr Zeit, ist im Finale hingegen um 40 Sekunden rascher. Aber das sind natürlich keine wirklich qualitativen Kriterien. Die Lockerheit und Quirligkeit der Musik sind hier wie dort stimmig eingefangen. Obwohl Cluytens um 1960 mit den Berliner Philharmonikern sämtliche Sinfonien Ludwig van Beethovens erarbeitete und ab 1955 äußerst erfolgreich in Bayreuth wirkte, gilt er doch als besonders kompetenter Sachwalter für die französische Musik. Dem trägt eine 4-CD-Kollektion mit Einspielungen aus den frühen 50er Jahren bei Documents Rechnung (es handelt sich bereits um eine Wiederauflage). Das über weite Strecken zarte Requiem von Gabriel Fauré erfährt unter Cluytens‘ Händen eine eminent sublime Darstellung, bei der Sinfonie César Francks und der selten zu hörenden „Symphonie sur un chant montagnard francais“ von Vincent d’Indy (den Klavierpart hat Aldo Ciccolini inne) setzt es freilich so manche Prankenhiebe. Selbstverständlich sind auch Claude Debussy („La Boite à joujoux“) und Maurice Ravel (beide „Daphnis“-Suiten, „Tombeau de Couperin“) berücksichtigt. Trotz Mono-Klangbild klingen alle Werke räumlich und rauschhaft. Mit dem 2. Klavierkonzert von Beethoven (Solomon, Philharmonia Orchestra) und Mozarts Konzert Nr. 24, welches ganz besonders auch von Clara Haskils natürlichem Anschlag lebt (das Orchestre National de France begleitet bei diesem öffentlichen Konzert) wird zu Beginn ein „klassischer“ Akzent gesetzt. Das Mozart-Werk ist übrigens auch in einer weiteren Cluytens-Edition von Documents zu finden, einer firmen-typischen 10-CD-Kollektion, welche jüngeren Datums ist, hier allerdings nicht zur Besprechung ansteht.

fritz lehmannZu den Karrierestationen von Fritz Lehmann (1904-1956) gehören Kleinstädte wie Hildesheim und Bad Pyrmont. Sein Studium absolvierte der gebürtige Mannheimer u.a. in Göttingen, wo er 1934 die Händel-Festspiele ins Leben rief und nach dem Kriege nochmals leitete. Seine Vertrautheit mit barockem Repertoire dokumentiert u.a. eine Bach‘sche Matthäus-Passion (1949, mit dem ganz jungen Dietrich Fischer-Dieskau, Elfride Trötschel, Helmut Krebs  u.a.) oder auch das Weihnachtsoratorium dieses Komponisten (Gunthild Weber, Sieglinde Wagner, Helmut Krebs, Heinz Rehfuß – Dirigatübernahme bei den letzten Kantaten: Günther Arndt). Auf Magdalen lernt man den Dirigenten mit Franz Schubert („Unvollendete“) und Beethoven (Leonore III, 2. Sinfonie) kennen. Unter seiner Stabführung spielen die Berliner Philharmoniker mit vibrierender Emotion und großer Klangintensität. Gültige Interpretationen, an die rechtens erinnert wird.

Bernstein beethovenBei den „Berlinern“ war auch Leonard Bernstein gelegentlich zu Gast, selten allerdings, zumal sich die rechte Chemie zwischen ihm und dem Orchester nicht recht einstellen wollte (anders als bei den Kollegen in Wien). Anzuzeigen ist seine erste Einspielung von Beethovens „Missa solemnis“ (1962). Mit den Concertgebouw-Musikern hat er das Werk 16 Jahre später nochmals aufgenommen (Edda Moser, Hanna Schwarz, René Kollo, Kurt Moll). Die von Alto neu herausgebrachte Produktion mit dem New York Philharmonic, voll und präsent im Klang, zeigt einmal mehr, dass Beethoven dem Gigantismus eines Gustav Mahler durchaus nahe steht. Und seine Neigung, die menschliche Stimme seiner Inspiration auf mitunter fast „inhumane“ Weise dienstbar zu machen, wird hier ebenso evident wie bei der Fidelio-Leonore. In der Messe haben sich die hohen Frauenstimmen, Solo wie Chor, oft über lange Strecken im Bereich des hohen „C“ anzusiedeln, eine tour de force, für welche der Westminster Choir wie auch die mit einem leuchtendem Sopran aufwartende Eileen Farrell (einmal bewältigt sie souverän auch das “Des“) nicht hoch genug gepriesen werden können. Von den anderen Solisten macht Kim Borg mit seinem voluminösen Bass noch besonderen Eindruck, während Richard Lewis bei aller Kultur des Singens mitunter etwas weichlich klingt. Carol Smith gibt ihren Alt-Part mit angenehmer Wärme. Das Beethoven‘sche Gipfelpanorama ist natürlich eine Herausforderung für den Ekstatiker Bernstein. Er bietet eine pathosgesättigte, aber auch klangdifferenzierte und rhythmisch enorm prägnante Interpretation.

Christoph Zimmermann

 

Johannes Brahms: Sinfonie Nr. 1 c-Moll, opus 68. Wiener Symphoniker: Sergiu Celibidache (1952) (WS 002)

André Cluytens – Noble Maitre de Musique (Documents 233113)

Fritz Lehmann dirigiert Schubert und Beethoven (Magdalen 8020)

Beethoven: Missa solemnis (Eileen Farrell, Carol Smith, Richard Lewis, Kim Borg, Westminster Choir, New York Philharmonic: Leonard Bernstein) (alto 1240)