Drei Spielzeiten lang war Jussi Björling der MET ferngeblieben, ehe er 1959 wieder an das Haus zurückkehrte, in, wie man der Tosca–Aufnahme vom November des Jahres bei Bongiovanni entnehmen kann, vorzüglicher Verfassung. An seiner Seite als Scarpia war Cornell MacNeil, nicht Ungewöhnliches für die MET, aufhorchen lässt da eher die Tosca von Mary Curtis-Verna, die die Partie dann sang, wenn Tebaldi oder Milanov indisponiert waren oder aus anderen Gründen nicht zur Verfügung standen. In der auf zwei CDs mit Ausschnitten auch aus Cavalleria Rusticana mit Björling und Simionato vereinten Tosca vertrat sie die Milanov und wird wie natürlich auch der Tenor mit Auftrittsapplaus empfangen, was für die Fairness des New Yorker Publikums spricht. Der Sopran klingt jung und hell, wird aber auf recht altmodische Weise geführt. Die Emission ist eine angenehm leichte, die Diktion verwaschen, die Piani sind gut gestützt und nur in den dramatischsten Momenten kommt die Stimme an ihre Grenzen, klingt eher indigniert als wütend und verzweifelt, durchweg ist diese Tosca eher sanft Liebende als wild auffahrende Diva. Auch „Vissi d’arte“ wird in diesem Sinne dargeboten, und aus „Quanto“ und „Il prezzo“ wird wenig gemacht. Sehr schön hörbar ist die innere Anspannung , die sie beim Warten auf das Verschwinden des Erschießungskommandos erfüllt.
Der schwedische Tenor singt ein emphatisches „Recondita armonia“ mit einer beachtlichen Fermate, allerdings auf „Tos“ und nicht auf „ca“, später dann beim Vittoria wird diese Ehre dem „ri“ zuteil. Die Diktion ist vorzüglich, das Timbre nobel, strahlend, aber nicht dunkel glühend, wie man es an italienischen Stimmen liebt. Ergreifendes klingt aus dem Folterkeller, allerdings stammt der Schrei, wie an der MET üblich, nicht vom Sänger. Weniger Wert als auf ein endloses Vittoria scheint Björling auf die folgende Sequenz zu legen, was aller Ehren wert und sehr eindrucksvoll ist. Das „Lucevan le stelle“ ist das denkbar kontrastreichste zwischen feinstem Pianissimo und kraftvollstem Forte. Dem enthusiastischem „liberi“ der Tosca steht ein zweifelnd elegisches des Tenors gegenüber.
MacNeils Scarpia hat einen so machtvollen Auftritt wie ein eigentlich zu edles Timbre für die Figur, eine ungemein farbige mezza voce, singt nuancenreich mit klar konturierter, Sinnlichkeit wie Grausamkeit gleich eindrucksvoll demonstrierender Stimme. Norman Scott ist ein recht dumpf klingender Angelotti, Lawrence Davidson ein zu tatsächlich frommer Mesner.
Was Dimitri Mitropoulos mit dem Orchester der MET an Bedrückendem während der Folterung oder des Ausstellens des Salvocondotto zaubert oder an Stimmungsvollem vor dem 3. Akt, das ist wirklich einmalig, das berührt mindestens ebenso stark, wie es die Sänger vermögen.
In der Cavalleria dann fliegen die vokalen Fetzen, und auch das Publikum gerät außer sich vor Begeisterung, von skandinavischer Kühle keine Spur und von damenhafter Zurückhaltung schon gar nicht (Bongiovanni HOC 089/90). Ingrid Wanja