Im 1753 eröffneten, 1944 ausgelagerten und 1958 an anderer Stelle der Münchner Residenz eröffneten und nach seinem Erbauer, dem bayerischen Hofbaumeister François de Cuvilliés, genannten Cuvilliés-Theater sang Juan Diego Flórez Mitte 2018 neun der zentralen Tenorarien Mozarts. Darunter zuletzt als Reminiszenz an den Ort der Uraufführung, wo Idomeneo, mit dem Mozart dem Tenor erstmals eine tragende Partie gab, auch Idomeneos „Fuor del mar“, ein Bravourstück, in dem der Kreterkönig mit dem Toben des Meeres die Konflikte in seinem Herzen beschreibt. An diesem Abend passt alles: vom festlichen Rahmen über das auf Originalinstrumenten spielende, an der Zürcher Oper entstandene Orchestra La Scintilla unter Riccardo Minasi (solistisch mit den Don Giovanni-, Le nozze di Figaro-, La clemenza di Tito– und Idomeneo-Ouvertüren vertreten) bis zum geschmackvollen Outfit des Tenors, einer mit braunrotem Hemd, Fliege und Hose kombinierten bordeauxfarbenen Samtjacke.
Flórez beginnt mit Ferrandos gefühlvollem „Un‘ aura amorosa“, dessen wiegende Schwärmereien und hoch schwingende kurzen Noten er im energischen Fluss elegant bindet. Das gilt auch für die beiden Szenen des Don Ottavio, dem Flórez ein wenig mehr an Feuer, Energie und virilem Temperament als gemeinhin gibt, der für Wien nachkomponierten Arie „Dalla sua pace“ als verinnerlichtes Seelenbild, doch vor allem dem großen Rondo und den lang gesponnenen Koloraturen von „Il mio tesoro“. Fehlende Koloraturfertigkeit kann man ihm ebenso wenig vorwerfen wie mangelndes Stilgefühl. Schade, dass Flórez nicht alle drei Arien Belmontes singt, eine Abfolge von schwierigen Szenen, dafür immerhin die koloraturengespickte, im italienischen Stil geschriebene, leider häufig gestrichene Baumeisterarie „Ich baue ganz auf deine Stärke“, die er mit Selbstverständlichkeit und Leichtigkeit , wenngleich nicht ganz reinem Deutsch singt. In der großen Konzertarie „Misero! O sogno“, die Mozart seinem ersten Belmonte im Jahr nach der Entführung für eine Benefizkonzert konzipierte, fehlt es Flórez‘ Tenor im Rezitativ vielleicht ein wenig an Gewicht, doch er formuliert die Gedanken eines Gefangenen an seine Geliebte mit angenehm abgetönter Zartheit und gewinnt im aufgewühlten Schlussteil der Arie „Aura, che intorno spiri“ eine Dramatik, die die Kerkerszene des Florestan vorwegnimmt. Mit der entsagungsvoll entrückten Aria di bravura des Kaisers Titus „Se all’impero“ , dessen Güte quasi nicht mehr von dieser Welt ist, und der mit erlesenem Geschmack ziselierten Bildnisarie des Tamino, die das Erwachen der Liebe beschreibt, feiert Flórez die beiden letzten Opern Mozarts, bevor er den Abend, der gerne auch noch länger hätte dauern können, mit dem als leidenschaftlich italienische Bravourarie präsentierten Prunkstück „Fuor del mar“ krönt (C Major DVD 754808) . Rolf Fath
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