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Braucht die Musikwelt eine und wenn ja diese Madama Butterfly, so fragt man sich, wenn man die erste Szene der Live-Aufnahme von 2019 aus Lissabon hört und Tenöre und Bariton über japanische Bräute, ebensolche Häuser und amerikanischen Whisky parlieren. Zwar hat der Goro von Alexander Kaimbacher den angemessen krähenden, mitunter scharfen Charaktertenor, aber der Pinkerton von Stefano Secco nähert sich diesem manchmal bis zur Gefahr des Verwechseltwerdens an, zeigt zwar eine gute Registerverblendung, aber auch eine gepresst klingende Höhe, ist zu hell timbriert für die Partie und wird sich später im Liebesduett im Dauerforte heiser schreien, auch im „Addio fiorito asil“ nur einen vokalen Kraftakt sehen und damit hören lassen.
Der Sharpless von Lester Lynch punktet mit einem süffigen, Vertrauen erweckenden Bariton, missfällt aber mit dumpfer Höhe und klingt stellenweise recht nasal, die Stimmführung ist unausgeglichen, insgesamt beschwert er die Partie mit allzu tragischer Geste, macht aus der väterlich besorgten Figur eine überdramatische.
Bis zum „America forever“ also kein Grund zum Jubel, doch dann kommt sie: Melody Moore, die Cio-Cio-San mit üppig-sanftem Sopran, mit für die Partie so wichtiger klangvoller Mittellage (sie singt auch Amneris), farbiger Höhe auch in der mezza voce, zwar eine ausgesprochen erwachsen klingende Stimme, die aber auch wie bei der Ausbreitung der Schätze einen naiven Anstrich annehmen kann, mit wunderbaren Crescendi und Decrescendi in „Un bel di“, berührend dadurch, dass sie die Verletzbarkeit der Figur hörbar macht. Der Sopran weiß große Bögen zu spannen, so auf „il nome“ und gestaltet den Abschied vom Kind zum Herzen des Zuhörers gehend.
Elisabeth Kulman ist mit warm klingendem Mezzo die fürsorgliche Suzuki, singt ein schlankes Gebet und behält auch im Streit mit Goro die vokale Facon, im 3. Akt kehrt sie zu sehr die große Tragödin heraus.
Eher baritonale als tenorale Fülle breitet Amitai Pati als Yamadori aus, angemessen bedrohlich klingt Kevin Short als Zio Bonzo, dumpf der Commissario von Florian Köfler. Etwas mehr als gewohnt hat die Kate Pinkerton von Liesbeth Devos zu singen, denn bei ihrem Auftritt folgt die Aufnahme der ersten, an der Scala durchgefallenen zweiaktigen Fassung der Oper, während ansonsten die übliche, dreiaktige gesungen wird.
Coro &Orquestra Gulbenkian werden dirigiert vom langjährigen (2002 bis 2013) Generalmusikdirektor des Klangkörpers, Lawrence Foster, wobei das Orchester wunderbare Stimmungsbilder zwischen dem 2. Und 3. Akt zaubert, die einzelnen Instrumentengruppen plastisch hervortreten, immer wieder die Spannung neu aufgebaut und eine schöne Ausgewogenheit zwischen Orchester und Gesangssolisten erreicht wird (2CD Pentatone PTC 5186 783). Ingrid Wanja