Eine durch und durch beglückende CD ausschließlich mit Arien aus Mozart–Opern hat Daniel Behle bei Sony aufgenommen und stellt den Betrachter des Covers vor das Rätsel, warum das Z im Namen des Komponisten durch Farbe und Größe hervorsticht. Dadurch entsteht das Wort Zart, das allein aber nicht von der Zielsetzung des Sängers künden dürfte, denn gleich mit den beiden ersten Tracks nach der Ouvertüre zu Don Giovanni versucht der Tenor mit Erfolg eine Rehabilitierung des Don Ottavio, in den letzten Jahren, ja Jahrzehnten auf der Bühne häufig ein rechter Schlappschwanz, der sich von Donna Anna, die eigentlich nicht nach seinen, sondern nach den Umarmungen des Don Giovanni lechzt, an der Nase herumgeführt wird. Der Don Ottavio Behles ist durchaus ein zart-zärtlicher, sensibler, aber zugleich ein durch und durch nobler, aristokratischer Opernheld, der bei „morte“ im „Dalla sua pace“ auch heldisch auftrumpfen kann, der variationsreich in den Wiederholungen ist und doch nie den Mozart-Stil verleugnet, nie die Gesangslinie verletzt, feinste Pianissimi ebenso wie heldisches Aufbegehren zum Ausdruck bringen kann. In der zweiten Arie des Don Ottavio gestaltet der Sänger hoch virtuos in den Koloraturen, die stets sinnerfüllt bleiben, schlägt ein angenehm zügiges Tempo an, kann entschlossen herrisch im „vendicar io vado“ werden wie auf dem Weg zum Zwischenfachtenor. Das alles mit gleichbleibend noblem Timbre und ohne die Spur eines Registerbruchs.
Gleich alle vier Arien des Belmonte sind auf der CD vertreten, alle vorbildlich textverständlich gesungen und dem Hörer suggerierend, er vernehme sie zum ersten Mal. Phantastisch ist im „Hier soll ich sie nun“ der Schwellton auf der Fermate („bringt“), wie der Ottavio offenbaren die Art des Singens und die Farbe der Stimme einen so sensiblen wie aristokratischen Charakter. Agogikreich wird „Konstanze, dich wiederzusehen“ interpretiert, mal wie innerlich bebend, mal in bruchloser Steigerung wie bei „es hebt sich die schwellende Brust“, ein zartes Tongespinst ist „Traum“ und „ängstlich“ wie „feurig“ sind hörbar nicht nur durch den Wortsinn, sondern auch die vokale Gestaltung. Mühelos wird in „Wenn der Freude“ mit den Verzierungen gespielt, und die gern gemiedene „Baumeisterarie“ erfreut durch eine großartige Phrasierung und durch Verzierungen, die mit Sinn erfüllt werden.
In der Bildnisarie des Tamino scheint die Stimme zu strahlen, entwickelt sich „die Liebe“ variationsreich in den Wiederholungen bis zum Jubelton, ist das „mein“ so viril wie zärtlich, bis es im Überschwang seine Krönung findet.
Von ätherisch schwebend bis zum Überschwang sich steigernd besingt Ferrando in der Cosi die „aura amorosa“, im selten aufgeführten „Io veggio“, „Tradito“ ist nicht auf der CD vertreten, findet ein ausdrucksstarker Wettstreit zwischen einander widerstreitenden Gefühlen statt. Die Ouvertüre zur Così wird vom L’Orfeo Barockorchester unter Michi Gaigg verspielt hurtig, die zu Don Giovanni duftig leicht im Presto, dramatisch wo angebracht gespielt.
Die leichte Emission der Stimme Behles, das noble Timbre imponieren in der Arie aus La Betulia liberata ebenso wie die Koloraturgeläufigkeit und das schlank bleibende Forte. Die beiden Herrscher Tito und Idomeneo zeigen die Stimme auf dem Weg in ein neues Fach, eine wunderbare Gralserzählung deutet sich an, aber durchaus auch ein heldisches „Heil König Heinrich“, und Fritz Wunderlich hätte nichts dagegen, dass ihn Daniel Behle zu seinem Vorbild gewählt hat. Schöner und erfüllter kann man Mozart nicht singen (Sony 19075964582). Ingrid Wanja