Kein Weltniveau

 

Eine alles in allem schöne traditionelle Produktion von Madama Butterfly gibt es aus Covent Garden aus dem Jahre 2017 (2018 veröffentlicht) mit dem leicht stilisiertem Bühnenbild von Christian Fenouillat, den der gute Geschmack nur am Schluss verlässt, wenn er das Bäumchen vor Butterflys Haus alle Blüten abschütteln lässt oder wenn zum Blütenduett die Wände in Dauerbewegung sind. Die Kostüme von Agostino Cavalca sind abgesehen von dem für die Braut mit überdimensionalem Kopfputz hübsch anzusehen, bieten allerdings der Regie von Moshe Leiser auch die Möglichkeit, die Protagonistin zwar nicht den Sterbenden Schwan, aber mit weiten Ärmeln den sterbenden Schmetterling aufführen zu lassen. Schön ist die Idee, den zweiten Akt als den Ablauf eines Tages zu inszenieren, den Hintergrund der jeweiligen Situation anpassen zu lassen.

Natürlich dirigiert Antonio Pappano das italienische Repertoire in London, und er beginnt betont schnell und nervös, als wenn bereits die Eingangsszene mit der Hausbesichtigung tragisch umflort einher kommt. Im Verlauf der Vorstellung erweist er sich jedoch als der erfahrene Sängerbegleiter, als den man ihn kennt, und dass man die Lautstärke oft regulieren muss, liegt nicht an ihm, sondern an der Technik.

Die Titelpartie dürfte für Ermonela Jaho, die auch noch im Belcantofach tätig ist, eine Grenzpartie sein. Ihren Auftritt kann sie mit einem wunderschönen Spitzenton krönen, aber die für die Partie unverzichtbare präsente Mittellage ist weniger entwickelt. Im Liebesduett hat sie wunderbar zarte, lyrische Passagen, erweist sich als eine Meisterin des Piano. Die Optik der an sich attraktiven Sängerin leidet darunter, dass sie permanent beim Singen die Stirn in tiefe Falten legt, außerdem ist sie offensichtlich für das weit entfernt sitzende Publikum im Saal, nicht aber den mit Nahaufnahmen beglückten Zuschauer am Fernsehschirm geschminkt. Echte Tränen und ein kontrastreich gesungenes Un bel di vedremo, nach dem sie während des Publikumsbeifalls lächelnd aus der Rolle fällt, bleiben  außerdem im Gedächtnis des Zuschauers. Eine reife, mütterliche Suzuki mit zunächst angenehm rundem, warmem Mezzosopran mit sehr schöner Tiefe ist Elizabeth DeShong, deren Stimmer allerdings unter Druck überfordert klingt. Recht ansehnlich ist der Pinkerton von Marcelo Puente, sein Tenor allerdings enttäuscht, denn er ist zwar dunkel getönt und verfügt über eine sichere Höhe, klingt aber herb, hart und wenig geschmeidig. Das Fiorito asil erscheint wie ausgetrocknet, die Hohlheit der Gesten dazu könnte allerdings ein Regieeinfall zur Charakterisierung des leichtsinnigen Amerikaners sein. Sehr engagiert und anrührend gibt Scott Hendricks den Sharpless, singt dazu mit auch nicht gerade italienisch klingendem, aber in allen Lagen zuverlässigem, solidem Bariton. Die personifizierte Fiesheit ist rollengerecht und mit scharfem Charaktertenor Carlo Bosi. Yuriy Yurchuk ist ein ungewohnt dunkelstimmiger Yamadori, Jeremy White nur mäßig eindrucksvoll als Onkel Bonze. Der Summchor ist fein einstudiert vom Ex-Berliner William Spaulding. Das Publikum jubelt am Ende – Butterfly verfehlt auch bei nicht außergewöhnlicher Leistung der Mitwirkenden ihre Wirkung nicht (Opus arte BD7244D). Ingrid Wanja