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Es kostet sehr viel Überwindung, sich das Video von der Inszenierung von Puccinis Tosca aus dem Theater an der Wien bis zum Ende anzugucken, so sehr ist die Inszenierung von Martin Kušej von Willkür gegenüber Inhalt und Text, von dem Streben nach Sex und Crime um jeden Preis geprägt, dass sie Übelkeit verursacht und wütende Verachtung gegenüber ihrem Produzenten. Da werden mehrere Personen zusammengefasst, so wie Sciarrone, der zugleich Mesner und Schließer ist, so dass er im dritten Akt Cavaradossi hohnlachend den Ring vom Finger reißen kann, dieser als Trost dafür aber auch den Hirten singen darf, da wird eine Figur als szenisch präsente Gestalt hinzu erfunden, die Marchesa Attavanti, die von Anfang an in der Schneelandschaft mit Wohnwagen, in der das Stück nun spielt, umhergeistert, um schließlich Tosca zu erschießen, da offeriert Tosca Scarpia verschiedenste Kamasutrapositionen, ehe überhaupt von einem Handel um das Leben Cavaradossis die Rede ist, sind ihre Kostüme, ehe sie in Reizwäsche den Rest der Oper bewältigt, nicht die einer aus dem Konzert herbei geeilten Operndiva, sondern Herbertstraße letzte Ecke. Und als einziges Detail der Regie ist die Frage, ob die Laufmasche in ihren halterlosen Strümpfen Regieidee oder Bühnenunfall ist, einer Überlegung wert (Kostüme Su Sigmund, die wie viele ihrer Kolleginnen ein Faible für Schiesser-Feinripp hat ). Cavaradossi ist ein rechter Blödmann, weil er auf seine Erschießung wartet, statt in aller Ruhe nach Hause zu gehen, denn der Wohnwagen ist im dritten Akt verschwunden und weit und breit ist kein Hindernis zu sehen. Anette Murschetz hat eine kongeniale Bühne geschaffen, die zunächst Eugen Onegins Duell mit Lenski erwarten lässt, ehe man außer der Schneelandschaft plus knorrigem Eichstamm den blutigen Torso an denselben, weitere abgetrennte Gliedmaßen und ein Marienbild erblickt. Im zweiten Akt öffnet sich die Vorderfront eines schäbigen Wohnwagens mit zwei Stühlen und einem Kofferradio (Schaub-Lorenz), Unmengen von Schergen kommen und gehen, Scarpia hat sich im Schnee ein Feuerchen angezündet und seine povera cena ist wirklich eine solche, denn es gibt nichts zu essen. Das würde man ertragen, wenn nicht die Regie durch eine Häufung von Schockmomenten jede Aufmerksamkeit von der Musik ablenkt, Tosca nicht einmal gestattet, Vissi d’Arte ins Publikum, sondern mit dem Rücken zu demselben zu singen. Liegt es auch daran, dass die Arie seltsam kühl und flach klingt, auch ansonsten der Sopran zu leicht, eine typische Puccinistimme ist das zumindest in dieser Aufnahme nicht. So ist Kristine Opolais zwar eine optisch ideale Tosca, aber auch eine mit substanzloser Mittellage und ohne ein schönes Aufblühen in der Höhe. Was für eine Angst müssen Sänger haben, dass sie sich lieber um die Wirkung ihrer Kunst bringen lassen, ehe sie sich Unzumutbarem verweigern, und wo bleibt die Verantwortung der Dirigenten gegenüber Werk und Publikum, das übrigens den Regisseur mit einem Buhorkan bedacht haben soll. Ingo Metzmacher hatte abgesagt, und was Marc Albrecht aus dem ORF Radio-Symphonieorchester Wien an feinen Stimmungen (Vorspiel 3. Akt) herausholte, wäre einer besseren Optik wert gewesen.
Die vokalen Stärken von Jonathan Tetelmans Cavaradossi zeigen sich im Vittoria und La vita mi costasse, denn sein Tenor ist kraftvoll und klingt mühelos. Anzuerkennen ist auch, dass er für E lucevan le stelle sich um ein agogikreiches Singen bemühte, auch wenn es Piano und mezza voce noch etwas an Farbe mangelt. Gábor Bretz klingt als Scarpia im ersten Akt noch etwas hohl, kann aber zu Beginn des zweiten Akts mit seiner großen Soloszene mit farbigem, substanzreichem Bariton überzeugen. Schön höhnisch hört sich das Scrivete von Rafal Pawnuk als Schließer an, wie ein baritenore klingt Andrew Morstein als Spoletta, Ivan Zinovievs Angelotti darf sich noch lange im Schnee quälen, ein selbstbestimmter Tod im Brunnenschacht ist ihm nicht vergönnt. Diese Aufnahme kann man nur mit spitzen Fingern in der hintersten Schublade versenken, o meglio…. (Unitel 809704). Ingrid Wanja