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Dance with me heißt ein neues Album bei Alpha Classics (780) und wer könnte dieser Einladung widerstehen, wenn sie von Barbara Hannigan kommt? Die kanadische Sopranistin ist bekannt für ihre Repertoire-Vielfalt, die vom Barock über den Belcanto bis zu Bergs Lulu und der zeitgenössischen Musik reicht. So ist es nicht verwunderlich, dass sie während der Pandemie im Mai des vergangenen Jahres in Hilversum auch bei einer CD-Produktion mitwirkte, die sich dem Genre der Unterhaltungsmusik widmet. Ihre Partner sind Lucienne Renaudin Vary an der Trompete, das Berlage Saxophone Quartet und das Ludwig Orchestra. Der Sound ist eine reizvolle Mischung aus Kaffeehaus-Musik und Oldtime Jazz. Die zwölf Titel mit Slow Fox, Tango, Salsa, English Waltz, Rumba, Samba und Wiener Walzer garantieren reichlich Abwechslung und ein großes Hörvergnügen.
Hannigan sorgt mit Glenn Millers „Moonlight Serenade“ für einen stimmungsvollen Einstieg. Man wähnt sich in einer Nachtbar, genießt den sinnlich-verführerischen Klang der Stimme und der begleitenden Instrumente. Der Komponist Bill Elliott hat den Titel arrangiert, neben einigen anderen wie dem Cha-Cha „Quien sera“ von Pablo Beltrán Ruiz mit seinem Latino-Flair oder dem fetzigen Jive „In the Mood“ von Wingy Manone. Die Sopranistin singt als zweiten Beitrag eine Komposition von Kurt Weill und Roger Fernay, „Youkali“, welche Teresa Stratas auf ihrer Weill-CD so unnachahmlich interpretiert hat. Hannigan findet eine eigene Version von mondänem Zuschnitt mit raffinierten vokalen Valeurs. Danach hört man von ihr den One-Step „Fluffy Ruffles“ von George Hamilton Green und Wallace Irwin – eine flotte Nummer, die gute Laune macht, wie die ganze Platte überhaupt ein wunderbarer Stimmungsaufheller ist.
Die Orchestertitel zwischen den Vokalnummern bieten eine große Vielfalt der Farben und Stimmungen – wie die Salsa „Copacabana“ von Barry Manilow mit ihrem rasanten Rhythmus, das „Je veux t’aimer“ von Robert Stolz mit seiner nostalgischen Atmosphäre oder die Rumba „My Shawl“ von Xavier Cugat mit ihrer lockenden Sinnlichkeit. Mit Edward Elgars „Salut d’amour“ bietet das Orchester als Schlusspunkt mit feiner Kultur der Streicher eine lyrische Perle von nostalgischem Sentiment.
Letztes Solo der Sängerin ist das sattsam bekannte „I Could Have Danced All Night“ aus My Fair Lady von Frederick Loewe und Alan Jay Lerner. Davon gibt es unzählige Interpretationen, gegen die sich Barbara Hannigan nicht genügend behaupten kann. Man bedauert dennoch, dass die Sängerin nur mit vier Titeln zu hören ist und die originelle Platte insgesamt mit knapp 47 Minuten reichlich kurz geraten ist (26. 02. 22). Bernd Hoppe