Von hohem Unterhaltungswert ist die neunte und damit letzte der Silberscheiben, die Warner Classics mit Aufnahmen von Angela Gheorghiu in einer Kassette vereint hat, denn im Unterschied zu den acht (aus den Beständen der übernommenen EMI-)CDs handelt es sich bei ihr um eine DVD mit Aufnahmen aus Konzerten in Dresden, Mailand und London, um eine Würdigung des Opernstars durch Franco Zeffirelli und ein Foto-Shooting, in das, unterbrochen von Statements der Diva zur Interpretation von Norma , „Casta Diva“ erklingt. 1999 sang die rumänische Sopranistin, vom damaligen Gatten Roberto Alagna sekundiert, das Duett aus dem ersten Akt von Madama Butterfly, mit dunklem Timbre und unter Beachtung aller Anweisungen des Komponisten einfach perfekt, mimte dazu ganz die demütig- anschmiegsame Geisha, was Alagna offensichtlich vergnügt betrachtete, während er selbst ganz Strahlemann-Tenor (quanti anni fa…) mit pathetischer Gestik blieb, wonach beim Orchesternachspiel das Paar ein gegenseitiges Hingerissensein ostentativ zelebrierte. Fünf Jahre später entstand die Aufnahme von „Un bel di vedremo“, wobei die Sängerin auf einem Hotelflur singt, während ein japanisches Pärchen eine offensichtliche Beziehungskrise mimt. Auch die zweite Arie der Liù, für die La Gheorghiu eine heroische in eine Demutsgeste übergehen lässt und an ihrem Gesang nichts auszusetzen ist, hat wie Butterfly als Begleiter Giuseppe Sinopoli mit der Dresdner Staatskapelle. Feine Pianogespinste lässt die Sängerin dem „Babbino caro“ angedeihen, für „Pace, pace“ hatte sie vor anderthalb Jahrzehnten noch nicht genug corpo, war die Stimme zu leicht-lyrisch, lässt so die Arie allzu säuselig klingen. In römischem Stil frisiert und kostümiert, äußert sich die Sopranistin schelmisch-kokett über ihre Rollenauffassung, was die Norma betrifft, in der sie, „sie bekommt, was sie will“, eigene Charakterzüge zu erkennen glaubt.
Das Booklet gibt dem Hörer wertvolle Hinweise dazu, was er in der schönen Stimme von Angela Gheorghiu zu hören hat, so die „echten Gefühle“ der Dalila, die „liebevolle Intimität“ der Carmen oder ein „intensives, doch gedämpftes Pathos“ bei Manon. Die erste CD zeigt, dass die Gheorghiu nicht erst jetzt in Wien mit der Charlotte eine Mezzopartie gesungen hat, sondern auch Carmen und Dalila. Sie steht unter dem Titel Femmes fatales. Es folgen Puccini Heroines (Tosca, Liù, Butterfly), Daughters (Simone-Amelia, Gilda, Juliette und andere, wobei ja irgendwie jede Frau auch eine Tochter ist, auch Maria aus West Side Story). CD 4 bringt Arien From Baroque to Bel Canto, CD 5 Verdi-Arien (darunter aus La Traviata), desselben Songs und das Requiem in Ausschnitten. Der Verismo, French Arias and Mélodies and Romanan Songs sind auf CD 6 und 7 vertreten. Die achte und letzte CD bringt ein Interview und ein Portrait von Jon Tolansky; hier werden Leben und Karriere des Stars, ihre wichtigsten Partien beleuchtet, zu denen die Sängerin selbst ihre Kommentare gibt. Von der Entwicklung der Stimme kann sich der Hörer selbst ein Bild machen, Partner und Aufnahmejahr sind jeweils verzeichnet. Für den Gheorghiu-Fan erweis sich diese Sammlung von Ausschnitten sicherlich ein wahres Schatzkästlein, sollte er nicht bereits im Besitz der entsprechenden Gesamtaufnahmen sein (Warner Classics 0825646190478).
Ingrid Wanja