Die 1976 im lettischen Riga geborene Elina Garanča ist in den besten Jahren und in einem für Sänger noch so jungen Alter, dass man fragen darf, wohin es geht, welche Rollen geplant sind und welche Aufnahmen veröffentlicht werden. 2017 singt sie hochdramatische Rollen, u.a. Carmen, La Favorite/ Lénor, Eboli, Santuzza und Dalila an den großen Opernhäusern der Welt. Garanča gehört zweifellos zu den vielseitigsten, beliebtesten und gefragtesten Mezzosopranistinnen unserer Zeit, seit einigen Jahren ist sie bei der Deutsche Grammophon unter Vertrag.
Umso überraschender scheint es, dass bei Erato nun eine CD mit ihr erschienen ist. Es handelt sich dabei aber um bereits bekannte Aufnahmen aus den Jahren 2004 und 2005, die wieder veröffentlicht wurden. Schlicht Mozart Vivaldi heißt die eigenwillige Zusammenstellung, die Arien aus zwei CDs kombiniert, die beide noch erhältlich sind und beide von der Kritik beim Erscheinen hoch gelobt wurden. Aus der Mozart-CD „Opera & Concert Arias“ (2005), die mit der Camerata Salzburg unter Louis Langrée eingespielt wurde, sind sechs der damals zehn veröffentlichten Arien vertreten. Garančas Stimme klingt hörbar jung und frisch, ihr Timbre war damals schon kühl und herb, ihr Ansatz für Mozart ist extrovertiert – ein kaltes Feuer unter Hochspannung. Aus Cosi fan tutte singt Garanča jeweils eine Arie von Fiordiligi und Dorabella. Man kann diskutieren, ob ihr Dorabellas „Ah, scostati!… Smanie implacabili“ oder Fiordiligi „Temerari! … Come scoglio“ besser liegt, die Spannweite zwischen unnahbar und sinnlich kann man in beiden Figuren erkennen. Sehr schön klingen auch die Arie der Vitellia „Deh, se piacer mi vuoi“ aus La clemenza di Tito, zwei Arien des Ramiro aus Aus La finta giardiniera: „Se l’augellin sen fugge“ und „Va‘ pure ad altri in braccio“ sowie die Konzertarie „Ch’io mi scordi di te… Non temer, amato bene“, bei der Pianist Frank Braley unterstützt.
Zwischen jeweils drei Mozart-Arien zu Beginn und am Ende hat man Auszüge aus Vivaldis Bajazet gepackt und zwar alle vier Arien des Andronicus mit Rezitativen sowie das Opernfinale. Vivaldis Oper entstand 1735 für den Karneval in Verona und ist eines der originellsten und komplettesten Pasticcio-Werke. Mit prominenter Besetzung wurde es 2004 aufgenommen und erregte viel Aufmerksamkeit, Dirigent Fabio Biondi hatte sich gründlich mit der Partitur auseinander gesetzt, Europa Galante spielte rasant, in Kombination mit den Sängern wirkt die Einspielung noch heute wie ein auf Effekt setzendes Feuerwerk. An der Seite von Elina Garanča singen Größen wie Vivica Genaux, Patricia Ciofi, Marijana Mijanovic, David Daniels sowie Ildebrando d’Arcangelo in der Titelrolle. Für alle Freunde der Barockoper ist diese Vivaldi-Oper noch immer ein Maßstab und auch erneut als Gesamtoperneinspielung auf Scheibe gepresst erhältlich. Wie bereits im letzten Jahrzehnt enthält die Box weiterhin eine Bonus-DVD mit Aufzeichnungen der Aufnahme – jeder Sänger wird beim Singen einer Arie gezeigt. Wer Elina Garanča mag, sollte sich sowohl die Mozart-CD als auch Vivaldis Bajazet in Gänze besorgen, die Sinnhaftigkeit von Mozart Vivaldi erschließt sich kaum. (Erato 0190295905996 / Vivaldi – Bajazet, 2 CD + 1 DVD, Erato 5099945645921) Marcus Budwitius