Hommagen

 

Passione war eine von Luciano Pavarottis erfolgreichsten Platten – nun bringt DECCA unter eben diesem Titel eine neue CD mit dem britisch-italienischen  Tenor Freddie De Tommaso heraus, die dem großen italienischen Sänger  Franco Corelli anlässlich seines 100. Geburtstages huldigt (485 1509). Aber der Sänger gedenkt mit dieser Veröffentlichung („A Franco“) auch seines Vaters Franco De Tommaso, der 2011 mit nur 56 Jahren starb. Das Programm umfasst vor allem die bekannten italienischen und neapolitanischen Kanzonen, die von allen großen italienischen Tenören (Mario Del Monaco, Giuseppe Di Stefano, Carlo Bergonzi, Franco Corelli, Luciano Pavarotti) interpretiert wurden. Auch Sänger anderer Nationen (Alfredo Kraus, Plácido Domingo, Marcelo Álvarez, Jonas Kaufmann) haben sich erfolgreich diesem Genre gewidmet. So ist die Konkurrenz auf dem Musikmarkt groß und Freddie De Tommaso muss sich dieser stellen. Er macht dabei durchaus gute Figur, wenn seine Stimme im Timbre auch nicht so einzigartig und unverwechselbar ist wie die seiner illustren Vorgänger. 2018 gewann der Tenor den renommierten Francisco Viñas Gesangswettbewerb in Barcelona und etablierte sich auf Anhieb als einer der vielversprechenden neuen Interpreten im lirico-spinto-Fach. Die Stimme ist baritonal timbriert, im Ausdruck emphatisch und passioniert, was sie für dieses Genre natürlich prädestiniert.

Als Auftakt erklingt ein weniger bekannter Titel von Carlo Innocenzi, „Addio, sogni di gloria!“, in einem rauschhaften Arrangement von Henry Mancini. Sogleich hier kann der Interpret mit seinem schwärmerischen Vortrag für sich einnehmen. Die zweite und dritte Nummer, Tostis „Marechiare“ und „L’alba separa dalle luce l’ombre“, sind dagegen allseits beliebter Schlager und werden mit virilem Schwung und generösen Spitzentönen serviert. Später folgt von diesem Komponisten noch „Ideale“ – ein gleichfalls sehr populäres Lied. In diese Kategorie fallen auch „Mattinata“ von Ruggero Leoncavallo,„Core ‚ngrato“ von Salvatore Cardillo und „Musica proibita“ von Stanislao Gastaldon, mit dem De Tommaso ein hinreißender Schlusstitel gelingt. Selten zu hören sind der Bolero „Lolita“ von Arturo Buzzi-Peccia, welcher mit spanischem Temperament erklingt, „Dicitencello vuje“ von Rodolfo Falvo und das schwelgerische „Fenesta che lucive“ von Guglielmo  Cottrau, das lange Zeit Bellini zugeschrieben wurde, aber nach einem traditionellen neapolitanischen Volkslied komponiert wurde. Renato Balsadonna, der diese Aufnahme mit dem London Philharmonic Orchestra dirigiert (entstanden im November 2020 in Watford), hat dafür das Arrangement erstellt, das Anklänge an Norma hören lässt.

Ungewöhnliche Beiträge in einer solchen Anthologie sind zwei Lieder von Puccini, welche Domingo schon in seinem Album Unknown Puccini vorgestellt hatte („Sole e amore“, dessen Motiv der Komponist später im 3. Akt seiner Bohème verarbeitete, und „Mentia l’avviso“, in dem schon die Manon Lescaut anklingt) sowie das schmerzliche „Nebbie“ aus Respighis Tre liriche. De Tommaso beweist hier eindrucksvoll seine Kompetenz für die Gestaltung der großen italienischen Tenorpartien. Natürlich darf auch der Titel gebende Song nicht fehlen. „Passione“ stammt von den beiden neapolitanischen Komponisten Ernesto Tagliaferri und Nicola Valente. Der Tenor singt sie mit Verve und Eleganz. Bernd Hoppe