Liebeswonnen, Liebespein

Auf seiner neuen CD bei DECCA (478 5948) singt Juan Diego Flórez französische Arien und erweitert damit sein Repertoire, das bisher vor allem auf den Belcanto konzentriert war. Die Auswahl unter dem Titel L’amour reicht von ernsten und heroischen bis zu sentimentalen, heiteren und frivolen Werken. Sie beginnt mit Georges Browns Arie „Ah! quel plaisir d’être soldat“ aus Boieldieus La Dame blanche – eine munter-beschwingte Nummer, welche die Freuden des Soldatenlebens beschreibt und die der peruanische Tenor mit Verve und Aplomb vorträgt. Später erklingt daraus noch das berühmte „Viens, gentille dame“ – ein Höhepunkt der Sammlung mit nobel geführter Stimme im langsamen Teil der Kavatine und ekstatischer Steigerung in deren Mittelteil, wo der Tenor mit feinen Verzierungen und brillanten Koloraturen seine reichen Erfahrungen bei Rossini und Donizetti einbringen kann.

Die Stimme hat in der Mittellage an Farben gewonnen, in der Höhe aber an metallischem Klang zugenommen, so dass mancher Spitzenton etwas grell, zuweilen auch forciert klingt. Bei der folgenden elegischen Serenade des Henri Smith aus Bizets La Jolie Fille de Perth gefällt dagegen die romantisch-schwärmerische und träumerisch-sanfte Tongebung. La Favorite ist eine von Donizettis Opern, die er für Paris schrieb, später in der italienischen Version als La Favorita populär geworden. Die bekannte Arie des Fernand „Un ange, une femme inconnue“, bei welcher der Bassist Sergey Artamonov als Balthazar assistiert, singt Flórez mit vehementer Emphase und meistert die heiklen Aufstiege in die exponierte Lage souverän. Gleichfalls für die Pariser Opéra schuf Berlioz sein Monumentalwerk Les Troyens, aus dem das poetisch-pastorale „Ô blonde Cérès“ zu hören ist, das der Hofdichter Iopas der Königin Didon vorträgt. Von berühmten Interpreten kennt man es noch schwebender und entrückter als in dieser Wiedergabe. Danach kann der Interpret wiederum auftrumpfen bei Chapelous Schlager „Mes amis“ aus Adams Le Postillon de Lonjumeau, wo er die hohen Ds wie Raketen abfeuert. Géralds „Fantaisie aux divins mensonges“ aus Delibes’ Lakmé bringt eine exotische Note ins Programm. Der Titel gefällt in seiner vom Solisten atmosphärisch eingefangenen Stimmung, den feinen Pastelltönen und Schattierungen. Zwei Ausschnitte aus Massenets Werther verweisen möglicherweise auf ein anstehendes Rollendebüt des Tenors auf der Bühne. „Ô Nature“ ist ein schwärmerisches Loblied des Dichters auf die Natur und die sich ihm eröffnende Welt der angebeteten Charlotte, „Pourquoi me réveiller“  ein leidenschaftliches Geständnis der Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung mit gewaltigen Steigerungen, die den Interpreten derzeit noch an Grenzen führen. Gleichfalls auf eine Dichtung Goethes geht Thomas’ Mignon zurück, aus der die Arie des Wilhelm Meister „Oui, je veux par le monde“ erklingt, die in ihrem Wechsel aus Fröhlichkeit und Nachdenklichkeit Flórez interessante Kontraste bietet. Solche halten auch die beiden letzten Titel der Programmfolge bereit – „Le Jugement de Pâris“ aus Offenbachs La Belle Hélène, das flott und pikant daherkommt und das der Sänger gern als Zugabe in seinen Arienrecitals offeriert, und schließlich Roméos „L´amour!“ aus Gounods Roméo et Juliette, das der Platte den Titel gab. Noch einmal lässt es die Stimme romantisch schwärmen, leidenschaftlich strahlen und mit glanzvollen Spitzennoten prunken. Exquisit begleitet das Orchestra del Teatro Comunale di Bologna unter Roberto Abbado, das die unterschiedlichen Stimmungen der einzelnen Arien wunderbar einfängt und mit kultiviertem, luxuriösem Klang begeistert (Foto Decca/Josef Gallauer).

Bernd Hoppe

 

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