Zu Recht wieder aufgelegt

 

Wieder auf den Markt gebracht haben Warner Classics in der Reihe The home of opera Cileas L’Arlesiana, die 1992 aufgenommen wurde und eines der seltenen Zeugnisse des Wirkens des ungarischen Tenors Péter Kelen ist, der eine Vorliebe für selten aufgeführte Verismo-Opern gehabt zu haben scheint, denn es gibt mit ihm auch eine CD mit Mascagnis Lodoletta. Diese Liebe hat offensichtlich  der amerikanische Sopran Maria Spacagna geteilt (zu kurze Karriere leider) , denn auch die Sängerin ist auf beiden Einspielungen vertreten, ebenso wie der Dirigent Charles Rosekrans.

Immerhin ist ein Track, das Lamento des Federico, bis heute populär geblieben, besonders als Zugabe bei Tenor-Recitals. Dafür und für den Rest der Partie setzt Kelen einen angenehmen, recht hell timbrierten Tenor ein, singt sehr geschmackvoll und ohne der Versuchung zu erliegen, einen Schmachtfetzen aus dem gefühlvollen Stück zu machen. Einen beachtenswerten squillo zeigt er auf „Amo“, herzerweichend klingt „soffro“, das Piano ist klangvoll, das Forte stählern, selten, so in „perchè state laggiù“, nimmt die Stimme Charaktertenorqualitäten an. Das große Duett mit dem Sopran lässt zudem den Tenor eher gequält als melancholisch klingen.

Viel vokalen Charme entfaltet Maria Spacagna als verschmähte Vivetta, wirkt akustisch jung, frisch und lässt die Spitzentöne leuchten. Über weite Strecken wird sie dank der Qualität der Stimme zur Protagonistin, die auch, wenn es dramatisch wird, mächtig aufdrehen kann.

Eine alte Bekannte ist Elena Zilio als Mamma Rosa, die inzwischen immer noch, wenn auch nun die Großmütter, singt. Seit den frühen Sechzigern steht sie auf der Bühne und hat für die geplagte Mutter eine intensiv darstellende Stimme, facettenreich und von schmerzlicher Intensität im Gebet. In der Forte-Höhe ist der Mezzo für manchen Geschmack  vielleicht zu sopranlastig, aber eindrucksvoll in jeder Note.

Der Bariton Barry Anderson singt mit viriler, dunkler Stimme zwar einen abgeklärten, aber gar nicht hinfällig, wie er behauptet, wirkenden Baldassare. Die restliche Besetzung, aus der Katalin Halmai als L’Innocente mit hellem Unschuldssopran hervorragt, ist ungarischen Ursprungs wie der Tenor.

Charles Rosekrans, ein amerikanischer Dirigent, der auch viel in Ungarn und Russland wirkte und tragisch endete, indem er sich aus dem 8. Stockwerk eines Houstoner Krankenhauses stürzte, betont gleichermaßen die Idylle (und wird dabei durch den oft aus der Ferne wirkenden Hungarian State Chorus unterstützt) wie auch die veristische Dramatik, fängt mit dem Hungarian State Orchestra die Stimmung des Intermezzo vor dem dritten Akt besonders wirkungsvoll ein (Warner Classics 0190295461294). Ingrid Wanja