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Mille affetti heißt das neue Album von Bruno de Sá bei seiner Stammfirma Erato (50544197995422). Der Titel lässt an die Worte „mille affani“ in einer Arie aus Luigi Carusos Oper Il fanatico per la musica denken, die sich in der Anthologie auch findet und zu deren sechs Weltersteinspielungen zählt – eine tour de force der sich fast überschlagenden Koloraturen und Spitzentöne.
Der Sopranist überrascht bei seinen CDs und Recitals immer wieder mit origineller Programmkonzeption und dem Spürsinn für Raritäten. Schon der Auftakt, „La gran vendetta ancora“ aus Luigi Cherubinis Mesenzio, re d´Etruria ist eine solche und bestens geeignet, die stimmliche Bravour des Sopranisten in helles Licht zu rücken. Furiose Koloraturkaskaden, abenteuerliche Sprünge von der Tiefe in die Höhe und stratosphärische Extremtöne werden hier scheinbar mühelos bewältigt. Der nächste Titel, Sifares Arie „Lungi da te“ aus Mozarts Mitridate, findet sich dagegen öfter in Einspielungen, wie auch seine Motette „Exultate, jubilate“, die hier allerdings in der zweiten, der Salzburger Version erklingt. Bei Sifares Arie kann der Sänger seine klangvolle Mittellage und das perfekte legato ausstellen. Bei der Motette imponieren das mit großer Innigkeit vorgetragene „Tu verginum corona“ und der Jubel im finalen „Alleluja!“. Seltener zu hören ist das getragene Solo des Engels „Betracht dies Herz“ aus der Grabmusik des Salzburgers. Zu den Instrumentalstücken, welche das Programm ergänzen, gehören auch Mozarts Fuge in g-Moll in der Interpretation von Marcin Szelest sowie die Ouverture zu Franz Ignaz Becks L´isle déserte und die stürmische Introduzione zu Josef Mysliveceks Il Tobia. Das Wroclaw Baroque Orchestra, das den Sänger unter Leitung von Jaroslaw Thiel aufmerksam begleitet, wartet hier mit musikantischer Frische und großem Farbenreichtum auf.
Zu den CD-Premieren zählen auch Selims Arie „Girate quel guardo“ in extremer Lage aus Franz Seydelmanns Il turco in Italia und Perseos Rondo „Deh! soccorri“ aus Johann Friedrich Reichardts Andromeda, das sich im Gesang von de Sá in schönstem Ebenmaß verströmt. Ebenfalls erstmals auf Tonträgern zu hören ist die fünfteilige Motette „Salve Regina“ von Niccolò Antonio Zingarelli. Hier wirkt der NFM Choir mit und findet mit dem Solisten zu gemeinsamen vokalen Glücksmomenten. Mehrere Male vertont wurde Metastasios Libretto Alessandro nell´ Indie, aber hier gibt es mit der Komposition von Felice Alessandri eine Wiederentdeckung. De Sà singt Poros Arie „Se possono tanto due luci vezzose“ und setzt damit einen bravourösen Schlusspunkt unter sein anspruchsvolles und spannendes Programm. Die Platte, welche im August des vergangenen Jahres in Warschau entstand, hat alle Chancen für einen Preis in der Gattung Vokal-Recitals. Bernd Hoppe