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Es ist – denken wir bei operalounge.de – doch die Aufgabe eines anspruchsvollen Opernmagazins, nicht nur auf seltene Titel der Theatergeschichte hinzuweisen, sondern als Europäer vor allem europäische Opern bekannt zu machen (und damit das akute und sträfliche Versäumnis unserer Opernhäuser mit ihren einseitigen Spielplänen zu korrigieren), die – wie viele der von uns bislang vorgestellten – ursächlich oder begleitend zum nationalen Selbstverständnis der jeweiligen Entstehungsländer beitragen, dort nationale Entwicklungen zur Eigenständigkeit nach längerer Fremddominanz befördern. Dass Oper eine sozialpolitische Funktion zeigt und gleichzeitig auch ein Seismograph des nationalen Bewusstseins ist ausübt steht ja außer Zweifel.
Nachdem Daniel Hauser hier bei operalounge.de zwei unbekannte griechische Komponisten mit ihren Einspielungen bei Naxos vorstellte, wollen wir auf einen weiteren und auf dem Feld der Oper höchst unwahrscheinlichen Landsmann aufmerksam machen: Dimitri Mitropoulos, den man „nur“ als Dirigenten von Weltrang erinnert und dessen Dokumente bei jedem Hören erneut Bewunderung auslösen. Dass er (ein zutiefst religiöser Mensch) aber auch (nur) eine Oper, nämlich Soeur Béatrice, hinterlassen hat, scheint uns doch wirklich bemerkenswert.
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Oper in und aus Griechenland zu verstehen bedeutet unbedingt, einen Blick auf die leidvolle jüngere Geschichte der Befreiungskriege gegen die osmanischen Türken zu werfen, die Mitte des 19. Jahrhunderts unter vielen Einzelschlachten erst auf den Inseln und später auf dem peleponesichen Festland geschlagen wurden. Nicht nur die schlecht ausgerüstetetn Griechen setzten Leib und Leben ein, auch die Europäer nahmen mit Gusto und staatmännischen Machtgelüsten daran teil. Aber auch die begeisterte europäische (und sogar amerikanische) Intelligenzia sah in diesem Kampf gegen das verrottete osmanische Imperium den eigenen Kampf gegen Unterdrückung zu Hause. Dichter wie Lord Byron feuerten sie, Poeten wie Clemens Harris (Siegfried Wagners Sehnsuchtsfreund) und viele mehr reisten in die Kriegsgebiete und arbeiteten dort an ihren Ruhm.
Davon nachstehend, nach den Betrachtungen über die Mitrropoulos-Oper, dann viel mehr, denn die Vertreibung der Türken leutete die Verschiebung Griechenlands zum einen nach Westeuropa ein. Und eine fast zeitgleich sich etablierende, westlich orientierte (durchaus auch kriegsgewinnlerische) Oberschicht instrumentalisierte im gesellschaftlichen wie vor allem im kulturellen Betrieb eben dieses neu aufkommende Phänomen Oper, das ein ganz defintives soziales Moment der festen, anerkannten Zugehörigkeit zur westeuropäischen Kulturterfamilie ausmachte (man hatte ja sogar einen deutschen König aufgesetzt bekommen. Aber dazu wirklich später mehr.)
Dimitri Mitropoulos: Dirigent und Komponist. Ein lndiz für die westliche Ausrichtung Griechenlands nach der gelungenen Befreiung vom türkischen Joch war die Verwendung der fremden Sprache für eine Oper im Athen des frühen 20. Jahrhunderts. Soeur Beatrice, die einzige Oper Dimitri Mitropoulos‘, ist in Französisch, auf einen Text von Maurice Maeterlinck, komponiert. Allein die Tatsache, dass der später so berühmte und nach Amerika ausgewanderte Dirigent überhaupt eine Oper geschrieben hat, 2006 in Bulgarien aufgenommen bei der griechischen Firma Lyra, spricht für die oben angedeuteten heutigen Verhältnisse.
Mitropoulos wurde in Athen am 1. Mai 1896 geboren, studierte am Athener Konservatorium von 1908 bis 1921 bei Armand Marsick, einem belgischen Schüler von César Franck), Vincent D‘ lndy und Guy Ropratz, also bei einem Musiker deutlich in der Ausrichtung auf Wagner und der französischen Spätromantik bzw. des musikalischen Symbolismus. Zwischen Lehrer und Schüler entspann sich eine enge Beziehung, die wohl sowohl erotisch wie geistig war, so wie Mitropoulos später immer wieder solche Beziehungen mit andere, jüngeren Musikern eingegangen ist (Bernstein, Rohrem u. a.).
