Warum immer mehr Sänger sich das Booklet zu ihrer Recital-CD selbst schreiben, kann man nur vermuten, warum so viele CDs in englischer Sprache betitelt werden, obwohl vorwiegend in Italienisch oder Deutsch gesungen wird, liegt eher auf der Hand: Man will ein möglichst großes Publikum damit ansprechen.
Die CD von Andreas Bauer Kanabas nennt sich Love and Despair, enthält keine einzige englische, aber immerhin Arien in sechs unterschiedlichen Sprachen, und es macht Sinn, dass der Bass einen Teil des Booklets selbst verfasst hat, denn darin erläutert er seine Sicht der Partien, die er auf der CD verkörpert. Außerdem erklärt er dem Leser, der ihn vielleicht bereits als Andreas Bauer kannte, warum er nun seinem Namen ein Kanabas hinzugefügt hat. Er will damit an seine Großeltern mütterlicherseits erinnern, die aus ihrer Heimat Böhmen am Ende des Zweiten Weltkriegs vertrieben wurden. Dieser zweite Artikel des Booklets verwirrt insofern, als er zunächst, in der 3. Person geschrieben, den Anschein erweckt, als würde- und das voller Lobpreisungen- über den Sänger berichtet, dann aber urplötzlich in die erste Person übergewechselt wird.
Wichtiger als das Booklet ist aber schließlich die CD, und über diese lässt sich fast nur Hocherfreuliches berichten. Bassrollengemäß ist mehr von Despair als von Love die Rede, und es beginnt mit der Arie des Silva aus Verdis Ernani, in der der Sänger bereits im Rezitativ, das sehr agogikreich interpretiert wird, eine tiefschwarze, auch in der mezza voce sehr farbig Stimme hören lässt. Die Phrasierung ist durchgehend auch in Arie und Cabaletta großzügig, das schöne Legato könnte noch konsonantenfreundlicher sein. Besonders bemerkenswert ist auch die Geschmeidigkeit der Stimme in der Cabaletta. Die Arie des Philippe aus Verdis Don Carlos singt der Bass auf Französisch , wohl um den Beweis anzutreten, dass auch Partien in dieser Sprache zu seinem Repertoire gehören. Sie wird sehr facettenreich gestaltet, wie aus dumpfer Verträumtheit erwachend und sich zur bitteren Erkenntnis in schönen Crescendi steigernd, ein echter basso profondo, der über reiche Schattierungsmöglichkeiten verfügt.
Das deutsche Repertoire wird mit König Marke berücksichtigt, dem der Sänger ein gute Diktion angedeihen lässt, dessen langen Monolog er klug strukturiert und der zugleich Würde ausstrahlt und Anteilnahm erweckt. Weiter geht es mit Russischem, zum Glück einmal nicht Fürst Gremin, sondern Rachmaninows Aleko, sehr heldisch auftrumpfend und fern von allem Bassgegrummel.
Es geht zurück zu Verdi mit Banco, dessen Arie Bauer Kanabas durch Tempiwechsel viel Dramatik verleiht, mit Zaccaria, der majestätisch, dunkel bis in die Höhe hinauf und frei bis in die tiefste Tiefe hinunter überzeugt.
Der Wassermann aus Dvoraks Rusalka erfreut durch väterliche Weichheit und durch Geschmeidigkeit. Schillernder, zwielichtiger und im Duett mit der Judith von Tanja Ariane Baumgartner mit warmem, rundem Mezzosopran kommt schließlich, natürlich in Ungarisch, Herzog Blaubart von Bela Bartok zu Wort.
Mit dem Latvian Festival Orchestra Riga unter Karsten Januschke stand als Begleitung zwar kein „großer“ Name zur Verfügung, aber eine durchaus inspirierende und zuverlässige Begleitung (Oehms Classics OC 490/ dazu auch das Interview mit dem Sänger bei operalounge.de). Ingrid Wanja