Flagstad-Hommage

 

Wie altes Gold leuchtet die Stimme der Kirsten Flagstad auf den späten Aufnahmen der Deccadie nun noch einmal und durch die Norwegischen Hymnen (in einer Radioaufnahme von 1960) ergänzt in einer bedeutenden Box (The Kirsten Flagstad Edition – The Decca Recordings) wiederaufgelegt worden sind. Nach der Indiskretion von Elisabeth Schwarzkopf (die ihr die hohen Cs im Furtwängler-Tristan sang und dann darüber plauderte) und einigen Querelen mit der EMI wechselte die tief verletzte Flagstad zur Decca, für die sie Soundzauberer John Culshaw gewann und für seinen Solti-Ring erwärmen konnte. Bedingung der Flagstad für diesen Wechsel war die Veröffentlichung der in Oslo in der Universität 1956 aufgenommenen Götterdämmerung, was Culshaw zähneknirschend in Kauf nahm, plante er doch einen eigenen Ring. Diese legendäre und lange verschwundene Aufnahme der (fast kompletten) Götterdämmerung unter Olvin Fjelstad mit der Flagstad (das herrliche Foto zeigt sie bei der Aufnahme/Flagstad Museum Hama mit Dank) als Brünnhilde, ihrer Schwester Karen Marie Flagstad, der ganz jungen Ingrid Bjoner und Set Svanholm ist zeitgleich nun bei Naxos (8.112066-69) genial überspielt herausgekommen, die Flagstad im Vollbesitz ihre gestalterischen Kräfte.

Aber es ist die Decca-Box (0028947839309), die auf 11 CDs mit ihren Schätzen die pastose,

Aufnahme zur Götterdämmerung in Oslo

Aufnahme zur Götterdämmerung in Oslo

majestätische und herrlich fließende Stimme wie dunkles Gold aufleuchten lässt – die unübertroffenen, tränenrührenden Grieg- und Sibeliuslieder, Mahlers Lieder, die Wesendoncklieder unter Knappertsbusch, die Wagner-Opern-Ausschnitte, die Vier ernsten Gesänge und Flagstads Würde in den Liedern von Schumann, Wolf oder Strauss, die ganz wunderbaren Geistlichen Arien und Lieder (einschließlich Bortniansky!). Bach und Händel, dazu hinzugekauft Norwegische Hymnen – welche Größe, welch uneitles Pathos. Ich bin mit diesen Aufnahmen aufgewachsen – diese und EMIs Dido und vielleicht auch Deccas Alceste zeigen die Flagstad als das, was sie vielleicht am ehesten war – eine Künstlerin des großen Herzens eher als eine Opernsängerin, wenngleich ich ihre Isolde nicht missen möchte. Was für eine Frau, was für eine Stimme!

Geerd Heinsen