Ehrenrettung?

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La Femme- A Journey of Female Composers nennt sich eine CD, auf der die aus Albanien stammende Mezzosopranistin Flaka Goranci ausschließlich Stücke von Komponistinnen aller Zeiten und vieler nicht nur europäischer Länder vorträgt. Ein Beethoven, Verdi oder Berlioz ist nicht dabei, es ist vor allem auch die kleine Form, die zu Gehör gebracht wird, obwohl im von gleich vier Frauen gestalteten Booklet davon berichtet wird, dass einige der Damen durchaus auch Opern komponiert hätten, die übliche Klage erhoben wird, das schöpferische Potential von Frauen sei Jahrhunderte lang bewusst unterdrückt worden. Hätten Frauen sich nicht entmutigen und ihre schöpferischen Kräfte walten lassen, dann hätten sie des Schutzes eines männlichen Pseudonyms bedurft wie die Schwestern Bronte, George Sand oder Colette. Nun ja, ein weiblicher Shakespeare oder Voltaire verbarg sich jedenfalls hinter diesen Pseudonymen nicht. Belädt man die angenehm zu hörende CD nicht mit allzu vielen Erwartungen an ein bisher verborgenes  Genie, so kann man sich durchaus an ihr erfreuen.

Es beginnt mit The borrowed Dress, einem Lamento über die sich nicht verändernden Verhältnisse, denen eine syrische Familie ausgesetzt ist, die Komponistin heißt Suad Bushnaq, stammt aus Jordanien, und Sängerin Flaka Goranci setzt sie effektvoll mit einem üppigen, farbigen Mezzo  in Szene. Aus Syrien stammt die Komponistin und Sängerin Dima Orsho, die einen Zyklus von Liedern mit dem Titel Those Forgotten on the Banks oft the Euphrates ihrem Geburtsland widmete, vom Mezzo vollmundig und effektvoll vorgetragen. In Berlin lebt Jasmin Reuter, die, beeinflusst vor allem von Strawisnky,   Filmmusik komponiert, so für den Kurzfilm Salomea’s Nase.

Natürlich darf auch eine Ukrainerin nicht fehlen. Zoryana Kushpler, die allerdings nur als Arrangeurin auf der CD in Erscheinung tritt, und zwar als die eines alten Volkslieds aus ihrer Heimat. Mit Ilse Weber, die 1944 in Auschwitz ermordet wurde, wird an eine Komponistin erinnert, die für die Kinder in Theresienstadt u.a. das auf der CD verewigte Wiegenlied schrieb. Eine Klaviervirtuosin, für die auch Mozart komponierte, war Maria Theresia von Paradis, die mit einer  Sicilienne vertreten ist. Viele internationale Preise errungen hat bereits Niloufar Nourbabakhsh, Gründungsmitglied der iranischen Female Composer Association, die mit einem Lied auf ein Gedicht einer Landsmännin, The Window,  vertreten ist. Die Sängerin selbst ist mit The Speach of Love auch als Textdichterin und Komponistin vertreten, Sprechgesang und am Schluss aufbrausend Pathetisches miteinander verbindend. Ein romantisches Blumenstück hat die Kroatin Dora Pejadevic komponiert, der Erinnerung an einen toten Freund ist Zeh Hayofi von Ella Milch-Sheriff gewidmet. Die älteste Komponistin ist Kassia, die im 9.Jahrhundert lebte und eine Hymne auf die Heilige Pelagia in einer Zeit schrieb, in der die Verehrung von Ikonen heiß umkämpft war. Für dieses Stück erhält die Mezzostimme einen interessant herben Anstrich. Die große Stimme wird dann gebändigt für Albena Petrovic Vratchanskas Peperuga, verinnerlicht und volksliedhaft klingt danach ein mazedonisches Volkslied, von Valentina Velkowska-Trajanowska arrangiert. Francesca Caccini ist Florentinerin im 17. Jahrhundert und schrieb sogar eine Oper, La Liberazione di Ruggero, mit Pauline Garcia-Viardot und ihrem Hai Luli kommt Bekannteres auf die CD, und die Sängerin trifft das Volksliedhafte des Stücks sehr gut. Den Schluss bilden Kompositionen von Eriona Rushiti, Cosuelo Velazquez und Miriam Makeba, deren jeweiliger Besonderheit die Sängerin  durchaus gerecht wird, die eher noch als die Komponistinnen der Entdeckung wert ist . Begleitet wird sie vom World Chamber Orchestra unter Konstantinos Diminakis, da ging es wohl doch nicht ohne das andere Geschlecht (Naxos 8.551470). Ingrid Wanja