Als Diva im riskanten Pailettenkleid setzt sich Angela Gheorghiu auf dem Cover ihrer neuen CD bei Warner Classics bemüht „verderbt“ in Szene (0190295780241), die den Titel Eternamente trägt und ganz dem Repertoire des Verismo gewidmet ist. Da finden sich Raritäten – wie Canzonen von Stefano Donaudy („O del mio amato ben“), Angelo Mascheroni („Eternamente“) und Licinio Refice („Ombra di nube“) oder ein Auszug aus Giordanos seltener Oper Siberia („No! se un pensier tortura“) –, aber natürlich auch bekannte Schlager wie Santuzzas „Voi lo sapete“ oder Toscas „Vissi d’arte“.
Einige Jahre stand die rumänische Sopranistin nicht mehr im Aufnahmestudio, auch auf den internationalen Bühnen ist es ruhiger um sie geworden. Eine Adriana Lecouvreur als Rollendebüt in Covent Garden, hier und da eine Verpflichtung als Tosca (darunter eine Aufsehen erregende an der Wiener Staatsoper mit dem verspäteten Auftritt im 3. Akt) – La Gheorghiu musste den Spitzenplatz im italienischen Sopranfach ihren Konkurrentinnen (vor allem Anna Netrebko, aber auch Anja Harteros) räumen.
Die neue CD zeigt sie in guter stimmlicher Verfassung und im Gegensatz zu ihrer Londoner Adriana, die zu soft und gezähmt geriet, wagt sie hier auch veristische Effekte und führt die Stimme wirkungsvoll in das Brustregister. Der Einstieg in das Programm ist allerdings nicht glücklich, denn bei Santuzzas Gebet „Regina coeli“ klingt der Sopran larmoyant und unruhig. Besser gelingt ihr die berühmte Arie durch den inbrünstigen Ausdruck, von dem auch das Duett mit Turiddu erfüllt ist, wenn darin auch einige gesangliche Freiheiten zu bemerken sind und der Fluss der Stimme hin und wieder gebremst wirkt. Die Mitwirkung des Malteser Tenors Joseph Calleja in einigen Nummern der Auswahl erhöht die Attraktivität der Ausgabe, sind darunter doch Partien (Turiddu, Andrea Chénier), die der Sänger noch nicht auf der Bühne verkörpert hat.
Bei Toscas Arie spürt man die Bühnenerfahrung, welche die Sängerin in dieser Rolle hat. Hier verströmt sich die Stimme in schönen Bögen und berührender Innigkeit. Von Margheritas beiden Arien im 3. Akt von Boitos Mefistofele hat sie die unbekannte gewählt („Spunta l’aurora pallida“), bei der ihr Calleja als Faust und Richard Novak als Titelheld assistieren. Giocondas „Suicidio“ aus Ponchiellis Oper ist ein Prüfstein des Verismo-Repertoires – zum einen wegen der existentiellen Situation der Titelheldin vor ihrem Selbstmord, zum anderen wegen der enormen gesanglichen Anforderungen. Die Sopranistin überrascht hier mit einer bei ihr ungewohnten Attacke und lässt auch in der Extremtiefe eine reiche Fülle und Substanz hören. Die folgende Nummer aus Giordanos Siberia ist dann wieder dem Ausdruck schmerzlicher Lyrik verpflichtet, während zwei Szenen aus Leoncavallo-Opern (La Bohème und Zingari) die Koketterie und das Temperament der Sopranistin wachrufen. Höhepunkt der CD ist das Schlussduett Maddalena/Chénier aus Giordanos Oper, weil sich Gheorghiu und Calleja hier gegenseitig inspirieren zu einem leidenschaftlichen, hymnischen Zwiegesang.
Delikate Melancholie kann Gheorghiu in zwei veristischen Canzonen von Stefano Donaudy und Licinio Refice verbreiten, deren sentimentaler Duktus dem Naturell der Rumänin besonders entgegen kommt. Bei Angelo Mascheronis „Eternamente“, welches der Platte den Titel gab und die Hoffnung der Interpretin ausdrücken soll, dass man sich an ihren Gesang „ewig“ erinnern möge, klingt sie dagegen weinerlich und dünn. Emmanuel Villaume am Pult des Orchesters PKF – Prague Philharmonia begleitet die Solistin mit gebührender Aufmerksamkeit in dem für sie neuen Fach, inspirierte sie sicher auch, ihre gewohnt distanzierte Zurückhaltung zugunsten einer freieren Gestaltung mit dem Mut zum Risiko aufzugeben. Bernd Hoppe