Bezaubernd

 

Ein zauberhaftes Abschiedsgeschenk machte die langjährige Intendantin des Theaters Freiburg, Barbara Mundel, ihrem Publikum mit Massenets Cendrillon und bewies gemeinsam mit ihrer Ausstatterin Olga Motta, dass man auch mit begrenzten finanziellen Mitteln große Wirkungen erzielen kann, die zu einem großen Teil auf das Konto der Lichtdesignerin Dorothee Hoff gehen. Beim Schlussapplaus wird deutlich, dass die eine Zirkusarena darstellende Bühne mit kleinen, durch blaue Vorhänge voneinander getrennten Kammern schlicht und einfach, um nicht zu sagen primitiv, ist und vor allem durch viel Gefunkel, wechselnde Farben, den fleißigen Einsatz der Drehbühne, von einem riesigen Aufziehschlüssel gelenkt, märchenhaften Zauber entfaltet. Bezopfte kleine Mädchen ziehen ihre Väter in Kostümen der Entstehungszeit vorbei an der Kasse in das Zirkuszelt, in dem Cendrillon, die erst spät im Stück ihren wahren Namen Lucette preisgibt, einem Messerwerfer als Ziel dient. Stiefmutter und –schwestern sind Dressurreiterinnen, es wimmelt von Clowns nicht der derben, sondern romantischen Art, sogar ein Babyelefant entzückt die Zuschauer. Eine feine Ausgewogenheit zwischen Groteskem und Poetischem garantiert einen reuelosen Genuss zwischen Unterhaltung und Nachdenklichkeit.

Wie einem Lilian-Harvey-Film entsprungen zeigt sich die Titelheldin, von der so viel Faszination ausgeht, dass man das Entzücken über ihre Erscheinung am königlichen Hof nachvollziehen kann, obwohl das prächtige, von der Fee gespendete Kleid nur über ihr schwebt, sie selbst aber aschebeschmiert und im armseligen Fetzen auf dem Ball erscheint. Der zarte, silbrig schimmernde Sopran von Kim-Lillian Strebel klingt nur selten etwas säuerlich, sehr berührend singt sie ihr „Adieu mes souvenirs“, und im großen Duett der Liebenden, die einander sehr nahe sind, sich aber nicht sehen, harmoniert ihre Stimme gut mit der etwas wärmeren, runderen von Anat Czarny mit melancholischem Touch, die der mondbleiche Prince Charmant ist. Hochvirtuos gibt Katharina Melnikova die kapriziöse Fée mit irrwitzigen Koloraturen, süffig klingt der Mezzo von Anja Jung als böse Stiefmutter, Juan Orozco ist der den Parlandostil gut beherrschende besorgte Pandolfe, im dritten Akt wünscht man sich von seinem Bariton mehr Geschmeidigkeit. Auch die vielen kleineren Partien sind durchweg rollendeckend besetzt, und man kann dem Label Naxos nur dankbar dafür sein, dass es dem Zuschauer die Möglichkeit gibt festzustellen, dass die Provinz schlüssigere, erfreulichere und werk- wie publikumsangemessenere Produktionen bieten kann als die großen Häuser es oft tun (Naxos NBD0079V). Ingrid Wanja