Auf eigenem Label

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Für ein Zurück-zu-den-Anfängen wie zugleich für ein Zu-neuen-Ufern steht die neueste CD von Juan Diego Florez, denn eine kleine Partie in der Zarzuela Luisa Fernanda vertraute der Tenor Luigi Alva einst dem gerade Neunzehnjährigen an, und die jetzt erschienene Zarzuela-CD ist die erste im neuen Label Florez Records. Ein handliches Büchlein dient als CD-Hülle und enthält gleich drei Texte, der erste einen des Sängers, der „Glück und Stolz“ darüber ausdrücken will, dass er die Aufnahme zusammen mit dem Orquestra y Coro Juvenil Sinfonia por el Perú bewerkstelligen konnte, eine segensreiche Einrichtung, die es auch jungen Künstlern aus mittellosen Familie ermöglicht, eine musikalische Laufbahn einzuschlagen. Außerdem enthält der Text Danksagungen an alle, die an der Verwirklichung des Unternehmens beteiligt waren. Im zweiten Beitrag, von Gonzalo Lahoz, wird dem Leser ein Einblick in die Geschichte der Zarzuela gewährt, ihre Bedeutung für die Identitätsstiftung zwischen den Spanisch sprechenden Völkern erwähnt, ihre Blüte auf die Zeit zwischen 1884 und 1936 festgelegt. Im dritten Beitrag, dem von Miguel Molinari,  wird  besonders auf die Zarzuela in Lima, der Heimat des Sägers, eingegangen, auf die Geburt der Gattung im Palast La Zarzuela, was Brombeere bedeutet, auf den nicht unbekannten ersten Librettisten Calderon della Barca und die erste, 1701 in Lima aufgeführte Zarzuela mit dem Titel La púrpera della rosa.

Florez wurde in Europa zuerst durch sein Mitwirken bei den Rossini-Festspielen in Pesaro bekannt, beginnend 1996 mit Matilde di Shabran. Inzwischen hat er sein Repertoire nach der Eroberung des italienischen Belcanto auch mit französischen Partien erweitert, so dem Raoul, Hoffmann, Faust und Des Grieux. An seinem Ausflug zu Verdi (Duca, Alfredo) und Puccini (Rodolfo) scheiden sich die Geister. Die Rückwendung zur Zarzuela allerdings dürfte unangezweifelte Freude bereiten und zugleich diejenigen verstummen lassen, die sie mit der opéra comique oder dem deutschen Singspiel zu vergleichen versuchen.

Es beginnt mit Serranos El Trust de los Tenorios, in dem einer der Herren beteuert, für die schwarzen Augen seines Mädchens sterben zu müssen, was ungemein rasant und ausgesprochen tänzerisch bewegt dargeboten wird, in der Arie aus Luisa Fernanda hingegen besticht der Tenor durch die leichte Emission der Stimme, das Durchmessen der Registersprünge mit einer Stimme wie aus einem Guss und einer sicheren Höhe. In den drei Arien aus Zarzuelas von Serrano begeistert die Eleganz der Stimmführung,  durchweg in allen Tracks die anscheinende  Mühelosigkeit des Singens, die aristokratische Haltung, das perfekt gestützte Piano. Die Emigrantes von Barrera zeigen in besonderem Maße die reiche Agogik, zu der die flexible Stimme fähig ist, in El Guitarrico vereinen sich häufige Wiederholung mit einer ständigen Steigerung des Ausdrucks. Die leidenschaftliche Arie des Leandro aus La Tabernera del Puerto schließlich lässt eher an Oper als an Operette denken.

Vielseitig zeigt sich das Orchester unter Guillermo Garcia Calvo, in Deutschland ausgerechnet durch seine Wagnerinterpretationen  und als Generalmusikdirektor in Chemnitz bekannt, und hier die jungen Musiker zu temperamentvollem und dabei präzisem Spiel führend (2024 Florez Records). Ingrid Wanja