„Mea culpa“ in Opernform: Wagner (vor allem der Tristan) und Franck stehen als Paten für die musikalische Sprache der Soeur Béatrice, Debussy eher im Hintergrund, und in Hinsicht auf den Text war die Beziehung des Wallonen Marsick zu der Literatur seines Heimatlandes von eminenter Bedeutung. Er war es auch, der Mitropoulos mit Maeterlincks Dichtung vertraut machte. Dieser hatte das miracle (wie er es bezeichnete) eigentlich für Gabriel Fauré geschrieben, der das Stück (eine Nachdichtung einer flämischen Legende) aber nicht verwendete. Es war der Dirigent und Komponist Albert Wolff, der nach Mitropoulos dieselbe Dichtung noch einmal vertonte und die Beatrice als Einakt-Oper in drei tableaux 1949 in Nizza aufführen ließ. Ohne Nachwirkung und nur Musikwissenschaftlern bekannt, so wie die Oper von Mitropoulos auch.
Durch Marsick also erhielt Mitropoulos die Inspiration der Vorlage, so wie dieser Lehrer/Freund überhaupt überragenden Einfluss auf die musikalische Laufbahn und das philosophische Denken seines Schülers hatte. Marsick brachte den Mitropoulos auch in Kontakt mit der eminent wichtigen Schola Cantorum in Paris, wenngleich die ersten Schritte den jungen Mann aus reichem Hause von Athen nach Berlin an die Hochschule für Musik führten (1921 – 24). Dort arbeitete er auch als Repetiteur für Erich Kleiber an der Staatsoper. Danach ging er über Paris nach Amerika, wo er 1937 zum Chef des Minneapolis Symphony Orchestra ernannt wurde und wo er viele zeitgenössische europäische Kompositionen als amerikanische Erstaufführungen herausbrachte. 1946 nahm er die amerikanische Staatsbürgerschaft an. 1950 dirigierte er erstmals beim Maggio Musicale in Florenz (1953 die berühmte Forza mit Tebaldi) und von 1956 an der Lyric Opera van Chicago. Sein Debut an der New Yorker Met geschah 1954 mit der Salome. 1958 leitete er die Uraufführung von Barbers Vanessa ebendort, dann auch in Salzburg. Er starb am 2. November 1960. Viele Aufnahmen /Mitschnitte bestätigen seinen genialen Ausnahmestatus.
Und nun endlich die Oper Soeur Béatrice: Mindestens seit 1915 beschäftigte sich der junge Musiker mit dem Stoff der Béatrice, wie die Drei Klavierstücke belegen, die nach dem 1. Weltkrieg in Belgien mit diesem Titel erschienen, seinem Freund, dem Pianisten Antonis Skokkos, gewidmet. Die Grundidee in diesen Stücken findet sich auch in den Eck-Akten der Oper wieder. Bemerkenswert scheint die lange Beschäftigung mit dieser religiösen Vorlage – eine Beobachtung, die sich auch auf ähnlich gelagerte Sujets anderer homosexueller Komponisten erstreckt (Poulenc, Menotti oder Refice vielleicht als Beispiele, Puccini natürlich nicht), die ihre Probleme mit einer restriktiven Gesellschaft in suppiger Religiosität verarbeiten. Mitropoulos wird in seinen jungen Jahren als tiefreligiös (katholisch?) geschildert Und die Soeur Béatrice könnte eine starke Kompensationsvorlage gewesen sein. Das altbekannte Sujet des Sünders, dem vom Himmel vergeben wird, ist hier nur allzu deutlich und allzu biographisch. Ähnlich wie bei Tschaikowsky, der sich mit seinen weiblichen Hauptfiguren identifizierte und die schönsten Melodien für diese schrieb, vde. das Wiegenlied der Maria am Ende von Mazeppa, das einen sensiblen hörer zum Weinen bringt.
