Seelenwanderung

 

Anima Sacra hieß die letzte CD von Jakub Józef Orlinski bei ERATO. Nun veröffentlicht das Label mit dem polnischen Countertenor eine neue Platte mit dem Titel Anima Aeterna – quasi als Fortsetzung der ersten (0190295633745). Sie wurde Ende 2020 im italienischen Lonigo produziert. Wieder enthält sie geistliche Barockarien und erneut begleitet das Orchester Il Pomo d’Oro, diesmal unter Leitung von Francesco Corti. Das Ensemble sorgt mit Affekt betontem Musizieren für starke Eindrücke.

Wie in der ersten Ausgabe finden sich Weltersteinspielungen, beginnend mit der Arie des Titelhelden „Un giusto furore“ aus dem Oratorium Il David trionfante von Bartolomeo Nucci (1717 – 49). Von stürmischem Bläsergeschmetter eingeleitet, bietet sie in ihrem heroischen Charakter und mit vehementen Koloraturläufen dem Interpreten Gelegenheit für einen bravourös-virilen Auftritt. Die zweite Premiere ist die fünfteilige Motette Laudate pueri von Gennaro Manna (1715 – 79). Hier kommt der Chor von Il Pomo d’Oro zum Einsatz und wetteifert gemeinsam mit dem Counter um Bravour und Gefühl.

Mit einer dreiteiligen Motette (für Alt und Orchester) beginnt die Anthologie. Sie stammt von Jan Dismas Zelenka und trägt den Titel „Barbara, dira, effera“. In ihrem bewegten, dramatisch- zupackenden Duktus stellt sie Orlinskis Stimme ins beste Licht. Auch seine Virtuosität kommt gerade im Koloratur reichen ersten Teil sowie dem abschließenden jubelnden „Alleluja“ zu starker Wirkung. Später folgt noch eine zweite, sechsteilige Motette dieses Komponisten, „Laetatus sum“, gesetzt für Sopran, Alt und Orchester. Hier ist die israelische Sopranistin Fatma Said Partnerin des Counters und gefällt mit lieblicher und bestens harmonierender Stimme. Beide jubilieren im finalen „Sicut erat“ um die Wette.

Das Programm wird ergänzt von einigen Arien aus Oratorien. Da gibt es die des Peccator contrito, „Non t’amo per il ciel“ aus Il fronte della salute, aperto dalla grazia nel Calvario von Johann Joseph Fux. In diesem kontemplativen Stück kann der Sänger mit sanfter, inniger Stimmgebung aufwarten. Aus La Giuditta von Francisco António de Almeida erklingt die Arie des Ozia, „Giusto Dio“. Hier klingt Orlinskis Stimme geradezu keusch und jenseitig. Mit Händels Antiphon „Alleluja“ endet die Sammlung ähnlich introvertiert. Bernd Hoppe