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Alles andere als politisch oder sonst wie korrekt ist Ermanno Wolf-Ferraris Einakter Il Segreto di Susanna, den er selbst als Intermezzo bezeichnete, der aber nun von Oehms als Komische Oper auf den Marktgebracht wurde und zwar als Mitschnitt eines Opernabends vor zwei Jahren, als daneben noch Mascagnis Zanetto als Kontrastprogramm von der Berliner Operngruppe aufgeführt wurde. Einiges Empörungspotential hat das Stück, da am Ende nicht die Gräfin Susanna vom Laster des Rauchens befreit wird, sondern ganz im Gegenteil ihr Gatte, der Graf Gil, ihm ebenfalls verfällt und das Ganze mit einem an Verdis Falstaff erinnernden „Tutto è fumo“ gefeiert wird, nachdem schon zuvor Beethovens Fünfte und Debussys Siesta haltender Faun zitiert wurden. Ein stummer Diener geistert neben dem Ehepaar durch das Stück, der aber natürlich auf der CD keine Spur hinterlässt. Das Operchen wurde 1909 in München in deutscher Sprache uraufgeführt und verschwand nie völlig von den Spielplänen.
Seit zwölf Jahren erfreut die Berliner Operngruppe unter ihrem Dirigenten Felix Krieger das Berliner Publikum mit der Aufführung noch nie oder selten erlebten italienischen Opern, so Verdis I Masnadieri oder Stiffelio, Puccinis La Villi und Edgar, Bellinis Beatrice di Tenda, Donizettis Dalinda oder Mascagnis Iris, und von den beiden letzteren gibt es, ebenfalls von Oehms, CDs.
Kontinuierlich an Quantität, d.h. Zahl der Mitwirkenden, wie an Qualität gewachsen ist der Klangkörper, weil inzwischen fast ausschließlich aus Berufsmusikern bestehend, die es als eine Ehre ansehen, an den einmal im Jahr und einmalig stattfindenden Aufführungen teilzunehmen. Auch der Chor, der allerdings in diesem Werk nichts zu tun hat, hat eine ähnliche Entwicklung durchlaufen.
Das Orchester beginnt rasant und hat im Verlauf der knappen Stunde viele intensiv genutzte Möglichkeiten, zahlreiche Facetten von Übermut, Charme, Ironie, Duftigkeit und Rasanz der Partitur auszuloten. Nie hat der Hörer wie sonst so oft den Eindruck, Leichtigkeit sei ein schwer zu vollbringendes Werk, sondern unter Felix Krieger, gewinnen die Musiker die Fähigkeit, sie als selbstverständlich erscheinen zu lassen. Sinfonia und Interludio erweisen sich als kleine Kostbarkeiten. Auch die Gesangssolisten sind höchst erfreulich. Der italienische Tenor Omar Montanari, an Rossini und Donizetti geschult, verfügt über recht dunkle, gar nicht anämisch wirkende Stimmfarben, die Stimme hält auch dem Wutausbruch über den vermeidlichen Ehebruch stand, und die Diktion ist beispielhaft, was man leider von der der russischen Sopranistin Lidia Fridman nicht behaupten kann, die aber mit einer frischen, in der Höhe aufblühenden Stimme, in der sich der Charme der optischen Erscheinung zu spiegeln scheint, den Ohren schmeicheln kann.
Man kann nur hoffen, dass es auch 2025 wieder eine Aufführung der Berliner Operngruppe und danach eine daran erinnernde CD geben wird (Oehms Classics 0C992). Ingrid Wanja