Der Dirigent Karl Richter scheint auf dem DVD-Musikmarkt eine tüchtige Lobby zu haben. Und das ist gut so – weil verdient. Nachdem bei Deutsche Grammophon die von ihm geleiteten großen Bach-Oratorien, die Brandenburgischen Konzerte und eine lebensbeschreibende Dokumentation zu haben sind, widmet sich das Label Conventus Musicus akribisch der wichtigsten Schaffensperiode des Dirigenten: Karl Richter in München 1951-1981. Einmal stehen sein Bach-Chor und sein Bach-Orchester im Mittelpunkt (CM 2131), der zweite Titel der kleinen Reihe widmet sich auf zwei DVDs in aller Ausführlichkeit den Solisten, Konzerten und Tourneen (CM 2130). In beiden Fällen ist Johannes Martin der Autor, dem das private Richter-Archiv offen stand. Entsprechend üppig ist die Ernte, die eingefahren wird. Überwältigend die Fülle der Live-Mitschnitte, die in breiten Passagen zitiert werden. Dazwischen erscheinen auf dem Bildschirm ganz seltene Fotos und private Filme, die den nach außen ehr verschlossen wirkenden Dirigenten ungemein locker und gelöst vorstellen. Es kommen Musiker und Sänger (darunter Antonia Fahberg, Hertta Töpper oder Ernst Haefliger) zu Wort, mit denen Richter oft und gern gearbeitet hat – und die allesamt etwas zu sagen haben.
Bei dieser Dokumentation kommen die Macher ganz ohne das heute üblich gewordene Beiwerk und ohne jeden Schnickschnack aus. Nichts wird nachgestellt. Alles ist Original. Hin und wieder fühlte ich mich an eine Diashow erinnert, die jedermann am heimischen PC selbst herstellen kann. Das scheint mir in der Absicht des Herausgebers zu liegen, der sich von filmischer Meterware deutlich absetzen will. Professionalität entsteht durch die Exklusivität des Materials und seiner Ordnung und nicht so sehr durch filmische Raffinesse, bei der der Inhalte schnell zur Nebensache wird. Aber die Zuschauer sollten schon wissen, wer die Fahrberg oder Haefliger sind, um diese DVDs genießen und würdigen zu können.
Rüdiger Winter