Leise rieselt der Schnee- aber nicht aufs Café Momus oder die Vorbereitungen zum Duell Onegin-Lenski, sondern auf Manrico und Azucena, die dem nahenden Tod ins Auge sehen. Mit einem Übermaß an Requisiten ist in der Londoner Trovatore–Produktion die Bühne zugemüllt, als habe ein Blinder und zudem Opernunkundiger in den Sack mit Ingredienzien für Regietheater gegriffen und daraus hervorgezaubert, was mehr oder weniger oder vor allem gar nicht in die Verdi-Oper passt. Ein Gesamtkonzept lässt sich aus all dem natürlich nicht erschließen. Ein Panzer wird von den Mannen Lunas durch die Szene manövriert, aber zum Abschlachten, gern auch der eigenen Leute, bedient man sich lieber altertümlicherer Werkzeuge wie Hammer (Manrico- und es passt immerhin zum Schmiedelied einige Bilder zuvor) oder Messer zum Halsabschneiden (Lunas Leute). Kitschiges (brennendes Herz) behauptet sich neben Buntem (Luftballons), Gendermäßiges (männliche Braut) steht neben Religiösem (Engel und Kreuze), Stacheldraht macht einem Wald aus Bäumen, deren Blätter Papiertaschentücher sind, Konkurrenz. Am stimmigsten sind da noch ein puppenbestückter Camper für Azucena und ein ausgebrannter Kinderwagen. Und wie so oft, wenn sich die Phantasie bereits bei der Gestaltung der Bühne (Patrick Bannwart) erschöpft hat, fällt der Regie (David Bösch) für die Führung der Personen nichts mehr ein, und sie dürfen ungestört an der Rampe und sich in Einheitsoperngesten ergehend agieren. Über die Allerwelts- und Allerzeitenkostüme von Meentje Nielsen dürfte sich ebenfalls keiner der Sänger beschwert haben.
Leider gibt es für diese unglückliche Produktion nur eine wirklich vorzügliche Sängerin, nämlich die Azucena von Anita Rachvelishvili mit einem hochpoetischen „Nei nostri monti ritorneremo“ und farbig flammendem drittem Bild, einer Darbietung voller vokaler Nuancen dank der perfekten Beherrschung eines stimmlichen Ausnahmematerials. Nicht viel aussetzen kann man an der anmutigen Leonora von Lianna Haroutounian, mädchenhaft und trotz recht heller, noch sehr lyrischer Sopranstimme bereits mit Tosca unterwegs. Die sichere Höhe spricht ebenso für sie wie die gut bewältigte zweite Cabaletta, die Arie zuvor hätte man sich poetischer gestaltet gewünscht. Debütant an Covent Garden war der ukrainische Bariton Vitaly Bilyy, wie il rivale ein bereits ergrauter Herr, der eher Kraft als Sensibilität in seine vokale Gestaltung einbrachte, der italienisches Leuchten abging und der „Il balen del suo sorriso“ recht eintönig grau, die Cabaletta grobschlächtig auf Effekte bauend darbot. Allerdings ist ihm hoch anzurechnen, dass er sich penibel der kleinen Notenwerte annahm. Älter als la madre sventurata wirkte der Manrico von Gregory Kunde, sicherlich ein verdienter, immer noch sicherer, vor allem höhensicherer Tenor, aber doch zu hart, zu scharf, zu hölzern klingend und eigentlich nur in der Stretta noch in seinem Element. Mit dunklem und schlankem Bass war der Ferrando von AlexanderTsymbalyuk eine erfreuliche Erscheinung und, obwohl eigentlich der Älteste, der auf der Bühne am jüngsten Wirkende. Aber das ist Oper und nicht der Grund dafür, das insgesamt diese Aufnahme kalt lässt und es, auch das Orchester unter Richard Farnes kann daran nichts ändern, zu keiner adäquaten Umsetzung der wunderbaren Partitur auf der Londoner Bühne kommt (Opus arte BD7238). Ingrid Wanja