Warum aber gab er das Komponieren auf? Er durchmaß als Künstler eine weite Spanne der Einflüsse: von Franck, Wagner bis zu Kalomiris (Griechische Sonate/ Mutters Ring), kam in Kontakt mit Schönberg und dessen Schule sowie Strawinsky und Bartok. Danach schrieb er nichts mehr. Der Dirigent und Musikwissenschaftler Byron Fidetzis, der die einzige Aufnahme der Soeur Béatrice ebenso eingespielt hat wie viele andere Werke griechischer Komponisten, meint, dass das eher verhaltene Urteil seines Lehrers Marsick wie auch das von Busoni den jungen Musiker enttäuschte, der keine Geduld für einen langsamen Reifeprozess als Komponist aufbrachte, sondern als Perfektionist alles auf einmal und absolut fehlerfrei machen wollte. Er war kein Wunderkind wie Mozart und war zu sehr auf einen persönlichen Stil versessen, wobei er eher eklektizistisch die Stile und Formen anderer aufsog, was bei einem Anfänger namentlich in jenen chaotischen Jahren nicht verwunderlich erscheint. Mit Ausnahme der Bühnenmusik zu Hippolitus und Elektra schrieb Mitropoulos nach dieser Enttäuschung nichts mehr für das Theater. Außerdem machte sich seine rekreative Begabung als Dirigent und Interpret der Musik anderer so stark bemerkbar, dass seine eigene kreative Arbeit/lnspiration dahinter zurückstehen musste.
Verbreitung: Eine konzertante Auffuhrung des 1. Aktes der Oper Soeur Beatrice setzte Armand Marsick am Athener Stadttheater am 12. April 1918 mit ihm als Dirigent durch. Hier sangen Maria Messalora in der Titelrolle und Kirnon Triantafyllou als Bellidor. Die eigentliche Premiere der szenischen Wiedergabe dirigierte Marsick am selben Theater am 11. Mai 1920. Katina Paxinou sang die Titelrolle und die Heilige Jungfrau (sie war mit Mitropoulos eng befreundet und brachte ihre wohlhabende Familie dazu, diese Aufführung und auch weitere Vorhaben ihres Freundes zu ermöglichen), Triantafyllou erneut den Bellidor, dazu eine Reihe guter Comprimari. Mit einer Folgeaufführung am 13. Mai (es gab keine späteren Wiederbelebungen bis zum Konzert/Einspielung in Sofia 2002). Die Uraufführung wurde von dem Komponisten Camille Saint-Saens besucht und sehr wohlwollend beurteilt, was in der Folge für die Karriere des jungen Komponisten von Bedeutung wurde.
Die Textlage des Werkes bleibt kompliziert, denn das alte Orchestermaterial ist verloren, das Manuskript liegt in der Athener Gennadios Bibliothek. Jedoch existieren ein Klavierauszug und die Dirigierpartitur, die aber voneinander abweichen. Byron Fidetzis, Pionier für moderne Wiedergaben von Werken von Carrer, Samara, Kalomiris und vielen, vielen anderen, hatte eine neue Partitur eingerichtet und die Oper mit den Kräften aus Sofia (Pasardjik Symphony Orchestra und Chor Voices of Sofia) sowie mit einigen namhaften griechischen Solisten 2002 bei Lyra eingespielt (inzwischen ist das Label vom Markt). Vor allem Marta Arapi in der Doppelrolle der Beatrice/Jungfrau beeindruckt in der Aufnahme; dazu kommen die gestandenen Solisten von Fidetzis aus anderen Aufnahmen, vor allem Vangelis Chatzissimos als verführerischer Prinz Bellidor, aber auch die Griechin Barbara Tsambali und andere mehr. G. H.
Zur Handlung: Akt 1 In einem Kloster wartet die junge Nonne Béatrice auf ihren Geliebten, den Prinzen Bellidor, mit dem sie fliehen will. Sie fleht die Marienstatue an, ihr durch ein Zeichen zu bedeuten, dass diese ihren Entschluss missbillige. Bellidor kommt, bestürmt Béatrice erneut. Sie wird schwach, und beide laufen davon, weil ja die Mutter Gottes nichts dagegen unternommen hat.
Akt 2 Die Statue ist lebendig geworden und nimmt nun den Platz der Entlaufenen ein. Sie tut Wunder, kümmert sich um die Armen und erstaunt die Schwestern, die doch Béatrice mit dem Prinzen haben davonreiten sehen. Alle halten die Jungfrau fur Béatrice. Jedoch kommt diese unter Verdacht, als man den Verlust der Statue selbst bemerkt, zumal man unter dem abgelegten Habit am Fuße des Altars die prächtigen Gewänder der Gottesmutter findet. Die vermeintliche Nonne wird hochnotpeinlich befragt und bestraft. Aber ein weiteres Wunder geschieht: Als die Peitsche den Rücken berührt, öffnet sich der Himmel, und aus den Blutstropfen werden blühende Blumen. Nun hält man (die falsche) Béatrice für eine Heilige und betet sie an.
