Oper

Winternächte am Arno

. Was haben Umberto Giordanos Andrea Chénier und seine Fedora, was seine Siberia nicht hat? Die opernübliche Dreickskonstellation Sopran-Tenor-Bariton gibt es auch in Siberia, dem „Improvviso“ Chéniers ist Wassilis „Orride steppe“ durchaus ebenbürtig, der „Mamma morta“ Maddalenas ebenso Stephanas „Infinito dolore!“ , Glébys „La conobbi quand‘ era fanciulla“ kann es getrost mit „Nemico  della patria“ […]

Aus Londoner Archiven

. Wer meint, er habe die Lust an der Oper verloren, sein Begeisterungsvermögen sei im Verlauf der Jahre abgestumpft, er habe einfach schon zu viel gesehen und gehört, als dass er noch wirklich von einer Opernaufführung berührt werden könne, der sehe und höre sich die DVD von Don Carlo aus Covent Garden aus dem Jahre […]

Himmel in der Hölle

. Jahrzehntelang war sie der Inbegriff einer gelungenen Mefistofele-Inszenierung, die in den Achtzigern in Chicago entstandene Produktion von Robert Carsen, die noch 2018 an der MET gezeigt wurde und von der es nicht nur eine DVD in der ersten Besetzung mit Samuel Ramey in der Titelpartie gab, sondern mindestens noch eine weitere mit Ildar Abdrazakov. […]

Ohne falsches Pathos

. „Gurnemanz non finisce mai“, stöhnte bereits nach einer halben Stunde Parsifal vor Jahren mein italienischer Freund, und Regisseur  Graham Vick wusste wohl um die Ungeduld italienischer Zuschauer und peppte das spröde Bühnenweihfestspiel für das Teatro Massimo in Palermo 2020 ordentlich auf, ehe er ein Jahr später an Covid starb. Dabei verzichtete er keineswegs auf […]

Aus der Tropfsteinhöhle

. Dass man einem Werk seine ganz eigene Regie-Handschrift aufdrücken kann, ohne es zu entstellen, stattdessen dem Zuschauer neue Möglichkeiten der Interpretation eröffnet, ohne sie ihm aufzuzwingen, beweist Damiano Michieletto mit seiner Inszenierung von Janáčeks Jenufa an der Staatsoper Berlin zu Corona-Zeiten, so dass nicht exakt auszumachen ist, welche Einfälle der Krisenzeit geschuldet und welche […]

Langweiliger Genderfluidismus

. „Warum vergessen wir?“, fragt die Erzählerin. Und unternimmt den Versuch, sich an eine Familiengeschichte zu erinnern, „alles begann 1598“. Sie sagt es natürlich auf Englisch, denn die wunderbar artikulierende und mit sanften Bewegungen das Gesagte anmutig umschmeichelnde italienisch-schwedische Sänger-Schauspielerin Anna Clementi ist in Olga Neuwirths Oper Orlando Sprachrohr der Schriftstellerin Virginia Woolf und gleichzeitig […]

Wunderbar

. Als wollten sie das gebeutelte Publikum für eine inzwischen bereits Jahrzehnte andauernde Qual, verursacht durch armselige Bühnenbilder, Sänger entstellende Kostüme zwischen Trenchcoat und Schiessers Feinripp und sinnlose, aber vorzugsweise brutale Handlungen auf der Opernbühne mit einer einzigen Produktion entschädigen, haben sich Regisseur Daniele Finzi Pasca, Bühnenbildner Hugo Gargiulo und Kostümbildnerin Giovanna Buzzi ins Zeug […]

Und noch einer …

. Ein omnipräsenter Don Giovanni, drei der Nymphomanie nicht allzu ferne Damen, eine wie eine Graphik aussehende drehbare Halbruine in Grautönen sind von der Premiere im Jahre 2014 noch vorhanden, ebenfalls die Donna Anna von Malin Byström, während ansonsten auf der Aufnahme aus dem Jahre 2019 die schöne Nackte durch schemenhafte weibliche Wesen, die sich […]

Kein lieto fine auf Kreta

. Cmajor/UNITEL bringt eine Aufführung von Mozarts Idomeneo vom Februar 2019 aus der Wiener Staatsoper auf Blu-ray Disc heraus (760304). Der dänische Regisseur Kasper Holten gab mit dieser Produktion, einer Mischung aus Münchner und Wiener Fassung, sein Debüt im Haus am Ring. Er wollte das Dramma per musica als die traumatische Erinnerung von Menschen, die […]

Rundherum opulent

. Die Stream-Übertragung von Riccardo Zandonais Francesca da Rimini am 14. 3. 2021 aus der Deutschen Oper Berlin bringt NAXOS nun als Blu-ray Disc heraus (NBD0142V). Nach seiner erfolgreichen Inszenierung von Korngolds Das Wunder der Heliane zwei Jahre zuvor hatte sich Christof Loy einer weiteren Rarität gewidmet – der Tragedia Francesa da Rimini, uraufgeführt 1914 […]

Weder noch

. Stürzte sich Zazà am Ende der Oper Ruggero Leoncavallos todessüchtig in die Loire, dann würde das Werk vielleicht  noch heute die Spielpläne der Opernhäuser füllen, denn die Musik hat durchgehend Mattinata-Qualitäten. Stellte sich aber am Schluss heraus, die Gattin ihres Geliebten habe längst ein Verhältnis mit ihrem Agenten Cascart und lasse den Gatten ziehen, […]

Nur musikalisch empfehlenswert

. Harten Prüfungen ausgesetzt sieht sich, wer sich kurz nacheinander einen Rigoletto aus Florenz und eine Halka aus Wien betrachtet, denn kaum hat er den Blutfluss auf den Schenkeln der entjungferten Gilda verkraftet, muss er die Fehlgeburt Halkas mit entsprechenden Ausscheidungen ertragen, fließt auch hier das Blut reichlich. Ganz neu ist der appetitliche Einfall nicht, […]

Mit liebevoller Ironie

. Nicht abfinden mit dem Verlust der Musik zum Prolog zu Henry Purcells Oper Dido and Aeneas wollte man sich in der Opéra Comique in Paris und stellte 2008 dem Werk mit Ausschnitten aus Ted Hughes‘ Echo and Narcissus, Eliots The Waste Land und Yeats The Wind among the Reeds  ein eigenes Vorspiel voran, dargeboten […]