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Nach seinem gelungenen Rossini-Album stellt der französische Bariton Florian Sempey bei Alpha Classic nun eine weitere, sehr originelle Platte vor, die im Februar 2024 in Bordeaux aufgenommen wurde (ALPHA 1104). Ihr Titel Ferrum splendidum (Glänzendes Metall) verweist auf die Vorfahren des Sängers, die im französischen Périgord als Schmiede arbeiteten. Er spricht aber auch von Sempeys Affinität zu Mittelalter-Burgen und Ritter-Romantik. Der Bariton widmete sich statt der Familientradition jedoch dem Schmieden seiner Stimme, die es inzwischen zur Weltgeltung gebracht hat. Im Programm der CD werden dann auch Helden aller Art vorgestellt, beginnend mit Blondels „Ô Richard! Ô mon roi!“ aus Grétrys Richard Coeur de Lion. Das ist ein schwungvoller Einstieg, der die Qualitäten des Sängers sogleich deutlich herausstellt – das männlich-markige Timbre, die sichere Höhe, die Emphase des Ausdrucks. Es folgen zwei Szenen aus Donizettis Lucia di Lammermoor, jedoch in der französischen Fassung, so dass der Titel Lucie de Lammermoor korrekter wäre. Die Fassung wurde 1839 in Paris uraufgeführt. Zu hören sind Ashtons „D´un amour qui me brave“ und „À moi viens, ouvre tes ailes“. In beiden ist ein grimmiger Duktus zu vernehmen, was die Gefährlichkeit der Figur kennzeichnet. Auch die Spitzennoten werden nicht als Glanztöne verstanden, sondern als Zeichen der Macht. Die kleinere Tenorrolle des Gilbert nimmt Yoann Le Lan zuverlässig wahr.
Ein kühner Sprung wird mit zwei Nummern aus Orffs Carmina Burana vollzogen: „Estuans interius“ und „Ego sum abbas“/„In taberna quando sumus“ aus „In Taberna“. Vom Orchester rasant eingeleitet, sind sie Glanzstücke in ihrem stimmlichen Prunk und der Vehemenz des Vortrags.
Aus Thomas´ Hamlet hat der Bariton zwei Szenen ausgewählt – das Trinklied des Titelhelden „Ô vin, dissipe la tristesse“, wo das Orchester den gebührenden Schwung vorgibt, den der Sänger effektvoll aufnimmt, und seine betroffene Szene nach Ophéiies Tod „Comme une pâle fleur“. Weitere französische Komponisten sind mit
Gounod und Meyerbeer vertreten. Von Ersterem erklingt Mercutios Chanson „Mab, la reine des mensonges“ aus Roméo et Juliette mit ironischen Untertönen, von Zweitem „Ô puissante magie“ aus Le Pardon de Ploërmel als groß angelegte Szene in der Manier der Grand opéra. Wolframs „O du mein holder Abendstern“ aus Wagners Tannhäuser in beeindruckend sensibler Ausdeutung und die dramatisch aufgewühlte Finalszene des Prinzen aus Tschaikowskys L´Enchanteresse zeugen von der idiomatischen Vielseitigkeit des Sängers. Sogar eine Uraufführung gibt es mit Romain Dumas´ Les mirifiques aventures du chevalier d´Éon von 1985, aus der die Szene „De Bourgogne. je suis un fruit“ vorgestellt wird – ein lebhaftes Stück mit Melismen und hastigen Passagen.
Das Orchestre National Bordeaux Aquitaine ist unter Victor Jacob der Garant für eine stimmige und farbige Begleitung. Darüber hinaus trägt es mit vier Instrumentalnummern – vom Prélude zu D´Indys Fervaal über Ausschnitte aus Tschaikowskys La Belle au Bois Dormant bis zum Vorspiel zu Wagners Lohengrin – sehr zur Attraktivität der Platte bei (08. 12. 24). Bernd Hoppe