Vergnügliches aus Malmö

 

Fast immer ein Grund zur Freude sind die meistens weniger bekannten Opern in Aufführungen aus meistens weniger im Zentrum des Interesses stehenden Opernhäusern, die das Label Naxos in schöner Regelmäßigkeit auf den Markt bringt. So bestellt ist es auch um Rossinis heitere Oper Le Comte Ory von der Oper Malmö in einer hochamüsanten, liebenswerten und dabei nicht unkritischen Produktion aus dem Jahre 2015, als Regisseurin Linda Mallik mit offensichtlicher Achtung vor und Liebe zum Werk ein turbulentes, amüsant erotisches und am Ende mit einer unerwarteten Wendung verblüffendes Spektakel auf die Bretter brachte. Zwar erscheinen die aus dem Kreuzzug heimkehrenden Ritter tatsächlich auf der Bühne und kündigen sich nicht nur durch Siegesgesänge an, aber so schnell wie ihr Erscheinen ist ihr Hinscheiden, denn alle tragen sie lange weiße Bärte und ein Sarazenenschwert im Rücken. So können denn Countess Adèle und Page Isolier eine ungestörtere Liebesnacht feiern, als ihnen zuvor zu dritt auf einem Lager mit dem lüsternen Ory beschieden war. Einen Aha-Effekt hatte allerdings auch diese erzeugt, wenn aus dem Orchestergraben ein riesiges Bett vor einem Blütenbusch emporfährt. Karin Betz ist als Bühnenbildnerin für diesen Einfall und weitere ebenso köstliche verantwortlich, zauberte mit einfachen Mitteln, aber viel Farbeffekten und allerseits Kreuzen sowohl für den ersten Akt vor der Behausung des angeblichen Eremiten wie für das gräfliche Schloss eine angemessene Bühne. Ihre Kostüme sind allesamt so schön wie witzig charakterisierend und helfen den Sängern, plastische Figuren zu kreieren.

Der Cast besteht aus durchweg guten Schauspielern und zum überraschend großen Teil auch aus vorzüglichen Sängern. Einem berühmten peruanischen Sänger optisch zum Verwechseln ähnlich sieht der Tenor Leonardo Ferrando in der Titelpartie, dem zum akustischen Ebenbild lediglich mehr corpo und ein ausgeprägterer squillo in der Höhe fehlen, ansonsten ist er mit allen Attributen für einen guten Rossinisänger versehen und dazu mit einem beinahe unglaublichen Spieltalent. Eine wirkliche Schönheit ist die Adèle von Erika Miklosa, dazu mit einer reinen, geschmeidigen Sopranstimme von leichter Emission begabt. Beinahe schon ein Alt ist die ebenfalls vorzügliche Ragonde von Irina De Baghy, und der Isolier von Daniela Pini gefällt durch sein wendiges Spiel und den Mezzo von ebenmäßiger Farbe. Vokale Schwächen weist lediglich der Erzieher des Grafen auf, dem Lars Arvidson nur recht schütter klingende Töne in seinen doch recht umfangreichen Beiträgen verleihen kann. Besser ist es um die andere tiefe Stimme bestellt: Igor Bakan ist als Raimbaud selbst den irrwitzigsten Prestoteilen seiner Partie gewachsen. Herrlich sind die Chorszenen, insbesondere das Trinklied im zweiten Akt, amüsant sind bei den Solisten wie dem Herrenchor die ständigen Wechsel zwischen frommer Demut als angebliche Nonnen und derber Trinklust als rüde Gefolgsleute des Grafen. Am Dirigentenpult sorgt Tobias Ringborg für Spannung, Tempo und klugen Aufbau insbesondere der Finali. Ein vergnüglicher Abend ist jedem, der in den Genuss der DVD kommt, gewiss (Naxos 2.110388). Ingrid Wanja