Akt 3 Nun steht die Statue der Mutter Gottes wieder auf ihrem Podest. Die völlig erschöpfte, verelendete Béatrice taumelt in die Kirche. Bellidor hat sie nach kurzer Zeit satt gehabt und verlassen. 25 Jahre sind vergangen, in letzter Not hat sich Béatrice in ihr altes Kloster geschleppt und hofft auf Absolution durch ihre Oberin. Aber diese – wie ihre‘ Mitschwestern – ist von den Geständnissen der sündigen Nonne verwirrt: War sie denn nicht wundertuend die ganzen Jahre als eine der Ihren unter ihnen? Béatrice haucht ihr Leben aus, und die Jungfrau singt von ihrem Sockel herunter: „Es gibt keine Sünde, wo Liebe gefleht hat“. Sie segnet die Sterbende. Ein himmlischer Chor preist Unsere Liebe Frau. Wenn das keine autobiographischen Momente sind… G. H.
Und als Abschluss unbedingt ein paar Worte zur Oper in Griechenland: Die Geschichte der (westeuropäischen) Kunstform Oper in Griechenland ist untrennbar mit der wechselhaften Geschichte des Landes verbunden und meist eine Reaktion darauf. Alles geht auf die jahrhundertelange Besetzung durch die Osmanen/Türken zurück, die schmerzhaft und erst in einem langen, erbitterten Prozess des Widerstandes im 19. Jahrhundert abgeworfen wurden (Rossinis Siege de Corinth ist ein Beispiel für die Anteilnahme Europas an dieser Bewegung, die von Lord Byron in der Literatur glorifiziert wurde und an der auch der Siegfried-Wagner-Freund Clement Harris teilnahm, wie wir an anderer Stelle in operalounge.de erwähnten). Die Befreiung erfolgte erst auf den lnseln im ionischen Meer und dann (weitgehend mit Hilfe der Engländer) auf dem Festland, wobei auf den lnseln wie vor allem auch an den Küsten der terra firma der unverhohlene Geneozid und die Deportationen der griechischen Siedler durch die Türken folgten (es hieß, in Smyrna hätte man über die Bucht auf den Leichen laufen können …), denn die Griechen hatten sich seit der Antike, später auch unter der osmanischen Herrschaft, weit über den kleinasiatischen Raum und die Mittelmeerregion verbreitet. Und der türkische Staat ist mit Genoziden ja gut bekannt.
Griechenland wurde danach im 19. Jahrhundert eine fremde (konstitutionelle) Monarchie aufgepfropft – erst kamen die bayerischen Wittelsbacher, dann die Dänen (Holstein-Glücksburg bis 1973). Die Ausbeitung europaischer Kultur bzw. Rück-Wendung Griechenlands zu Europa geschah naturgemäß also erst wieder im 19. Jahrhundert und verstärkt im frühen 20.
Die westliche Kunstform Oper war ein wesentlicher Teil davon. Komponisten wie Carrer oder Samara waren in ltalien (am Konservatorium Mailand) ausgebildet und übertrugen das Gelernte auf eine nationale Basis. Die eigentlichen Pioniere auf dem Gebiet der Oper waren jedoch zuvor reisende Truppen gewesen, die auf den lnseln von ltalien her Oper gespielt und eine gewisse Tradition oder zumindest einen Bekanntheitsgrad für diese Unterhaltungsform gesetzt hatten. Oper also bedeutete ein Stück Europa (West Europa!), und Zugehörigkeit zur westlichen Völkerfamilie, der es sich durch seine Geschichte und seinen Widerstand gegen die osmanischen Besatzer eng verbunden fühlte. lnsofern ist jede Betrachtung der Operngeschichte Griechenlands auch ein Blick auf das Streben nach Anerkennung durch den Westen.
