Flotte Nummer

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Eine Rarität legt OPUS ARTE auf Blu-ray Disc vor (OABD7309D). Damit ist natürlich nicht Handels Oratorio Semele gemeint, welches auf dem Musikmarkt vielfach vertreten ist, sondern dessen Aufführungsort – die New Zealand Opera. In der Holy Trinity Cathedral von Auckland haben Thomas de Mallet Burgess und Jacqueline Coats das Werk als Musical Drama inszeniert. Die Aufführung fand am 29. September 2021 statt. Die Ouverture wird mit Filmaufnahmen bebildert, welche Angehörige der britischen High Society bei den Vorbereitungen zur Hochzeit von Semele und Athamas zeigen. Das bietet dem Ausstatter Tracy Grant Lord Gelegenheit für eine opulente Kostümierung mit upper class-Roben samt extravaganten Hüten. Der New Zealand Opera Chorus und der Holy Trinity Cathedral Choir können gleich im feierlichen „Lucky omens bless our rites“ mit machtvollem Gesang aufwarten. „Hail Cadmus“ am Ende des 1. Aktes ist dagegen klanglich unausgewogen. Aber am Schluss können beide Ensembles mit dem jauchzenden „Happy, happy shall we be“ wieder punkten.

Prominent besetzt ist die Titelrolle mit Emma Pearson, die gleich zu Beginn im weißen Brautkleid ihr Los beklagt, soll sie doch Athamas heiraten und ist noch ganz erfüllt von ihrer vorherigen Begegnung mit Zeus. Dieser kommt in Ledermontur auf einem Motorrad herbei geprescht und stört nicht nur die Hochzeit empfindlich, sondern entführt gar die Braut. Am Ende des 1. Aktes fällt ihr der Hit „Endless pleasure“ zu, den sie wie eine Schlagersängerin ins Mikrofon singt und dabei auch strenge Töne hören lässt. Im 2. Akt hat sie mit „O sleep, why dost thou leave me?“ gleichfalls eine berühmte Nummer, die sie, auf einer großen Liege gebettet, mit recht larmoyantem Klang  absolviert. Ihr Glanzstück im 3. Akt ist „Myself I shall adore“, das ihr – wieder mit dem Handmikrofon – beachtlich gelingt. Sehr expressiv gezeichnet ist das Accompagnato „Ah me! too late“ bei ihrem Tod.

Die weiteren Interpreten sind hierzulande weniger bekannt, bieten aber ein solides Niveau. Amitai Pati ist der Jupiter und Apollo in bester britischer Oratorientenor-Tradition, was sein „Where’er you walk“ zum stimmlichen Fest werden lässt, Sarah Castle mit resolutem Mezzo die Göttergattin Juno und gefühlvollem Semeles Schwester Ino. Letztere liebt den Prinzen Athamas, den Stephen Diaz mit klangvollem Alt und starker Empfindung singt. Nach dem Willen des Königs Cadmus (Paul Whelan, der mit sonorem Bass auch den Somnus gibt) soll er Semele heiraten. Chelsea Dolman singt bemerkenswert die Iris mit substanzreichem. leuchtendem Sopran.

Mit Peter Walls steht ein kompetenter Dirigent am Pult des New Zealand Opera Baroque Orchestra, der die Dynamik der Musik, ihre Farben und Tempi zu optimaler Wirkung bringt. Der Titel des Klangkörpers sagt schon viel aus über seine Affinität zu diesem besonderen Musikstil und das authentische Klangbild hält dem  Vergleich mit renommierten Ensembles der Alten Musik durchaus stand. Bernd Hoppe