Der 1990 geborene Countertenor Jakub Józef Orliński ist auch ein gefragter und gefeierter Breakdancer, der bereits in Werbefilmen namhafter Firmen und Konzerne aufgetreten ist. Ein Talent, das der junge Pole 2017 in der Rolle des Orimeno in Cavallis Erismena beim Festival in Aix-en-Provence auch auf der Bühne bewies. In Frankfurt sang er in dieser Saison die Titelrolle in Händels Rinaldo, bei den Karlsruher Händel Festspielen partizipierte er letztes Jahr in einem Konzert, die Kritiken zu seiner Stimme sind vielversprechend. Nach einer Vivaldi-CD bei Erato ist nun beim polnischen Label Ëvoe Music eine Händel-CD namens Enemies in Love erschienen, die Orliński zusammen mit der polnischen Mezzosopranistin Natalia Kawalek sowie dem mit 10 Musikern besetzten Klangkörper Il Giardino d’Amore unter Dirigent und Violinisten Stefan Plewniak aufgenommen hat, der die Sänger mit federnd-akzentuiertem und flottem Spiel schwungvoll begleitet. Beide Sänger haben jeweils vier Arien, zusammen singen sie vier Duette. Natalia Kawałek gehörte 2014-16 dem Jungen Ensemble des Theater an der Wien an und sang dort u.a. Armida in Rinaldo und Carmen, beim Glyndebourne Festival debütierte sie 2016 als Cherubino. Ihre Stimme ist jung und agil und bereits mit schöner Ausdrucksbandbreite. Sie startet mit der Gleichnisarie der Dorinda „Amor e qual vento“ aus Orlando, die sie fast beschwingt und mit Mut zur stimmlichen Tiefe interpretiert. Die flattrige Arie der Ginevra „Volate Amori“ aus Ariodante gelingt ihr leicht dahin geseufzt, „Vo far guerra„, Armidas von virtuosem Cembalo bravourös begleitete Arie aus Rinaldo, hat man im gesanglichen Affekt schon bestimmter gehört, das Arioso der Armida „Furie terribili“ bringt die Leidenschaften vokal zum Kochen. Jakub Józef Orlińskis Auswahl ist weniger temperamentvoll als bei Kawałek, er beginnt mit „A dispetto d’un volto ingrato“ aus Tamerlano, das bei ihm mehr nachdenklich als zornig klingt, seinen Koloraturen fehlt ein wenig die Prägnanz. Aus Partenope folgt „Furibondo spira il vento„, doch das Furibondo drückt sich viel mehr in der Musik als im Gesang aus. Das langsame „Stille amare“ aus Tolomeo gelingt hingegen ausdrucksstark. Bei „Dove sei, amato bene?“ aus Rodelinda bietet sich ein aktueller Vergleich an. Franco Fagioli hat auf seiner vor wenigen Monaten bei DG erschienen CD mit Händel-Arien ebenfalls dieses Stück gesungen und es wehmuts- und sehnsuchtsvoll zelebriert und damit im Ausdruck besser getroffen als Orliński, bei dem es an ein schlankeres Wiegenlied erinnert. Die Duette funktionieren, beide Stimmen ergänzen sich sehr gut ohne aufgrund der unterschiedlichen Farben zu verschmelzen, zu hören sind „Troppo oltraggi la mia fede“ aus Serse, ein traurig-schönes „Io t’abbraccio!“ aus Rodelinda, ein adäquat konfrontierendes „Fermati!“ aus Rinaldo und am Schluß steht der ruhig-sehnsüchtige Abschied, „Addio! mio caro bene“ aus Teseo. Orliński und Kawałek mag es noch gelegentlich an Ausdruck mangeln, dennoch hat man hier zwei attraktive Stimmen, von denen man auch weiterhin noch hören sollte. Das viersprachige Programmheft ist informativ und wertet die CD weiter auf. (Ëvoe Music, Ëvoe 005) Marcus Budwitius