Weder Regen noch Kälte konnten den Eindruck verwischen, dass das Massenet-Festival von 1999 mit seiner Neuproduktion von Massenets Roi de Lahore eine Sternstunde der französischen Oper bot, wie man sie nicht mehr für möglich gehalten hatte. lch kann mich selbst heute kaum erinnern, eine vergleichbar dichte und rundherum befriedigende Aufführung in Frankreich gesehen zu haben – sowohl in optischer wie auch in musikalischer Hinsicht. Wegen des Brandes des wirklich hässlichen alten Theaters in St. Etienne hatte man das Ereignis um ein Jahr verschoben und in einer Messehalle ein praktisches, gut einsehbares und vor allem akustisch befriedigendes Ersatztheater gebaut (ein flüchtiges Theater und deshalb – typisch französisch – Théâtre éphemère benannt). Dies nutzte der Regisseur und Hausherr Jean-Louis Pichon zu dichtester Wirkung, indem er von seinen Ausstattern Alexandre Heyraud und Fréderic Pineau eine leere, mit königsblauen Soffitten ausgestattete und blau beleuchtete Bühne erstellen ließ, die vorne und hinten von unterschiedlich angestrahlten Perlenvorhängen abgeschlossen wurde. Die geschmackvollen Kostüme im klassischen indischen Stil waren durchweg in Weiß gehalten, so dass sich Chor und Solisten in einer wirkungsvollen Choreographie wie eine weiße Woge über die blaue Fläche bewegten. Einzig für das Paradiesbild, wenn der gefallene König den Gott Indra um ein zweites Leben bittet, um mit seiner Geliebten vereint zu werden, leistete sich Pichon den Spaß, den Indra-Sänger (sehr ordentlich René Schirrer) als fetten, grünen Buddha mit leuchtend roten Fingern und Kopfputz auf die Bühne zu setzen, umringt von herabschwebenden weiteren Gottheiten, die die Ballettmusik belebten.
War die Optik bereits ein Fest, so ist die musikalische Seite vom November 1999 (ausgerechnet am Waffenstillstandstag des 1. Weltkrieges, den die Nation mit Umzügen und patriotischen Reden feiert) kaum zu übertreffen und stellt in ihrer Summe geradezu vorbildhaft das Beste dar, das Frankreich zu bieten hatte. Nicht nur, dass Patrick Fournillier das ortsansässige Orchester zu packender, ebenso üppiger wie rasanter und – eben typisch französisch – auch streicherlastiger, seidiger Bestleitung antreibt, nachdem er mehr als zwei Jahre über der Partitur gesessen und die Fehler der Druckausgabe beseitigt hatte. Wer das Werk nur von der Bonynge Decca-Aufnahme kennt, erlebt beim Hören seine Überraschung, denn vieles klingt hier nun anders, straffer, dramatischer und vor allem auch sinnlicher. Fournillier zeigt sich wieder einmal als einer der bedeutenden unter den Dirigenten Frankreichs. Aber auch seine Besetzung trägt auf dem hier festgehaltenen Mitschnitt die Vorstellung in grandiosem Maße. Unterstützt von den prachtvollen Chören des Opernhauses Bordeaux (mit dem St. Etienne eine Koproduktion eingegangen war, die Oper lief dort drei Wochen später, und von dort stammt auch der Mitschnitt) singt eine erste Equipe, angeführt von der wunderbaren, großzügigen, leuchtenden und die Opernhimmel öffnenden Michèle Lagrange als Hindu-Priesterin Sita – eine wirkliche Falcon-Stimme mit bester Höhe und eben jenem Mittensitz der individuellen, dramatisch zupackenden Stimme, der die Voraussetzung für diese Partien wie die Sita, Charlotte, Sélika und auch Carmen ist. Sicher, sie brustet gelegentlich ein wenig vieI für den modernen (und weniger kenntnisreichen) Geschmack, aber ein Vergleich mit älteren Sängeraufnahmen zeigt, dass dies in der Vergangenheit (einer Félia Litvinne oder Jeanne Hatto) durchaus üblich war. Die Lagrange fängt zögernd an (wegen der Matinee um 15.00 Uhr!) und steigert sich von einem weichen, timiden Mädchen zu einer mythischen Heldin (dabei auch van präsenter Bühnenwirkung).
Und es ist eine – bezeichnende – Schande, dass die Langrange eben keine wirklich große Karriere gemacht hat, weder im eigenen Land noch international. Wie so oft beklagt, ging spätestens mit dem Bogianchino-Régime in Paris die Glanzzeit der größeren französischen Stimmen in Frankreich zu Ende. Die Langrange hatte an der Opéra (Garnier) Bedeutendes wie Norma oder Alice/Robert le Diable gesungen, danach gab´s keine Partien mehr für sie dort. Sie ging, wie viele nationale Kollegen, in die Provinz, wo sie im Sigurd in Montpellier, im Simon Boccanegra, sogar in der Gioconda oder eben bei Massenet-Festival in St. Etienne zu hören war. Vielen ging es wie ihr. Die Lagrange musste sogar Partien wie die Leitmetzerin (die dann in Paris!) annehmen. Unkenntnis und Hochmut in der Hauptstadt führte zum Niedergang an französischen Stimmen für das Grand Répertoire, von dem sich die französische Szene nur sehr mühsam erholt.
