Arion nennt sich bei Orchid Classics die CD der ukrainisch-walisischen Sopranistin Natalya Romaniw, so wie auch der Titel eines der Lieder von Rachmaninov lautet. Aber wer oder was ist Arion, im Lied selbst kommt der Begriff nicht vor, und so rätselt der Hörer, holt sich Rat bei Wikipedia und kann wählen u.a. zwischen einem antiken Dichter, einem Pferd aus der griechischen Mythologie, einer Gattung aus der Familie der Wegschnecken, einer isländischen Bank oder einem Schiff, was naheliegend, aber für dieses unheilverkündend ist, denn es geht um den einzigen Überlebenden eines Schiffsunglücks.
Wie dem auch sei, die junge Sängerin kann und will wohl auch ihre slawischen Wurzeln nicht verleugnen, obwohl doch gerade Wales, denkt man nur an Gwyneth Jones oder Bryn Terfel, eine Landschaft mit hervorragendem musikalischem Ruf ist. Ihr Großvater, den sie zärtlich Dido nannte und dem sie die CD gewidmet hat, machte sie mit ukrainischer Volksmusik bekannt, sie wirkte im Chor des ukrainischen Klubs in Swansea mit, ihre erste Opernpartie war Tatjana, und auch jetzt noch ist diese neben Lisa eine ihrer bevorzugten Rollen.
Voyage of a Slavic Soul ist er Untertitel der CD, und diese beginnt mit drei Liedern von Rimski-Korsakov. In Softly the soul zeigt der Sopran viel Corpo besonders in der dunkel getönten Mittellage, ein Timbre mit melancholischem Touch und eine leicht scharfe, hier durchaus nicht unangenehme Höhe. Auch im folgenden The Nymph goutiert man die reiche Stimme, die sich problemlos zurücknehmen , der Nymphe etwas Geheimnisvolles verleihen kann. In Summer Night’s Dream wird der Kontrast zwischen Realität und Traumwelt deutlich herausgestellt.
Dvoráks Love Songs leiden eher unter einer gewissen Härte und Schärfe der Stimme, die in der Mittellage aber immer wieder, so in So many a heart in der Mittellage weich und damit sehr angenehm werden kann. Von schönem Ebenmaß ist der Sopran im abschließenden Oh dear, nachdem bereits in In the woods eine gut tragende mezza voce plastisch Erfahrungen in der Natur wiedergegeben hat.
Natürlich darf Tschaikowski nicht fehlen, hier vertreten mit Gentle stars von eindringlicher Melancholie, Can’t it be day mit hellem Jubelton und sich steigerndem Refrain, Why als sanfte Klage, die sich bruchlos steigert zur Verzweiflung.
Mit Rachmaninov geht es weiter, der die Stimme in vielen dunklen Farben schillern lässt, Operhaftes fordert, aber auch Volksliedhaftes, das der Sängerin ebenso liegt, anzubieten hat. Da kommt dann hin und wieder auch die bereits zuvor bemerkte Schärfe der Extremhöhe ins Spiel. Mit der titelgebenden dramatischen Ballade Arion schließt der Rachmaninov-Block.
Es folgen noch zwei tschechische Komponisten mit Janáček und dem weniger bekannten Vitĕzsláv Novák. Der Bekanntere bietet Volksliedhaftes, dessen Ton der Sopran sehr schön trifft, und auch Munteres wie die letzten beiden Tracks macht dem Sprachunkundigen deutlich, worum es sich handelt.
In den Liedern von Novak, ebenso wie die seines Vorbilds, im mährischen Liedgut verwurzelt, vereint Natalya Romaniw Ruhiges mit durchaus Spannungsvollem. Ihre Begleiterin Lada Valešová unterstützt sie dabei erfolgreich (ORC100131). Ingrid Wanja