Thy hand, Joyce

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An Tondokumenten von Henry Purcells Dido & Aeneas besteht kein Mangel auf dem Musikmarkt, doch die Neuaufnahme bei ERATO ist mit einer exemplarischen Besetzung absolut konkurrenzfähig (5021732284884). Mit Joyce DiDonato und Michael Spyres in den Titelrollen sind zwei Sänger von Weltrang aufgeboten – beide singulär in der Vielfalt des Repertoires, in der technischen Vollkommenheit und Einzigartigkeit ihrer Timbres. Auch das begleitende Orchester, Il Pomo d´Oro, hat unter seinem Leiter Maxim Emelyanychev hohen Anteil am Ausnahmerang dieser Veröffentlichung. Sie wurde im Februar des vergangenen Jahres in der Philharmonie Essen aufgenommen und nun auf einer CD herausgebracht. Im Booklet findet sich neben den Künstlerfotos das Libretto von Nahum Tate im englischen Original sowie in französischer und deutscher Übersetzung.

Als Dido wartet DiDonato mit einer noblen Gestaltung auf, bleibt stets schlicht und diskret, sogar in der berühmten Schluss-Szene „When I am laid in earth“. Gerade weil sie in diesem Lamento auf jedes Pathos verzichtet, ist die Wirkung so stark, gipfelnde im ergreifenden „Remember me“. Danach singt Il Pomo d´Oro Choir (Einstudierung: Giuseppe Maletto) mit „With drooping wings“ einen nicht minder berührenden Abgesang. Dass die Partie des Aeneas so schmal ausgefallen ist. bedauert man angesichts der Ausnahmestimme des Baritenors Michael Spyres. Ihr dunkler, sinnlicher Klang ist erregend, im Auftritt bei „If not for mine“ auch von machtvoller Autorität. Bezaubernd singt Fatma Said die Belinda; ihre Soli am Ende des 1. Aktes, „Pursue thy conquest, Love“, und „Haste, haste to town“ im 2. sind hinreißend in ihrem stürmischen Jubel. Beth Taylor ist eine Sorceress mit üppigem Kontraalt, die bei „Wayward sisters“ furchterregend auftrumpft. Der Choir imponiert danach mit seinem Hohnlachen. Hugh Cutting ist der Spirit mit potentem Countertenor, Laurence Kilsby der Sailor mit frischem Tenor, der gemeinsam mit dem Chor bei „Come away“ für eine ausgelassene Szene sorgt.

Das Ensemble Il Pomo d´Oro lässt schon in der Overture aufhorchen mit gravitätischer Einleitung und dann rhythmisch federndem Klang. Der tänzerische Duktus des „Triumphing Dance“ am Ende des 1. Aktes und das folgende „Prelude for the Witches“ in seinem Dollergrollen sowie der „Echo Dance of Furies“ und „The Witches´ Dance“ sind weitere markante Szenen von orchestraler Pracht. Bernd Hoppe