Zurück zum Roi de Lahore. Der Mann an ihrer Seite, König Alim, ist Luca Lombardo, einer der wenigen großen Tenöre in Frankreich, mit nicht ausgesprochen schönem Timbre eines Thill, aber mit wunderbarer Diktion (wie seine Kollegen) und mit einem beneidenswerten Höhenpeng. Jean-Marc Ivaldi ist der begehrliche Wesir Sindia, der ein Auge auf seine Nichte geworfen hat und der den König umbringt, um sie zu erringen. lvaldi ist für mich genau der Bariton, von dem man in so vielen französischen Opern träumt – er sieht sehr gut aus und verfügt über eine typisch französisch timbrierte, etwas gedeckte Stimme großer Tragweite und Leuchtkraft – ein idealer Albert, Bertram, Nevers. Dazu kommen auf diesem Mitschnitt der ägyptische Bass Reda al Wakil aIs sonorer Oberpriester Timur und der leichte Mezzo von Claire Larcher, die namentlich im reizenden Duett mit ihrer Herrin gefiel. Man wohnt einer exzeptionellen Matinee bei, die nun bei Fiori erstmals offiziell erscheint und die allen Liebhabern der französischen Oper zu empfehlen ist.
Geerd Heinsen
Und zu weiterem nun die Texte von opera-club.net selbst; wie stets in Englisch. First of all Jules Massenet was an opera-composer. He was versatile, full of nuances and turns, and turned this richness into his creating credo. Massenet’s tendency to vary and differentiate is obvious in details. He demands a constant change in pitch, style of presentation and expression, precisely documenting and commenting, with hundreds of clues for intonation, phrasing, dynamic etc. In this context the treatment and the meaning of the language in Massenet’s style of composition is very important. To fit his music to the fullest with the language, Massenet always learned the text of the libretto by heart before he started composing. The musical finesses folded themselves to the French idiom. Even not being a great fan of much demanding libretti, for him it was always about the theatrical effectual descriptions in music of the – preferable instable – state of the souls. Sometimes he knew to surpass the aria’s in finesse by the recitative-dialogic passages – a core argument against the reproach that Massenet was a “pure melodic”. Always staying close to the music is also contributing to the floating quality of the music, for her lyricism, evolving in the bearing power of the musical Feminité. A characteristic always present in the style of composing of Massenet is his refinement and his delicacy, his subtle play with tempo and timbre. But that’s also the danger for the performers: playing merely his notes doesn’t result in anything more than meager sounds. Not feeling the music in a sensible enough way means inevitably that the sensitiveness, the fragility and the transparence disappear and what remains is artificiality and emphasis.
Massenet’s early Le Roi de Lahore was a stunning success in its time, presumably due to its successful mix of some memorable tunes with sensual exoticism and fantastic escapism. It is a delightfully atmospheric score displaying Massenet’s melodic instinct and ability to create varied but usually lush orchestral textures to underpin soaring vocal solos. On the whole it is far from his best work, but it sufficiently well-written and colorful to give you an evening’s pleasure. There’s no greater difference than between the Decca recording with Joan Sutherland under Richard Bonynge and the recording from St. Etienne with Michèle Lagrange under Patrick Fournillier. With Bonynge the orchestral music comes first. Widely spread like a recording for a wide-screen movie. One can’t say much about the soloists vocally other than they sing the notes, often without any know-how of the French language. The sound quality of the recording from St. Etienne is no doubt less than Decca’s, but if one manages to overlook that, one hears a collaboration of orchestra and singers only the French, in their own language, know the secret of. Not to be missed: this is what French opera is all about.
La Navarraise is widely agreed to be Massenet’s answer to Italian verismo and was very popular in its day, often being performed on a double bill with Mascagni’s Cavalleria rusticana. Its popularity has waned since operatic tastes changed in the early part of the twentieth century, and today the opera is rarely performed. Massenet niftily compresses the action into a 40-minute opera divided into two acts and a brief intermezzo. While his characters are less developed than the Sicilians of “Cavalleria Rusticana,” Massenet’s deft score — featuring music of stirring momentum and soaring lyricism — easily rivals Mascagni’s. With a turbulent, full-blooded overture, the music is frequently interjected with hearty doses of folkloric color like offstage bugles, regimental songs, Basque dances, clapping, castanets and gunshots. It’s tenor Roberto Alagna (Araquil) drawing the most attention, and rightfully so. In this repertoire he effortlessly proves to be the French tenor of the moment (Roberto Alagna, Karine Deshayes; Fréderic Chaslin in Paris 2012)
Thais 1929: Emma Luart was a Belgian operatic soprano. A graduate of the Brussels Conservatory, she made her official stage début at The Hague in 1914. She was committed to the Monnaie in Brussels from 1918-1922 where she excelled in lyric soprano roles like Louise, Mélisande, and Manon. She spent the remainder of her career as a member of the Opéra-Comique in Paris. Her career was disrupted by the outbreak of World War II, and she was not heard on the stage again after this point. Roger Bourdin started at the Opera Comique in Paris in 1922. He was noticed instantly because of his warm musical voice, stage presentation, and sensitiveness. In 1933 he switched to operetta, which he managed easily and later formed a well-known duo with his wife, soprano Géori Boué. In 1940 he returned to the Opera Comique and in 1942 he was hired at the Opera. He has sung more than a hundred roles and wrote over twenty books, among others about Milhaud, Ibert, Bondeville, etc.. He retired in 1965 as Academic at the Conservatory of Paris (Fiori FI-1371).