Vor allem in den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts war das griechische Musikleben auf die Oper ausgerichtet. Athen besaß ein wichtiges und erfolgreiches Konservatorium, an dem viele renommierte ausländische Lehrer unterrichteten. Die europäische Musik setzte sich mehr und mehr in der Öffentlichkeit durch (namentlich in der gebildeten dünnen Operschicht), und die allmähliche Anerkennung der ionischen Schule (der auf den lnseln gewonnenen Ausdrucksformen als spezifisch griechisch) half dem Musikleben zu einem neuen, eigenen Gesicht. Komponisten wie Mantzaros, Padovanis, Carrer, Rhodotheatos und andere schrieben für das Establishment, die Oberschicht , die sich nach Westen ausgerichtet hatte und die für die Errichtung von Opernhäusern und Konzertsälen nicht nur in Athen , sondern auch in Patras, Hermoupolis und anderen Städten sorgte. Es war die Oper, die – vor allem mit der post-wagnerianischen Ausrichtung – diese pro-westlichen Strömungen verkörperte und in die nun das Nationalgefühl, das Streben nach einem eigenen nationalen Ausdruck, eingebracht wurde. Wenngleich keine wirkliche Verschmelzung der äußeren Einflüsse mit den einheimischen erreicht wurde wie z. B. im Paris des beginnenden 19. Jahrhunderts. Oper bleibt bis heute – denke ich – in Griechenland etwas Akademisches: ein Medium für die Oberschicht, die wie in anderen Ländern des Balkans oder des Orients auf den Westen fixiert war/ist. Man sprach Französisch (und nur wenig Englisch). Noch Elvira de Hidalgo unterrichte ihre Schüler (und Maria Callas) zwischen den Kriegen in Französisch, während dann die besatzenden ltaliener (und Deutschen ihre Sprache für eine Zeit durchsetzten.
Unter diesen Umstanden wuchs das Voilumen an griechischen Opern vor allem in dem ersten Drittel des 20. Jahrhunderts. Namen wie Samara, Lavrangas, Sakallarides, Kalomiris oder Sklavos stehen dafür (auf die veristische, i. e. italienische Atmosphäre in der Martire/ Natalia Samaras wurde bereits an anderer Stelle bei operalounge.de hingewiesen) Dabei muss auch erwähnt werden, dass eben viele bzw. die meisten Werke nicht in griechischer Sprache, sondern in einer westlichen (weitgehend italienischen) konzipiert und aufgeführt wurden und – so im Falle der Natalia Samaras – im westlichen Ausland einen größeren Erfolg fanden als im Heimatland: Natalia hatte z. B. durchaus eine deutsche Tradition und wurde bei Bote & Bock in Berlin verlegt, andere bei Ricordi oder Sonzogno in ltalien. Vielleicht war es die bewegte politische Zeit Griechenlands jener Jahre mit ihren Putschen, Umstürzen, Königsvertreibungen, Besetzungen und Kriegen, die ein weiteres Heranreifen des Opernlebens, des eigenen Idioms, verhinderten
Mit dem 1. Weltkrieg war diese kurze Blüte des griechischen Musiklebens westlicher Prägung vorbei und hat sich davon nie wieder richtig erholt, selbst wenn heute natürlich internationales Kulturleben in Griechenland herrscht und namentlich das Athener Opernhaus (mit internationalem Spielplan und wenig Griechischem) und das Megaron (mit Aufführungen von Strauss und Wagner) bedeutende und eben internationale Institute sind, wie sie sich auch in anderen Regionen Griechennlands vereinzelt finden.
Dank besonders an den von mir hoch verehrten Dirigenten Byron Fidetzis und seinen Artikel im Booklet zur Aufnahme der Oper bei der griechischen Firma Lyra 2006, inzwischen vergriffen und die Firma obsolet, was ein Jammer ist, denn es gab viele Einspielungen giechischer Musik und Opern ebendort..Das Foto oben zeigt Deborah Kerr als Nonne in dem britischen Film „Black Nacissus“ von Michael Powell und Emric Pressburger 1947/ Still aus der immer noch auf dem Markt erhältlichen Rank-DVD.
Und als Nachtrag von 2023 gibt es den Hinweis auf die moderne, konzertante Wiederaufführung der Soeur Béatrice in Athens Maria Callas Olympic Concert Hall 2022 mit Catherine Hunold in der Titelpartie (Foto oben/youtube) unter der Leitung von Pierre Dumoussaud; die Edition stammte von Byron Fidetzis. Anzuschauen bei youtube.